Durch Zufall habe ich einen aufschlussreichen Artikel zum Thema "Juniorprofessur vs klassische Habilitation" entdeckt, insbesondere mit Fokus auf die Entwicklung in den verschiedenen Kultur-, Rechts-, Sozial- und Sprachwissenschaften.
Siehe https://www.duz.de/beitrag/!/id/68/nach ... rprofessur
Da der Artikel aber von 2012 ist, wollte ich gleich mal in die Runde fragen, was eure Meinung zu einigen dieser Aussagen ist:
Albert Kümmel-Schnur hat geschrieben:Ich war ein enthusiastischer Juniorprofessor, Kalifornien-Heimkehrer (...), überzeugt davon, dass diese neue Form der Hochschullehrerkarriere zukunftsweisend sei. Überzeugt davon, dass „training on the job“ mit Evaluation des Geleisteten, die den Nachweis der Professorabilität bringen sollte, ein gegenüber dem langwierigen Prozedere der (...) Habilitation weit überlegeneres Modell sei: Junge Forschende sollten nach der Promotion nicht weiterhin an der kurzen Leine von Assistenzen gehalten und auf die Abfassung eines weiteren, möglichst dickbäuchigen Textes verpflichtet werden, sondern ihre Arbeitsgruppen selbst gestalten, ihre Forschung und Lehre eigenständig organisieren (...).
Albert Kümmel-Schnur hat geschrieben:Die Habilitation erfreut sich nicht nur fröhlicher Urständ, sondern ist in den Geisteswissenschaften deutlich gestärkt gegenüber der Juniorprofessur, die nur dann irgendeine Bewerbungsqualität aufweist, wenn sie mit einer Habilitation verbunden ist oder aber genau die gleiche Leistung erbracht wurde, die für eine Habilitation notwendig ist. Sie erinnern sich: In den Geisteswissenschaften ist dies das dicke Buch bei klarer Abwertung aller anderen Publikationsformen, unabhängig von ihrer Qualität, Innovativität und übrigens auch Quantität.
Albert Kümmel-Schnur hat geschrieben:Habilitationsäquivalenz, das habe ich in vielen Berufungsverfahren zu spüren bekommen, bedeutet in den Geisteswissenschaften einfach und völlig strikt: das so genannte zweite Buch, worunter eine zweite Monographie verstanden wird. Engagement in der Lehre wiegt gar nichts: Wer hier etwas leistet, wird eher bedauert, da Lehre – allen Sonntagsreden zum Trotz – noch immer der Forschung gegenüber als mindere Tätigkeit betrachtet wird. Wer es sich leisten kann, lehrt weniger oder gar nicht.
Beschreibt das zehn Jahre später immer noch die Realität in den oben genannten Fachrichtungen? Wenn nicht, trafen die Beobachtungen 2012 überhaupt zu?Albert Kümmel-Schnur hat geschrieben:Für mich selbst ist es ein Trost, dass mir als Akademischem Rat auf Zeit noch eine Dreijahresfrist an der Universität Konstanz eingeräumt wird, um mein zweites Buch, mit dem ich mich auch ordentlich habilitieren werde, zu verfassen. Denn in den Geisteswissenschaften zählt nur dieses Buch, zählt nur diese Qualifikationsform.
Aus der Lektüre angelsächsischer Artikel habe ich den Eindruck gewonnen, dass das "second academic book" zumindest in den USA und in UK weiterhin der alles entscheidende Meilenstein auf dem Weg zur ordentlichen Professur ist.