Betreuungsprobleme

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majanu

Betreuungsprobleme

Beitrag von majanu »

Hallo!

ich bin gerade mal wieder ziemlich verzweifelt. Erstmal zu meiner Situation: Ich habe eine Doktorandenstelle für 3 Jahre, wovon jetzt 2 um sind. Mein eigentlicher Doktorvater ist seit einem Jahr in Ruhestand und hat sich weder vorher noch jetzt für mein Thema interessiert (es ist aber ein DFG-Projekt, das er mit beantragt hat). Besonders seitdem er offiziell nicht mehr dabei ist, kümmert er sich nur noch um seine "Lieblingsprojekte". Ich habe noch einen weiteren Betreuer, der ist aber nicht vor Ort (und ist auch kein Gutachter). Mit ihm halte ich losen E-Mail-Kontakt und wir sehen uns alle paar Monate mal. Ich habe an meinem Institut keine Projektgruppe, es gibt aber einen erfahrenden Kollegen, der hin und wieder mal nachfragt. Im Rahmen des Projekts müssen natürlich Paper geschrieben werden. Vor einem halben Jahr wurde mir gesagt, ich solle mal anfangen. Das habe ich getan. Die Entwürfe wurden mit meinem Betreuer (nicht dem DV) hin und her geschickt. Der hatte ziemlich viel auszusetzen und meinte irgendwann, dass er sich das erst wieder anschaut, wenn der Entwurf vernünftig ist, so würde das unter keinen Umständen auch nur annähernd bei einem Magazin angenommen. Da stand ich schon mal ziemlich verwirrt da, weil ich nicht wusste, was ich machen soll, was ich ändern soll. Ich habe es versucht und dann dem Kollegen vor Ort gegeben, der dann auch gar nicht so viel angemerkt hat, aber gute Tipps gegeben hat. Die habe ich umgesetzt. Dann habe ich mit meinem Betreuer abgesprochen, dass mein DV mal seinen Teil tun sollte und diesem den Entwurf zugeschickt. Die Korrektur lässt, sagen wir mal, zu wünschen übrig. Kaum Anmerkungen, teilweise habe ich daran gezweifelt, dass er es sich überhaupt richtig durchgelesen hat. Ich habe seine Korrekturen eingearbeitet und die neue Version dann wieder meinem Betreuer zugeschickt. Und er meint wieder, dass so kein Paper geschrieben wird. Er will jetzt alles selber komplett überarbeiten. Das dauert dann und ich sitze einen Monat rum, ohne was zu tun zu haben (ich arbeite theoretisch und wollte eigentlich in der Zeit, in der woanders Experimente laufen und ich auf die Ergebnisse warte, an dem Paper arbeiten. Ja, andere sagen "freu dich doch", aber ich ertrage das nicht lange, vor allen Dingen, weil ich trotzdem jeden Tag ins Institut kommen muss.). Ich sehe schon kommen, dass mein Betreuer alles ändern wird, so dass es eigentlich kaum noch mein Paper ist und ich da ein halbes Jahr Arbeit völlig umsonst reingesteckt habe.
ich habe langsam das Gefühl, zu doof zu sein, um wissenschaftlich zu schreiben. Und wie ich so jemals eine Diss abgeben soll, ist mir völlig schleierhaft. Da brauche ich ja schon jemanden, der mal vernünftig drüber schaut (ist bei uns auch so üblich). Aber der eine wirft nur einen Blick drauf und macht zwei Anmerkungen und der andere will alles ganz anders und offenbar genau nach seiner Meinung. Ich mag langsam nicht mehr weitermachen. Weder mit dem Paper noch mit der Diss. Auf der einen Seite ist es ja auch angenehm, viele Freiheiten zu haben, aber dann trotzdem genau die Ergebnisse zu produzieren, die gewünscht werden, schaffe ich einfach nicht.
ich komme mir klein und dumm vor und glaube nicht mehr dran, dass ich es schaffen kann. An diesem Punkt war ich schon öfter, habe aber immer weiter gemacht. Jetzt komme ich aber wirklich nicht mehr vorwärts.
Ich weiß auch gar nicht, was ich mir hier von diesem Forum erwarten soll. Hier kann ja auch niemand zaubern. Vielleicht hat ja jemand ähnliche Probleme, dann fühlt man sich wenigstens nicht mehr alleine dumm. Oder jemand hatte so eine Phase und hat sie überwunden und kann so Mut machen.
Ich musste mich einfach mal jemandem mitteilen.
Danke fürs Lesen.
LG, majanu
Bara
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Registriert: 25.08.2012, 20:37
Status: Dr. jur. Bara

Re: Betreuungsprobleme

Beitrag von Bara »

Hab's gelesen, kann aber nur den Tipp geben, einfach zu schreiben. Es findet sich alles... Meine Betreuung ist auch faktisch nicht vorhanden, aber die Gespräche alle paar Monate zeugen von Interesse und Verständnis, sodass ich inzwischen guter Hoffnung bin, das Richtige zu machen und auch nichts methodisch oer inhaltlich Unvertretbares abgeben zu werden. Generell wage ich - nach meiner zugegebenermaßen begrenzten Erfahrung - die These, dass eine derartige Betreuung auch den Vorteil größerer inhaltlicher Freiheit birgt. Dass Du am Ende auf Betreuerwunsch alles wirst ändern müssen, denke ich nicht. Die Betreuer, die hier alles in ihre Gedankenbahnen lenken wollen, korrigieren teilweise monatlich den Stand der Arbeit - das wäre für mich auch nichts.

Nur Mut! :)
tara

Re: Betreuungsprobleme

Beitrag von tara »

Das erinnert mich ein bisschen an meine Situation bevor ich den Betreuer wechselte. Ich war ewig lange mit der
Abfassung eines Exposés beschäftigt, das aber nie zufriedenstellend für den Betreuer war, wobei mir zum
Schluss auch nicht mehr wirklich klar war, was ich genau ändern muss, bis ich merkte, dass es generell
am Thema liegt, wo es Differenzen zwischen uns gab. So sah ich als Ausweg nur zu wechseln; zum
neuen Betreuungsverhältnis kann ich aber noch nicht so viel sagen, weil es erst ein paar Moante existiert,
jedoch wird es bestimmt nicht einfach, da ich in einer ganz anderen Stadt als der DV wohne.
Ibanez

Re: Betreuungsprobleme

Beitrag von Ibanez »

Dieses Problem kenne ich auch und ich weiß aus Erfahrung, dass diese Situation sehr belastend und frustrierend ist. Das tut mir sehr leid.
Ich habe gefühlte 100x mein Kündigungsschreiben im Institut einreichen wollen, um mich endlich aus dieser erdrückenden Lage befreien zu können. Habe es mangels Alternativen aber nie getan. Jetzt im Nachhinein muss ich mir eingestehen, dass wenn ich gewusst hätte was da alles auf mich zukommt, ich besser hätte kündigen sollen.
Deswegen kann ich dir nur einen (sehr subjektiven) Rat geben:
Forder das ein was du benötigst, um deinem(!) Ziel näher zu kommen!!!
Wenn dein DV schlecht ist, dann finde einen Konsens mit ihm, dass du stressfrei zu einem anderen DV wechseln kannst. Wenn andere dir schlechtes Feedback geben, dann hake nach wie du dich verbessern kannst. Wenn du das Gefühl hast keine Kraft mehr zu haben, dann versuche herauszufinden was dir gut tut (Weitermachen - Beenden).
Eine Promotion ist zwar toll, aber es sollte niemals über allem anderen stehen (Wohlbefinden etc.).
Meine Betreuung war unterirdisch, obwohl ich jemand mit hohem Betreuungsbedarf in der Manusskripterstellung bin. Meine praktische Studie habe ich extrem gut und sicher absolviert, als es aber um die Verschriftlichung ging und ich Hilfe benötigte wurde sie mir verwehrt. Resultat: Gutachten miserabel, ich fühle mich wie der letzte Wissenschaftler.
Nun im Nachhinein ist mir klar was ich in der Diss.-schrift hätte anders machen sollen, aber warum hat mir das mein DV nicht vorher gesagt?
Ich bin der Überzeugung, dass Promovieren ein Lernprozess ist, an dessen Ende ein gut ausgebildeter Wissenschaftler steht. Und dieser Lernprozess kann nicht nur in Eigenregie stattfinden, sondern benötigt die kontinuierliche Unterstützung eines erfahrenen Profs.
Das scheinen die Profs. von heute teilweise zu vergessen. Sie erwarten mit dem Mastertitel ein fertiges Produkt (Mitarbeiter), das sich willen- und betreuunglos in die Riege des Instituts eingliedert und möglichst schnell und zahlreich Artikel erzeugt.

Mach dir klar was du möchtest und dann setze es in die Tat um. Denke positiv und fordere das ein was du benötigst.
Es wird wieder Phasen geben die absolut gut laufen.
Ich drücke die Daumen!!!
Sofia
Beiträge: 2896
Registriert: 26.05.2013, 18:12
Status: Dr. phil.

Re: Betreuungsprobleme

Beitrag von Sofia »

Nur eine ergänzende Anregung: Hast du schon einen Prof im Kopf, der das Zweitgutachten schreiben könnte? Du solltest eine fachlich qualifizierte 2. Meinung einholen und dich nicht nur von dem Zweitbetreuer, der ja auch kein Gutachter ist, abhängig machen. Abgesehen davon hilft es dir vielleicht, Paper von anderen zu lesen aus deinem Bereich... Hast du da Zugang?
Alles Gute!! :blume:
Bild
majanu

Re: Betreuungsprobleme

Beitrag von majanu »

Hallo! Danke für die netten Antworten. Mittlerweile hat sich alles halbwegs wieder eingerenkt. Ich konnte meinen Betreuer davon überzeugen, dass ich das paper selber nochmal überarbeite und der mir noch Tipps und Beispiele gibt, anstatt alles zu korrigieren. Das fand er auch ganz gut, weil er immer sehr viel zu tun hat. Mein Problem, dass mein DV sich nicht interessiert ist damit nicht gelöst, aber damit werde ich wohl leben müssen. Meine Fachrichtung ist sehr speziell, deswegen lässt sich nicht einfach ein alternativer DV auftreiben. Wenn, dann wäre der wohl auch von außerhalb und das bringt mich dann auch nicht weiter. Einen Zweitgutachter habe ich noch nicht. Eventuell der Leiter unsere Kooperation. Nur ist der angewandt und ich arbeite theoretisch, was so schon zu Konflikten führt. Da hätte ich etwas Angst, dass er mir zu viele Fragen stellt bzw. zu viel in der Richtung erwartet, in der er tätig ist. Und das kann ich nicht leisten, das ich nicht mein Gebiet (er ist Genetiker bzw. Mikrobiologe und ich modelliere). Auch ein Punkt über dem ich demnächst mit meinem DV sprechen muss. Irgendwie werde ich es schon schaffen, wie gut ist dabei eine andere Frage.
Viele Grüße, majanu
chai_latte

Re: Betreuungsprobleme

Beitrag von chai_latte »

Die Betreuung ist nicht ideal, aber dein Hauptproblem derzeit scheint das Schreiben des Papers zu sein. Mein Schreiben ist auch miserabel. Um anfangs reinzukommen habe ich folgendes (aufwändiges) Vorgehen gemacht und möchte es dir einfach einmal vorschlagen:

- In einer Powerpoint habe ich an Hand von vielen Papern, die in meinem Ziel-Journal waren, eine grobe Struktur (Einleitung - Theorie - Empirie - Schluss) und dann genauere Unterteilungen (Einleitung: Intro - Forschungsstand - Ziele der Arbeit - Strukturierung des Papers - etc) pro Folie durchgeführt. Im Prinzip war dann jede Folie ein Absatz eines Papers.

- Stundenlang habe ich mir unzählige Paper aus dem Ziel-Journal nur auf ihre Struktur und ihr Formulierung hin durchgelesen und Sätze, die mir besonders gut gefallen haben, in die jeweilige Folie kopiert

- Das wird eine ganze Menge an Sätzen und Folien aber am Ende hast Du eine große Sammlung an Formulierungen, die Du in den jeweiligen Absätzen deines Papers als Inspiration nutzen kannst

- Daraus habe ich mir für meine jeweiligen Teile vernünftige Sätze gebastelt und mit meinem Inhalt angereichert. Es ist kein plagiieren, da ich mir beispielsweise aus 5 Sätzen einen eigenen Satz gebastelt habe, so wie ich es brauchte und daher natürlich genügend Veränderung drin hatte. Es geht also eher darum, dass Du genau siehst, wie andere genau einen Absatz geschrieben haben, welche Wörter häufig genutzt werden, damit Du das ebenfalls ähnlich durchführen kannst mit deinem eigenen Inhalt.

Im Endeffekt ist daraus allein schon von der Struktur und den Formulierungen ein gutes Paper geworden und die nächsten gingen danach wesentlich einfacher...!

Alles Gute!
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