Eigenes Thema verheimlichen?

Fragen aus der laufenden Arbeit an der Dissertation.
Literatursuche, Motivationsprobleme, Lehrtätigkeit, Ärger mit dem Prof u.v.m.
swm

Re: Eigenes Thema verheimlichen?

Beitrag von swm »

Hi!

Danke für Deine Antwort!
Also meine Mutter und ich promovieren zum Glück in unterschiedlichen Fachrichtungen! Sie hat sich bei ihrer Promotion einfach übernommen; sie hat in den "Wechseljahren" beschlossen zu promovieren, d. h. sie war schon 25 Jahre aus dem Studium draussen! Ihr Thema gibt zudem leider nichts für einer Promotion her, sie schreibt eine Biographie über ihre Lieblingsdichterin. Sie ist glaub ich ziemlich enttäuscht von sich selbt und ich habe ihr schon versprochen ihr zu helfen, wenn ich fertig bin!

Mein Artikel ist bereits veröffentlicht und es kann somit prinzipiell jeder abschreiben, deshalb denk ich auch, dass ich spinn! Meine Mutter möchte mir bestimmt nicht schaden und hat das warscheinlich einfach nur so dahin gesagt!

Ich habe noch das Luxus Problem, dass mein Vater vor seinem Rentenantritt vor zwei Jahren Deutschlehrer und Fachbetreuer für Deutsch am Gymnasium war und mir natürlich angeboten hat, meine Arbeit am Ende zu korrigieren. Und jetzt bin ich ernsthaft am überlegen, ob ich das annehmen soll! Also eigentlich total bescheuert, überhaupt darüber nachzudenken, denn das ist natürlich eine einmalige Chance.

Ich fürchte, das ganze ist einfach ein Gespinne, dass man denkt, andere fangen an abzuschreiben...Irgendwie müssen die Leute sich ja äussern und natürlich sagt einen keiner "Dein Thema interessiert mich nicht", sondern das Gegenteil, warscheinlich auch aus Anstand.

Viele Grüsse
swm
nK

Re: Eigenes Thema verheimlichen?

Beitrag von nK »

Also ich mache da eine ganz klare Trennung: Wenn ich mit jemandem rede, spreche ich gerne und detailliert über mein Thema und mache mir keine Gedanken. Aber ins Internet - auch hier - würde ich es nie stellen (einzige Ausnahme: Die Seite der Friedrich-Ebert-Stiftung, aber dort auch nur im geschützten Bereich, der für andere Stipendiaten einsehbar ist).

Ich habe über das Internet sogar vor ein paar Monaten festgestellt, dass mittlerweile ein Habilitant einer großen Fakultät an "meinem" Thema sitzt. Aber da kann ich mir sicher sein, dass er (vor einem Jahr begonnen) nicht schneller ist als ich :twisted:
Sebastian
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Re: Eigenes Thema verheimlichen?

Beitrag von Sebastian »

chris0 hat geschrieben:Der andere Fall (um den es ja hier geht), Stichwort "wegschnappen" halte ich für eher unwahrscheinlich, denn wer fängt schon mit einer Diss an, an der jemand bereits 2 Jahre sitzt? Mag sein das es solche Leute gibt, aber um dann schneller fertig zu sein, kann bei dem anderen nicht wirklich etwas dogmatisch fundiertes herauskommen, wenn diese Person nicht ein Superhirn ist und solche schnappen anderen in der Regel kein Thema weg.
Also ich hatte diese Sorge trotzdem - nicht unbedingt im Sinne von "Absichtlich wegnehmen" sondern als "Zufällig und im Wissen um die andere Arbeit drei Monate eher abgegeben."
Abgesehen davon: Es gibt jede Menge Doktoranden, die nur neben einer sonstigen Tätigkeit promovieren. Ich glaube schon, dass man die mit einer Vollzeit-Promotion (und im Wissen um die "Eilbedürftigkeit") überholen könnte.
Und bei Naturwissenschafttlern und sonst allen, die nicht nur Fleiß, sondern auch noch geniale Ideen haben wollen/sollen, könnte das auch passen. Vielleicht habe ich aber auch zuviele Romane gelesen :wink:
[i]Link entfernt[/i] 3453064216]Carl Djerassi: Cantors Dilemma
chris0

Re: Eigenes Thema verheimlichen?

Beitrag von chris0 »

@seastian: Ja, das hast du natürlich recht, es ist theoretisch dann schon möglich, dass der andere sich 50h die Woche an die Diss setzt und einen dann noch "überholt", wenn man selbst viel arbeiten muss. Ich will auch gar nicht behaupten, dass ich von dieser Angst gänzlich frei bin, betreibe aber selbst einen blog, in dem ich auch mein Thema vorstelle, allerdings ohne Angabe von Thesen oder konkreten Inhalten.
Vielleicht für Dich als Jurist auch interessant: Habe kürzlich zwei Dissen aus dem (bei uns so beliebten) Nomos-Verlag gelesen, die beide das selbe Thema hatten und im selben Jahr erschienen sind, das hat mich etwas beruhigt.
Aguti
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Re: Eigenes Thema verheimlichen?

Beitrag von Aguti »

Ich bin da eigentlich auch ganz unbekümmert und rede über meine Diss (gut, ich bin ja auch noch nicht so weit). Im Internet bin ich deutlich zurückhaltender, aber das betrifft andere persönliche Infos genauso wie die Diss.
Mathilda

Re: Eigenes Thema verheimlichen?

Beitrag von Mathilda »

Ich denke auch, dass das sehr vom Thema abhängt.
Beispiel 1: jemand versucht, bestimmte in der Realität auftauchenden Phänomene formal abzubilden >> das kann man schnell klauen >> da würd ich nix drüber erzählen; oder wenn irgendein Medikament zusammengebraut wird oder ähnliches - da stelle ich mir auch vor, dass man sowas eher geheimhält
Beispiel 2: jemand untersucht psychische Konstrukte in einem bestimmten Markt mit schwierigem Zugang >> da ist es nicht so das Problem; oder: jemand geht einer sehr speziellen Frage nach, wo er/sie sich durch zig Nicht-Online-Archive wühlen muss etc. - da ist es wohl auch nicht so wahrscheinlich, dass man eingeholt wird.

"Mein" Thema ist das Beispiel 2, deshalb mache ich mir ehrlich gesagt kaum Sorgen. Allein der Zugang zu "meinem" Markt hat sich über fast 2 Jahre hingezogen, bis ich dort erheben konnte. Dann die Operationalisierung meiner Konstrukte... das macht auch so schnell niemand genauso, weil es einfach sooo viele Möglichkeiten gibt. Ich erzähle also im "real" life schon ziemlich genau, was ich mache. Im Internet eher nicht, weil meine Diss aus einem Praxisprojekt stammt, wobei derzeit die Umsetzung noch erfolgt - also ist es eine Frage der Vertraulichkeit.
way_up_north

Re: Eigenes Thema verheimlichen?

Beitrag von way_up_north »

ich würde auch vermuten, dass dieses problem von den wissenschaftlichen disziplinen abhängt. ich könnte mir vorstellen, dass es zum beispiel in den naturwissenschaften eher was bringen könnten, jemanden etwas zu klauen, als in geistes- und sozialwissenschaften.

in meinem fall (soziologie, qualitative interviews) mache ich mir über sowas überhaupt keine gedanken. selbst WENN jemand zu genau meinem thema arbeiten würde (was nicht sehr wahrscheinlich ist), hätte diese person eine andere perspektive darauf, andere theoretische und methodologische ansätze ganz zu schweigen von dem empirischen material. immer, wenn ich jemanden getroffen habe, der / die zu einer ähnlichen sache / ähnliches thema was macht (oder gemacht hat) habe ich mich sehr gefreut und sehr anregende diskussionen gehabt, in denen ich auch durchaus mitteilsam war. denn was gibt es schöneres, als mit anderen expertInnen zu fachsimpeln...

ich frage mich ja auch wie das (thema geheimhalten) eigentlich gehen soll? fahrt ihr nie zu konferenzen und stellt da was vor? oder veröffentlicht mal nen artikel / ein paper?
Chris

Re: Eigenes Thema verheimlichen?

Beitrag von Chris »

Hallo Zusammen,

ich denke auch, dass es vom Thema und der eingeschlagenen Richtung abhängig ist. Ich war im Laufe meines Schreibens eigentlich recht kommunikativ und hab dadurch viele interessante Gespräche gehabt. Aber mit einem interdisziplinären Ansatz ist die Wahrscheinlichkeit, dass jemand anderes genau dasselbe mit genau derselben Methode macht, auch nicht wirklich groß...
Ich hab eher das Problem, dass gerade im Monatstakt Bücher erscheinen, die ich alle potenziell noch einarbeiten könnte - eine "never ending story"... Das passiert aber wohl, wenn man an einem aktuellen Thema sitzt. Ich hab mich dafür entschieden, in der Einleitung deutlich zu machen, dass die Diss den Stand von Ende 07 abbildet (und selbst da sind mir jetzt noch Bücher in die Finger gekommen, die ich wohl nachträglich, d.h. für die Veröffentlichung, noch einarbeiten muss. So ein Mist :? ).
@ way_up_north: Konferenzen? Tagungen? Paper? Schön wär's. Als Einzelkämpfer ohne Anbindung qua Stelle an eine Uni aber (leider? zum Glück?) bislang nicht der Fall gewesen...

Viele Grüße, Chris
way_up_north

Re: Eigenes Thema verheimlichen?

Beitrag von way_up_north »

hmm. hab nochmal darüber nachgedacht, warum ich den gedanken des geheimhaltens irgendwie so absurd fand... liegt vielleicht (auch) daran, dass ich nicht in dtl. promoviere und dass mensch hier an meiner uni von promotionsbeginn an darauf getrimmt wird, etwas aus der arbeit in allen möglichen forschungszusammenhängen vorzustellen. da ist "geheimhaltung" ein eher unmögliches unterfangen. [fand ich am anfang ganz schön schwer, weil ich von der arbeit an meiner diplomarbeit (in dtl.) daran gewöhnt war, ganz alleine an meinem zeug rumzuwerkeln...]

kürzlich war ich aber zu gast an einer uni in deutschland und es hat mich sehr überrascht, wie wenig die doktorandInnen über ihre arbeit erzählen wollten... evtl. gibt es hier wirklich einen unterschied in der akademischen kultur.

aber: ich hab auch (hier) gemerkt, wie hilfreich das frühe diskutieren der arbeit ist. z.b. weiß ich mittlerweile ganz genau, was so die üblichen hauptkritikpunkte sind, und bin für eine gegenargumentation gerüstet.
also leute, mein ratschlag wäre, wenn ihr die möglichkeit dazu habt, diskutiert euer thema mit anderen und lasst euch nicht von "klauangst" davon abhalten (es mag u.u. fälle geben, in denen diese gerechtfertigt ist, aber ich würde vermuten, die sind eher selten).

chris: hmm ja, kann verstehen, dass publizieren ohne anbindung an institutionen schwieriger ist, aber tagungsbeiträge wären eine möglichkeit...(falls du sowas willst) bin jetzt schon bei mehreren konferenzen akzeptiert worden, und das abstract habe ich "ganz alleine" losgeschickt. falls du in der wissenschaft bleiben willst, sind solche sachen (publizieren, tagungsbeiträge) halt wichtig...
Gesperrt