Fast track-Promotion nach dem Bachelor

Anfangen mit der Diss: Abgeschlossene Diskussionen (Doktorvatersuche, Expose...)
EllyP.

Fast track-Promotion nach dem Bachelor

Beitrag von EllyP. »

Hallo,

mich interessiert die sogenannte "fast track" Promotion, die besonders gute Studenten bereits nach dem Bachelor beginnen können. Dies ist noch ein recht neues Modell und mich würde interessieren, ob es schon Leute gibt, die so eine Promotion gemacht haben bzw. gerade dabei sind und wie die Erfahrungen damit sind.

Ich selber überlege, direkt nach dem Bachelor zu promovieren, da meine Noten sehr gut sind und ich mir bereits ein Thema überlegt habe, zu dem ich gerne eine Doktorarbeit schreiben möchte.

Es ist wohl eine besondere Herausforderung, schon nach dem Bachelor promovieren zu wollen. Ist dies ein eher unerreichbares Ziel, weil man im Bachelor noch nicht die nötigen Kompetenzen besitzt, um erfolgreich promovieren zu können oder sollte man es wagen, wenn man glaubt, dass man trotzdem gut genug ist?

Ein paar Tipps und Erfahrungen von anderen Leuten würden mir sehr weiterhelfen.
cine

Re: Fast track-Promotion nach dem Bachelor

Beitrag von cine »

Hallo Elly,

eigene Erfahrungen nein, ich habe noch mein Diplom gemacht vor der Promotion. Allerdings werden bei uns am Institut derzeit die ersten Bachelors fertig, das Thema wird also intern auch diskutiert. Typischerweise mit der Aussage "das können wir nicht machen, dann macht ja keiner mehr den Master."
Grundsätzlich sehe ich es so, dass man bis zum Bachelor eher breites Wissen vermittelt bekommt, das nirgendwo wirklich in die Tiefe geht. Im Masterstudium wirds dann schon fokussierter, und während der Promotion gehst du einem ganz kleinen Bereich bis auf den Grund. Ohne Masterstudium fehlt dir also einfach ein Teil Fachwissen, den kann man sich erarbeiten. Gleichzeitig lernt man (zumindest bei uns) ganz nebenbei auch noch eine Menge Arbeitstechniken, die nicht so leicht selbstständig nachzuarbeiten sind.
Man sollte sich bei dem Sprung vom Bachelor in die Promotion also darüber im Klaren sein, dass einem immer mal wieder etwas fehlen wird, das man dann nebenbei nachholen muss. Also nur was für Leute mit sehr hoher Frustrationstoleranz und Leistungswillig-/-fähigkeit. Wenn du dich dazu zählst - mach es.

LG cine
Angara

Re: Fast track-Promotion nach dem Bachelor

Beitrag von Angara »

Ich halte nichts davon. Üblicherweise hat man nach dem Bachelor noch nie einen längeren akademischen Text verfasst. Die Bachelorarbeit ist mE zu kurz um dem Studenten begründete Aussagen zu ermöglichen, ob er schreiben kann. Eine Bachelorarbeit ist mit einer Dissertation auch nicht ansatzweise vergleichbar. Nach Magister/Diplom-Arbeiten (bei Masterarbeiten wirds ähnlich sein) hatte man eine bessere Vorstellung davon, was es heißt, mal über eine größere Anzahl von Seiten hinweg, seine Gedanken zusammenzuhalten. Wer so eine Arbeit schonmal geschrieben hat, dürfte bei der Dissertation im Vorteil sein.

Außerdem stellt sich, wie cine schon sagt, die Frage, was der Master überhaupt soll, wenn die Leute nach dem Bachelor promovieren. Aber, das ist wohl eher eine politische Frage, mit der sich die Unis beschäftigen müssen.
Anne123
Beiträge: 173
Registriert: 12.05.2010, 13:01
Status: irgendwo mittendrin

Re: Fast track-Promotion nach dem Bachelor

Beitrag von Anne123 »

Wenn ich mal schnell, die Bachelor-Arbeiten, die ich bis jetzt betreut habe, gedanklich überfliege, dann ...Hiiilfe! :mrgreen: Ich weiss aber nicht, in welchem FB Du zu promovieren gedenkst. In den Naturwissenschaften halte ich es für absolut realistisch-vor allem für die Überflieger. Bist Du Geisteswissenschaftler, würde ich es mir überlegen.
Im Auge behalten sollte man auch, dass ein Studium den Menschen reifen lässt, nicht nur intellektuell, auch persönlich. Mich nervt es schon, dass mittlerweile 23-jährige BA ler (BWL) auf den Markt drängen und sofort Abteilungsleiter werden wollen. Von 25-jährigen mit Dr. mal ganz zu schweigen. :shock:
Auslandsaufenthalte, Liebschaften, Partys, sprich: erworbene Sozialkompetenz sollte immer VOR dem Dr. stehen-auch im Jahre 2010.
Bild
saxomanix

Re: Fast track-Promotion nach dem Bachelor

Beitrag von saxomanix »

Anne123 hat geschrieben:In den Naturwissenschaften halte ich es für absolut realistisch-vor allem für die Überflieger. Bist Du Geisteswissenschaftler, würde ich es mir überlegen.
I
Wenn ICH die bei uns am Lehrstuhl angefertigten BA Arbeiten im Ing. Bereich angucke, dann sind da sicherlich 2,3 sehr gute Arbeiten dabei - die sind aber immer noch Lichtjahre von einer Diss entfernt! Es gab mal diese schöne Arbeitstreppe: Der Bachelor/Studienarbeiter muss messen und aufschreiben, der Master/Diploma muss messen, auswerten, Lit suchen und aufschreiben, der Doktorand muss den ganzen scheiss noch erklären und der Habil ne Formel dafuer finden...das passt eigentlich ganz gut. Da auf einmal einen riesen Schritt zu ueberspringen, halte ich fuer sehr gewagt.
Wenn ich hier an der Uni mal den BA und Masterstudiengang ansehe, dann wuerde das fachlich auch gar nicht gehen, weil die wirklichen Vertiefungsfächer erst im Master kommen. Mit Physik 1-2 und Mathe 1-3 kann keiner ne Diss schreiben, da mag er noch so clever sein...
cine

Re: Fast track-Promotion nach dem Bachelor

Beitrag von cine »

Der Bachelor/Studienarbeiter muss messen und aufschreiben, der Master/Diploma muss messen, auswerten, Lit suchen und aufschreiben, der Doktorand muss den ganzen scheiss noch erklären und der Habil ne Formel dafuer finden...
Der ist schön :D *notier*
Den Aspekt kann ich nur unterstützen, die Arbeiten werden immer Stück für Stück verantwortungsvoller und selbstständiger. Da eine Stufe zu überspringen, ist sehr ehrgeizig.
Wierus
Beiträge: 1101
Registriert: 11.05.2009, 20:43
Status: Dr. phil.
Hat sich bedankt: 38 Mal
Danksagung erhalten: 79 Mal

Re: Fast track-Promotion nach dem Bachelor

Beitrag von Wierus »

So wie es aussieht gibt es zur Zeit auch ganz wenige deutsche Unis die eine "Fast-Track-Promotion" (oder gar eine Promotion als sog. "grundständiges Studium") explizit in ihrer Studienordnung anbieten. Von daher ist das auch eine Frage der Alma Mater...

In den Naturwissenschaften, allen voran in Mathematik und theoretischer (Astro-)Physik, halte ich das für sehr sinnvoll, denn mathematische Überflieger erreichen mit durchschnittlich 25 Jahren ihren Leistungsgipfel (habe ich mal irgendwo gelesen^^).
In den Geisteswissenschaften dagegen halte ich das für vollkommen unnötig und sogar bedenklich, weil hier tatsächlich ein bestimmter fachlicher und "entwicklungspsychologischer" Reifegrad nötig ist. Ein "geschichtliches" Bewußtsein beispielsweise ist, unabhängig vom Bildungsweg, laut Studien erst ab etwa 30 voll ausgebildet (das wiederum hat mir ein befreundeter Lehrer erzählt).
saxomanix

Re: Fast track-Promotion nach dem Bachelor

Beitrag von saxomanix »

@Wierus und andere:
Irgendwie interessant, dass die Leute, die selbst in den Geisteswissenschaften/Sozialwissenschaften promovieren, eine Schnellpromotion in den Naturwissenschaften fuer machbar halten. Sorry ich möchte euch nicht zu nahe treten, aber kennt ihr euch in den Studienaufbauten aus? Was die Masterpläne inhaltlich umfassen? Ich denke nicht, daher finde ich solche Aussagen sehr gewagt! Ich sage als Ingenieur doch auch nicht "pah, in meinem Fach ist das undenkbar aber in Geschichte, hey, das schafft doch jeder", nur weil ich irgendwann zu Schulzeiten mal nen Geschichte GK hatte...
eine "fachlicher Reifegrade" wie du so schön sagst, ist auch bei Natwissenschaften von Nöten. Oft erschliessen sich Zusammenhänge nämlich erst mit einem recht umfassenden Grundwissen und dem Blick fuers Ganze und den kriegt man nicht nach 6 semestern bachelor, in denen es zudem von Praktika und Laborversuchen wimmelt (die leute sollen ja schliesslich damit in der Industrie auch arbeiten können!). Ich habe viele AHA-Erlebnisse erst im späten Hauptstudium gehabt (da leuchtete einem auf einmal auch ein, wofuer man Festkörperphysik braucht hrhrhrhr)

Man muss sich auch irgendwie entscheiden, was man will. Man kann nicht einerseits einen bachelor kreieren, der berufsqualifizierend (also stärker praxisorientiert) ist und dann den theorieorientierteren Master ueberspringen, damit die Leute eine (theorielastige) Promotion machen. Dann muesste man zwei Arten von Bachelor anbieten! Ich habe momentan verstärkt mit Fh-Bachelors(wie ist denn da der Plural?) zu tun, die nach dem BA an die "richtige" technische Uni wechseln. Die haben oft reichlich (!) Nachholbedarf in theoretischen Grundlagen. Wenn ich mir vorstelle, dass so jemand im Prinzip bei guten Noten von der FH auch die Promotion machen duerfte, da kräuseln sich mir die Fussnägel hoch...

@25Jahre leistungsgipfel: den Artikel wuerd ich ja mal gerne lesen, dann muessten ja quasi alle Promovierenden der naturwissenschaften eine schlechtere Diss als Dipl-arbeit abgeben...(ueberspitzt formuliert),...hast du nen link?
Kuniko

Re: Fast track-Promotion nach dem Bachelor

Beitrag von Kuniko »

Hallo,

erstmal muss ich sagen, dass ich deinen Wunsch echt mutig finde. Ich hätte mir eine Promotion zu so einem frühen Zeitpunkt nicht zugetraut... Ich denke auch, dass es sehr schwierig ist, direkt nach dem BA zu promovieren, auch unabhängig von dem Wissensnachteil (und der ist wirklich nicht zu unterschätzen) kommen noch weitere Faktoren dazu. Die Promotion muss ja auch finanziert werden und ich kann mir vorstellen, dass es ziemlich schwierig sein wird, mit einem B.A.-Grad Stipendien abzugreifen, gerade weil das so selten vorkommt. Auch die Arbeit am Lehrstuhl ist schwierig, zumindest, wenn es um Lehraufträge geht - ich fand es mit 27 durchaus schwierig vor nur ein paar Jahre jüngeren Leuten zu stehen und denen was beibringen zu sollen und auch die Studis waren im ersten Moment geschockt, als ich mich nach vorne gestellt habe - die haben im ersten Moment wirklich geglaubt, ich will sie veralbern (hat mir später jemand 'gestanden' :lol:). Wenn man da steht und wirklich genauso alt (oder sogar jünger) ist wie die meisten Studis, hat man es mit der Autorität nicht gerade leicht.
Wenn du promovierst, würde ich auf jeden Fall sehr darauf achten, mir einen Prof. zu suchen, der 'Betreuung' auch ernst nimmt - oder du versuchst in einem Graduiertenkolleg unterzukommen. Das Problem ist, dass Promotion von den meisten Prof.s als Privatsache angesehen wird und es demensprechend wenig inhaltliche Unterstützung gibt. Gerade wenn du noch nie einen wirklich langen Text geschrieben hast, wirst du die aber brauchen. In Graduiertenkollegs (oder Promotionsstudiengängen - gibts das noch?) ist diese inhaltliche Betreuung meistens eher gegeben.

Vielleicht magst du grob was zu deiner Fachrichtung sagen? Dann können sich die Leute hier vielleicht auch konkreter äußern...

Liebe Grüße
Kuniko
Schtudinki

Re: Fast track-Promotion nach dem Bachelor

Beitrag von Schtudinki »

Liebe EllyP,

ich kann Dir ganz kurz von meinen "Erfahrungen" berichten:
An meiner Uni gehörte ich zu den ersten BA Absolventinnen. Der große Vorteil daran war, dass die Studiengänge noch nicht wirklich definiert waren. Bis auf 2 Scheine haben wir damals das komplette Magisterprogramm durchgezogen. Ich maße mir also an, zu behaupten, dass ich nach meinem Bachelor auf einem TOP Stand war :-)

Meine Bachelorarbeit hatte damals 120 Seiten, basierte auf einer eigenen Studie inklusive Feldforschung und stand (das sehr ich natürlich jetzt erst) meiner Masterarbeit in nichts nach. Das mag aber u.U. auch an meinem Ergeiz, dem Interesse am Thema und den eigenen Ansprüchen gelegen haben. Andererseits empfand das Lehrpersonal alles unterhalb dieses Levels damals noch als wissenschaftlich unzumutbar...

Nach dem BA habe ich meine Dozentinnen direkt auf die Möglichkeit einer Promotion angesprochen, zumal ich mein Studium nicht besser hätte abschließen können. Die Antwort war damals, dass das nicht zu empfehlen wäre und auch an unserer Fakultät nicht realisierbar sei.

Ich habe dann den Master drangehängt - und es war die HÖLLE. Die Umstellung begann richtig anzulaufen, niemand wusste mehr so richtig was, wie und wann. Leider wurde bei uns zu dieser Zeit auch extrem abgebaut, das Lehrangebot war MISERABEL, ich habe z.T. Seminare, die ich während des BA Studiums schon besucht hatte, wiederholt - weil einfach nichts angeboten wurde.
Pro Semester gab es ein Hauptseminar und das wars.
Das führte letztendlich dazu, dass ich nach dem Master definitiv nicht schlauer, methodisch nicht weiter, nicht breiter aufgestellt und auch nicht sicherer war. Im Gegenteil, ich würde behaupten, ich habe während des Masterstudiums einige bereits erworbene Kenntnisse und Fähigkeiten wieder verloren.

Wenn ich mir heute die BA Studiengänge anschaue, dann hat sich viel verändert. Das Programm ist reduzierter, die Abschlussarbeiten umfassen nur noch ca. 40 Seiten etc. (Natürlich kann ich hier nur für meine Uni sprechen!) und sind mehr auf dem Niveau von (unseren) Hauptseminarhausarbeiten.
Heute würde ich sagen, nach dem BA direkt zu promovieren ist nahe an einer Utopie. Aber es mag sicher Ausnahmen geben, die das leisten könnten.

Ein Argument würde ich gerne noch anführen: Das eigene Selbstbewusstsein.
Ich persönlich war (und bin es manchmal noch) sehr genervt, weil viele Menschen Vorurteile gegen die neuen Studiengänge haben und die Kompetenz der Absolventen anzweifeln. Jemand, der direkt nach dem BA mit einer Promotion beginnt, wird sich sicherlich häufig mit leistungsschmälernden Kommentaren auseinandersetzen müssen. Wer das nicht aushält oder an wem sowas nagt, der sollte erst recht lieber den Umweg über den Master gehen.

Viele Grüße,
schtudinki
Gesperrt
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag