Ich denke, dass es hier nicht am Wissen scheitert. Die Studierenden scheinen das Wissen vielmehr nicht auf das Problem zu übertragen. Ich vermute, dass dieser Anwendungsbezug in der Schule zu kurz kommt und sich das dann im Studium bemerkbar macht.mm42 hat geschrieben: 22.03.2025, 10:54Ja, was die Erstsemester so abliefern, ist teilweise besonders gruselig. Ich habe den Eindruck, dass sich manche Studis erst mal an das Niveau/Arbeitsweise an der Hochschule gewöhnen müssen.Stud3nt hat geschrieben: 14.03.2025, 08:13 Ich habe im ersten Semester eines MINT-Studiengangs die Vorlesung Strömungsmechanik gehalten. Eine der Standardaufgaben dort: Den Druckverlust einer Rohrleitungen berechnen. In der Prüfung habe ich eine Aufgabe gestellt, die fast identisch mit einer Übungsaufgabe war – mit dem einzigen Unterschied, dass ich dort nicht die Strömungsgeschwindigkeit v gegeben hatte (wie in der Übungsaufgabe), sondern Volumenstrom und Rohrdurchmesser (für alle nicht Nicht-Ingenieure unter euch: Um mit diesen beiden Angaben die Strömungsgeschwindigkeit zu ermitteln, muss man den gegebenen Volumenstrom V̇ durch die Querschnittsfläche des Rohres teilen muss). Das Ergebnis: Knapp 20 % (!) der Studierenden scheiterten bereits daran, bei gegebenem Durchmesser die Querschnittsfläche eines kreisrunden Rohres (d²⋅π/4 oder r²⋅π) zu berechnen. Das hat mich ehrlich gesagt ein Stück weit fassungslos zurückgelassen, da die Berechnung einer Kreisfläche überhaupt nichts mit dem Fach an sich zu tun hat sondern eigentlich seit der Mittelstufe bekannt sein sollte.
Berechnung Kreisfläche hat man zu meiner Zeit noch in der Hauptschule gelernt. Hatten die Studis während der Klausur eine Formelsammlung zur Verfügung, in der sie die Kreisflächenformel hätten nachschlagen können?
Fachhochschule: Das Niveau sinkt.
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Re: Fachhochschule: Das Niveau sinkt.
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Re: Fachhochschule: Das Niveau sinkt.
Ich hätte das jetzt auch eher in Mittelstufen-Mathematik in der Schulzeit einsortiert. Bei uns gab es an der Uni Zusatz-Mathekurse, um in den ersten beiden Semester alle auf ein Niveau zu bringen. Ich hatte da mit BW-Abi gegenüber meinen Kommilitonen aus NRW einen klaren Vorteil und konnte mir die Kurse sparen. Gewisse Grundlagen aber haben alle durchgehend aus der Schule mitgebracht, was anscheinend heute nicht mehr unbedingt gegeben ist:mm42 hat geschrieben: 22.03.2025, 10:54 Berechnung Kreisfläche hat man zu meiner Zeit noch in der Hauptschule gelernt. Hatten die Studis während der Klausur eine Formelsammlung zur Verfügung, in der sie die Kreisflächenformel hätten nachschlagen können?
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Re: Fachhochschule: Das Niveau sinkt.
Als noch relativ frischer HAW-Prof beschäftigt mich das Thema derzeit auch ziemlich. Zwei Beobachtungen dazu aus meiner bisherigen Praxis:
- Die Studis sind alle in ihrer Schullaufbahn jahrelang darauf trainiert wurden, _Noten_ zu optimieren. Noten sind das Ziel. Ihre Vorstellung ist, dass die Hochschule nur dazu dient, ein Abschlusszeugnis zu bekommen. Dieses Abschlusszeugnis ist der Schlüssel zur tollen Zukunft. Je besser die Noten darauf, desto toller die Zukunft. _Wie_ man zu diesen Noten kommt, ob man auf dem Weg auch wirklich etwas lernt, ist völlig unwichtig. Rational ist es daher, mit möglichst geringem Aufwand ein möglichst gutes Abschlusszeugnis zu bekommen. Und so wird dann auch gelernt. Und wenn die Note nicht passt, kann man ja vielleicht noch ein bisschen was bei der Einsichtnahme herausverhandeln. Ja, es gibt immer eine Handvoll Ausnahmen, aber genau diese Studis werden nicht ausreichend gefördert.
- Der naive Glaube an ChatGPT und GenAI allgemein hat dramatische Auswirkungen. Ich muss das nicht lernen, macht doch ChatGPT! Die Studis laden allesamt ihre Skripten etc. in ChatGPT rauf (Urheberrecht und Datenschutz kratzen niemanden) und lassen sich dann für die Prüfung mundgerecht berieseln. Niemand liest das Originaldokument! Das führt teilweise zu erschreckendem Viertel- bis Halbwissen, weil diese LLMs zwar beeindruckende Zusammenfassungen liefern, aber nicht zuverlässig unterscheiden, was wichtig und was weniger wichtig ist. Genau die begehrte "Transferfähigkeit" geht so komplett verloren: die wird ins Modell ausgelagert. Modul- und Abschlussarbeiten werden sowieso flächendeckend mit ChatGPT geschrieben. Viele Studis erzählen mir geradezu stolz, wie toll sie dieses und jenes Problem mit ChatGPT gelöst hätten. Fragt man sie dazu irgendwas, haben sie absolut keine Ahnung. Auf meine Frage, warum sie ein Arbeitgeber für das Verfassen von simplen ChatGPT-Prompts wie teure Ingenieure bezahlen soll, kommt meistens nur ein verständnisloser "OK, Boomer"-Blick. Hier verspreche ich mir für die Zukunft einiges von mündlichen Prüfungen: in der Arbeitswelt ist es ja auch nicht so, dass man eine Arbeit abliefert, eine Note bekommt und niemals dazu befragt wird. Generell sollte man die Fähigkeit zur inhaltlichen Debatte fordern und fördern, was aus meiner Sicht derzeit zu kurz kommt.
Ich habe das Glück an einer HAW in einer Studienrichtung zu lehren, die noch lange keinen Mangel an Bewerbern hat. Wir "dürfen" in den ersten Semestern auch hohe Durchfallraten haben, ohne dass gleich irgendwo gemurrt wird. Aber das ist auch nicht die Lösung.
- Die Studis sind alle in ihrer Schullaufbahn jahrelang darauf trainiert wurden, _Noten_ zu optimieren. Noten sind das Ziel. Ihre Vorstellung ist, dass die Hochschule nur dazu dient, ein Abschlusszeugnis zu bekommen. Dieses Abschlusszeugnis ist der Schlüssel zur tollen Zukunft. Je besser die Noten darauf, desto toller die Zukunft. _Wie_ man zu diesen Noten kommt, ob man auf dem Weg auch wirklich etwas lernt, ist völlig unwichtig. Rational ist es daher, mit möglichst geringem Aufwand ein möglichst gutes Abschlusszeugnis zu bekommen. Und so wird dann auch gelernt. Und wenn die Note nicht passt, kann man ja vielleicht noch ein bisschen was bei der Einsichtnahme herausverhandeln. Ja, es gibt immer eine Handvoll Ausnahmen, aber genau diese Studis werden nicht ausreichend gefördert.
- Der naive Glaube an ChatGPT und GenAI allgemein hat dramatische Auswirkungen. Ich muss das nicht lernen, macht doch ChatGPT! Die Studis laden allesamt ihre Skripten etc. in ChatGPT rauf (Urheberrecht und Datenschutz kratzen niemanden) und lassen sich dann für die Prüfung mundgerecht berieseln. Niemand liest das Originaldokument! Das führt teilweise zu erschreckendem Viertel- bis Halbwissen, weil diese LLMs zwar beeindruckende Zusammenfassungen liefern, aber nicht zuverlässig unterscheiden, was wichtig und was weniger wichtig ist. Genau die begehrte "Transferfähigkeit" geht so komplett verloren: die wird ins Modell ausgelagert. Modul- und Abschlussarbeiten werden sowieso flächendeckend mit ChatGPT geschrieben. Viele Studis erzählen mir geradezu stolz, wie toll sie dieses und jenes Problem mit ChatGPT gelöst hätten. Fragt man sie dazu irgendwas, haben sie absolut keine Ahnung. Auf meine Frage, warum sie ein Arbeitgeber für das Verfassen von simplen ChatGPT-Prompts wie teure Ingenieure bezahlen soll, kommt meistens nur ein verständnisloser "OK, Boomer"-Blick. Hier verspreche ich mir für die Zukunft einiges von mündlichen Prüfungen: in der Arbeitswelt ist es ja auch nicht so, dass man eine Arbeit abliefert, eine Note bekommt und niemals dazu befragt wird. Generell sollte man die Fähigkeit zur inhaltlichen Debatte fordern und fördern, was aus meiner Sicht derzeit zu kurz kommt.
Ich habe das Glück an einer HAW in einer Studienrichtung zu lehren, die noch lange keinen Mangel an Bewerbern hat. Wir "dürfen" in den ersten Semestern auch hohe Durchfallraten haben, ohne dass gleich irgendwo gemurrt wird. Aber das ist auch nicht die Lösung.
Re: Fachhochschule: Das Niveau sinkt.
Eine Meldung, die m.E. zur Diskussion passt:
https://www.tagesspiegel.de/berlin/refo ... 91881.htmlReform an Europa-Universität: Runde Tische statt Vorlesungen an der Universität Viadrina
...
Ein Reformkonzept der Universität im Grenzgebiet zu Polen soll bis Anfang Juli stehen und dann dem Wissenschaftsministerium vorgestellt werden. Die Zahl der Studierenden lag im Wintersemester 2018/19 laut Hochschule auf dem Niveau um 6.500. Derzeit sind rund 3.700 Menschen eingeschrieben. Auch an anderen deutschen Hochschul-Standort sind die Studentenzahlen gesunken.
...
Von ihren Studenten erwartet die Universität künftig mehr Ernsthaftigkeit im Studium. Lehrveranstaltungen seien kein „optionales Unterhaltungsprogramm“, sagte der Viadrina-Vizepräsident für Lehre und Studium, Christoph Brömmelmeyer, der selber Wirtschaftsrecht lehrt. Er sei kein Entertainer und könne Studierende nicht nur damit gewinnen, dass er sehr unterhaltsam sei. „Ich bin nicht Jan Böhmermann.“
Die Hochschule will wieder eine „Kultur der Verbindlichkeit“ etablieren, so dass die Studenten wirklich an wichtigen Lehrveranstaltungen teilnehmen. „Man muss sich ernsthaft mit Themen auseinandersetzen“, sagte Brömmelmeyer.
Re: Fachhochschule: Das Niveau sinkt.
Ich hoffe, ich bin nicht mehr der einzige, der hier schreibt
- aber nach der vergangenen Prüfungsphase bin ich nochmal ein Stück verblüffter oder enttäuschter.
Eine meiner Prüfungen ist ein klassisches Grundlagenfach im 1. Semester. Die Resultate werden von Semester zu Semester schlechter, diesmal aber ganz besonders erschütternd mies. Und das, obwohl wir immer mehr auf die Studis zugehen und schon fast durchgehend im Tutoriums-Stil arbeiten - die Prüfung wird übers ganze Semester vorbereitet, es gibt umfangreiche Übungsangebote, es gibt verwertbares Feedback (d.h. jeder weiß ziemlich gut, wie sein Wissensstand ist), die Profs sind verfügbar und beantworten jede Frage.
Es wird aber gar nicht gefragt. Das lässt mich wirklich ratlos zurück. Übungstermine und Frage-Antwort-Stunden werden kaum wahrgenommen. In den Übungen verwenden die wenigen anwesenden Studis pausenlos ChatGPT im stupiden Muster "Angabe reinkopieren, Lösung rauskopieren". Was das bringen soll, konnte mir keiner erklären, sie ändern das Verhalten aber nicht. Andere mühen sich tapfer selbst ab, scheitern, aber tun dann weiter nichts.
Soweit wir aus dem Buschfunk hören, gilt die Prüfung seit einiger Zeit als "sehr schwierig" und es wird gemutmaßt, wir wollen damit bewusst aussieben. Das halte ich für totalen Blödsinn (das Niveau würde ich dem Gymnasium zurechnen - die Aufgabenstellungen entsprechen großteils denen meiner Kinder dort...). Aber selbst wenn die Prüfung wirklich so schrecklich schwierig wäre: warum tun die dann nix? Warum nehmen die kein Hilfsangebot an? Warum lernen, üben, fragen die nicht und gehen völlig planlos in die Prüfung?!
Es könnte natürlich sein, dass unsere Lehre katastrophal schlecht ist. Aber selbst dann: es gibt zu dem Thema unendlich viel Material im Internet zum Selberlernen. Kurse und Youtube-Videos ohne Ende, wenn man mag. Man könnte also auch dieses Problem umgehen. Tut aber offenbar auch niemand.
Klar, es gibt auch hier die vereinzelten Ausreißer, die wirklich engagiert dabei sind und dementsprechend gute Leistung liefern, aber das sind vielleicht 2-3% der Grundgesamtheit.
Geht das nur mir so? Hat jemand sinnvolle Strategien für den Umgang damit entwickelt?


Eine meiner Prüfungen ist ein klassisches Grundlagenfach im 1. Semester. Die Resultate werden von Semester zu Semester schlechter, diesmal aber ganz besonders erschütternd mies. Und das, obwohl wir immer mehr auf die Studis zugehen und schon fast durchgehend im Tutoriums-Stil arbeiten - die Prüfung wird übers ganze Semester vorbereitet, es gibt umfangreiche Übungsangebote, es gibt verwertbares Feedback (d.h. jeder weiß ziemlich gut, wie sein Wissensstand ist), die Profs sind verfügbar und beantworten jede Frage.
Es wird aber gar nicht gefragt. Das lässt mich wirklich ratlos zurück. Übungstermine und Frage-Antwort-Stunden werden kaum wahrgenommen. In den Übungen verwenden die wenigen anwesenden Studis pausenlos ChatGPT im stupiden Muster "Angabe reinkopieren, Lösung rauskopieren". Was das bringen soll, konnte mir keiner erklären, sie ändern das Verhalten aber nicht. Andere mühen sich tapfer selbst ab, scheitern, aber tun dann weiter nichts.
Soweit wir aus dem Buschfunk hören, gilt die Prüfung seit einiger Zeit als "sehr schwierig" und es wird gemutmaßt, wir wollen damit bewusst aussieben. Das halte ich für totalen Blödsinn (das Niveau würde ich dem Gymnasium zurechnen - die Aufgabenstellungen entsprechen großteils denen meiner Kinder dort...). Aber selbst wenn die Prüfung wirklich so schrecklich schwierig wäre: warum tun die dann nix? Warum nehmen die kein Hilfsangebot an? Warum lernen, üben, fragen die nicht und gehen völlig planlos in die Prüfung?!
Es könnte natürlich sein, dass unsere Lehre katastrophal schlecht ist. Aber selbst dann: es gibt zu dem Thema unendlich viel Material im Internet zum Selberlernen. Kurse und Youtube-Videos ohne Ende, wenn man mag. Man könnte also auch dieses Problem umgehen. Tut aber offenbar auch niemand.
Klar, es gibt auch hier die vereinzelten Ausreißer, die wirklich engagiert dabei sind und dementsprechend gute Leistung liefern, aber das sind vielleicht 2-3% der Grundgesamtheit.
Geht das nur mir so? Hat jemand sinnvolle Strategien für den Umgang damit entwickelt?

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Re: Fachhochschule: Das Niveau sinkt.
Hallo @dns,
stimmt, du scheinst in diesem Thread ein wenig ein Selbstgespräch zu führen.
Ich gebe trotzdem mal meinen Senf dazu, mit dem Fokus auf Betrachtungen zu KI.
Zum sinkenden Niveau kann ich so viel sagen, da ich aktuell nicht eng im Hochschulbetrieb arbeite. Aber mein Eindruck ist, dass es da ein komplexes Geflecht aus Faktoren gibt, die alle irgendwie zum sinkenden Niveau beitragen: Oft wird ein Hochschulabschluss für Tätigkeiten erwartet, für die man vernünftigerweise keinen braucht. Das heißt, es kommen Leute an Hochschulen, die dafür wenig geeignet sind. Dazu gehören dann Leute, denen die intrinsische Motivation fehlt, sich mit der intensiven Rezeption und Produktion von Texten zu befassen. LLMs können das mittlerweile auf einem erschütternd guten Niveau.
Vielleicht genügen ChatGPT-Texte noch nicht den Ansprüchen, die man an einen differenziert argumentierenden, konsistenten akademischen Text haben sollte - und nun kommt das große Aber: Wenn man als Lehrender bereits froh ist, überhaupt einen lesbaren Text in gutem Deutsch zu bekommen, dann nimmt man vielleicht auch Arbeiten hin, die in weiten Teilen oder komplett mit ChatGPT verfasst wurden. Denn die Alternativen lauten ja vielfach nicht a) Text in gutem Deutsch, vom Menschen geschrieben oder b) Text in gutem Deutsch, von KI geschrieben. Es kommt auch noch Alternative c) hinzu: sprachlich und damit erst recht inhaltlich kaum noch verständlicher Text, vom Menschen geschrieben.
Bestimmt gibt es Lehrende, die sich dagegen sträuben, und Hochschulen, die KI-Texte ebenso behandeln wie Plagiate. Aber ich frage mich, ob das auf Dauer funktionieren kann.
Die Tendenz könnte in der Tat dahin gehen, Prüfungen künftig weniger textbasiert abzuhalten und auf andere Prüfungsformen zurückzugreifen. Mündliche Prüfungen, Text + Diskussion etc.
Ein Stück weit kann ich Studierende an HAW auch verstehen: Sie sind dort vielfach ja nicht, um wissenschaftliches Arbeiten im Sinne von Textproduktion zu lernen, sondern weil sie ihr Studiengang auf einen konkreten Beruf vorbereitet, in dessen Zentrum völlig andere Aufgaben stehen (die übrigens vielleicht auch künftig viel besser von einer KI erledigt werden können). Da würde ich vielleicht auch zweifeln, warum ich an meiner Fähigkeit gemessen werde, gute Texte zu schreiben.
Was ich hingegen nicht mehr verstehen kann, ist folgendes Verhalten (wahre Anekdote): Ein Kollege von mir macht aktuell seinen DBA (über den man ja auch geteilter Meinung sein kann). Darin befasst er sich in weiten Teilen mit einem Thema, das nicht zu seinem Studium gehörte, für ihn also fachfremd ist. Er erzählte mir nun, dass er sich das "Wissen" dazu über ChatGPT "angeeignet" habe. Auch das methodische Vorgehen, das ihm ebenso fremd war, hat er sich von ChatGPT vermitteln lassen. Leider habe ich es verpasst, ihn zu fragen, ob er denn nach dem ersten ChatGPT-Überblick auch noch in Originalquellen reingeschaut habe. Vielleicht mache ich das noch ...
Das heißt: Er wird sich künftig "Dr." nennen, aber die intrinsische Motivation, sich mit wissenschaftlichen Quellen zu befassen, ist für mich nur in Ansätzen zu erkennen gewesen. Ich hoffe nur, dass zumindest seine Arbeit händisch verfasst wurde.
So, viel Senf, aber vielleicht habe ich zumindest ein paar neue Perspektiven in den Thread gebracht.
Edit: Du hattest ja auch noch nach Strategien gefragt. Eine wäre, wie oben erwähnt, eine Änderung der Prüfungsform. Es gibt aber auch Lehrkräfte, die ChatGPT und den Umgang damit gezielt in ihre Lehrveranstaltungen einbauen. Was die genau dort machen, weiß ich nicht, aber das wäre vielleicht auch ein Ansatz. Wenn man es schon nicht ändern/abschaffen/verhindern kann, dann den Studierenden zumindest zeigen, wie man dieses Werkzeug gebraucht und wann man es bleibenlassen sollte.
Gruß
Cyb
stimmt, du scheinst in diesem Thread ein wenig ein Selbstgespräch zu führen.

Zum sinkenden Niveau kann ich so viel sagen, da ich aktuell nicht eng im Hochschulbetrieb arbeite. Aber mein Eindruck ist, dass es da ein komplexes Geflecht aus Faktoren gibt, die alle irgendwie zum sinkenden Niveau beitragen: Oft wird ein Hochschulabschluss für Tätigkeiten erwartet, für die man vernünftigerweise keinen braucht. Das heißt, es kommen Leute an Hochschulen, die dafür wenig geeignet sind. Dazu gehören dann Leute, denen die intrinsische Motivation fehlt, sich mit der intensiven Rezeption und Produktion von Texten zu befassen. LLMs können das mittlerweile auf einem erschütternd guten Niveau.
Vielleicht genügen ChatGPT-Texte noch nicht den Ansprüchen, die man an einen differenziert argumentierenden, konsistenten akademischen Text haben sollte - und nun kommt das große Aber: Wenn man als Lehrender bereits froh ist, überhaupt einen lesbaren Text in gutem Deutsch zu bekommen, dann nimmt man vielleicht auch Arbeiten hin, die in weiten Teilen oder komplett mit ChatGPT verfasst wurden. Denn die Alternativen lauten ja vielfach nicht a) Text in gutem Deutsch, vom Menschen geschrieben oder b) Text in gutem Deutsch, von KI geschrieben. Es kommt auch noch Alternative c) hinzu: sprachlich und damit erst recht inhaltlich kaum noch verständlicher Text, vom Menschen geschrieben.
Bestimmt gibt es Lehrende, die sich dagegen sträuben, und Hochschulen, die KI-Texte ebenso behandeln wie Plagiate. Aber ich frage mich, ob das auf Dauer funktionieren kann.
Die Tendenz könnte in der Tat dahin gehen, Prüfungen künftig weniger textbasiert abzuhalten und auf andere Prüfungsformen zurückzugreifen. Mündliche Prüfungen, Text + Diskussion etc.
Ein Stück weit kann ich Studierende an HAW auch verstehen: Sie sind dort vielfach ja nicht, um wissenschaftliches Arbeiten im Sinne von Textproduktion zu lernen, sondern weil sie ihr Studiengang auf einen konkreten Beruf vorbereitet, in dessen Zentrum völlig andere Aufgaben stehen (die übrigens vielleicht auch künftig viel besser von einer KI erledigt werden können). Da würde ich vielleicht auch zweifeln, warum ich an meiner Fähigkeit gemessen werde, gute Texte zu schreiben.
Was ich hingegen nicht mehr verstehen kann, ist folgendes Verhalten (wahre Anekdote): Ein Kollege von mir macht aktuell seinen DBA (über den man ja auch geteilter Meinung sein kann). Darin befasst er sich in weiten Teilen mit einem Thema, das nicht zu seinem Studium gehörte, für ihn also fachfremd ist. Er erzählte mir nun, dass er sich das "Wissen" dazu über ChatGPT "angeeignet" habe. Auch das methodische Vorgehen, das ihm ebenso fremd war, hat er sich von ChatGPT vermitteln lassen. Leider habe ich es verpasst, ihn zu fragen, ob er denn nach dem ersten ChatGPT-Überblick auch noch in Originalquellen reingeschaut habe. Vielleicht mache ich das noch ...
Das heißt: Er wird sich künftig "Dr." nennen, aber die intrinsische Motivation, sich mit wissenschaftlichen Quellen zu befassen, ist für mich nur in Ansätzen zu erkennen gewesen. Ich hoffe nur, dass zumindest seine Arbeit händisch verfasst wurde.
So, viel Senf, aber vielleicht habe ich zumindest ein paar neue Perspektiven in den Thread gebracht.

Edit: Du hattest ja auch noch nach Strategien gefragt. Eine wäre, wie oben erwähnt, eine Änderung der Prüfungsform. Es gibt aber auch Lehrkräfte, die ChatGPT und den Umgang damit gezielt in ihre Lehrveranstaltungen einbauen. Was die genau dort machen, weiß ich nicht, aber das wäre vielleicht auch ein Ansatz. Wenn man es schon nicht ändern/abschaffen/verhindern kann, dann den Studierenden zumindest zeigen, wie man dieses Werkzeug gebraucht und wann man es bleibenlassen sollte.
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Re: Fachhochschule: Das Niveau sinkt.
Ich würde gerne mehr schreiben, habe leider kaum Zeit. Kurzum: es sieht bei uns sehr ähnlich aus. Nur, dass ich mittlerweile aufgehört habe, den Kindergärtner zu spielen (ständig Mails beantworten zu Fragen, die in der LV bereits geklärt wurden, Übungsangebote usw.). Ich mache mittlerweile am Anfang des Semesters die Anforderungen transparent und jeder, der sie erfüllen möchte, ist herzlich eingeladen und bekommt meine Unterstützung. Aber, wie bei dir, nur die wenigsten kommen auf mich zu. Das akzeptiere ich. Das ist aktuell der Stand.dns hat geschrieben: 18.08.2025, 10:00 Ich hoffe, ich bin nicht mehr der einzige, der hier schreibt- aber nach der vergangenen Prüfungsphase bin ich nochmal ein Stück verblüffter oder enttäuschter.
Eine meiner Prüfungen ist ein klassisches Grundlagenfach im 1. Semester. Die Resultate werden von Semester zu Semester schlechter, diesmal aber ganz besonders erschütternd mies. Und das, obwohl wir immer mehr auf die Studis zugehen und schon fast durchgehend im Tutoriums-Stil arbeiten - die Prüfung wird übers ganze Semester vorbereitet, es gibt umfangreiche Übungsangebote, es gibt verwertbares Feedback (d.h. jeder weiß ziemlich gut, wie sein Wissensstand ist), die Profs sind verfügbar und beantworten jede Frage.
Es wird aber gar nicht gefragt. Das lässt mich wirklich ratlos zurück. Übungstermine und Frage-Antwort-Stunden werden kaum wahrgenommen. In den Übungen verwenden die wenigen anwesenden Studis pausenlos ChatGPT im stupiden Muster "Angabe reinkopieren, Lösung rauskopieren". Was das bringen soll, konnte mir keiner erklären, sie ändern das Verhalten aber nicht. Andere mühen sich tapfer selbst ab, scheitern, aber tun dann weiter nichts.
Soweit wir aus dem Buschfunk hören, gilt die Prüfung seit einiger Zeit als "sehr schwierig" und es wird gemutmaßt, wir wollen damit bewusst aussieben. Das halte ich für totalen Blödsinn (das Niveau würde ich dem Gymnasium zurechnen - die Aufgabenstellungen entsprechen großteils denen meiner Kinder dort...). Aber selbst wenn die Prüfung wirklich so schrecklich schwierig wäre: warum tun die dann nix? Warum nehmen die kein Hilfsangebot an? Warum lernen, üben, fragen die nicht und gehen völlig planlos in die Prüfung?!
Es könnte natürlich sein, dass unsere Lehre katastrophal schlecht ist. Aber selbst dann: es gibt zu dem Thema unendlich viel Material im Internet zum Selberlernen. Kurse und Youtube-Videos ohne Ende, wenn man mag. Man könnte also auch dieses Problem umgehen. Tut aber offenbar auch niemand.
Klar, es gibt auch hier die vereinzelten Ausreißer, die wirklich engagiert dabei sind und dementsprechend gute Leistung liefern, aber das sind vielleicht 2-3% der Grundgesamtheit.
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Mehr mündliche Prüfungen lehne ich strikt ab, denn meine Beobachtung ist es, dass dort Leute durchkommen, die bei einer Klausur nicht durchgekommen wären. Das Niveau werde ich auf diese Art nicht absenken. Hilft auch den späteren Arbeitgebern nicht.
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Re: Fachhochschule: Das Niveau sinkt.
Das stimmt natürlich, hatte ich unterschlagen: Mündliche Prüfungen sind ja nicht die einzige Alternative zu Hausarbeiten, sondern Klausuren gehören auch zur "klassischen Trias" der Prüfungsformen.mashdoc hat geschrieben: 18.08.2025, 14:31 Mehr mündliche Prüfungen lehne ich strikt ab, denn meine Beobachtung ist es, dass dort Leute durchkommen, die bei einer Klausur nicht durchgekommen wären. Das Niveau werde ich auf diese Art nicht absenken. Hilft auch den späteren Arbeitgebern nicht.
Mit Klausuren als strenger Form der Wissensabfrage könnte ich mich anfreunden. Nur komme ich aus einem Fachgebiet, in dem maßgeblich Kompetenzen wie stringentes Argumentieren, begründetes Kritisieren usw. vermittelt werden. Das kann man in Klausuren zwar auch mal in Freitextaufgaben abprüfen, aber nicht auf demselben Niveau wie in einer Hausarbeit. (Und in einer mündlichen Prüfung geht das auch nur sehr begrenzt - es sei denn, man nagelt die Prüflinge wirklich fest, sobald sie ins Labern geraten.)
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