Promotion - Industriepromotion - offene Fragen

Anfangen mit der Diss: Abgeschlossene Diskussionen (Doktorvatersuche, Expose...)
Laplace

Re: Promotion - Industriepromotion - offene Fragen

Beitrag von Laplace »

Ich sprech mal von Ingenieursthemen: Grundsätzlich finde ich es nicht schlimm, wenn man riesige Lücken in Bezug auf sein Thema zu Beginn der Promotion hat. Aber irgendwas sollte schon da sein.
Wenn man ein Thema Numerische simulation rosa Gasausbreitung um elefatenartige Strukturen mithilfe infiniter Elemente unter besonderer Berücksichtigung des Rüssels bearbeiten will, sollte man mit wenigstens einem der Punkte "Numerische Simulation", "Elefanten" oder "elefantenartige Strukturen", "rosa Gasausbreitung", "infinite Elemente" oder "Rüssel" schon mal was zu tun bekommen haben.
Wenn man gut dabei ist, hat man schonmal was mit zwei dieser Punkte zu tun gehabt. Mehr muss doch erstmal nicht sein. Viel weniger sollte (nach meiner bescheidenen Meinung) aber dann doch nicht sein. Sonst hat man ja gar keinen Ausgangspunkt, mit dem man Anfangen kann.

Ich bin auch in so einem Simlationsthema unterwegs. Ich hab angefangen mit rudimentären Wissen über numerische Simulation und guten Programmierkenntnissen. Und (um im Beispiel zu bleiben) ich hatte schon mal entfernt was Elefanten zu tun, aber nie etwas mit rosa Gas, Strukturen, infiniten Elementen oder Rüsseln. Und das spezielle Simulationsverfahren war mir auch völlig unbekannt. Klappt auch alles irgendwie... je nach Tageslaune bin ich zwischen 20 und 80% zufrieden mit meinem Thema :roll:

Abgesehen von den Leuten, die schon in ihrer Diplomarbeit "Vorarbeit" für die Diss geleistet haben, ist das imho nicht ungewöhnlich.
Fletcher84

Re: Promotion - Industriepromotion - offene Fragen

Beitrag von Fletcher84 »

Hi Laplace,

deine Aussagen beruhigen mich ;)

Deine Zufriedenheit mit dem Thema kenne ich von meiner Diplomarbeit ;) Da läuft es nicht anders.

Promovierst du ebenfalls in der Industrie oder am Lehrstuhl?

Die Gebiete, die in deinen Antworten bisher genannt wurden, interessieren mich durchaus. Allerdings kann ich mir die konkrete Anwendung meines mathematischen Wissens noch nicht erschließen. Dafür fehlt mir wahrscheinlich die Erfahrung. Ich stelle mir das auch gar nicht so einfach vor. Ich weiß noch als im Studium häufiger mal Physiker auf mich zu kamen und mir mathematische Fragen gestellt haben oder wie man dies und jenes modellieren könnte. Das war für mich gar nicht so einfach. Die Modellierung und praktische Anwendung bekommt man im Mathematik-Studium leider kaum vermittelt. Das sehe ich bei mir als Gefahr einer Industriepromotion, schließlich soll man ja auch produktiv arbeiten.

MfG
Fletcher
Laplace

Re: Promotion - Industriepromotion - offene Fragen

Beitrag von Laplace »

Ich sitze den ganzen Tag in der Industrie herum und versuche, etwas vernünftiges zu machen :wink: Ich glaube, ich habe relativ viel Glück mit meiner Situation (Betreuung, Anstellungsverhältnis etc). Hier wurde mehrfach aber schon anderes berichtet. Ich kenne auch andere Fälle, die durch die Gegebenheiten in der Industrie ziemlich Probleme mit der Diss bekommen haben. Gibts auch an der Uni, aber vielleicht ist das Risiko in der Industrie etwas höher (?)

Aber was ganz anderes:

Wie bist du denn an deine Diplomarbeit ran gegangen? Da hattest du doch bestimmt auch nicht von anfang an den großen Masterplan?

Zum Modellieren: Man kann natürlich auch fertige Modelle nehmen und an der mathematischen Umsetzung arbeiten, effiziente Methoden auf alte Probleme anwenden und dergleichen mehr.

Musstest du ein Nebenfach belegen? Wenn du jetzt BWL sagst, müssen wir dich doch zu den Versicherungen schicken :wink:
Fletcher84

Re: Promotion - Industriepromotion - offene Fragen

Beitrag von Fletcher84 »

Also zu meiner Diplomarbeit kann ich sagen, dass ich am Anfang große Probleme hatte. Das Thema hat einfach nicht gepasst. Es hat mir nicht gefallen. Das Problem damals (das Glück mittlerweile) war (ist), dass ich direkt an der aktuellen Forschung dran bin. Deshalb gibt es wenig Literatur. Ich wollte aber unbedingt dran bleiben und Aufgeben kam nicht in Frage. Mittlerweile macht es mir Spaß und ein Ende ist in Sicht.

Zu Beginn habe ich mir die Grundlagen zusammengesucht und begonnen diese zusammenzuschreiben. Nachdem ich alles zusammen hatte habe ich mich mit dem eigentlichen Thema befasst. Natürlich wurde ich beim eigentlichen Thema vom Lehrstuhl unterstützt.

Die Vorgehensweise klingt nicht verkehrt, aber beim Aufschreiben habe ich große Fehler gemacht. Mittlerweile gefällt es mir nicht mehr so richtig und ich darf alles nochmals überarbeiten. Außerdem hatte ich Problemen mit den ganzen Quellen, da war ich etwas schlampig und darf nun nacharbeiten...

Ein Masterplan sieht also anders aus, aber es war bisher eine interessante Erfahrung.

Als Nebenfach hatte ich Physik - E-Dynamik, Quantenmechanik, Mechanik. Das war allerdings auch theoretische Physik und keine Experimentalphysik...
Das Nebenfach spricht also gegen Versicherungen, wobei der Gedanke nicht 100% verworfen wird.

Gruß Fletcher
Laplace

Re: Promotion - Industriepromotion - offene Fragen

Beitrag von Laplace »

Die Nebenfächer klingen doch prima. Dann musst du wenigstens nicht erstmal lernen, was der Unterschied zwischen Kraft und Moment ist :wink: Besonders die Autobauer schreiben doch zum Teil sogar Promotionsstellen aus. Bewirb dich doch einfach mal und schau, was bei rauskommt :-) Mach den Leuten klar, dass du bisher sowas noch nie gemacht hast, aber alle Grundlagen da sind, um dich reinzuarbeiten. Mehr wird auch niemand von einem Mathematiker verlangen, der frisch von der Uni kommt. Und Mathematikern wird doch sowieso gerne mal nachgesagt, sie könnten sich überall reinwurschteln :D

Aber mach dich auf einen Kulturschock bereit: Mathematiker und Ingenieure funktionieren sehr.... anders :roll:
Fletcher84

Re: Promotion - Industriepromotion - offene Fragen

Beitrag von Fletcher84 »

Laplace hat geschrieben:Und Mathematikern wird doch sowieso gerne mal nachgesagt, sie könnten sich überall reinwurschteln :D
Daran glaub ich sogar. Ich denke schon, dass ich mich überall einarbeiten kann. Es kommt aber in erster Linie auf mein Interesse an. Um im Kontext zu bleiben "finite Elemente" gehört nicht dazu. ;)
Aber mach dich auf einen Kulturschock bereit: Mathematiker und Ingenieure funktionieren sehr.... anders :roll:
Was meinst du damit? Meinst du die kommen nicht immer miteinander klar?


Eine Promotion und Beschäftigung am Lehrstuhl hat sicherlich auch seinen Reiz, aber bei der Promotion hätte ich das Ziel, dass das Thema mir zu 80% zusagt und mich überzeugt. Bei der Diplomarbeit halte ich sowas für nicht ganz so wichtig! Und aus diesem Grund habe ich bei einer Promotion am Lehrstuhl etwas bedenken, ob ich das richtige finden würde...
Laplace

Re: Promotion - Industriepromotion - offene Fragen

Beitrag von Laplace »

Was meinst du damit? Meinst du die kommen nicht immer miteinander klar?
Ich stelle es mal überspitzt dar: Mathematiker arbeiten formal korrekt, machen nichts ohne Beweis und lösen dann ein Modellproblem auf dem Einheitskreis. Ingenieure wurschteln sich ihre Formeln hin, vergleichen Simulationsergebnisse mit Messungen und wurschteln weiter, bis alles zusammenpasst - und arbeiten dafür dann aber mit "echten" Problemen. Nach meiner (doch sehr bescheidenen) Erfahrung kann eine Zusammenarbeit sehr schöne Ergebnisse mit sich bringen, wenn alle Seiten aufeinander zu gehen. Oder man scheitert an absolutem gegenseitigem Unverständnis :wink:



Noch eine Idee für deine Promotion: Schau dich doch auch mal bei passenden Ingenieur-Lehrstühlen um. Da gibts bestimmt auch Autos. Und trotz Kulturschocks lassen die auch Mathematiker rein :D
Frodo

Re: Promotion - Industriepromotion - offene Fragen

Beitrag von Frodo »

...ich würde die Aussage von Laplace (aus eigener Erfahrung) unterstützen. Obschon ich nur für die Versicherungsbranche sprechen kann. Mathematische Puristen, deren Alltag aus Sätzen, Beweisen, Sätzen und nochmals Beweisen besteht, sind in der (Versicherungs-)Industrie am falschen Ort, denn da braucht es üblicherweise praxisbezogene Lösungen.

Aber bitte nicht falsch verstehen (ich komme ja auch aus dieser Ecke!). Für einen Mathematiker bedeutet die Industrie am Anfang zwar ein kleiner Kulturschock, jedoch hat man mit einem stark mathematischen Background sehr gute Voraussetzungen und gewöhnt isch schnell an diese Art von Problemstellungen.

...my two cents. :D
Cycle

Re: Promotion - Industriepromotion - offene Fragen

Beitrag von Cycle »

Deine Fragestellung kommt mir bekannt vor. Ich kenne eine Mathematikerin, die bei den Automobilbauern promoviert hat und inzwischen im Zuliefererbereich arbeitet > 10000 Mitarbeiter

In dem Bereich (Ingenieurwesen) , wo ich tätig bin, versucht man derzeit die Modellvorstellungen auf eine physikalisch-mathematische Basis zu stellen. Das trifft Deine Vorstellungen vom theoretischen Ansatz ziemlich genau.
Es gibt dazu auch in der Industrie Promotionsstellen und auch an den Universitäten, wobei sich beides nicht viel voneinander unterscheidet, da man an der Uni immer eng mit der Industrie zusammenarbeitet.

Das als Ergänzung zu dem, was Laplace bereits erklärt hat.
@ Fletcher84: Falls Du noch detailliertere Fragen hast: Einfach eine PN senden.
Fletcher84

Re: Promotion - Industriepromotion - offene Fragen

Beitrag von Fletcher84 »

Ich werde in den nächsten Wochen und Monaten die Augen offen halten und einfach hoffen, dass das Richtige dabei ist. Ich bin auf jeden Fall für alles offen, solange es nicht um reine Softwareentwicklung geht. ;)

Ehrlich gesagt, frage ich mich auch häufig, was man für eine Promotion überhaupt mitbringen muss. Gerade im mathematischen Bereich stelle ich mir das sehr schwierig vor, wenn ich aktuelle Papers ansehe, denke ich mir immer "Hut ab" vor den Personen. Auf sowas muss man erstmal kommen. Nicht viel anders wird es in den Ingenieurwissenschaften sein, oder? Was ich mich frage ist also, was braucht man dazu um zu promovieren? Ich finde gute Noten sagen nicht so viel aus und die Motivation ist natürlich auch da, aber an der Kreativität mangelt es mir gewaltig. Ich verstehe zwar alles, aber deshalb muss ich ja noch lange nicht in der Lage eigene Gedanken zu entwickeln usw.
Aus der Sicht meiner Diplomarbeit kann ich sagen, dass ich über Beispiel schon auf ein paar Dinge gestossen bin, aber die Weiterentwicklung wurde mir dann abgenommen. Sachen zu verallgemeinern und auf neuartige Dinge anzuwenden braucht wohl auch eine gewisse Erfahrung! Wie seht ihr das?

Gruß
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