Promotions-Dilemma

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Mario23

Promotions-Dilemma

Beitrag von Mario23 »

Hallo zusammen,

ich bin auf dieses Forum gestoßen - es klang sehr nett, daher möchte ich hier kurz mein "Leid" schildern:

Ich arbeite seit 2 Jahren bei einem Unternehmen, hatte aber von Anfang an den Wunsch zu promovieren. Das habe ich auch bei meiner Einstellung direkt nach dem Master deutlich kommuniziert und gesagt, dass ich dann arbeitsmäßig kürzer treten (Teilzeit) würde. Nun habe ich das Angebot von einem Professor bekommen bei ihm zu promovieren, er fände es spannend wenn ich ein Thema wähle, das mit meiner Arbeit verwand ist – und optimaler Weise Daten von meinem Arbeitgeber bekomme.

Jetzt ist es allerdings so, dass ich in den letzten zwei Jahren nie so richtig Fuß gefasst hab in meinem Unternehmen. Ich hab das Gefühl, dass mein Vorgesetzter nicht so zufrieden ist, und auch von einigen Kollegen höre ich relativ häufig indirekt und direkt Kritik. Da auch mein Vertrag in einem halben Jahr ausläuft, habe ich Angst, dass wenn ich jetzt sag, dass ich gerne promovieren will, mein Vertrag nicht verlängert wird. Und dann sitze ich ohne Job UND ohne Promotion da, da mit zukünftiger DV mehr oder minder deutlich gesagt hat, dass er die Promotion auch an meinem Arbeitgeber koppelt (ist genau sein Forschungsbereich, mein Unternehmen verfügt über viele für ihn spannende Daten). Erschwerend kommt hinzu, dass sämtliche Personen, die hier (und mir) was zu sagen haben an unterschiedlichen Standorten sitzen, heisst: ich muss einen Termin ausmachen und kann nicht „vorfühlen“ usw.

Jetzt weiß ich nicht weiter. Keine Ahnung was ich machen soll. Ich hatte überlegt mal mit dem Betriebsrat zu sprechen, dafür ist der ja da, aber blöderweise sind beide Betriebsräte privat mit meinem Vorgesetzten befreundet (so ein Pech) und auch wenn sie nichts sagen dürfen, befürchte ich, dass sie ihm gegenüber etwas andeuten.

Am liebsten wäre mir zu kündigen und zu promovieren – hab für knapp zwei Jahre zumindest genügend Geld zur Seie gelegt, aber das trau ich nicht meinem DV zu erzählen, weil ich Angst hab, dass er dann sagt, nee, er will ja die Daten von meinem Arbeitgeber. Ich kann ja auch meinen Arbeitgeber verstehen, wenn der sagt: also der soll erst noch länger warten bevor er promoviert und hier erstmal noch volle Leistung bringen. Das möchte ich nicht, weil nun der persönlich optimale Zeitpunkt ist und es in ein paar Jahren (wegen Kindern etc.) sicher schlechter ist.

Ich weiß ihr könnt mir da jetzt nicht wirklich helfen, aber wenn ich wohl irgendwo verstanden werde, dann hier (in meinem Freundeskreis zeigen mir alle den Vogel und sagen ich soll doch auf die Promotion scheissen). Daher wollte ich es einfach mal mit euch teilen.

Viele Grüße
DoneXY

Re: Promotions-Dilemma

Beitrag von DoneXY »

Mario23 hat geschrieben:Ich weiß ihr könnt mir da jetzt nicht wirklich helfen, aber wenn ich wohl irgendwo verstanden werde, dann hier (in meinem Freundeskreis zeigen mir alle den Vogel und sagen ich soll doch auf die Promotion scheissen). Daher wollte ich es einfach mal mit euch teilen.
Jetzt weiß ich wirklich nicht, ob Du einen Rat oder Mitleid willst.

:wink:

Das klang jetzt böser als gemeint war. "Die Menschen müssen miteinander reden!" Und Du solltest mit Deinem Prof und dem Betriebsrat reden.

Eigentlich solltest Du auch mit Deinem Vorgesetzten reden. Auch, wenn es tatsächlich Vorbehalten seitens der Kollegen gegen Dich gibt, ist ein solches Gespräch ein aktiver Umgang mit Problemen. Sowas wird in der Regel gerne gesehen. Auch müssen diejenigen, die eventuell nicht zufrieden mit Dir sind, nicht notwendig das Zünglein an der Waage sein, die über Deine Zukunft im Unternehmen entscheiden. Vielleicht haben sie selbst ein Reputationsproblem.

Viel Erfolg!
Zuletzt geändert von DoneXY am 25.09.2014, 15:33, insgesamt 1-mal geändert.
Mario23

Re: Promotions-Dilemma

Beitrag von Mario23 »

Mitleid vielleicht nicht, aber ein paar aufmunternde Worte schaden gerade auf jeden Fall nicht ;-) Ich weiß ja, dass ich das Gespräch suchen muss, werde mal zunächst einen Termin mit dem Betriebsrat machen. Danke auf jeden Fall.
euler

Re: Promotions-Dilemma

Beitrag von euler »

Wie schätzt du denn die Möglichkeit ein, mit deinem Vorgesetzten direkt über deine Situation in dem Unternehmen zu sprechen? Soll ja durchaus Chefs geben, die es einem Mitarbeiter positiv anrechnen, wenn man sie fragt, was für Kritikpunkte am eigenen Verhalten aufgefallen sind und wie man diese abstellen kann. :)
Mario23

Re: Promotions-Dilemma

Beitrag von Mario23 »

Das hab ich schon mal getan, sein Feedback war, dass er findet, dass ich mich nicht genug engagiere, ich brenne nicht für die Arbeit und zeige zu wenig Eigeninitiative. Was ich mache ist aber immer super, aber er will mehr Einsatz. Da hat er auch recht, ich seh es nun mal nicht ein, dass ich jeden Tag unbezahlte Überstunden mach - der Job ist mein Job und nicht mein Hobby. Hat er auch akzeptiert, dass ich nicht so der Typ bin, der gerne noch um 23 Uhr zu Hause angerufen wird um gefragt zu werden was er von dieser oder jener Idee hält. Aber jetzt anzukommen und zu sagen, dass ich jetzt gerne Teilzeit arbeiten würde, ist da bei ihm halt ungünstig. Ich muss dazu sagen, dass er mich nicht eingestellt hat damals, sondern jemand anderes. Derjenige, der mir das damals zugesichert hat, sitzt nun in einer anderen Abteilung (in einer anderen Stadt) und hat keine Personalbefugnis über mich mehr :-(
Ich denke ich gehe zunächst zu Betriebsrat und seh dann weiter.
Denn ich brauch halt auch meinen Chef, weil ich mit ihm auch das Thema diskutieren muss und er mir da eigentlich sehr viel Input geben kann.
flip
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Re: Promotions-Dilemma

Beitrag von flip »

Ehm, wegen was willst du jetzt genau den Betriebsrat einschalten?
Willst du damit drohen, falls dein Chef nicht auf die Diss/Teilzeit eingehen will? Dann werden die kommenden Jahre aber ziemlich "spannend" werden. In zweierlei Hinsicht.
Mario23

Re: Promotions-Dilemma

Beitrag von Mario23 »

Nein, ich will vom Betriebsrat nur mal ne Meinung und hören wie das sonst mit Promotionen bei uns geregelt wurde. Ich bin bei uns seit langem der erste der promoviert, aber ich denke der Betriebsrat weiß schon wie das mit Promotionen in der Vergangenheit gelaufen ist und kann mir vielleicht auch sagen wer das sonst bei uns noch gemacht hat, so dass ich mich mal an sie/ihn wenden kann. Dann kann ich meinem Vorgesetzten auch zeigen, dass das funktioniert hat/funktionieren kann, und dass das sogar Vorteile für das Unternehmen haben kann. Hab nächste Woche einen Termin, ich denke die Meinung vom Betriebsrat ist ein guter Anfang.
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Re: Promotions-Dilemma

Beitrag von algol »

Hast Du einen befristeteten Vertrag?
Kannst Du was zum Fachbereich sagen?
barbara
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Re: Promotions-Dilemma

Beitrag von barbara »

Hi Mario,

Zuerst beschreibst Du Deine Angst, Dein Vertrag könne ggf nicht verlängert werden, später äusserst Du den Wunsch zu kündigen, Du hättest Geld zurückgelegt.

Dann kannst Du die "Nichtverlängerung" auch riskieren - das zum ersten Punkt.

Nun aber der zweite Punkt, schwieriger: Von einem Mitarbeiter wird 100 % Einsatz oder besser mehr erwartet. Jedenfalls erwarte ich das von meinen Mitarbeitern. Wer nicht für die Arbeit brennt sondern andere Interessen offensichtlich vorzieht, muss schon sehr unentbehrlich sein, um "auf der sicheren Seite" zu sein. Das wichtigste für einen Chef oder eine Chefin ist Loyalität, Verlässlichkeit. Wenn ich in Gefahr laufe, ein Projekt nicht durchzukriegen, weil mir mein Bearbeiter erklärt, er wolle jetzt früher gehen um Rasen zu mähen, werde ich mein nächstes Projekt nicht mehr von diesem Mitarbeiter abhängig machen - er gilt als Wackelkandidat. Und Du bist Anfänger....erst 2 Jahre! Die Ursache ist nicht wilder Kapitalismus und gräßliche Ausbeutung, sondern Vorgesetzte sind Menschen, die selbst unter Druck stehen und menschlich reagieren. Ich reagiere z.B. auf einen meiner Mitarbeiter ganz klassisch mit Magenschmerzen!!! Er treibt mich in den Wahnsinn! Da bin ich nur Mensch, nicht Heuschrecke.

Eigeninitiative heisst übrigens nicht, nachts um 23.00 Uhr bereit zu stehen, sondern z.B. vormittags um 10:00 Uhr aus eigenem Antrieb, umsichtig und verantwortungsbewusst notwendige oder auch nur wünschenswerte Dinge vollständig zu erledigen, ohne Anleitung und ohne dauernd andere damit zu behelligen. Das erfordert nicht zwingend Überstunden.

Zur Promotion: Wenn Du auf 50% Teilzeit reduzierst, kannst Du Feierabend, Wochenende und Hobbys trotzdem knicken!!! Du wirst dann nämlich mit Deiner Promotion beschäftigt sein. Das muss Dir klar sein!

Falls es so ist, dass Du für Dein Forschungsthema brennst, nur nicht für Deine tägliche Arbeit, hast Du die falsche Arbeit und eine Promotion in Deinem Unternehmen mit Dir in Feuer und Flamme wäre für beide ein Gewinn. Rede darüber mit deinem Vorgesetzten.

Harte Worte, nicht böse gemeint! Sieh es als Chance Dir klar darüber zu werden, warum Du als hochgebildeter Akademiker eine Arbeit hast, für die Du nicht brennst und ändere es.....Du musst noch lange arbeiten, es lohnt sich.
18. apr 2011;31. Dec 2013;f;hoffentlich klüger!
Sebastian
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Re: Promotions-Dilemma

Beitrag von Sebastian »

Mario23 hat geschrieben:Nein, ich will vom Betriebsrat nur mal ne Meinung und hören wie das sonst mit Promotionen bei uns geregelt wurde. Ich bin bei uns seit langem der erste der promoviert, aber ich denke der Betriebsrat weiß schon wie das mit Promotionen in der Vergangenheit gelaufen ist...
Hm, habe den Thread nur überflogen, aber ob ich ausgerechnet Dritte (Betriebsrat) einschalten würde, denen ich nicht die nötige Vertraulichkeit gegenüber dem "Zweiten" (Chef) zutraue? Wenn Du ohnehin damit rechnest, dass der Betriebsrat plaudert, dann könntest Du doch vielleicht besser gleich die Aufklärung übernehmen und dann wenigstens Zeitpunkt und Form bestimmen?
Gruß
Sebastian
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