Publizieren im Peer Review - Wartezeit auf Gutachten

[epikur]

Liebe ForumsteilnehmerInnen,

ich promoviere seit ca. 3 1/2 Jahren kumulativ in Psychologie. Eigentlich wollte ich längst fertig sein, habe mich aber fast damit abgefunden, daß so etwas meistens länger dauert, als man plant. Immerhin habe ich bislang alle Hürden und Herausforderungen (zu denen es viel zu erzählen gäbe) gemeistert und im Herbst meinen letzten noch benötigten Artikel eingereicht.
Seitdem trete ich jedoch auf der Stelle, weil ich nach einem halben Jahr immer noch kein Feedback auf dieses Manuskript bekommen habe, was mich zunehmend frustriert...
An den Schriftleiter komme ich nicht heran, sondern nur an die Redaktionstante, die mich immer wieder vertröstet. Zu erwähnen wäre noch, daß ich nicht bei einem internationalen A oder B-Journal eingereicht habe, sondern bei einer deutschsprachigen Fachzeitschrift, die im SSCI gelistet, d.h. zwar ganz solide, aber halt auch nicht top level ist...!
Was habt Ihr für Erfahrungen gemacht? Wie lange wartet Ihr? Seht Ihr irgendwelche Möglichkeiten, die Sache zu beschleunigen? Ab wann sollte man ggf. die Publikation zurückziehen und woanders einreichen?
Wie geht Ihr mit der Wartezeit und Ungewißheit um?

Für Eure Antworten dankt Euch

epikur

[mastermind]

Ich habe die längste Wartezeit bisher bei einem ziemlich windigen Online-Journl gehabt: Über ein dreiviertel Jahr für das erste Feedback.
Auf manchen Homepages gibt es Angaben zur Dauer. "Schnelle" Journale schreiben da etwas von 6-8 Wochen - meiner Erfahrung nach sind die dann nach drei Monaten fertig. Alles andere dauert bei mir immer etwa ein halbes Jahr. Kenne aber auch Horrorgeschichten von gut einem Jahr und so weiter. Bei vielen Zeitschriften steht auf den Originalartikeln wann sie das erste Mal eingereicht wurden. Schau dir das mal an, das ist sehr aufschlußreich...

[epikur]

Nun kann ich Euch endlich berichten, wie es mit meinem Artikel weiter gegangen ist, denn gestern kam, fast EIN JAHR nach Einreichung, das erlösende "accepted"
Mitte Mai, also nach gut einem halben Jahr, kamen die Reviews, zwei unqualifizierte und oberflächliche 3-Zeiler, aus denen 2 Dinge hervorgingen:
1. Die Reviewer hatten es in einem halben Jahr nicht mal für nötig befunden, das Manuskript richtig zu lesen;
2. Die Reviewer empfanden ein diffuses berufspolitisches Unbehagen gegenüber Teilen meiner Ergebnisse.
Nachdem wohl zur Diskussion gestanden hatte, den Artikel mangels berufspolitischer Opportunität abzulehnen ("paßt nicht in unser ehrenwertes Blatt" frei nach Udo Jürgens); einigte man sich darauf, den Artikel zu veröffentlichen, wenn ich den strittigen Teil meiner Ergebnisse aus der Studie entfernen würde!
Zwar lasse ich mir ungern einen Maulkorb verpassen (40 Jahre DDR sind genug), aber mein DV überredete mich, das "pragmatisch" zu sehen und mich auf das Spiel einzulassen, was u.a. bedeutete, meine Studie komplett neu zu berechnen. Dennoch bekam ich das in wenigen Wochen hin. Was dann wieder folgte, war: Warten, Warten, Warten...!
Dann ein erneuter Schock: So ginge das nicht, so könne er (der Herausgeber) den Artikel nicht veröffentlichen, im Anhang das Manuskript in dekorativem Rot mit über 50 Kritikpunkten und Anmerkungen
Teilweise konsruktiv und berechtigt, viele Nickeligkeiten, größtenteils Kleinigkeiten, wie einzelne Formulierungen etc., war dies in der Summe jedoch eine "Menge Holz", so dass für die Überarbeitung mein gesamter Sommerurlaub draufging!
Dann folgten wieder 2 Monate des Wartens und Wartens und Wartens
Vor 2 Wochen kam dann endlich eine etwas freundlichere Mail und es wurden nur noch zwei relativ kleine Ergänzungen gefordert. Dafür ging eines der letzten schönen Spätsommer- Wochenenden drauf (ich promoviere nebenberuflich).
Nachdem ich mich schon darauf eingestellt hatte, wieder ewig warten zu müssen, kam gestern nun endlich die gute Nachricht, daß das Manuskript angenommen ist
Allerdings hat sich der Herausgeber natürlich nicht nehmen lassen, noch ein paar Nickeligkeiten anzumerken und meinen english abtract gründlich zu verschlimmbessern...
Leider sind meine Daten nun nicht mehr ganz so taufrisch, wie sie einstmals waren, dennoch bin ich glücklich über dieses "happy end" einer scheinbar "never ending story"
Selbstverständlich werde ich mir nicht nehmen lassen, den Teil meiner Ergebnisse, welcher der Zensur zum Opfer fiel, in einer Zeitschrift ohne "peer mobbing" zu publizieren!
Wenn ich noch mal vor der Wahl stünde, würde ich jedoch nicht mehr kumulativ promovieren!

Es grüßt Euch

epikur

[myfunnyvalentine]

Glückwunsch! Freut mich, dass es noch ein gutes Ende gefunden hat