Was ich mit den unbefristeten Stellen meinte ist, dass es diverse Artikel auf normalen Wochen- und Tageszeitungen gibt, in denen Geisteswissenschaftler sich darüber aufregen, mit ihrer Dissertation keine fachadäquate Stelle (wo auch immer) gefunden zu haben und sich das nach gejammer anhört, dass ihnen niemand allein dafür schon, dass sie z.B. Fresken, Kirchen etc. untersucht haben, eine gutbezahlte, unbefristete Stelle zu bekommen. Da es diese Stellen eigentlich nur an den Universitäten gibt (fachnah), kommt das einer Forderung gleich von Steuerzahler dafür bezahlt zu werden.
Es geht mir nicht darum, was tatsächlich ist, sondern was diese Menschen in den Artikeln erwarten und fordern. Natürlich bekommt man nur durch Glück eine Stelle als Professor.
Wirklich? Ich habe zwar nur eine sehr kleine Stichprobe, aber mein Eindruck ist eigentlich, dass Geisteswissenschaftler vergleichsweise wenig jammern. Geisteswissenschaftler scheinen von vorneherein eingeipft zu bekommen, dass außer der Uni sie keiner als Germanist, oder Historiker, oder Literaturwissenschaftler bezahlen wird, sondern nur dafür, was sie stattdessen noch können. Dass Geisteswissenschaftler händeringend auf der Suche nach fachadäquaten Stellen sind, die exakt ihrem Dissthema entspricht, ist rein gar nicht meine Erfahrung. Die meisten wissen, dass sie das nicht erarten können, wissen aber stattdessen häufig über ihre anderen Qualifikationen.
Nach meiner Erfahrung jammern am lautesten die Naturwissenschaftler, allen vorran Chemiker und Biologen. Denn auch wenn hier so getan wird, als ob Naturwissenschaftler quasi noch von der Uni abgeworben werden, so ist in Wirklichkeit der Markt für fachnahe Jobs (auch für Physiker und andere Naturwissenschaftler) nicht besonders gut. Im Gegensatz zu Geisteswissenschaftlern verlangen diese aber tatsächlich häufig, dass sie genau das aus dem Studium weitermachen dürfen und für viele geht das ja auch, aber halt längst nicht für alle und die meisten kennen auch einfach Null Alternativen.
Das gleiche auch von abgehängten Wiwis, Ingenieuren, Mathematikern etc..
Klar, die meisten Wiwis, Ings, mathematiker etc. finden relativ schnell irgendwas, aber auch hier gibt es immer ein paar, die es halt nicht packen oder unter schlechten Bedingungen arbeiten und dann laut jammern, dass sie ja nie wieder Wiwi, Mathe oder was auch immer studieren würden und das auch bloß keinem empfehlen.
Mit Sicherheit gibt es auch jede Menge laut jammernde Geisteswissenschaftler, aber ich finde es ziemlich unverschämt, hier so zu tun, als würden Geisteswissenschaftler von Natur aus nur jammern und viel zu hohe Erwartungen stellen, während Naturwissenschaftler, Wiwis und Ings ALLE sofort nach ihrem Abschluss die Wahl zwischen mehreren Jobs mit mindestens 45k haben. So schön sieht der Arbeitsmarkt schon lange nicht mehr aus, falls er überhaupt jemals so schön aussah.
Ich ärger mich, dass nicht danach gestrebt wird. Nach etwas Großem. Mein Doktorvater fragte mich immer, wenn er vorbeigekommen ist: "Über welches Problem denkst du gerade nach ? Bringt das was ? Kannst du, wenn das das Problem löst, den Turing Award gewinnen ? Nein ! Wieso beschäftigst du dich dann damit ?! Mach was Anständiges !"
Und dieser Satz ärgert mich auch! Gnaz ehrlich, ich bin ja wirklich noch sehr naiv und manchmal träume ich immer noch davon, mal irgendwas total geniales herauszufinden und sogar einen Nobelpreis zu erlangen. Gut, mit meiner Diss muss das noch nicht unbedingt sein, aber was "Großes" wäre schon toll... aber mal weg von aller Naivität und nrealitischen Träumen, was "Großes" zu finden, lässt sich nur selten planen. Und ist üblicherweise auch nicht Ergebniss von nur einer eizigen Diss oder gar einem einzigen Gedakengang eines genialen Doktoranden. Häufig sieht man erst später, wie genial oder ungenial das ganze wirklich war und auch für wirklich große Sachen muss man über kleine Sachen nachdenken. Daher klingt für mich der Satz deines Doktorvaters nicht nach der Aussage eines Profs, sondern mehr nach der eines verträumten Erstsemesters der fest überzeugt ist mit seiner Bachelorarbeit alle Krebskrankheiten zu heilen (die Träumerei kann man ihm nicht übel nehmen, wie gesagt, ich träume auch gerne, aber gerade in der Wissenschaft sollte man doch irgendwann, so ab der Masterarbeit, verstehen, dass es auch auf die Zahnräder ankommt, und seien sie noch so klein. Ich möchte damit nicht sagen, dass man nicht träumen darf! Ja, auch das Träumen vom wirklich Großen und der andauernden Faszination an seinem Thema gehört zur Wissenschaft dazu. Aber deswegen die kleinen Zahnräder schlecht zu reden... so funktioniert Wissenschaft nicht! Wer weiß, vielleicht stellt sich irgendwann heraus, dass mein winzig kleines Zahnrad der Link zwischen zwei riesigen Zahnrädern ist.