Initiativbewerbung für Seminare Lehramt (als Dozent)

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Poppy

Re: Initiativbewerbung für Seminare Lehramt (als Dozent)

Beitrag von Poppy »

Anne123 hat geschrieben: Ich weiß nicht, wie das heute ist. Die Leute, die vor 10 Jahren auf Lehramt studiert haben (viele Bekannte von mir) haben im Studium keinerlei Lehrerfahrung gesammelt. Es war ein ganz normales Fachstudium, in dem man die gleichen Seminare besuchte wie die Magisterkandidaten. Dafür gibts ja danach das Referendariat.
Heute ist das anders. Es gibt eine große Diskussion darum wann wieviel Praxiserfahrung schon im Studium verankert sein soll. Das Schlagwort der letzten Jahre ist "Praxissemester", das durchaus kontrovers diskutiert wird.

@cocomoco
Bei uns an der Uni ist das so, dass man einen Lehrauftrag (LA) anmelden muss und für das Modul, das in Frage kommt, die Unterstützung des Modulverantwortlichen benötigt. Frag am besten den Prof, in dessen Gebiet du offensichtlich unterrichten willst. Der kann dir sagen, ob es gerade Kapazitäten gibt und an wen du dich wenden kannst. Vielleicht unterstützt er dich dann auch, in dem er dich empfiehlt.

Eine andere Sache: Bitte, bitte, lass dir den LA bezahlen, auch wenn du es nicht brauchst! LAs sind eh schon total schlecht bezahlt und wenn dann noch Kolleg_innen diese von vornherein umsonst anbieten, dann haben es Leute, die vielleicht auf das Geld angewiesen sind, weil sie gerade zwischen zwei Beschäftigungsverhältnissen sind oder auf ein Stipendium warten, echte Probleme. Damit wird die Arbeit, die solche Lehrveranstaltungen machen, disqualifiziert und nicht wertgeschätzt.
flip
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Re: Initiativbewerbung für Seminare Lehramt (als Dozent)

Beitrag von flip »

cocomoco hat geschrieben:Vielen Dank erstmal für die Antworten!

Ich stell mal kurz ein paar Sachen klar:
- Ich will nicht in die Politik, :lol: Ein abgeordneter Lehrer ist ein Lehrer im Hochschuldienst.
- Ich bin noch an der Uni wegen meines Drittfaches. Meinen Abschluss habe ich schon. Das Drittfach ist eine Art Zusatzqualifikation, aber es wird nicht im Staatsexamen gewertet.
- Ich bräuchte im Moment kein Geld für die Seminare. Es geht mir nur um Referenzen, damit ich später mal eine Abgeordnetenstelle bekomme, in der ich für sowas bezahlt würde.
- Ich habe ein Jahr lang neben der Uni als Hilfslehrer gearbeitet und habe auch im Ausland an einer Schule als solcher gearbeitet als ich ein Auslandssemester gemacht habe. Es mangelt mir also nicht an Lehrerfahrung und ohne überheblich klingen zu wollen: Ich habe in jedem Fall so viel wie ein Doktorand ohne Lehramtserfahrung, der gerade die ersten Seminare gibt.

Meine Frage ist einfach nur, ob es für mich wohl möglich wäre, umsonst Seminare zu geben und wie ich vorgehen muss, um dies machen zu können.

Also, ein paar Punkte - ich finde deine Einstellung ziemlich naiv und auch egoistisch.:

1. Es gibt durchaus Doktoranden und Wissenschaftliche Mitarbeiter, die auf Geld angewiesen sind und natürlich lässt man sich so eine Dienstleistung bezahlen. Ich freue mich durchaus als WiMa, wenn es jemanden gibt, der mir dahingehend die Arbeit abnehmen möchte. Wenn dieser jemand allerdings später weiterhin Seminare für lau leitet und ich dadurch nur auf einer 50%, anstatt 75% Stelle sitze, werde ich ziemlich schnell ziemlich sauer.

2. Natürlich mangelt es dir an universitäterer Lehrerfahrung. Oder willst du gerade ernsthaft deine Lehrtätigkeiten als Hilfslehrer mit der eines Hochschuldozenten vergleichen. Oder anders herum: Stellst du dir vor, Studenten wie Schüler zu behandeln? Sollte das der Fall sein, dann bist du falsch.

4. Ein Seminar leiten, darf man bei uns frühestens erst als Doktor. Wie soll man auch sonst genügend fachliche Expertise gegenüber den Studenten mit einfließen lassen? Wir reden hier schließlich über ein Seminar und nicht Klausuren korrigieren. Kleines Beispiel an mir selber: Ich bin jetzt seit gut anderhalb mit reiner Forschung auf meinem Gebiet beschäftigt. Letztes Jahr habe ich ein Seminar mit betreut, dieses Jahr wieder. Mein Wissensstand ist natürlich extremst angestiegen und wird auch in Zukunft weiter ansteigen. Ich fühle mich aber immer noch nicht mit genügend Hintergrundwissen ausgestattet. Schließlich sollen die Studenten ja auch etwas lernen und nicht nur stumpf die Seminararbeiten korrigiert bekommen.
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Re: Initiativbewerbung für Seminare Lehramt (als Dozent)

Beitrag von Zwonk »

@flip:

Zu Punkt 4: Das möchte ich nicht so stehen lassen. Ich habe auch als Magister Seminare gegeben. Rechtlich war das kein Problem. Ich war gut vorbereitet und ich glaube nicht, daß die Studenten von mir schlecht betreut wurden oder daß ich zu wenig Wissen hatte, um das Seminarthema angemessen anzugehen.

Zu Punkt 1: Hier gebe ich Dir recht. Das Problem ist nicht, ob man selbst sich das kostenlose Unterrichten leisten kann. Das Problem ist, daß man so dazu beiträgt, die eh schon jämmerliche Bezahlung in der Wissenschaft noch weiter zu drücken. Wenn die Leute einmal anfangen, kostenlos zu unterrichten, dann wird es immer schwieriger zu begründen, warum Lehre überhaupt bezahlt werden sollte. Ganz abgesehen davon treibt man die ja sowieso schon vorhandene soziale Spaltung weiter. Mittelfristig können dann nur noch Leute aus "gutem Haus" mit stabiler finanzieller Absicherung Seminare geben. Das ist nicht Sinn der Sache und deshalb finde ich es gut, daß mein Doktorvater am Institut unbezahlte Lehre kategorisch verboten hat.
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Re: Initiativbewerbung für Seminare Lehramt (als Dozent)

Beitrag von flip »

Es ist sicherliche auch eine Niveaufrage. Bachelor-Seminare sind sicherlich nicht vorbereitungsintensiver als Master-Seminare. Vielleicht sind auch Lehramtsseminare weniger Vorbereitungsintensiv, wenn der Anteil der Didaktik höher ist. Das kann/will ich mir aber gerade nicht vorstellen.

Aber es ist doch ein Unterschied, ob man sich gut vorbereitet fühlt oder ein Jahr später sieht, dass man evtl. noch mehr hätte dazu beitragen können! Das ist meiner Ansicht nach der wichtigere Punkt. Sicher, ich würde als frischgebackener Master/Magister/Diplomer auch ein Seminar geben können. Noch besser, wenn es im Rahmen meiner Abschlussarbeit geschieht. Aber beim Diskussionspart ist es doch etwas vorteilhafter, wenn der Horizont durch ein wenig mehr Forschung erweitert wurde? ;)
Schließlich geht es ja nicht ausschließlich um Lehre nach Lehrplan.
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Re: Initiativbewerbung für Seminare Lehramt (als Dozent)

Beitrag von Zwonk »

Naja, ich sehe diese magische Grenze nicht, die der Doktorgrad darstellen soll. Ich habe vor neun Monaten die Dissertation abgegeben, habe das Rigorosum absolviert und ich stoße immer noch auf Dinge, die ich hätte einbauen können. Und das liegt nicht dran, daß ich schlampig gearbeitet hätte. Vielleicht ist das auch fachabhängig, aber gerade in der Philosophie gibts genug Themen, mit denen man nie fertig wird. Wenn man dann den Anspruch erhebt, man dürfte nur dann Seminare geben, wenn nicht zu erwarten ist, daß man noch irgendeinen neuen Aspekt zum Seminarthema lernt - dann wäre das Mindestalter für Lehraufträge in der Philosophie 86. Und das kann es ja auch nicht sein.
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Re: Initiativbewerbung für Seminare Lehramt (als Dozent)

Beitrag von flip »

Ja, da widerspreche ich auch nicht. ;) Aber ein gewisses Maß an Forschungsarbeit sollte schon notwendig sein. Dafür reicht meines Erachtens der Master nicht unbeding aus. Aber das ist sicherlich Themenabhängig.
cocomoco

Re: Initiativbewerbung für Seminare Lehramt (als Dozent)

Beitrag von cocomoco »

@ flip:

Ich habe den ersten Punkt nicht bedacht. Nun, wo ich das hier lese, wird mir die Problematik bewusst. Vielen Dank dafür an alle!

Zu Punkt 2 und 3: Bei uns an der Uni ist es sehr häufig so, dass auch Menschen ohne Doktor Seminare geben, nicht nur bei mir, auch an den Unis meiner Geschwister und Freunde. Meistens sind das Doktoranden. Wenn diese anfangen, haben die auch noch keine Erfahrung mit der Seminarleitung. UND sie haben noch keine Erfahrung mit dem Lehren überhaupt. Durch meine Erfahrung als Hilfslehrer habe ich damit aber Erfahrung und die wird mir auch hier nützen. Es geht gar nicht darum, Studenten wie Schüler zu behandeln. Das hasse ich selber. Aber ich habe als Hilslehrer als Gymnasium sowie an einer Grundschule gearbeitet. Am Gym in der Oberstufe, an der Grundschule in den ersten beiden Klassen. Sehr unterschiedlich und trotzdem hat mir die Erfahrung im Lehren an der anderen Schulform etwas gebracht. So wird sie mir auch was für die Uni bringen.
Ich war noch im alten Lehramtsmodell. Somit hatte ich rein theoretische Kurse wie die Leute aus Bachelor, Master, Magister. Ich habe so schon theoretisches Wissen. In meinen Hausarbeiten habe ich sehr viel empirisch geforscht, meine Abschlussarbeit war eine sehr groß angelegte empirische Studie. Andere schreiben reine Literaturarbeiten als Abschlussarbeit, sind dann trotzdem Doktoranden und haben Lehraufträge. Das ist bei mir also schonmal besser. Mein Professor sagte zudem, ich sei äußerst fähig im wissenschaftlichen Arbeiten. Ich bin nicht arrogant, aber ja, ich glaube, dass meine Grundvoraussetzungen im Moment nicht schlechter als jene von frischgebackenen Doktoranden sind.
Natürlich kann ich meine Themen nicht perfekt, aber wer kann das schon? Ich könnte genug Wissen vermitteln und wenn ich was dazulerne, freue ich mich.

@ Poppy: Mein Prof ist zwar Professor für "mein" Gebiet, aber leider nicht der Modulbeauftragte für das Modul, in dem ich lehren möchte. :(
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