Krise

Eva
Beiträge: 9253
Registriert: 06.07.2007, 17:35
Status: Dr. phil.
Hat sich bedankt: 5 Mal
Danksagung erhalten: 26 Mal

Re: Krise

Beitrag von Eva »

wolke hat geschrieben:ich weiß nur nicht ob das jetzt bedeutet, ob mir was neues (job, neue promotion) hilft, und mir ein grundsätzlicher ortswechsel besser anfühlt oder ich das bestehene anpacken soll
Ich würde dir dazu raten, das Bestehende zu optimieren und dich ansonsten darauf zu konzentrieren, dass du dein seelisches Gleichgewicht wieder findest (wie itsme dir schon schrieb). Unterschätz nicht, wie viel Energie es kostet, etwas komplett Neues anzufangen! Bewerbungen schreiben, dich selbstbewusst präsentieren (sehr schwer, wenn man sich gerade nicht so fühlt), einen Umzug stemmen, in einem neuen Job Fuß fassen, inhaltlich wie menschlich... Traust du dir das im Moment wirklich zu?

Such lieber das Gespräch mit deiner Chefin, sei offen und ehrlich, bitte um mehr Anleitung, und bring das Ding zu Ende. Sortier dich persönlich in der Zeit (vielleicht mit therapeutischer Hilfe?), und dann kannst du woanders neu durchstarten. Alles Gute! :blume:
wolke

Re: Krise

Beitrag von wolke »

[quote="itsme"][quote="wolke"] Was spricht dagegen, erstmal gar keine tiefgreifenden Entscheidungen zu treffen, sondern den Fokus bewusst auf schöne, stabilisierende Dinge zu lenken?


auch guter Punkt

nachdem mich mein Arzt 6 Wochen nach Hause schickte, schrieb mir meine Chefin nach dieser Zeit, ich solle bitte entscheiden, ob ich weiter mache oder nicht

in Anbetracht meines Zustandes war das sehr schweirig
wolke

Re: Krise

Beitrag von wolke »

Ich würde dir dazu raten, das Bestehende zu optimieren und dich ansonsten darauf zu konzentrieren, dass du dein seelisches Gleichgewicht wieder findest (wie itsme dir schon schrieb). Unterschätz nicht, wie viel Energie es kostet, etwas komplett Neues anzufangen! Bewerbungen schreiben, dich selbstbewusst präsentieren (sehr schwer, wenn man sich gerade nicht so fühlt), einen Umzug stemmen, in einem neuen Job Fuß fassen, inhaltlich wie menschlich... Traust du dir das im Moment wirklich zu?

da hast du sehr recht, das kostet immens, und beim Schreiben der Bewerbungen habe ich gemerkt es nicht mal ernst zu meinen momentan, das ich das schon gerne abschließen möchte. Ich war bisher innerlich blockiert wirklich da Fuß zu fassen und die neuen Menschen da an mich ran zu lassen.

es passierte halt sehr viel...von einer Fernbeziehung aus zog ich in die Nähe. Dann auf einmal stellte ich fest vollkommen "alleine" in einer anderen Stadt zu sein und nicht mehr in meiner Heimat. Das fühlte sich an wie erwachsen werden auf einem Schlag. Und die Promotion-die mir persönlich viel bedeutet, weil ich an sich sehr gewissenhaft bin- ist für mich nicht "nur" ein job. ich hänge da auch emotional dran, das musste ich mir erstmal eingestehen
flip
Beiträge: 1166
Registriert: 02.11.2012, 02:50
Hat sich bedankt: 2 Mal
Danksagung erhalten: 46 Mal

Re: Krise

Beitrag von flip »

Also, vereinfacht ausgedrückt: Du hast drei Probleme. Beziehung, Stadt, Diss.

Punkt 1 ist etwas, was nur du regeln kannst.
Punkt 2 und 3 gehen mit einander her. Wenn du nicht mit neuen Umfeldern klar kommst, also eher der introvetierte Typ bist, dann wirst du immer Probleme haben, wenn die Menschen um dich herum wechseln.

Wie hast du dich in die Situation mit der Diss manöviert? Nun, du hast - einfach ausgedrückt - den Mund nicht aufgemacht, sondern stillschweigend alles akzeptiert, was dir vorgesetzt wurde. Irgendwann hatte sich dann so viel augestaut, dass es nicht mehr ging. Das geht weder bei der Diss noch jenseits der Uni gut. Wenn du das nicht erkennst, dann rennst du bei der nächsten Stelle wieder mit vollem Anlauf ins Verderben.

Du scheinst noch recht jung zu sein, trotzdem wird es Zeit, einmal Ursachenforschung betreiben, anstatt immer nur die Probleme zu sehen und zu schildern. Was genau bewegt dich zu der Diss? Was erhoffst du dir davon? Was sind deine langfristigen Ziele? Muss es dafür ein spezielles Institut sein?

Abgesehen davon wirst du deine Diss immer selber schreiben müssen. Die Zeiten, wo dir jemand erklärt wie es wo lang geht sind vorbei. Du betreibst Forschung, dass heißt, du beschreitest permanent Neuland. Gerade in der Biologie.
wolke

Re: Krise

Beitrag von wolke »

Hallo Flip,

das ich das promoviere war im Prinzip dadurch, dass ich da meine Masterarbeit schrieb, und mir das Angebot gemacht wurde, da zu bleiben. Zum einen war damals Labor und die Tätigkeiten für mich auch noch sehr spannend und interessant; das Institut ist sehr gut ausgestattet. Ich mag auch im grunde Labor, dass man einfach was machen kann, seine Abläufe hat und dann wieder gehen kann-halt so normale labortage. Ich fand es schon schmeichelnd und auch viel sagend, das ich da bleiben darf. Dennoch musste ich da menschlich einige Abstriche in Kauf nehmen, das hatte ich auch Anfangs gemerkt. Das war ein ganz anderer Planet. Und auch war damals eben noch der besagte Mensch Thema, weswegen ich ungern wieder weit gehen wollte. Ich hatte auch andere Bewerbugen laufen, nahm es aber in dem Sinne der Einfachhalt halber an, da zu bleiben.

Aber nein es muss nicht da sein! Da hast du recht! Das Projjekt war auch etwas der Exot im Institut, passte aber thematisch zu mir und meinen Fähigkeiten.


Ich interessiere mich schon immer für Biologie und ich habe auch ohne groß nachzudenken eine Promotion angenommen, ich konnte auch nicht vorher wissen ob ich das kann oder nicht bzw sah ich mich noch nicht gezielt für einen spezfischen Bereich außerhalb der Uni-also Zukunft.- das war noch in Entwicklung bei mir.

Die Promotion tat ich im Grunde aus der in meinem Kopf logischen Vollendung des Studiums und weil das Thema was ich bearbeitet habe, einen hohen Stellenwert hatte-sie war anspruchsvoll, das mochte ich. Auch würde ich mich als intelligent, kreativ und individuell bezeichen-das war wohl der Grund, warum die mich da haben wollten- was ich in einer Promotion aber nur als sekundär wichtig finde. Da ist eher Disziplin und Durchhaltevermögen gefragt. Ich bin ehrlich, ich verfolge die Promotion nicht aus Karrierezwecken, sondern weil ich das Projekt gerne umgesetzt hätte, trotz des Anspruchs: aber ich sagte meistens: ok, ich versuche das was ich kann, wenn es nicht klappt, dann ist es halt so...ich bin auch kein Karrieremensch- vllt ist das auch einfach zu wenig, um da durchzuhalten. Ich brauche sie in dem Sinne nicht, gehabt hätte ich sie gerne, klar

mein langfristiges Ziel? Aus Forschungssicht gibt es Bereiche die mich interessieren und ich würde an sich auch weiter Forschung betreiben, wenn die Aussichten nicht so finster wären.

und ja, ich war auch einfach offen und hatte auch keine wirklichen Vorstellungen wie eine Promotion eben wird. Ich stellte mir sie als lange Masterarbeit vor. Jede läuft auch unterschiedlich

Also die Dissertation zu schreiben ist kein Problem, aber du meinst mit "schreiben" wahrscheinlich den ganzen Prozess. ich schreibe sogar recht gerne, und im Grunde selber zu forschen auch. Dennoch kannte ich aus den Instituten vorher eben eine gewisse vorgegebene Struktur von Meetings und positivem Druck, der einem manchmal hilft am Ball zu bleiben und auffängt..Das würde ich bei einem Gespräch angeben, dass mir das hilft. Und parallel gibt es mir auch das Gefühl nicht vollends alleine da zu stehen Das da einiges schief leif und auch von Betreuerseite nicht gut lief, wurde mir bereits von anderen Doktoranden etwas eingeräumt, das tat schonmal gut.

Ich glaube ich wirke etwas jünger als ich tatsächlich bin, aber ja, ich hinke etwas zurück in manchen Sachen:)

ja, ich bin ein sehr introvertierter Mensch aber ich gebe mir Mühe. Ich liebe Stabilität und gleichbleibende Dinge. Daher bin ich auch kein Mensch für Auslandserfahrung. oder zumindest wäre es ein sehr große Herausforderung für mich
wolke

Re: Krise

Beitrag von wolke »

mal eine andere Frage...hattet ihr richtig lust auf euer Thema und die Arbeit? Oder habt ihr das auch teilweise fehlender Alternativen wegeb gemacht? Habt ihr richtig gebrannt für das Thema? Ich meine in der Biologie ist es leider Usus zu promovieren, obgleich ich behaupte fast die Häflte es nicht wirklich möchte.

Vielleicht muss ich einfach einsehen, dass das der falsche Weg und auch ein zu anspruchsvolles Thema war

Ich habe ja folgende Möglichkeiten: ich spreche A mit meiner alten Stelle, und räume ein paar Sachen ein, die mir wichtig sind (gibt man denn zu, dass das Thema für mich zu anspruchsvoll ist?)
ich gucke mir B auch andere Institute und Themen an für die ich mir wirklich interessiere, auch wenn sie nicht so wichtig und schwierig erscheinen, aber auch mehr mein privates Interesse teilen ( was mit Umzug verbunden wäre, aber mehr Richtung zurück)
flip
Beiträge: 1166
Registriert: 02.11.2012, 02:50
Hat sich bedankt: 2 Mal
Danksagung erhalten: 46 Mal

Re: Krise

Beitrag von flip »

Man muss meiner Ansicht nach hierbei ziemlich stark separieren, wie jemand zu einer Diss kommt.

Bekommt man eine Stelle angeboten oder bewirbt man sich aus eigenem Antrieb?
Natürlich muss man für die Sache "brennen". Sonst kann man sich wohl kaum drei bis sechs Jahre damit auseinander setzen.
Wenn man man ursprünglich nicht promovieren wollte, diese Chance aber extern an einen herangetragen wird, dann ist die Gefahr natürlich groß, dass man sich in Schwierigkeiten begibt. Denn die Diss hatte man ja garnicht ins Auge gefasst.

Besonders drastisch ist es in der Biologie zu sehen, wo der Irrglaube vorherrscht, dass man Promotivieren "muss", um hinterher einen guten Job zu bekommen. Alle, die dies glauben, haben in der Regel keine Vorstellung, was denn ein "guter Job" ist, also kein Ziel. Da es gegenüber anderen Fachrichtungen jedoch viele Promotionsstellen gibt (plus Stipendien) potenziert sich das System einfach immer weiter.


Themen sind nie zu anspruchsvoll. Du musst nur wissen, ob du in der Lage bist, sie hinreichend zu bearbeiten. Was hält sich weiter bei A? Wie realisitsch ist, dass du einfach mal so zu B wechselst?
FerdiFuchs
Beiträge: 150
Registriert: 07.12.2015, 22:51
Status: Assistant Professor
Hat sich bedankt: 2 Mal
Danksagung erhalten: 11 Mal

Re: Krise

Beitrag von FerdiFuchs »

Bei uns ist es ganz typisch, dass man zu Beginn der Promotion große Ziele vor Augen hat und dann 1-2 Jahre vergehen, bis sich das "richtige" Promotionsthema herauskristallisiert. In diesen 1-2 Jahren sind Selbstzweifel keine Seltenheit. Man "stochert im Nebel", tut sich schwer, die anvisierten Ziele konkret zu machen und spielt mit dem Gedanken, die Promotion abzubrechen.

In meinem Fall kam der Impuls für das richtige Thema durch ein Gespräch bei einer Konferenz und das nachfolgende Lesen eines Übersichtsartikels über eine bestimmte Forschungsmethodik. Das war für mich ein "Aha"-Erlebnis - von heute auf morgen war mir klar, was ich in meiner Diss machen wollte. Mit dem ursprünglichen Thema, das ich mit meiner Betreuerin abgesprochen hatte, ließ sich dieser neue Ansatz mehr schlecht als recht unter einen Hut bringen. Da ich aber schon bald erste gute Ergebnisse vorweisen konnte und in meiner Forschung regelrecht aufgeblüht bin, konnte ich in den nachfolgenden Betreuungsgesprächen meinen Standpunkt immer konsequenter behaupten. Das Gefühl, auf dem richtigen Weg zu sein, hat mir geholfen, eine gesunde Sturheit zu entwickeln.

Rückblickend könnte man vielleicht sagen, dass das ursprüngliche Thema "zu anspruchsvoll" für mich war. Das wäre eine mögliche Sichtweise, denn tatsächlich habe ich es nicht geschafft, die Vision meiner Betreuerin so umzusetzen, wie sie sich das vorgestellt hat.

Ich selbst vertrete aber die Sichtweise, dass das ursprüngliche Thema nicht passend für mich war. In dem neuen Ansatz konnte ich meine Stärken besser ausspielen. Das hat mir dabei geholfen, neues Selbstbewusstsein zu gewinnen und meinen eigenen Standpunkt auch gegenüber meiner Betreuerin zu vertreten.
Dell
Beiträge: 183
Registriert: 28.04.2015, 16:39
Danksagung erhalten: 16 Mal

Re: Krise

Beitrag von Dell »

Die Frage ist wohl eher wie du dir die Zukunft vorstellst und ob dir die Promotion hilft deine Ziele zu erreichen. Ich kenne genügend Leute die direkt in die Industrie sind, bzw ihre Promotion abgebrochen haben um einen 'echten' Job zu machen und keiner hat es betreut.

Von deinen Posts bekomme ich den Eindruck, dass eine wissenschaftliche Karriere (egal ob im akademischen oder privaten Sektor) eher nicht dein Ding ist. Warum also so viel Zeit bei schlechtem Gehalt und Stress investieren?
bugpilot
Beiträge: 4
Registriert: 31.01.2017, 12:34
Status: abgeschlossen

Re: Krise

Beitrag von bugpilot »

Ohne Dir zu nahe treten zu wollen, aber du solltest Dir umgehend therapeutische Hilfe holen (wie itmse schon geraten hat).
Ich wär in einer ähnlichen Situation wie Du, wollte alles aufgeben und neu anfangen. Nur geschafft habe ich es lange Zeit nicht. Erst als ich zur Einsicht gelangt war, dass ich eine Depression habe und Hilfe brauche ging es langsam wieder bergauf.
Als ich persönlich wieder halbwegs klar gekommen bin habe ich mit meiner Doktormutter einen Plan ausgearbeitet, wie ich die Promotion strukturiert, aber in einem endlichen Zeitraum (wir waren sehr frei in unserer Arbeit), zum Abschluss bekommen kann. Diese beiden Sachen, die therapeutische Unterstützung und diese klare Zielsetzung haben mir nochmal einen richtigen Schub gegeben - dies war mit die beste Phase meiner Promotion.

Das faszinierende war allerdings viel mehr, dass sich an den äußeren Umständen meines Lebens nicht viel geändert hatte - der selbe Job mit dem selben Projekt, die selben Freunde und die selben Interessen. Aber ich hatte wieder Spaß dran. Und werde in den nächsten zwei Wochen hoffentlich einreichen.
Dein Doc liegt richtig, wenn er sagt Du solltest Dich zuerst um Dich selbst kümmern.

Gruß,
bugpilot
Gesperrt