Stipendium /Abbrechen /neue Promotion beginnen

Jahresarchiv
Gesperrt
cheshirecatty

Stipendium /Abbrechen /neue Promotion beginnen

Beitrag von cheshirecatty »

Hallo liebes Forum!

Ich würde gerne mal meine Situation schildern und eure Meinung bzw. Rat dazu hören [dazu habe ich gerade eben einen seeehr langen Text verfasst und mir ist dann aufgefallen, dass das eh keiner lesen wird - also der Versuch in aller Kürze]:

1) Ich schreibe gerade meine Masterarbeit (Biologie).
2) Ich wollte aufgrund fehlender Stellen an der Uni sowie persönlicher Veränderungen (Trennung nach langjähriger Beziehung) "pausieren", um Abstand zu gewinnen, neue Kraft zu erlangen und mir darüber klar zu werden, wer ich bin, was ich will und wo ich stehe. D.h., ich wollte erst einmal jobben, um Geld anzusparen und dann für zwei, drei Monate ins Ausland reisen (Anfang nächsten Jahres), dann wiederkommen, Praktika oder ähnliches, und dann für die Doktorarbeit bewerben/Promotion beginnen.
3) Überraschenderweise wurde mir nun doch die Möglichkeit auf ein Stipendium und damit den Beginn der Promotion in einem Projekt an meiner Uni angeboten. Den Antrag mit allen Gutachten, etc. habe ich vorsichtshalber erst einmal eingereicht, die Chancen auf Annahme stehen sehr gut.

Da die Thematik jedoch schon eine ganz andere ist, als die, für die ich mich eigentlich brennend interessiere, und aufgrund meiner persönlichen, emotionalen Schwierigkeiten habe ich ein ungutes Gefühl dabei (Kopf contra Herz, wer kennt das nicht?). Nun überlege ich (unfairerweise), die Promotion im Rahmes des Stipendiums erst einmal anzufangen und auszuprobieren. Dann ggf. nach 3 Monaten oder so abzubrechen und doch ins Ausland zu gehen und den "planlosen" Plan wie angedacht weiterzuführen.

Ganz simpel ausgedrückt bedeutet das "3-4 Monate Jobben im Cafe, auf Messen, etc. im Tausch gegen 3-4 Monate Stipendium + Promotion zum Ausprobieren".

Nun meine Fragen:

1) Kommt es schlecht im Lebenslauf, eine Promotion + Stipendium abzubrechen?
2) Muss ich das Stipendiengeld zurückzahlen, falls ich abbrechen sollte? Und kann mann ggf. für ein Stipendium im Jahr darauf "gestrichen" werden, weil man sich schonmal beworben hat/kurzzeitig etwas bekommen hat?
3) in Schlussfolgerung aus 1+2: Sollte ich mich doch lieber für ein zulassungsfreies Fach als Student weiter einschreiben, versuchen, ein bisschen Geld zu verdienen, bis ich genügend fürs Ausland zusammen habe, und die Promotion mit voller Kraft voraus nächstes Jahr in Angriff nehmen, in dem thematischen Bereich, der mir wirklich zusagt?


Ich wäre sehr dankbar, falls das jemand liest und mir ein paar Tips geben kann, die mir eine Entscheidung eventuell erleichtern :(

Beste Masterarbeitsgrüße ins Forum! :)
Maxi

Re: Stipendium /Abbrechen /neue Promotion beginnen

Beitrag von Maxi »

Hallo,

erstmal herzlichen Glückwunsch zum Stipendium! :blume:
Ich verstehe gut, wie es einem geht nach einer Trennung und man da erstmal "zu sich selbst finden" und eine Auszeit will und dergleichen. Daher wohl auch Deine Pläne, erstmal so ein bisschen vor Dich hin zu leben...
Aber: Nun hast Du durch einen glücklichen Zufall einen anderen Weg eröffnet bekommen. Den würde ich unbedingt einschlagen! Und nicht gleich alles nur mit halber Energie angehen und gleich Abbrechen miteinkalkulieren!

Irgendwann in ein paar Jahrzehnten kannst Du Dich vielleicht schon gar nicht mehr an den Vornamen Deines Expartners erinnern (ich übertreibe ein bisschen :wink: ). Aber Du wirst Dich definitiv dran erinnern, wenn Du ein Promotionsstudium abgebrochen hast. Und das wird Dir bei jedem Dr. einfallen, der Dir begegnet. Und Dich vielleicht sogar besonders ärgern, wenn der sich noch arrogant benimmt.

Wen interessiert schon sein Promotionsthema die ganzen Jahre, die man sich damit beschäftigt, brennend? Mal ehrlich - bei mir: Mittlerweile interessiert es mich nicht mehr die Bohne (anfangs schon). Selbst das spannendste Thema kann sich bei näherem Hinblick als total ätzend und schwierig herausstellen. Jedes Thema bringt Durststrecken mit sich und Phasen, in denen man nicht mehr weiterkommt, frustriert ist, keine Ideen hat und vielleicht sogar nicht mal eine Person, mit der man fachlich darüber diskutieren kann.
Ich bin froh, wenn ich mit dem Bereich meiner Diss nichts mehr zu tun habe, obwohl ich mein Thema selbst ausgesucht habe und es mich anfangs auch total interessiert hat. Aber es hat mich trotzdem persönlich weitergebracht (insb. weil man Durchhalten lernt) und es hat mir auch sehr bei der Jobsuche geholfen, obwohl ich mich in einem anderen Bereich beworben habe, der mir viel mehr Spaß macht.

Und zum Stipendiengeber: Natürlich macht es einen superschlechten Eindruck, wenn man abbricht! :roll: Und ich glaube kaum, dass man dann nochmal aufgenommen wird. Wer will schon einen wankelmütigen planlosen Stipendiaten, der kein Durchhaltevermögen hat und wegen Liebeskummer in den Tag hinein leben will? Wo es doch so viele andere geeignete potentielle Stipendiaten gibt, die mehr Leistungsbereitschaft mitbringen. (Ich übertreibe nochmal. :wink: So denke nicht ich, aber so könnte durchaus eine Auswahlkommission denken...)
Mit dem Zurückzahlen bin ich mir nicht sicher - ich könnte mir aber vorstellen, dass man nach einem Abbruch die erhaltenen Gelder zurückzahlen muss.

Zu den Auslandsplänen: Gerade Stipendiengeber bieten oft tolle Möglichkeiten während der Promotion auch einen wie auch immer gearteten Auslandsaufenthalt zu machen (z.B. Forschungsaufenthalt, Sprachkurs, Sommerakademie etc.)
Dafür brauchst Du nicht zu jobben. Und Du lernst eine Menge neuer Leute kennen.

Fazit: Ãœberleg Dir gut, ob Du solch eine tolle Chance einfach wegwirfst. --> /:dr)
Ich würde es nicht empfehlen. Mach lieber vor dem richtigen Einstieg in die Diss nochmal einen tollen Urlaub und pack das dann richtig und mit vollem Elan an! Für eine Diss brauchst Du Durchhaltevermögen - anders wird das nichts. Und das wäre doch schade, da Du so tolle Vorausetzungen hast! :blume:

Alles Gute - und viel Erfolg!
Lieben Gruß
Maxi
Zwonk
Beiträge: 10558
Registriert: 28.04.2013, 14:13
Status: Dr. Zwonk
Hat sich bedankt: 2 Mal
Danksagung erhalten: 8 Mal

Re: Stipendium /Abbrechen /neue Promotion beginnen

Beitrag von Zwonk »

Hallo cheshirecatty,

nur kurz zu Deinen Fragen:

1. Ach ja, der Lebenslauf. Ich glaube, da muß man sich etwas von der Panikmache in den Medien emanzipieren. Viele Leute brechen etwas ab, ohne daß gleich der Himmel einstürzt. Wenn jemand nach drei, vier Monaten abbricht, weil er gesehen hat, daß das nicht sein Ding ist, wird da jeder für Verständnis haben. Wenn Du drei oder vier Jahre an der Dissertation bastelst und Dein Promotionsvorhaben dann abbrichst, dann sähe das schlecht aus. Das wirkt dann wie: Werkelt drei Jahre herum, kann seine eigenen Pläne nicht zielgerichtet verfolgen und scheitert dann ohne Ergebnis trotz eines Riesenaufwands an Zeit. Aber, bei drei, vier Monaten ist das kein größeres Problem, denke ich.

2. Nein, das Geld mußt Du im Normalfall nicht zurückzahlen. Schau aber zur Sicherheit in den Vertrag rein. Der Normalfall ist aber, das Stipendien im eigentlichen Sinn nicht zurückgezahlt werden müssen und auch vom Studenten ohne größere Mühe zurückgegeben werden können. Bei mir war es ein einfacher formloser Brief, mit dem ich mein Stipendium aufgegeben habe. Zurückzahlen mußte ich nichts.

3. Zu Fragen von so weitreichender biographischer Tragweite äußere ich mich prinzipiell nicht verbindlich :wink:

Aber eins noch zur Stipendiensache: Es ist relativ unwahrscheinlich, daß derselbe Stipendiengeber Dir zweimal ein Stipendium gibt. Da hat Maxi recht. Stipendiengeber legen meistens Wert darauf, daß eine realistische Chance besteht, daß der Student das Projekt abschließt. Eine einmal abgebrochene Promotion ist also bei einer erneuten Bewerbung ein gewaltiger Malus. Das würde ich nicht unterschätzen. Grundsätzlich ist es aber noch möglich, sich bei anderen Stipendiengebern zu bewerben, bei kirchlichen oder parteinahen Stiftungen z.B. Hier gilt aber, daß eine ganze Reihe von Stipendiengebern in ihren Bedingungen ausschließen, daß Leute gefördert werden, die schonmal anderswo ein Stipendium hatten. Daß muß nicht überall so sein, aber mit der Rückgabe des Stipendiums dürftest Du, aufs Ganze gerechnet, Deine Chancen auf ein erneutes Stipendium ziemlich verschlechtern. Du müßtest dann u.U. im Zweifel versuchen, später die Promotion anders zu finanzieren.
12. Dec 2016;01. Feb 2017;f;zum neuen Job!
Gesperrt
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag