Gebrauch des Konjunktiv bei indirekter Rede?

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Generalterz

Gebrauch des Konjunktiv bei indirekter Rede?

Beitrag von Generalterz »

Hallo,

ich stelle mich kurz vor: m, 32, juristische Diss. im Urheberrecht. Schreibe mit Latex :)

Jetzt zur eigentlichen Frage: fast alle juristischen Dissertationen beinhalten sinngemäße Zitate im indikativ.
Beispiel 1: An der Kontrollfähigkeit fehlt es, wenn es an einem rechtlichen Kontrollmaßstab ermangelt. (Quelle)
Ich dachte, dass es eigentlich korrekt sei, sinngemäße Zitate im Konjunktiv zu formulieren:
Beispiel 2: An der Kontrollfähigkeit fehle es, wenn es an einem rechtlichen Kontrollmaßstab ermangle. (Quelle)
Bei juristischen Dissertationen bestehen ja oft 60-80% aus sinngemäßen Zitaten, aus denen dann am Ende die eigenen Schlussfolgerungen (Indikativ) gezogen werden.

Wie und warum handhabt ihr es auf die eine oder andere Weise??

Danke schonmal :)
bearonic

Re: Gebrauch des Konjunktiv bei indirekter Rede?

Beitrag von bearonic »

Generalterz hat geschrieben: Jetzt zur eigentlichen Frage: fast alle juristischen Dissertationen beinhalten sinngemäße Zitate im indikativ.

Ich dachte, dass es eigentlich korrekt sei, sinngemäße Zitate im Konjunktiv zu formulieren
Hallo Generalterz,
ohne Anspruch auf die Richtigkeit meiner Aussage zu erheben, behaupte ich, dass in der Regel ja Aussagen/Ergebnisse/Erkenntnisse zitiert werden, die "richtig" sind und auch dementsprechend im Kontext verwendet werden sollen. Der Konjunktiv stellt die zitierte Aussage allerdings m.E. in Frage. Falls das gewünscht ist, ist er vermutlich angebracht. Ich bin allerdings Naturwissenschaftler (und habe daher von Sprache keine Ahnung :wink:). Wenn ich ein Paper zitieren würde, in dem das Ergebnis ist, dass Pi größer 3 ist, dann würde ich schreiben: "Pi ist größer als 3 [Quelle].". Wäre die Aussage in dem Paper, dass Pi genau 3 ist und ich möchte das widerlegen und/oder in Frage stellen, dann sinngemäß: "... Pi sei genau 3 [Quelle]. Die Autoren sind blöd."

Beste Grüße
Traudel
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Re: Gebrauch des Konjunktiv bei indirekter Rede?

Beitrag von Traudel »

Hallo in die Runde!

Ich bin weder Jurist noch Naturwissenschaftler, sondern Geisteswissenschaftler - und aus tiefer Ãœberzeugung Sprach-Polizist :D
Mit "Sorge" beobachte ich das allmähliche Verschwinden des Konjunktivs aus (wiss.) Arbeiten. Gelernt und angewandt habe ich stets, alle paraphrasierten, also sinngemäß von anderen Autoren übernommenen Gedanken, Aussagen und Ergebnisse in den Konjunktiv Präsens zu setzen. Konjunktiv Imperfekt nur bei Notwendigkeit aufgrund des genutzten Tempus' - oder halt als Stilmittel zur deutlichen inhaltlichen Distanzierung von Aussagen.
Dass bereits durch den Konj. Präsens eine inhaltliche Distanzierung zum Text geschehen soll, ist in einigen Ratgebern und Hochschul-Leitfäden immer wieder hier und dort zu lesen. Empfinde ich persönlich aber als falsch. Denn man gibt indirekte Rede im Deutschen nun einmal im Konjunktiv wieder.
Ohne die Gepflogenheiten in juristischen wiss. Arbeiten zu kennen, möchte ich aus überfachlicher Perspektive eindeutig zum Konjunktiv Präsens raten.
Amen. :wink:
epikur
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Re: Gebrauch des Konjunktiv bei indirekter Rede?

Beitrag von epikur »

Ich kann mich @Traudel aus zwei Gründen nur anschließen:

1. ist es nun mal tatsächlich so, dass der Konjunktiv Präsens bei Paraphrasen die grammatikalisch korrekte Form ist. Dass dies für Autoren und Leser manchmal "nervend" ist, ändert an der Tatsache nichts...

2. halte ich es auch stilistisch für wichtig, auf diese Weise zu verdeutlichen, dass man die paraphrasierten Ergebnisse und Statements eben nicht für "bare Münze" nimmt, sondern sich wissenschaftlich- kritisch damit auseinandersetzt. Anderenfalls erweckt man sehr schnell den Eindruck wissenschaftlicher Naivität :(

Schöne Grüße

epikur
Merowinger

Re: Gebrauch des Konjunktiv bei indirekter Rede?

Beitrag von Merowinger »

Ich bin Jurist (und habe auch mit Latex geschrieben).

In meiner Arbeit habe ich stilistisch genau so gearbeitet, wie du es in deinem ersten Post dargestellt hat. Ich schließe mich den "Sprach-Polizisten" an. Das ist der Stil, der auch bei Juristen "richtig" ist. Dass sich das schlecht lesen lässt ist eben so. Ich habe aber lieber darauf geachtet, handwerklich "sauber" zu bleiben, anstatt mir am Ende Plagiatsvorwürfe oder mangelnde handwerkliche Fähigkeiten attestieren zu lassen.

Meinem Zweitgutachter hat das übrigens dann doch nicht so gut gefallen (hat mich das "magna" gekostet...). Dem wäre es "frischer" formuliert lieber gewesen. Alternativ hätte ich auch viel weglassen können...
Generalterz

Re: Gebrauch des Konjunktiv bei indirekter Rede?

Beitrag von Generalterz »

Herzlichen Dank für Euere Antworten. Das bestärkt mich darin, den Konj. Präsens zu verwenden (auch wenn selbst die Autoren von ambitionierteren Dissertationen mittlerweile fast nur noch im Indikativ schreiben). Ich denke, dass es auch zur Klarheit beiträgt, weil man dann sauber die fremden Gedanken von den Eigenen trennt. :dr)
Generalterz

Re: Gebrauch des Konjunktiv bei indirekter Rede?

Beitrag von Generalterz »

Hallo,

melde mich zurück! Ich habe - wie angekündigt - den Konjuktiv konsequent durchgezogen.

Mein Doktorvater ist anderer Ansicht. Er möchte, dass ich den Konjunktiv nur dann gebrauche, wenn es um Meinungen geht, die ich nicht vertrete. Sein Argument glich demjenigen von Merowingers Zweitkorrektor: "liest sich nicht schön" ;-)
Traudel
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Re: Gebrauch des Konjunktiv bei indirekter Rede?

Beitrag von Traudel »

Skandal!
:wink:
Was ein sprachlich brillantes Argument Dein Betreuer da vorbringt... herrje.

Wie wir vor zweieinhalb Jahren schon schrieben: Im Deutschen gibt man indirekte Rede nun einmal im Konj. Präs. wieder ...
Nun ja, Sprache verändert sich. Ist okay, aber das Argument "liest sich nicht so schön" ist meines Erachtens eher mäßig gehaltvoll.

Herzlichen Glückwunsch, lieber Generalterz :blume: :dr)
Kaktus

Re: Gebrauch des Konjunktiv bei indirekter Rede?

Beitrag von Kaktus »

Ich habe Paraphrase auch weitestgehend im Konjunktiv gehalten; alleine schon, um sie als solche zu kennzeichnen. Mein Doktorvater hat nichts dergleichen bemängelt; ich weiss aber auch nicht, ob er meine Dissertation für ambitioniert hält oder nicht.

In dem Zusammenhang würde mich eine zweite Frage interessieren: Würdet ihr die Wiedergabe des Zitierten in den Beispielen des Ausgangsposts in Anführungzeichen setzen?
Generalterz

Re: Gebrauch des Konjunktiv bei indirekter Rede?

Beitrag von Generalterz »

Traudel hat geschrieben:Herzlichen Glückwunsch, lieber Generalterz :blume: :dr)
Bin auf der Zielgeraden ... noch ist es nicht vollbracht ;)
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