Verhältnis zu Projektleiter (nicht DV) gestört

odomos
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Verhältnis zu Projektleiter (nicht DV) gestört

Beitrag von odomos »

Hallo zusammen,

nach langer Suche habe ich endlich eine Pomotionsmöglichkeit erhalten und bin nun seit drei Wochen an einer außeruniversitären Forschungseinrichtung als wiss. Mitarbeiter angestellt :D . Es handelt sich hierbei um eine naturwissenschaftliche Stelle, die etwas fachfremd zu meinem Studiengang ist, allerdings thematisch genau meinem Interesse entspricht.
Meine Euphorie und Freude über die Stelle wurde jedoch bereits in den ersten Wochen deutlich gedämpft und ich würde gerne einfach mal die Meinung von anderen Doktoranden hören.

Ich habe einen Doktorvater, mit dem ich aber außer gelegentlichen Treffen nicht viel zu tun haben werde (was ja nicht unüblich zu sein scheint). Erster Ansprechpartner für mich ist der Projektleiter. Dieser ist allerdings sehr wortkarg, fühlt sich bei Fragen genervt und verweist mich auf den Techniker.
Und hier liegt leider das eigentliche Problem. Ursprünglich hieß es, dass wir zusammen im Team arbeiten sollen. Er jedoch ist der Meinung, dass er quasi mein Vorgesetzter ist und ich alles so auszuführen habe, wie er mir das vorgibt.
Um mal ein Beispiel zu geben: Für die gesamten nächsten drei Jahre möchte er, dass ich alle Rohdaten (von Probenahme und Messungen) an ihn schicke. Und auch bei der Eingabe und Darstellung der Daten in Excell verlangt er, dass ich dies genauso mache wie er das haben möchte (weil er das eben immer schon so gemacht hat). Möchte ich für mich (der ja später mit den Daten arbeiten muss) eine andere Form wählen, soll ich dies eben für mich noch mal gesondert machen. Er meint auch, dass er über alle Daten drüber schauen möchte.
Mich hat das doch sehr überrascht, da ich der Ansicht war bzw. bin, dass doch gerade der Umgang mit den Daten die kernaufgabe der Promotion ist und man diese mit dem Doktorvater oder dem Projektleiter bespricht. Das sich doch hierbei zeigt, dass man eigenständig wissenschaftlich arbeiten kann. In meiner Master- und Bachelorarbeit war es selbstverständlich, das ich auch für den Umgang mit den Daten verantwortlich war. Nun muss ich allerdings alles gegenprüfen lassen und fühle mich wie ein Student im ersten Semester, der zwar die Laboranalytik machen und irgendwann ein paar lustige Diagramme erstellen darf, dem der Umgang mit den Daten aber nicht zugetraut wird. Ich habe ihn dann gestern darauf angesprochen und in einem wirklich sachlichen Ton versucht mit im darüber zu reden. Ich denke mir, es ist besser gewisse Dinge früh anzusprechen, ehe sie sich festfahren und man irgendwann überhaupt nicht mehr zu einer Lösung kommen kann. Vor allem wollte ich klären, wer denn konkret für was zuständig ist. Er nahm das aber leider sofort persönlich, meinte ich könne mich nicht unterordnen und man würde mir anmerken, dass ich nicht beim Bund gedient hätte :roll: .
Und dieses Problem zieht sich leider durch alle Bereiche. Er fühl sich verantwortlich für das Projekt und gibt klare Anweisungen wie die Dinge zu händeln sind. Dabei sollten wir das eigentlich im Team machen (wie gesagt, er ist nicht der Projekleiter und auch nicht mein Vorgesetzter). Gestern kam dann allerdings der Höhepunkt: Ich musste im Labor bis weit in die Nacht meine Proben analysieren und er wolle schon Feierabend machen. Da meinte er doch tatsächlich, ich soll ihm eine sms schicken, wenn ich fertig bin. Damit er weiß, dass nichts passiert ist.
Er begründet das alles damit, dass er eben seine Vorgaben hat und nicht anders kann und ich solle zum Projektleiter gehen, wenn mir das nicht passt. Davor scheue ich mich aber natürlich, weil es nicht besonders gut rüberkommt, nach drei Wochen Anstellung bereits solche Dinge anzusprechen. Macht es doch den Eindruck, ich könne nicht im Team arbeiten (was nicht der Fall ist, in meinen bisherigen Arbeiten, gab es diesbezüglich nie Probleme. Aber das war es auch ein eher kollgiales Miteinander). Auch lässt er leider vor Kollegen immer mal wieder unterschwellige Bemerkungen fallen, ich würde ja meinen alles besser zu können und dergleichen.

Mir macht das wirklich zu schaffen, weil wir ja nun einmal die nächsten drei Jahre zusammen arbeiten müssen.
Was meint ihr dazu? Liege ich vielleicht völlig daneben und derlei Vorgehen ist gängige Praxis?

Leider läuft auch noch vieles andere schief: ich habe bislang weder einen festen Arbeitsplatz bekommen, noch einen Schlüssel für das Institut oder gar die Labore, in denen ich arbeiten muss. Und wie ich mitbekommen habe, sind Tratsch und Lästereien unter den Kollegn hier wohl auch üblich.
Es ist nicht geklärt bezüglich des promotionsvorhabens und mein Doktorvater hat dafür auch nie Zeit.

Vielleicht liegt ich ja aber auch völlig falsch mit meinen Vorstellungen von kollegialer Arbeit und den Aufgaben eines Doktoranden. Ich kann ja nur mit den Universitäten vergleichen, an denen ich meine Abschlussarbeiten geschrieben habe.

Gibt es vielleicht ähnliche Erfahrung?

Besten Dank schon einmal!
Zuletzt geändert von Mobilist am 14.08.2016, 21:23, insgesamt 1-mal geändert.
Grund: Betref für die Suche geändert
Green Goddess

Re: Zuständigkeiten Promotion

Beitrag von Green Goddess »

An irgendeiner sehr frühen Stelle habe ich den Überblick verloren, wann du vom Techniker und wann vom PL. Dass du evtl von dir in der 3. Person sprichst, habe ich unter "Unwahrscheinliche Interpretationen" abgelegt. ;) Deshalb nur Allgemeines:
Deine Diss ist deine Diss und das Projekt, in dem du arbeitest, ist das Projekt, in dem du arbeitest. PUNKT! Diese beiden Bereiche haben Gemeinsamkeiten, sind aber mehr oder weniger strikt zu trennen. Daraus folgt insbesondere:
Wenn Daten im Projekt in einer bestimmten Weise abgelegt resp weitergegeben werden, wurden oder wie du formuliert hast "schon immer so wurden", ... tja, dann leg sie so ab resp gib sie so weiter. Wo ist dein Problem? Und ja, ... wenn du mit den Daten für deine Diss arbeiten willst, dann bereite sie in der Form auf, in der du sie brauchst! Stell dich gedanklich mal auf die andere Seite: Ein Frischling will nach 3 Wochen Anwesenheit Abläufe ändern, weil es ihm so in den Kram passt, ... . ;) Denn das ist sehr wahrscheinlich die (recht natürliche) Sicht der/des Alteingesessenen.
//Klatsch und Tratsch Leb damit oder lass es, du wirst nichts ändern. Gab es überall, gibt es überall und wird es weiterhin überall geben. Wenn es dort, wo du bisher gearbeitet hast, anders war, dann höchstwahrscheinlich deshalb, weil du es nicht bemerkt hast. ;)
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Re: Zuständigkeiten Promotion

Beitrag von daherrdoggda »

Allein schon der Hinweis auf eine gewünschte Militär-Disziplin wäre was, was man dem Projektleiter/Vorgesetzten mal als Beispiel für ein Problem mit diesem Herrn erzählen könnte.
Kann gut sein, dass du nicht der erste bist und andere auch schon Probleme mit ihm hatten. Wir hatten eine Oberzicke in der Gruppe, aber jeder wusste das und auch dem Chef war klar, dass niemand mit ihr arbeiten will. Ging auch so, man ist sich halt aus dem Weg gegangen. Letztendlich hatte sie sich dann isoliert und der Rest hat wunderbar zusammengearbeitet ;)
Bist du denn auf den General (nenn ihn mal so und schau, wie er reagiert, oder salutiere und ruf "ja, sir!") irgendwie langfristig angewiesen oder kannst du auch unabhängig von ihm arbeiten, zumal er ja offenbar nicht weisungsbefugt ist oder als Gutachter dann später was bewerten muss?
Doc-Wolfi

Re: Zuständigkeiten Promotion

Beitrag von Doc-Wolfi »

Bei so einer Situation gucke ich mir immer an, ob der Projektleiter alle so behandelt oder nur mich. Behandelt er alle so, dann ist das eben sein Führungsstil. Daran kann man dann wenig ändern. Behandelt er nur mich so und lässt bei anderen die Zügel länger, dann haben wir offensichtlich ein Problem, das nur uns beide betrifft. Falsche Chemie oder so. So autoritäres Verhalten legt jemand an den Tag, wenn er entweder den Doktoranden für eine überwachungsbedürfige, unordentliche Kreatur hält, oder im Gegenteil den Doktoranden für eine Konkurrenz hält, die einfach zu gut ist, um sie arbeiten zu lassen.
Wolfi
odomos
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Re: Verhältnis zu Projektleiter (nicht DV) gestört

Beitrag von odomos »

Danke für eure Antworten. Mein Post war wohl etwas konfus bzw. unverständlich.
Aber wie dem auch sei, eine Frage habe ich mal noch:

Letzte Woche beim Teammeeting: Da ich immer mal wieder auch Abends (bis Nachts) im Labor meine frischen Proben behandeln muss, wollte ich gerne besprechen, wie es diesbezüglich rechtlich und praktisch aussieht. Eigentlich ist es nämlich so, dass die Doktoranden nur im Labor arbeiten dürfen, solange auch Laborveranwortliche im Haus sind (bekam ich auch schriftlich). Also quasi nur bis 16Uhr.
Arbeite ich unabgesprochen darüber hinaus im Labor, fallen eventuelle Folgen (Unfälle etc.) natürlich auf mich zurück. Da dies im Fall der Fälle ja doch ziemliche Schwierigkeiten mit sich bringen kann habe ich das Thema direkt angesprochen und gefragt wie wir das händeln können.
Der Projektleiter meinte dann, dass das in Ordnung wäre, solange jemand Verantwortliches via Handy erreichbar ist und ich mich dann eben abmelde.
Ok, dachte ich, damit habe ich die offizielle Weisung des Chefs und kann mich darauf berufen.
Heute jedoch meinte der Protokollführer (welcher das Meeting protokollierte), dass der Projektleiter diesen Abschnitt aus dem Protokoll hat streichen lassen. Und tatsache: Nichts davon ist schriftlich im Protokoll festgehalten.
Mich wurmt das natürlich sehr, da im Fall der Fälle ja nun doch wieder ich zur Verantwortung gezogen werden würde und sich der Projektleiter darauf berufen kann, ich wüsste ja, dass ich nicht alleine im Labor arbeiten darf. Er wäre also fein raus, da unsere Absprache nirgends schriftlich fixiert ist.
Kann doch nicht sein, dass mit derlei wichtigen Dingen so lax umgegangen wird bzw. der Doktorand letzten endes die Verantwortung tragen soll.
I am confused... :shock:
praktikum
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Re: Verhältnis zu Projektleiter (nicht DV) gestört

Beitrag von praktikum »

Ich habe Dein Startposting komplett gelesen. Für mich hört sich das so an, als ob dort generell der Wurm drin ist. Meistens ändert sich vor Ort nichts, weil man irgendwann doch wieder jemanden findet.
Wer dann schon länger dort ist, redet sich die Sache schön. Dann wird über Getratsche Dampf abgelassen. Passt alles. :)

Es kann sein, dass Du genau dort eine Möglichkeit bekommen hast, weil andere diese Stelle abgelehnt haben. Ich lege Dir ans Herz, im Geheimen nach anderen Promotionsstellen zu schauen. Im Moment hast Du noch nicht soviel Arbeit reingesteckt, außerdem kannst Du noch sehr kurzfristig kündigen.
pamparampa

Re: Verhältnis zu Projektleiter (nicht DV) gestört

Beitrag von pamparampa »

odomos hat geschrieben:Danke für eure Antworten. Mein Post war wohl etwas konfus bzw. unverständlich.
Aber wie dem auch sei, eine Frage habe ich mal noch:

Letzte Woche beim Teammeeting: Da ich immer mal wieder auch Abends (bis Nachts) im Labor meine frischen Proben behandeln muss, wollte ich gerne besprechen, wie es diesbezüglich rechtlich und praktisch aussieht. Eigentlich ist es nämlich so, dass die Doktoranden nur im Labor arbeiten dürfen, solange auch Laborveranwortliche im Haus sind (bekam ich auch schriftlich). Also quasi nur bis 16Uhr.
Arbeite ich unabgesprochen darüber hinaus im Labor, fallen eventuelle Folgen (Unfälle etc.) natürlich auf mich zurück. Da dies im Fall der Fälle ja doch ziemliche Schwierigkeiten mit sich bringen kann habe ich das Thema direkt angesprochen und gefragt wie wir das händeln können.
Der Projektleiter meinte dann, dass das in Ordnung wäre, solange jemand Verantwortliches via Handy erreichbar ist und ich mich dann eben abmelde.
Ok, dachte ich, damit habe ich die offizielle Weisung des Chefs und kann mich darauf berufen.
Heute jedoch meinte der Protokollführer (welcher das Meeting protokollierte), dass der Projektleiter diesen Abschnitt aus dem Protokoll hat streichen lassen. Und tatsache: Nichts davon ist schriftlich im Protokoll festgehalten.
Mich wurmt das natürlich sehr, da im Fall der Fälle ja nun doch wieder ich zur Verantwortung gezogen werden würde und sich der Projektleiter darauf berufen kann, ich wüsste ja, dass ich nicht alleine im Labor arbeiten darf. Er wäre also fein raus, da unsere Absprache nirgends schriftlich fixiert ist.
Kann doch nicht sein, dass mit derlei wichtigen Dingen so lax umgegangen wird bzw. der Doktorand letzten endes die Verantwortung tragen soll.
I am confused... :shock:
Unglaublich :) Ich würde dem PL eine E-Mai, schreiben und noch einmal dieselbe Frage stellen um etwas schriftlich zu haben. Du wirst aber wahrscheinlich keine Antwort bekommen. Dann musst Du dir überlegen ob Du in diesem Institut arbeiten willst, die Arbeit wird Dich bestimmt viele Nerven kosten. Viel Erfolg!
odomos
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Re: Verhältnis zu Projektleiter (nicht DV) gestört

Beitrag von odomos »

Ich danke euch sehr für eure Antworten.
Bereits nach den ersten zwei Wochen hatte ich ein ungutes Gefühl und jetzt, nach sechs Wochen, bekräftigt sch dies immer mehr.
Ich suche auch bereits nach einer anderen Möglichkeit für eine Promotion, da ich weiß an diesem Institut nicht drei Jahre so weiter machen zu können.
Es ist mir nicht möglich eigene Ideen einzubringen, nicht einmal überhaupt mich in die aktuelle Literatur einzuarbeiten um Ideen zu entwickeln. Es bleibt schlicht keine Zeit dafür. Der Großteil der Zeit geht dafür drauf Laborequipment zu säubern, Probennahmen vorzubereiten oder nachzubearbeiten, simpelste Analysen durchzuführen usw. Der Projektleiter meinte das sei ok so, da die Eckpunkte ja schon fest stehen. Mir obligt somit nur die ausführende Tätigkeit bereits bestehender Ideen. Und diese sind lediglich extrem zeitaufwendig aber wissenschaftlich absolut nicht anspruchvoll. Hinzu kommt das Problem mit dem Techniker, der permanenten Kontrolle durch ihn und dass mir Informationen vorenthalten werden... Oder dass von mir verlangt wird, alleine im Labor zu arbeiten, obwohl ich es nicht darf.
Ach, ich könnte noch so viel mehr erzählen.
Sogar Leute die dort angestellt sind und dort promoviert haben raten mir dazu, mich woanders umzusehen. Einer hatte am Institut sechs Jahre für seine Promotion benötigt, weil er permanent mit anderen Dingen beschäftigt wurde, er bekam keine Möglichkeit auf Konferenzen zu fahren, hatte nach sechs jahren nur eine einzige Veröffentlichung und dann hat auch noch eine Mitarbeitern vom selben Institut seine Erkenntnisse unter ihrem Namen veröffentlicht. Nach der Promotion bekam er eine halbe Stelle, weil er der einzige Mitarbeiter ist, der sich im Detail mit der Maschine auskennt und weil man weiß, dass in seinem Alter und mit seiner geringen Publikationsliste kaum die Gefahr besteht, dass er woanders eine Anstellung bekommt. Unterhält man sich aber mit ihm, merkt man sofort, dass er ein wirklich fähiger und motivierter Wissenschaftler ist. Heute arbeitet er als Doktor Vollzeit auf einer halben Stelle.

Ich merke einfach in so vielen Punkten, dass ich an diesem Institut nicht glücklich werde und dass mein Anspruch, den ich selbst an meine Dissertation habe, hier nicht annähernd zu erfüllen ist. Daher bleibt mir leider nichts anderes übrig, als mich an anderen Instituten umzusehen.
Euch vielen Dank für die hilfreichen Antworten.
Paulchen
Beiträge: 62
Registriert: 15.06.2016, 18:44
Status: Postdoc
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Re: Verhältnis zu Projektleiter (nicht DV) gestört

Beitrag von Paulchen »

Hallo odomos,

irgendwie kommt mir das bekannt vor, was du schreibst. Ich bin zwar Geisteswissenschaftler, habe aber zwei Jahre in einem DFG-Projekt ähnliches erlebt. Ich hatte damals als Post-Doc eine halbe Stelle und ungefähr so viel Spielraum wie eine studentische Hilfskraft. Da es zu wenig Hilfskraftmittel gab, musste wir als Mitarbeiter eben alles machen. Normalerweise sollte man als Post-Doc selbständig an eigenen Projektteilen arbeiten und mithilfe der Projektergebnisse (die Erhebungen sollten bei solchen Projekten eigentlich Hiwis oder Doktoranden durchführen) Publikationen erstellen und so die Fähigkeit, zum eigenständigen wissenschaftlichen Arbeiten vertiefen. Bei uns hieß es anfangs: halbe Projektstelle und den Rest bitte für die Habil oder Diss nutzen. In der Praxis sah es so aus, dass wir mit Aufgaben überschüttet wurden und man Vollzeit für's Projekt gearbeitet hat (natürlich für 19,92 Stunden bezhalt). Selbständiges Denken war von Seiten der Projektleitung auch nicht sonderlich erwünscht. Man sollte gefälligst Befehle ausführen und sehen, dass alles umgesetzt wurde. Am Ende haben wir Mitarbeiter (wie waren zu zweit) die komplette Erhebung auf Aufbereitung der Daten durchgeführt (zwischenzeitlich musste man dann auch noch Post verschicken und telefonieren). Am Ende der Projektlaufzeit hatte ich eine einzige Rezension verfasst und zwei Jahre Zeit verloren. Das war die mit Abstand beschissenste Zeit meiner Karriere. Ich kann dir also nur raten, wenn du wechseln kannst, tu das. Ich war heilfroh, als ich aus diesem Projekt raus war. Ich musste erstmal wieder lernen, dass ich nicht der letzte Vollhonk bin, sondern ein guter Wissenschaftler.

Viele Grüße,
Paulchen
BarbaraSweden

Re: Verhältnis zu Projektleiter (nicht DV) gestört

Beitrag von BarbaraSweden »

Aus eigener Erfahrung kann ich dir nur raten, dich nach einer neuen Stelle umzusehen. Du machst am Anfang deiner Diss schon ziemlich schlechte Erfahrungen, und es ist nicht zu erwarten, dass sich das mit der Zeit bessern wird. Die Reaktion des Menschen, mit dem du versucht hast, sachlich zu sprechen, spricht Bände, genauso die Protokollgeschichte ... Ich selbst war in einer vergleichbaren Situation zu Beginn meiner Doktorarbeit und habe den Fehler gemacht, weiter zu machen, obwohl schon ziemlich früh klar geworden ist, dass es wahrscheinlich Schwierigkeiten geben würde, mit dem Führungsstil meiner Betreuerin und der versprochenen Teamarbeit. Ich habe damals alle Warnsignale ignoriert, weil ich so froh war, eine Stelle zu haben. Später hatte ich dann schon soviel Zeit und Energie in die Arbeit investiert, dass ich glaubte, den Rest schaffe ich auch noch. Das hat sich bitter gerächt, denn die Energie, die ich eigentlich für die Arbeit gebraucht hätte, ist teilweise dafür draufgegangen, die Probleme mit meiner Betreuerin zu handeln. Das hat sehr viel Kraft gekostet und ich war ständig mit meinen Nerven am Ende. Im Nachhinein habe ich schon oft bereut, nicht schon ganz am Anfang auf mein Bauchgefühl gehört zu haben und die Reissleine ziehen und mich nach was anderem umschauen müssen.

Es ist sicher auch eine Persönlichkeitsfrage, wie man mit Schwierigkeiten umgeht. Aus dem was du schreibst, schliesse ich, dass deine Situation doch ziemlich stressig ist, und da kann ich dir nur raten, such dir was Neues. Ich weiss, es ist bitter, eine Stelle aufzugeben. Aber eine Doktorarbeit an sich ist keine einfache Sache, und wenn dann noch nicht-wissenschaftliche Probleme dazukommen, wird es schnell zu stressig. Man ist ja ohnehin schon ziemlich am Limit durch die wissenschaftlichen Herausforderungen und braucht seine Energie, um sein Projekt voranzutreiben. Als Doktorand ist man ohnehin in einer relativ schwachen Position. Wenn sich schon am Anfang klar zeigt, dass es darüberhinaus noch Probleme geben wird bzw. die Erwartungen sehr unterschiedlich sind und die Personenchemie nicht stimmt, ist es nur klug, daraus die Konsequenzen zu ziehen und zu gehen.
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