Ausmaß an Betreuung durch Doktorvater?

Fragen aus der laufenden Arbeit an der Dissertation.
Literatursuche, Motivationsprobleme, Lehrtätigkeit, Ärger mit dem Prof u.v.m.
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Eva
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Ausmaß an Betreuung durch Doktorvater?

Beitrag von Eva »

Hallo,
ich promoviere seit 3 Jahren (extern in Geschichte). Mein DV sitzt in NRW, ich bin in Bayern, wir sehen uns ca. einmal im Jahr, bei Bedarf maile ich ihn an und er mailt oder ruft binnen weniger Tage zurück. Insofern fühle ich mich bisher gut betreut; es läuft so nach dem Motto "Ich lasse ihn in Ruhe und er lässt mich in Ruhe", wenn ich ihn aber mal brauche, ist er zur Stelle. Soweit so gut.
Jetzt nähere ich mich langsam dem Ende der Diss (Ende März ist Abgabe) und frage mich zunehmend, wie weit ich ihn eigentlich in Anspruch nehmen dürfte und nur bisher nie getan habe, weil ich eigentlich eh lieber mein eigenes Ding mache.

Konkrete Frage: Auf welche Weise genau betreuen euch eure Profs? Wofür nehmt ihr sie in Anspruch?

Es geht mir um das "Hereinnehmen" des Profs in die eigene Arbeit in der Endphase der Diss; ich kann schwer einschätzen, was da üblich oder schon anmaßend ist :?: . Dass er meine Arbeit vorher nicht lesen wird, setze ich voraus (ist in Geschichte eher nicht üblich, soweit ich das von anderen weiß). Ich habe ihm bisher höchstens mal meine Gliederung geschickt, wenn ich sie wieder überarbeitet hatte; er kennt auch grob meine Thesen (allerdings nicht mehr den letzten Stand) und weiß, worauf die ganze Arbeit so hinausläuft. Nur eben nicht konkret. Ich überlege gerade, ob ich ihm ein aktuelles ausformuliertes Thesengerüst schicken soll oder ihn zur Gewichtung einzelner Aspekte innerhalb der Arbeit befragen kann (oder wirkt sowas zu unselbständig?).

Grundsätzlich bin ich schon der Ansicht, dass die Diss meine eigene Leistung sein sollte und allzu viel Helfenlassen ein schlechtes Bild auf meine Kompetenzen wirft. Andererseits will ich nicht sorglos-naiv vor mich hin arbeiten und am Ende eine böse Überraschung erleben, die sich durch engere Kooperation hätte vermeiden lassen.
Wie seht ihr das?
Schtudinki

Beitrag von Schtudinki »

Hallo Eva,

ich habe die Thematik mit meinem DV gleich beim ersten Treffen auf seine Initiative hin recht ausführlich besprochen.

Er hat mir damals ganz klar gesagt, dass er nichts weniger mag als plötzlich nach einigen Jahren eine fertige Dissertation auf den Schreibtisch zu bekommen. Er sieht das Ganze als eine Art "dialogischen Prozess" und begründet das u.a. damit, dass auch der DV seinen Namen für die Arbeit "hergibt" und daher ein berechtigtes Interesse daran hat das Maximale aus der Arbeit herauszuholen.

In meinem Fachbereich ist es allerdings auch durchaus üblich, dass die Betreuer die Arbeit vor der offiziellen Abgabe zumindest mal querlesen. In der Regel bekommt man dann gesagt wo man steht und kann frei entscheiden, ob man die eine oder andere Anregung mit einarbeiten will oder nicht.

Den einzigen Rat, den ich Dir geben würde, ist das Ganze mit Deinem DV persönlich abzuklären. Da tickt glaube ich jeder Betreuer anders und was für den einen anmaßend ist ist für den anderen vielleicht selbstverständlich...

Deiner macht doch eigentlich einen recht netten Eindruck


:lol:

Viele Grüße und viel Glück,
schtudinki
acoma

Beitrag von acoma »

Deiner macht doch eigentlich einen recht netten Eindruck
Ja, ja, das ist öfter der Fall.

Was ich selber bei der Betreuung vermißt habe, das war: Ermutigung, das
Projekt auch gegen Widerstände durchzuziehen. So etwas gibt es vielleicht nur,
wenn DV/DM Kenntnis nahm, worum es bei der Promotion gehen sollte.
Meist ist ja der DV selber der Widerstand, eine alberne Einrichtung, als wenn
wir Sexaner wären. Es heißt Doktor"VATER" bzw. "MUTTER", aber das
realexistierende Verhalten ist meist so, daß, falls es doch geschafft wird,
wenige glaubhaft versichern: Dies war mein Lehrer.
Lehrer oft ja, aber in einem bitteren Sinne.
nK

Beitrag von nK »

Bei mir war/ist es so:

Am Anfang habe ich mit meinem DV das Thema ausführlich besprochen. Heute - in etwa zur Halbzeit des Projektes - habe ich ihm meine vorläufige Gliederung vorgestellt und gesagt, zu welchen Ergebnissen ich wohl kommen werde (haben ihm nicht unbedingt "gefallen", aber er hat sich überzeugen lassen, dass das o.k. ist). Etwa 2-3 Monate vor der Abgabe ist dann geplant, mein Thema auf seinem Doktorandenseminar vorzustellen und mit den anderen Doktoranden (ca. 10-15) zu diskutieren.

Ich muss sagen, ich bin damit recht glücklich. Jetzt wo meine Gliederung/Ergebnisse "abgesegnet" sind, kann ich in die "Fleißphase" eintreten. Und da brauche ich nicht unbedingt seine Anleitung.

Viele Grüße
Martin
Silvia

Beitrag von Silvia »

Hi,

wenn Du ihm Dein ausformuliertes Thesengerüst schicken willst, tu es doch einfach.
Das klingt für mich auch eher so, als solle er über den aktuellen Stand der Arbeit informiert werden und nicht so als müsse er Dich unselbständiges Wesen an die Hand nehmen. Wenn Du ihn auf dem Laufenden hältst, kann es hinterher auch nicht zu der grossen Überraschungen in dem Sinne kommen, dass er (hypothetisch gesehen !) auf einmal alles ganz schrecklich findet. Was das zu viele Helfenlassen angeht, finde ich liegt es in der Verantwortung Deines Doktorvaters sich direkt oder indirekt dazu zu äußern, ob ihm das zu weit geht.

Mein Doktorvater ist auch ganz nett. Aber das Gutachten für's Stipendium musste ich mir selber schreiben und ihm dann auch noch ewig hinterher rennen, weil der arme vielbeschäftigte Mann nicht dazu kam sich das durchzulesen. :roll:
Ich habe beschlossen, ihn trotzdem zu informieren, wenn ich gravierende inhaltliche Änderungen vornehme oder einen Teilbereich fertig gestellt habe. Das tue ich, damit es hinterher nicht heisst, es hätte alles ganz anders sein sollen. Wenn das doch der Fall ist, bin ich entlastet, weil er ja informiert wurde und sich dazu hätte äußern können...
Einmal habe ich gar nichts weiter von ihm erwartet und er hat mir richtig gute Vorschläge gemacht.
Wenn ihr Lust habt, könnt ihr mir in 2 Wochen die Daumen drücken. Da will ich ihn darum bitten, dass er mich für ein Stipendium vorschlägt. Diesbezüglich fühle ich mich wie Du Eva und frage mich, ob das noch im Rahmen des Vertretbaren liegt.

Viel Erfolg beim Abschliessen Deiner Diss.
Eva
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Beitrag von Eva »

Vielen Dank euch allen für eure Meinungen.

Ich stimme Silvia zu; man sollte sicher vermeiden, am Ende für die eingeschlagene Richtung kritisiert werden zu können, weil man sich vorab keine grundsätzliche Zustimmung eingeholt hat. Ich werde dem Prof deshalb demnächst meine Thesen nebst Gliederung zuschicken, einfach, um sicher zu gehen. Ein leichtes Unbehagen habe ich wahrscheinlich vor allem deshalb, weil ich weiß, dass er selbst einen anderen Ansatz verfolgt als ich. Ich gehe zwar davon aus, dass er aus dem Bisherigen schließen konnte, dass ich das Thema methodisch anders angehe, als er es gemacht hätte (zumindest kam bis jetzt keine Kritik), man weiß ja aber nie, was am Ende im Gutachten steht..

Generell hätte ich mir gewünscht, einen Betreuer zu haben, mit dem ich mich inhaltlich über das Thema austauschen kann. Leider hat er dazu unmittelbar nie gearbeitet, so dass ich das gar nicht erst nachgefragt habe. Vermutlich resultiert daraus auch unser eher loses Betreuungsverhältnis.

Trotz allem, wenn ich hier im Forum lese, was andere sich von ihren "Betreuern" bieten lassen müssen, kann ich mich echt nicht beklagen. Der inhaltliche Austausch wäre halt das Sahnehäubchen gewesen. Sonst war ich bisher vielleicht einfach zu zurückhaltend, eine mir zustehende Betreuung auch einzufordern.

Danke nochmal den Beiträgen,
Eva
acoma

Beitrag von acoma »

Ein leichtes Unbehagen habe ich wahrscheinlich vor allem deshalb, weil ich weiß, dass er selbst einen anderen Ansatz verfolgt als ich.
Besonders bei jüngeren DV, ist das ein Problem, die können noch nicht
über den Tellerand hinaus. Die folgen stramm ihren eigenen Nöten.
Ein Doktorand geht da schon mal den Bach runter.
Sitzen sie fest im Sattel, werden sie toleranter. Ala: "Ich wußte das wohl,
aber im Engpaß war das für mich nicht relevante Wissenschaft, sondern
Nörgelgequatsch von einer dieser Tussies :roll: , ich hab das blank klar
weggelegt, das passte mir nicht in den Kram.
Bei den reiferen, die nichts mehr nötig haben: Ja, ok, die sagen Dir vorher,
ob sie ein EHRLICHES Interesse haben, an den möglichen Ergebnissen
Deiner Forschung. Oft nein, weil die sind ausgeloschen, das sagen die
dann aber auch.
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