In den USA promovieren als Diplom Physiker

[Robom]

Guten Tag,

ich würde euch gerne ein paar Fragen bezüglich eines Promotionsstudiums der Naturwissenschaften in Nordamerika stellen.

Und zwar habe ich in kürze mein Diplom abgeschlossen. Das Studium hat mir viel Spaß gemacht, vor allem die Anteile in der Forschung. Gerne möchte ich hier anknüpfen, möglicherweise in Amerika. Der Grund ist, dass es da einfach viele Gruppen gibt, die sich mit interessanten Themen beschäftigen. Allerdings sind das dann eher die bekannten Elite-Universitäten. Mein Anliegen bezieht sich also vor allem auf diese.

Was ich jedoch mitbekommen habe ist, dass das Studium mit normalen Vorlesungen anfängt und Prüfungen geschrieben werden. Das möchte ich ehrlich gesagt nicht nochmal machen. Ist es möglich diesen Schritt zu überspringen? Ich meine die Amerikaner fangen ja mit dreijährigem Bachelor an zu promovieren und ich habe schon ein fünfjähriges Diplom.

Wie ist das mit der Finanzierung? Wenn man nebenbei an der Uni Arbeiten (so HiWi-Ähnlich) soll man doch auch etwas verdienen, oder? Und die Gebühren sollen dann auch verringert werden, richtig?

Wie sieht es mit deutschen Stipendien aus, wie mit amerikanischen?

Ansonsten habe ich bereits einen englischsprachigen Schulabschluss aus Australien. Der soll angeblich einen TOFL ersetzen.
Muss ich eigentlich in jeden Fall einen GRE machen?

Vielen Dank für Antworten!

[Sapphirine]

Hi Robom,

ich habe zwar nicht in den USA promoviert aber war dort als Student und kannte einige Doktoranden. Außerdem hatte ich mich nach meinem Studienabschluss auch mal danach erkundigt, was ich für eine Promotion in den USA benötigen würde und es war mir zu viel Aufand deshalb habe ich es dann gelassen.
Fangen wir mit Deinem Abschluss an - Diplom ist ganz schlecht. Anscheinend gibt es keine einheitliche Regelung in den USA aber mir wurde damals gesagt, dass ich jeden einzelnen Kurs in amerikanische "credit points" umrechnen lassen sollte. Dafür wäre eine Organisation zuständig gewesen und ein paar hundert Dollar hätte das auch gekostet (gut ist jetzt nicht so viel, wenn man bedenkt, was man an Studiengebühren bezahlt). Ist schon ein paar Jahre her, vielleicht ist es inzwischen einfacher aber da solltest Du auf jeden Fall nachfragen.
Soweit ich weiß, müssen alle Amerikaner den GRE machen, deshalb nehme ich an, dass Du den dann auch machen müßtest. Dafür gibt es Material zum vorbereiten. Die Matheaufgaben fand ich ziemlich lustig (als Physiker wirst Du die wahrscheinlich nur lächerlich finden), Grammatik fand ich eigentlich auch nicht schwer aber manche Fragen zum Wortschatz können es schon in sich haben (auch wenn man einige Zeit im englischsprachigen Raum gelebt hat). Kann man aber bestimmt alles hinbekommen mit etwas Übung.
Zum Studium selbst: anderes Land, andere Regeln und die Tatsache, dass Du ein fünfjähriges Diplom hast interessiert in den USA niemanden. Die ersten 1 bis 3 Jahre (je nach Kursangebot und wie viel Pensum Du Dir pro Semester zumutest) der Promotion in den USA bist Du damit beschäftigt, Kurse zu belegen und dafür zu büffeln (soweit ich weiß, darfst Du auch keinen Kurs mit schlechter als B abschneiden). Du brauchst diese "credit points", um überhaupt promovieren zu dürfen - ich kann mir nicht vorstellen, dass Du das überspringen kannst. Außer, Du hast noch Punkte über, die Du für die Anerkennungs des Diploms als Promotionszulassung nicht brauchst aber alles kannst Du damit bestimmt nicht abdecken (sollten die sich an der Uni überhaupt auf sowas einlassen, was ich eher nicht glaube). So ungefähr nach einem Jahr gibt es dann auch noch ein sogenanntes "comprehensive exam" oder kurz "comps" - auch um dieses wirst Du nicht umhin kommen.
Außerdem: die meisten Amerikaner machen schon erst noch einen Master bevor sie promovieren - sie haben also auch 5 Jahre Studium hinter sich. Es ist zwar möglich direkt vom Bachelor in die Promotion einzusteigen aber da muss man schon extrem gut sein, um Chancen zu haben.
Details müßtest Du dann mit der jeweiligen Universität regeln aber wie schon erwähnt - alle Kurse werden sie Dir bestimmt nicht erlassen können und die comps auch nicht.
Zur Finanzierung: es gibt TA/RA - teaching und research assistants. Da kannst Du Dir zumindest Deine Studiengebühren reduzieren. Diese Stellen sind aber meist begrenzt und man muss sich früh drum kümmern (ein Bekannter von mir hat seine Promotion abgebrechen müssen, weil sich sein DV nicht rechtzeitig um eine Verlängerung des RA Vertrags gekümmert hat und dann waren alle Gelder schon weg). Ansonsten gibt's dann auch noch Nebenjobs an der Uni, um die man sich selbst kümmern muss.
Zu Stipendien kann ich nichts sagen - ich gehe mal davon aus, dass die meisten amerikanischen Stipendien für USA Bürger sind (als nicht-Amerikaner hat man es meist etwas schwer).
Ich habe auch einen englischsprachigen Schulabschluss (sogar amerikanisch) und mußte trotzdem einen TOEFL Test machen, um für ein Jahr an einer Uni in den USA studieren zu dürfen. Auch da müßtest Du nochmal bei der Uni nachfragen.

[Robom]

Vielen Dank für die ausführliche und hilfreiche Antwort!
So wie ich das verstanden habe, stellt mich eine USA-Promotion vor viele Probleme. Zum Beispiel wäre es nicht möglich alle Kurse in Credit-Points umrechnen zu lassen. Der besucht von den meisten Kursen ist freiwillig und wird nicht bescheinigt. Es kommt ja nur auf die Diplom-Prüfungen am Ende an. Oder kann man auch die Diplom-Prüfungen und die Diplom-Arbeit umrechnen lassen?
Auch was die Vorlesungen angeht: Mir sind Prüfungen zutiefst zuwieder. Nicht aus Bequemlichkeit, sondern weil sie oft so gestellt sind, dass nicht tiefes Verständnis gewünscht ist, sondern Routine und Wissen. Zum Glück ist das bei den mündlichen Diplom-Prüfungen anders.

Von dem Gesagtem ausgehend, würde ich abstand nehmen von einer Promotion in USA.

Natürlich würde es mich trotzdem freuen, wenn jemand eine Idee hätte wie das umkomplizierter geht.

Viele Grüße