Juniorprofessur ja/nein

Irgendwann ist jeder fertig. Und dann darf er sich hier austoben :-)
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OK82

Juniorprofessur ja/nein

Beitrag von OK82 »

Hallo,

auf der Suche nach verlässlichen Informationen und Erfahrungen zur Juniorprofessur bin ich irgendwann hier gelandet - ich hoffe ihr könnt mir etwas weiterhelfen.

Ich schreibe seit 3 Jahren an meiner Diss und werde, wenn alles klappt, im Mai damit fertig werden.
Mein Doktorvater hat mir schon mehrmals erzählt, dass unsere Uni ein neues Forschungsgebiet erschließen will, das sehr gut zum Thema meiner Diss passt. Dazu soll nächstes Jahr eine Juniorprofessur ausgeschrieben werden. Sowohl mein DV als auch ein weiterer Professor haben sich bei mir erkundigt, ob ich Interesse hätte. Mir geht das alles etwas zu schnell, weil ich noch unsicher bin, wie es weitergehen soll. Mein Vertrag läuft noch etwa ein Jahr, daher habe ich mich auch noch nicht intensiv damit beschäftigt.

Meine Fragen:
1. Der Weg, eine Professur an der Uni anzunehmen, an der man auch promoviert hat, ist wohl eher unüblich, teilweise auch gar nicht möglich. Mir wurde nun gesagt, dass das bei Zustimmung der Uni problemlos möglich ist (es geht um NRW). Stimmt das? Und wenn ja: würde das Nachteile mit sich bringen?

2. Ich habe im erweiterten Kollegenkreis ausgezeichnete Wissenschaftler, die sich von einer Vertretungsprofessur zur nächsten quälen, in Berufungsverfahren immer wieder auf den vorderen Listenplätzen landen, aber dann doch keine Stelle bekommen. Das finde ich sehr abschreckend.
Bin ich, wenn ich einmal eine Juniorprofessur hätte, in der akademischen Welt "gefangen"? Mir ist klar, dass es theoretisch möglich ist, auch wieder in die Wirtschaft zu gehen. Aber ist das praktisch tatsächlich so?

3. Habt ihr sonst Empfehlungen, worauf ich achten soll?
MastaofDissasta

Re: Juniorprofessur ja/nein

Beitrag von MastaofDissasta »

Erst mal Herzlichen Glückwunsch! Das ist doch mal eine Rückmeldung, die Rückenwind gibt! :prost:

Zu deinen Fragen (so gut, wie ich es eben weiß, deswegen keine Gewähr)

1.) Das Hausberufungsverbot ist nur eine Soll-Bestimmung (und durch Landesgesetze geregelt, du müsstest das also nochmal für NRW verifizieren). Wenn davon abgewichen werden soll, muss das in der Regel besonders begründet werden und ein formelles Berufungsverfahren mit Konkurrenten wirst du nicht umgehen können (auch irgendwie gemein gegenüber den anderen Bewerbern, wenn die Berufungskommission sie vorsingen lässt, obwohl sie sich schon auf einen Kandidaten verständigt haben ...). Ggf. ist für eine JP aber auch gar kein Hausberufungsverbot vorgesehen. Gerade im Süden der Republik (südlicher als NRW) sind JPs leider oft "nur" Post-Doc-Stellen ohne Ausstattung und Zuordnung zu einem Lehrstuhlinhaber mit entsprechenden Verpflichtungen (z.B. Genehmigungen für Anschaffungen).

2.) "Gefangen" bist du durch die JP sicher nicht. Vielleicht ist auch keine Überführung in eine ordentliche Professur vorgesehen, ist es denn eine JP im "tenure track"? Das wäre dann wirklich etwas besonderes, da die wenigsten JPs im tenure track vergeben werden. Wesentlich häufiger werden JPs in Abweichung von der eigentlichen Intention als befristete Stellen (bzw. befristete Verbeamtungen) vergeben und die Stelleninhaber habilitieren sich in der Zeit zusätzlich, obwohl die JP ja eigentlich die Habil ablösen sollte. Ggf. könntest du den "Prof."-Titel mitnehmen (mit einer kleinen Lehrverpflichtung) und das schadet in der Wirtschaft sicher nicht, besonders, wenn Kooperationsbeziehungen zur Uni aufrecht erhältst.

Im Zweifelsfall (= erstmal noch keinen Plan, was du nach der Promotion machen willst) würde ich die JP machen. Du hast größere inhaltliche Freiheit als ein "klassischer" Post-Doc, oft reduziertes Deputat und in der Regel einen halben Mitarbeiter. Auf der anderen Seite ist das tatsächlich eine berufsethische Frage: Die JPs tragen dazu bei, dass immer mehr Karrierestufen nur als befristete Anstellungsverhältnisse vergeben werden und da die Ausstattung oft nur aus einem halben MA besteht, rückt mit jeder JP das Normalarbeitsverhältnis für einen weiteren Menschen in weite Ferne - da muss man sich überlegen, ob man das mitmachen möchte.
OK82

Re: Juniorprofessur ja/nein

Beitrag von OK82 »

Danke für deine Antwort!

Wie genau die JP aussehen soll, ist momentan noch in der Verhandlung. Ich denke auch, dass das der Grund ist, warum man mit mir gesprochen hat. Bei dem Prof (nicht meinem DV) klang es so, als ob er sich ein wenig Feedback abholen wollte, wie es aus meiner Sicht aussehen könnte. Man muss dazu auch wissen, dass die Fachrichtung relativ speziell ist. Auf die letzte in Deutschland ausgeschriebene W2-Professur gab es gerade einmal drei geeignete Bewerber.
Ich empfinde das auch als großes Kompliment. Mir hat es immer Spaß gemacht, mich an der Uni zu engagieren und mich zu vernetzen - offensichtlich kommt jetzt der Lohn dafür. Das freut mich sehr.

Dass es ein Berufungsverfahren mit Mitbewerben geben muss, hatte ich schon angenommen. Das sehe ich aber eher als kleinere Hürde, wenn sich die Verantwortlichen einig sind, dass ich der Wunschkandidat bin. Ich habe das selbst schon als Mitglied einer Berufungskommission erlebt, wie einfach sich da Argumente finden lassen, warum es nun der Kandidat sein soll und kein anderer. :wink:

Einen Tenure-Track halte ich für unwahrscheinlich und die Ausstattung wird auch nicht gut sein. Dafür sind die Chancen auf Drittmittel gut: das gilt für meinen jetzigen Lehrstuhl und würde sich vermutlich auch fortsetzen lassen.

Ich denke ich muss auch einfach mal 2-3 Wochen darüber nachdenken und auch mit meiner Freundin ausführlich darüber sprechen. Mir ist klar, dass die JP viel Arbeit bedeutet und je älter man wird (ich werde dieses Jahr 31), desto schwerer werden diese Entscheidungen.
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