FH - Professur: Gehalt / Arbeitspensum

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johndoe
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Re: FH - Professur: Gehalt / Arbeitspensum

Beitrag von johndoe »

Also ich hab in meinen Lehraufträgen die Erfahrung gemacht, dass Studenten eine intelligent konzipierte Klausur ohnehin nicht "wertschätzen" (sofern das überhaupt geht). Ich hatte anfangs einen reinen open-book-Charakter proklamiert und mir gedacht: da muss man doch lieben! Reiner Praxisfokus, Lösung von Problemen, kein Auswendiglernen, keine Klausur-Bulimie... derlei Aufgaben zu kreieren (und das jedes Semester aufs neue) kostet wirklich Zeit und Muse, von der Korrektur ganz zu schweigen! Und was soll ich sagen? Die Studenten können das einfach nicht! Sie versagen auf ganzer Linie. Ob das deren eigene Schuld ist (fehlende Vorbereitung...) oder meine (schlecht erklärt) oder die der dominierenden Professoren (anderer Klausurstil), konnte ich nicht klären. Jedenfalls bin ich mittlerweile abgekommen davon und hab mich eher auf so 50/50 Auswendiglern/Multiplchoice vs. Anwendungsorientiert eingependelt. Kostet mich deutlich weniger Zeit für Erstellung und Korrektur und die Studierenden sind auch zufriedener.
Hickey
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Re: FH - Professur: Gehalt / Arbeitspensum

Beitrag von Hickey »

oclock hat geschrieben: ↑05.03.2019, 01:55
Hier nochmal meine Erfahrung in Kürze zur Onboarding-Phase:

1. Semester:
* 12 SWS (5 SWS VL (3 SWS Master, 2 SWS Bachelor Hauptstudium), 7 SWS Praktika), Informatik/Technisches Themen.
* Keine Unterlagen/Material vom Vorgänger, daher musste ich alles neu machen.
* Arbeitsaufwand: ca. 90 Std pro Woche von Mo-So (Folien machen, Interaktive Praktika vorbereiten, Programmieren, um Grafiken/Zwischenergebnisse zu erzeugen, Bücher lesen, E-Mails beantworten, Lehrveranstaltungen halten).
* Laut Schlaftracker normalerweise 5-6 Std. Schlaf pro Nacht.
* Zweimal habe ich die Nacht durchgemacht, um ein Praktikum fertig zu bekommen.
* Ein Kollege hat ein Semester nach mir angefangen (war also im 1. Semester, als ich schon im 2. war) und ihm erging es nicht viel anders. Unterschied: Er ist Frühaufsteher, daher war er von sehr früh morgens bis spät Abends beschäftigt, während ich eher ein Nachtmensch bin und von Mittag bis spät in die Nacht gearbeitet habe.
* Eine Klausur zu erstellen hat mich ca. 2 Tage gekostet + ca. 1 Tag um mir Fragen für die mdl. Prüfung auszudenken.
* Klausuren korrigieren + mdl. Prüfungen haben ca. 1 Woche in Anspruch genommen.

2. Semester:
* 18 SWS (6 SWS VL (3 SWS Bachelor Grundstudium, 3 SWS Master), 12 SWS Praktika), Informatik/Technisches Themen.
* Wieder keine Unterlagen/Material vom Vorgänger, daher musste ich fast alles neu machen.
* Arbeitsaufwand: ca. 60 Std. Ich konnte für die Master VL teilweise aus einer meiner Veranstaltunges des vorherigen Semesters zehren und die Grundlagenveranstaltung war nicht besonders aufwändig. Außerdem habe ich aus meiner Überarbeitung im 1. Semster gelernt habe meine Ansprüche an mich und meine Materialien etwas heruntergeschraubt. Dafür hatte ich aber zwei Zusatzaufgaben in der Selbstverwaltung...
* Laut Schlaftracker normalerweise 6-7 Std. Schlaf pro Nacht (das ist mein übliches Schlafpensum, also relativ "normal" für mich).
* Die vorlesungsfreie Zeit habe ich nicht zur Vorbereitung genutzt, da ich nach dem ersten Semester ziemlich ausgelaugt war und meine Batterien wieder aufladen musste.
* Betreuungsaufwand für Bachelor-, Master- und Seminararbeiten kamen noch dazu (ca. 1 Std. pro Woche).
* Zwei Klausuren zu erstellen hat mich ca. 4 Tage gekostet.
* Klausuren korrigieren hat ca. 1 Woche in Anspruch genommen.
Ja, genau, du warst das, der mir so Angst gemacht hat. ;) Für mich klingt das nach wie vor absolut horrormäßig, auch wenn es wahrscheinlich ab dem 3. Semester wesentlich relaxter wurde? Aber genau wegen diesem abschreckenden Beispiel habe ich hier nochmal nachgehakt, um zu sehen, ob es nicht auch noch andere, positivere Erfahrungen gibt.
neuling2018
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Re: FH - Professur: Gehalt / Arbeitspensum

Beitrag von neuling2018 »

Mal wieder ein altes Thema ausgraben.. Sorry dafür! Mittlerweile sind ja aber einige Tage/Monate/Jahre ins Land gegangen und mich würde interessieren, ob es denn nun entspannter geworden ist ab dem 3ten Semester? Mich würden die positiven Geschichten freuen und nicht nur die "Horror" 90 Stunden / Woche Erstsemester :dr)
kruemelix
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Re: FH - Professur: Gehalt / Arbeitspensum

Beitrag von kruemelix »

um es ein bisschen zu relativieren (bin gerade im zweiten Semester FH-Prof, MINT Bereich):

- estes Semester: 14 SWS, vier Vorlesungen. Zwei Vorlesungen waren Grundlagenvorlesungen, eine mein Berufungsgebiet, eine weitere habe ich von einem in Pension gegangenen Kollegen übernommen. Für zwei der Vorlesungen gab es prinzipiell Material, zwei andere musste ich komplett neu hochziehen. Ich hatte knapp über einen Monat Vorbereitungszeit vor Semesterbeginn, in dem ich versucht habe, möglichst viel vorzubereiten. Das waren 60h Wochen. Die ersten drei Monate bis Weihnachten hatte ich zwar immer ein paar Wochen Puffer, aber ich musste konstant am Ball bleiben und weiter vorbereiten. Die Weihnachtsferien habe ich dann genutzt, um eine Vorlesung fürs Sommersemester vorzubereiten, in den (viel zu kurzen) Semesterferien habe ich versucht, soviel wie möglich für die anderen Vorlesungen vorzuarbeiten. Vom Zeitaufwand würde ich ab Semesterbeginn im Durchschnitt auf eine 50+h Woche tippen: Ich bin oft auch am Samstag am Schreibtisch gesessen, allerdings hatte ich auch regelmäßig unter der Woche am Abend Zeit für Sport (wenn ich nicht total k.o. war...)
- zweites Semester: 18 SWS, vier Vorlesungen: Zwei große Grundlagenvorlesungen, eine kleine Vorlesung mit vielen Projekten (angenehm) und eine Vorlesung aus meinem Berufungsgebiet: Diesmal war ich bei den beiden Grundlagenvorlesungen weitestgehend blank: Das eine Thema hatte ich zum letzten Mal selber vor knapp 20 Jahren gehört, das andere kannte ich nur vom Hörensagen. Glücklicherweise gab es genügend Material und die Kollegen waren ebenfalls hilfsbereit :) Aber ich kam gehörig ins Rödeln, letztendlich musste man alles anfassen und auf die eigenen Bedürfnisse anpassen. Bis Mitte des Semesters würde ich auf eine 50h Woche tippen, seit ein, zwei Wochen habe ich alles bis Semesterende vorbereitet und komme auf eine 30h Woche. Endlich mal ein bisschen durchatmen! Ansonsten hinaus genieße ich noch Welpenschutz, d.h. der ganze Verwaltungskram (Fakultätsrat, Berufungsverfahren, ...) wird von mir ferngehalten, worüber ich heilfroh bin.

Generell muss man sagen, dass es (zumindest bei uns) eine extreme Spreizung zwischen der Arbeitsbelastung verschiedener Professoren gibt. Ein paar ziehen regelmäßig Fördergelder in Millionenhöhe an Land und beschäftigen mehr Mitarbeiter als mancher Uni-Prof. Für die ist ein 50-60h Woche ganz normal. Am anderen Ende gibt es aber auch welche, die seit x Jahren dieselben Grundlagenvorlesungen halten, ein bisschen in der Verwaltung mitmischen und ansonsten zu allem "Nein" sagen was an sie rangetragen wird (oder noch fieser: "Ja" sagen und es dann so schlecht machen, dass man sie nie wieder fragt). Da kommt man vermutlich gut mit einer 20-30h Woche hin. Wobei letztere im Kollegium ziemlich untendurch sind, aber man kann anscheinend nicht viel gegen sie tun...
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