Industriepromotion abbrechen: Ziemlich verzweifelt...

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marion1312

Industriepromotion abbrechen: Ziemlich verzweifelt...

Beitrag von marion1312 »

Ich bin seit gut 13 Monaten in einem Unternehmen tätig und habe dort über einen Doktorandenvertrag direkt nach meinem Universitätsabschluss (Maschbau) angefangen. Während dieser Zeit hat sich mein ursprünglich vereinbartes Thema aufgrund fehlender Relevanz geändert. Mit dem Thema, das ich nun behandle, kann ich mich nicht wirklich anfreunden. Ein Grund ist, dass das Thema aus der Not heraus entstand, und die eigentliche Problemstellung seitens des Unternehmens unklar ist, bzw. kein konkretes Problem vorhanden ist. Zusätzlich fehlt mir fachliche Betreuung vom Unternehmen. Mein Doktorvater erwartet, dass ich mein Thema selbstständig finde, ich hatte mit Ihm bisher nur 1 fachliches Gespräch (1h). Dieses ging in eine entgegengesetzte Richtung zu dem, was mein Betreuer in der Industrie in einem Gespräch vorgeschlagen hat.
Inzwischen bin ich in psychologischer Beratung meiner Universität, da mir meine Situation sehr zu schaffen macht. Ich habe die Entscheidung gefasst, meine Promotion abzubrechen und meine Psychologin hat mich hierbei bekräftigt. Mit den Rahmenbedingungen, die hier bestehen, ist eine Promotion für meine Person einfach nicht machbar.
Nun meinte Sie, ich solle das so schnell wie möglich machen, da ich, je länger ich warte, tiefer in ein Loch falle. Nun geht meine Chefin zeitnah für 1,5 Wochen auf Dienstreise. Meine Psychologin riet mir, das ganze vorher zu beenden. Im Moment traue ich mir das aber eher noch nicht zu, habe Bedenken vor ihrer Reaktion und einem schlechten Arbeitszeugnis, das mir meine Zukunft verbaut, da mein Abbrechen auch ein schlechtes Licht auf Sie wirft. Weiter weiß ich nicht, ob es überhaupt die richtige Entscheidung ist zu kündigen, bevor ich einen neuen Job habe. Normalerweise sucht man sich ja einen Job, bevor man den alten aufgibt? Ich habe das Problem, dass mich das Arbeiten dort sehr bedrückt und runterzieht, und ich durch die Arbeit keinen Kopf frei kriege, um mich auf meine Zukunft, also den Bewerbungen um einen neuen Job, zu konzentrieren. Würde ich direkt kündigen, hätte ich Motivation und Zeit, mich gezielt auf die Jobsuche vorzubereiten - so wie es im Moment ist, bin ich einfach nur deprimiert.
Ich sehe im Moment 3 Optionen:
a) Sofort kündigen, bevor meine Chefin auf Dienstreise geht
b) Noch 2 Wochen warten, dabei weitere Bewerbungen schreiben und Argumente für Kündigung ausarbeiten, bei Rückkehr der Chefin kündigen
c) Bewerbungen nach der Arbeit schreiben, erst kündigen, sobald ich einen neuen Job habe
d) Falls Ihr einen besseren Vorschlag habt, bitte gerne melden ;)

Weitere Infos: Ich habe keine finanziellen Probleme, könnte eine Phase ohne Arbeit problemlos überbrücken. Falls ihr weitere Fragen habt, schießt los, ich habe im ersten Schritt bewusst keine detaillierteren Informationen preisgegeben.
Leejah

Re: Ziemlich verzweifelt...

Beitrag von Leejah »

Hallo Marion,
das tut mir leid, dass du dich in so einer Situation befindest. Du scheinst ja in einem Unternehmen tätig zu sein, ist denn deine Aufgabe ausschließlich deine Dissertation oder gibt es auch andere Dinge, die du erledigen musst?
Wenn letzteres der Fall wäre, würde ich persönlich versuchen emotional mit der Diss abzuschließen und nur noch die anderen Sachen machen. Dann würde ich jetzt fleißig Bewerbungen schreiben, und schon mal den Vorlauf nutzen, um mich nach Jobs umzuschauen. Wenn du nichts mehr für deine Diss machst, wird das deiner Chefin natürlich auffallen, und früher oder später musst du es ihr sagen. Wenn möglich, würde ich dennoch so kündigen, dass ich noch möglichst lange den Job habe bzw. dass ich arbeiten kann, bis sich woanders was auftut. Wenn du natürlich gesagt hast, "super, zwei Monate Urlaub auf den Bahamas wollte ich schon immer mal machen", wäre das natürlich eine Option, allerdings dürfte das den Bewerbungsprozess behindern. Außerdem steht auch sobald du kündigst das Arbeitsamt da und da kommt Kram auf dich zu. Du musst dich z. B. auch sofort arbeitslos melden soweit ich weiß. Beim ALG gibt es glaube ich Sperrfristen, wenn du selbst kündigst.
Du sagst zwar, dass du finanziell abgesichert bist, aber eine Arbeitslosigkeit von ein paar Monaten läuft ganz schön ins Geld und nicht nur das, auch die Rentenzeiten leiden und du bekommst eine Lücke in deinen Lebenslauf.
Viel Erfolg!
caipirinha11085
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Re: Ziemlich verzweifelt...

Beitrag von caipirinha11085 »

Hallo Marion,

gefällt dir denn nur die Diss nicht oder die ganze Arbeit? Ich habe Freunde, denen es mit der Diss erging wie dir, die dann aber erstmal weiter auf der Doktorandenstelle gearbeitet haben, bis sie unternehmensintern auf eine andere Stelle wechseln konnten.
Falls das für dich in Betracht kommt, würde ich versuchen, das so zu lösen.
Wenn du nichts mehr für deine Diss machst, wird das deiner Chefin natürlich auffallen [...]
Vielleicht fällt es ihr auch gar nicht auf, wenn die TE sehr selbstständig arbeiten musste und ihre Arbeit im Unternehmen nicht ausschließlich an die Diss gekoppelt ist..
Sebastian
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Re: Industriepromotion abbrechen: Ziemlich verzweifelt...

Beitrag von Sebastian »

Von überstürzten Aktionen - und dazu würde ich eine Kündigung "unter Zeitdruck" zählen - würde ich auch abraten.
Solange Du Dir noch nicht selbst zumindest ganz grob im Klaren bist, in welche Richtung es für Dich weitergehen soll, sehe ich an dieser Front keine Entlastung durch eine Kündigung, sondern eher eine Verlagerung der Probleme auf andere, u.U. existenziellere Bereiche.
Wenn Du zu dem Schluss kommst, dass und was (nur Diss oder auch den Job) Du abbrechen möchtest, dann wird Dir hoffentlich schon diese innere Gewißheit die seelische Entlastung bringen, die Du brauchst. Dann könntest Du mit einer Neuorientierung im Unternehmen oder auf dem allgemeinen Markt das Heft des Handelns selbst in die Hand nehmen - und zwar jedenfalls vorerst noch ohne den "Preis" einer wegfallenden Existenzgrundlage bekommen.
=> Ich tendiere zu c).

Sebastian
Krips

Re: Industriepromotion abbrechen: Ziemlich verzweifelt...

Beitrag von Krips »

Nach meiner Erfahrung sind die Fragestellungen von Industriepromotionen oft sehr vage. Wenn das Verhältnis zwischen dir und deinen Betreuern generell nicht zerrüttet ist und du weiterhin promovieren möchtest, würde ich ein klärendes Gespräch zwischen allen Beteiligten anregen. Hier solltest du deine Bedenken deutlich machen und idealerweise die unterschiedlichen Ansichten deiner zwei Betreuer aufdecken und ausräumen.
oclock
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Re: Industriepromotion abbrechen: Ziemlich verzweifelt...

Beitrag von oclock »

Deine Psychologin wird sich schon etwas dabei gedacht haben, wenn sie Dir dazu rät, sofort zu kündigen. Sie hat mehr Informationen über Dich und Deine Situation als wir hier. Aber basierend auf den Infos, die ich habe würde ich mich den anderen anschliessen:

Wenn Du für Dich keine Chance mehr in der Firma siehst, dann "c". Sich aus der Arbeitslosigkeit heraus zu bewerben, kann sehr stark an den Nerven zehren und zu Depressionen führen, wenn man nicht so schnell etwas findet. Als Arbeitsloser ist man auch nicht so interessant für zukünftige Arbeitgeber. Dazu der finanzielle Verlust beim Gehalt und den Sozialversicherungen.

Falls Du aber doch gerne promoviert werden möchtest, dann frage Dich, was die Firme und Dein DV ändern müssten, damit Du glücklich wirst und suche dann das Gespräch. Am besten mit alle zusammen an einem Tisch (was vermutlich nicht klappen wird). Übrigens ist es ganz normal, dass Du als WissenschaftlerIn Dein Thema selbst finden musst. Dein DV und/oder die Firma können höchstens eine Richtung vorgeben. Wo Du auf dem Weg das tolle Neue entdeckst, bleibt Dir überlassen. Dazu musst Du Dich intensiv mit dem Stand der Wissenschaft/Technik auseinandersetzen und die "Lücke" suchen. Das präsentierst Du dann dem DV, der das dann entweder zurückweist, abnickt oder mit Änderungsvorschlägen abnickt. Es ist in manchen Fachbereichen auch nicht unüblich, dass das Thema erst am Ende definiert wird, wenn man genügend Material hat und eine nette Geschichte drumherum stricken kann. In der Firma solltest Du versuchen Dein Forschungsthema so nah wie möglich an Deiner täglichen Arbeit auszurichten, damit Du nicht zweigleisig fahren musst und möglichst viel wiederverwerden kannst.
Vollkornpizza
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Re: Industriepromotion abbrechen: Ziemlich verzweifelt...

Beitrag von Vollkornpizza »

Hallo Marion,

um den Rat der Psychologin einerseits und den des Forums andererseits befolgen zu können, wäre es vielleicht eine Option, dich 1-2 Wochen krankschreiben zu lassen? Dann wärst du sofort weg von der Arbeitsstelle, die dich so fertig macht, hast aber nicht überstürzt durch eine Kündigung Fakten geschaffen, die sich nicht rückgängig machen lassen.

Grundsätzlich gebe ich meinen Vorrednern aber Recht, dass allein die für sich getroffene Entscheidung, dass man gehen wird, schon wunder wirkt. Wie lange ist denn deine Kündigungsfrist?

Viele Grüße
VP
Gesperrt
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