Sinnkrise.
Verfasst: 06.12.2016, 20:14
Hallo!
Ich bin 29 und beende gerade mein Masterstudium der BWL. Die Abgabe der Masterarbeit ist im Frühjahr 2017. Bis zur Korrektur und dem eigentlichen Abschluss bin ich dann vermutlich 30.
Dieses Studium ist allerdings bereits mein Zweitstudium.
Ich habe vorher bereits ein Bachelor- und ein Masterstudium der Biotechnologie im deutschsprachigen Ausland mit sehr guter Note abgeschlossen. Das BWL-Studium begann ich als Fernstudium über die FernUni hagen bereits während meines Biotech-Masters parallel. Als ich mit Letzterem fertig war, habe ich dann "nur" noch BWL studiert und stehe, wie gesagt, nun kurz vor Beendigung. Und genau hier ist nun mein "Problem".
Zuvor aber noch ein kurzer Rückblick:
Schon nach dem Abschluss meines ersten Studiums hatte ich eine Sinnkrise. Damals war ich knapp 26 und überlegte, ob ich nun
a) arbeiten soll (irgendwie als Techniker o.ä. in einer Forschungsgruppe)
b) den PhD machen soll
c) BWL fertig machen soll.
Ich entschied mich für letztere Option. Einerseits aus Interesse (schon in der Schule waren Bio und Wirtschaft meine Hauptinteressen), andererseits, weil es auch eine Entscheidung GEGEN a) und b) war.
Zu a): Mit einem Master ohne Promotion hätte ich im Life Sciences-Bereich wohl eher Techniker-Jobs bekommen. Eine Promotion ist hier für höhere Positionen notwendig, aber aufgrund der massiven Anzahl an Absolventen (die also einen PhD haben) trotzdem keinesfalls hinreichend. Ich dachte mir dann, für eine "einfache" Techniker-Stelle wäre nun mein ganzes Studium im Endeffekt sinnlos gewesen.
Zu b): Die Promotionsbedingungen haben mich teils massiv abgeschreckt. Beispielsweise wurden in der Arbeitsgruppe, in der ich die Masterarbeit machte, die PhD-Stellen zu je 50% ausgeschrieben (bzw. eine Stelle doppelt besetzt), gearbeitet wurde aber natürlich um die 50 Stunden pro Woche und man kam mit einem Nettogehalt <1000 EUR raus. Für eine Großstadt, die ungefähr dieselben Lebenshaltungskosten hat wie München, fatal.
Abgesehen davon ergab sich das gleiche Problem wie bei a): Für einen guten Job in der freien Wirtschaft wäre die Promotion notwendig, aber aufgrund der Absolventenschwemme keinesfalls hinreichend. Ich hatte also Angst, nun 4 bis 5 Jahre in eine Promotion zu investieren, anschließend aber keinen ordentlichen Job in der Wirtschaft zu bekommen. Und der Ausblick auf eine weiterführende wissenschaftliche Karriere an der Uni, z.B. das Hangeln von PostDoc- zu PostDoc-Stelle, hatte mich abgeschreckt.
Ich entschied mich also für die letzte Option. Das Bachelorstudium BWL konnte ich dann abermals mit einem sehr guten Schnitt abschließen.
Danach kam ich wieder in eine ähnliche Sinnkrise. Ich dachte mir dann allerdings, ein Bachelor ohne Master ist nichts wert, wenn ich im Wirtschaftsbereich bleibe. Deshalb fing ich den Master an und habe ihn, wenn es gut geht, auch innerhalb von etwa 3 Semestern fertig. Mein Schnitt momentan liegt bei knapp 1,6, mir fehlt noch die Masterarbeit als Prüfungsleistung sowie 3 Module, die ich auch dieses Semester ableiste. Ich hoffe also, dass ich insgesamt das Studium also mit einem ähnlichen oder nicht deutlich schlechteren Schnitt abschließe.
So, und nun zum aktuellen Problem. Ich stehe nun bald wieder in etwa an dem Punkt, wo ich vor 4 Jahren stand, als ich mein Erststudium beendete. Ich weiß nicht genau, wie es nun weitergehen soll. Der Gedanke an eine Promotion ist immer noch (und auch seitdem) im Hinterkopf präsent. Nicht, um eine wissenschaftliche Laufbahn einzuschlagen. Vielmehr wäre es das Interesse (je nach Thema) sowie auch - und das gebe ich offen zu - ideeller Natur. Nicht primär, weil dann ein Dr. auf meinem Perso stehen würde, sondern vor allem deshalb, um mir selbst bestätigen zu können, ein großes, eigenständiges Projekt abschließen zu können. Und auch eventuell wegen steigender Karrierechancen.
Ich habe nun bald also zwei Masterabschlüsse und könnte damit in beiden Bereichen promovieren. Der Bereich Life Sciences würde mich rein vom Thema her mehr interessieren, da hier vor allem eigene, empirische Forschungsarbeit im Vordergrund steht (meine aktuelle Masterarbeit schreibe ich als Literature Review in Kombination mit Experten-Interviews - das finde ich recht langweilig im Vergleich zu den empirischen Arbeiten, die ich vorher hatte). Aber die Gründe dagegen habe ich ja oben schon genannt. Diejenigen, die ich aus meiner Erststudienzeit (aus höheren Semestern) kenne und die bereits promoviert hatten bzw. haben, sind dann alle irgendwo im Büro gelandet und nicht in der Forschung und Entwicklung.
Bliebe also noch eine Promotion im Bereich der Wirtschaftswissenschaften. Hier habe ich allerdings Bedenken bezüglich einer internen Promotion. Ich wäre gerne recht zügig fertig (angesichts meines Alters), um nicht noch mehr Zeit zu verlieren. Immerhin bin ich 29 und habe - bis auf Praktika und studentische Nebentätigkeiten - keine richtige Berufserfahrung. Zudem ist die Lehre nun nicht gerade mein größtes Interesse.
Viele, die mit mir das Biotech-Studium abgeschlossen haben, sind nun (oder zumindest bald) mit ihrer Promotion fertig. Manche haben erst 2013 angefangen und hatten Glück, jetzt schon abgeschlossen zu haben. Aber irgendwie macht mich das auch depressiv. Klar, ich gönne denen das allen - es ist eher weniger der Neid, der mich traurig macht, sondern vielmehr die Zweifel an mir SELBST. Immerhin könnte ich nun auch schon hier sitzen und eine Promotion abgeschlossen haben. Andererseits verdränge ich dabei oft unbewusst, dass ich in all der Zeit ja nicht selbst untätig war (während andere promovierten), sondern eben das Zweitstudium dranhängte. Und doch fühlt es sich irgendwie an, als hätte ich viel Zeit verschenkt, die falschen Entscheidungen getroffen und meine bisherige Lebenszeit verplempert. Es fühlt sich an, als hätten mich fast alle anderen "überholt", obwohl ich damals das Erststudium als Jahrgangsbester abgeschlossen und auch ein Stipendium erhalten hatte.
Finanzielle Sorgen habe ich (noch) nicht. Ich habe keine Schulden, dafür aber ein finanzielles Polster im höheren fünfstelligen Bereich. Ich dachte deshalb daran, vielleicht über ein Promotionsprogramm als Externer über die WHU, LHH o.ä. promovieren und nebenbei Berufserfahrung sammeln zu können. Allerdings weiß ich nicht, wie schwer es dann wirklich ist, einen Doktorvater dort zu finden.
Am liebsten wäre es mir, ich könnte mich fünfteilen. Ein Teil würde dann eine Promotion im Biotechnologie-Bereich machen, der zweite eine im Bereich der Wirtschaftswissenschaften, der dritte würde endlich ins Berufsleben starten, der vierte würde ein Medizinstudium beginnen und der fünfte ein Start-Up gründen. Blöd nur, dass ich mich erstens nicht fünfteilen kann und dass ich zweitens schon 29 bin.
Ich bin permanent am Grübeln und habe Angst, eine Entscheidung zu treffen, über die ich dann im Nachhinein - auch wenn es erst in ein paar Jahren wäre - schon wieder grübeln würde (ob sie richtig war, was passiert wäre, wenn ich mich anders entschieden hätte usw.)
Vielleicht gibt es hier ja ein paar Menschen, die ähnliche Entscheidungsschwierigkeiten hatten, als sie vor der Wahl standen, wie es für sie bezüglich ihrer Promotion bzw. ganz allgemein des Berufslebens weitergehen würde.
Ich freue mich über Antworten. Vielen Dank
PS: Meine Schwester hat in Germanistik als Externe innerhalb von zwei Jahren promoviert - neben der Tätigkeit bei einer Zeitung. Irgendwie ärgere ich mich insgeheim ein bisschen, dass ich gerade genau die Fächer ausgewählt habe (im MINT-Bereich sowie im WiWi-Bereich), in denen sowas nicht möglich ist.
Ich bin 29 und beende gerade mein Masterstudium der BWL. Die Abgabe der Masterarbeit ist im Frühjahr 2017. Bis zur Korrektur und dem eigentlichen Abschluss bin ich dann vermutlich 30.
Dieses Studium ist allerdings bereits mein Zweitstudium.
Ich habe vorher bereits ein Bachelor- und ein Masterstudium der Biotechnologie im deutschsprachigen Ausland mit sehr guter Note abgeschlossen. Das BWL-Studium begann ich als Fernstudium über die FernUni hagen bereits während meines Biotech-Masters parallel. Als ich mit Letzterem fertig war, habe ich dann "nur" noch BWL studiert und stehe, wie gesagt, nun kurz vor Beendigung. Und genau hier ist nun mein "Problem".
Zuvor aber noch ein kurzer Rückblick:
Schon nach dem Abschluss meines ersten Studiums hatte ich eine Sinnkrise. Damals war ich knapp 26 und überlegte, ob ich nun
a) arbeiten soll (irgendwie als Techniker o.ä. in einer Forschungsgruppe)
b) den PhD machen soll
c) BWL fertig machen soll.
Ich entschied mich für letztere Option. Einerseits aus Interesse (schon in der Schule waren Bio und Wirtschaft meine Hauptinteressen), andererseits, weil es auch eine Entscheidung GEGEN a) und b) war.
Zu a): Mit einem Master ohne Promotion hätte ich im Life Sciences-Bereich wohl eher Techniker-Jobs bekommen. Eine Promotion ist hier für höhere Positionen notwendig, aber aufgrund der massiven Anzahl an Absolventen (die also einen PhD haben) trotzdem keinesfalls hinreichend. Ich dachte mir dann, für eine "einfache" Techniker-Stelle wäre nun mein ganzes Studium im Endeffekt sinnlos gewesen.
Zu b): Die Promotionsbedingungen haben mich teils massiv abgeschreckt. Beispielsweise wurden in der Arbeitsgruppe, in der ich die Masterarbeit machte, die PhD-Stellen zu je 50% ausgeschrieben (bzw. eine Stelle doppelt besetzt), gearbeitet wurde aber natürlich um die 50 Stunden pro Woche und man kam mit einem Nettogehalt <1000 EUR raus. Für eine Großstadt, die ungefähr dieselben Lebenshaltungskosten hat wie München, fatal.
Abgesehen davon ergab sich das gleiche Problem wie bei a): Für einen guten Job in der freien Wirtschaft wäre die Promotion notwendig, aber aufgrund der Absolventenschwemme keinesfalls hinreichend. Ich hatte also Angst, nun 4 bis 5 Jahre in eine Promotion zu investieren, anschließend aber keinen ordentlichen Job in der Wirtschaft zu bekommen. Und der Ausblick auf eine weiterführende wissenschaftliche Karriere an der Uni, z.B. das Hangeln von PostDoc- zu PostDoc-Stelle, hatte mich abgeschreckt.
Ich entschied mich also für die letzte Option. Das Bachelorstudium BWL konnte ich dann abermals mit einem sehr guten Schnitt abschließen.
Danach kam ich wieder in eine ähnliche Sinnkrise. Ich dachte mir dann allerdings, ein Bachelor ohne Master ist nichts wert, wenn ich im Wirtschaftsbereich bleibe. Deshalb fing ich den Master an und habe ihn, wenn es gut geht, auch innerhalb von etwa 3 Semestern fertig. Mein Schnitt momentan liegt bei knapp 1,6, mir fehlt noch die Masterarbeit als Prüfungsleistung sowie 3 Module, die ich auch dieses Semester ableiste. Ich hoffe also, dass ich insgesamt das Studium also mit einem ähnlichen oder nicht deutlich schlechteren Schnitt abschließe.
So, und nun zum aktuellen Problem. Ich stehe nun bald wieder in etwa an dem Punkt, wo ich vor 4 Jahren stand, als ich mein Erststudium beendete. Ich weiß nicht genau, wie es nun weitergehen soll. Der Gedanke an eine Promotion ist immer noch (und auch seitdem) im Hinterkopf präsent. Nicht, um eine wissenschaftliche Laufbahn einzuschlagen. Vielmehr wäre es das Interesse (je nach Thema) sowie auch - und das gebe ich offen zu - ideeller Natur. Nicht primär, weil dann ein Dr. auf meinem Perso stehen würde, sondern vor allem deshalb, um mir selbst bestätigen zu können, ein großes, eigenständiges Projekt abschließen zu können. Und auch eventuell wegen steigender Karrierechancen.
Ich habe nun bald also zwei Masterabschlüsse und könnte damit in beiden Bereichen promovieren. Der Bereich Life Sciences würde mich rein vom Thema her mehr interessieren, da hier vor allem eigene, empirische Forschungsarbeit im Vordergrund steht (meine aktuelle Masterarbeit schreibe ich als Literature Review in Kombination mit Experten-Interviews - das finde ich recht langweilig im Vergleich zu den empirischen Arbeiten, die ich vorher hatte). Aber die Gründe dagegen habe ich ja oben schon genannt. Diejenigen, die ich aus meiner Erststudienzeit (aus höheren Semestern) kenne und die bereits promoviert hatten bzw. haben, sind dann alle irgendwo im Büro gelandet und nicht in der Forschung und Entwicklung.
Bliebe also noch eine Promotion im Bereich der Wirtschaftswissenschaften. Hier habe ich allerdings Bedenken bezüglich einer internen Promotion. Ich wäre gerne recht zügig fertig (angesichts meines Alters), um nicht noch mehr Zeit zu verlieren. Immerhin bin ich 29 und habe - bis auf Praktika und studentische Nebentätigkeiten - keine richtige Berufserfahrung. Zudem ist die Lehre nun nicht gerade mein größtes Interesse.
Viele, die mit mir das Biotech-Studium abgeschlossen haben, sind nun (oder zumindest bald) mit ihrer Promotion fertig. Manche haben erst 2013 angefangen und hatten Glück, jetzt schon abgeschlossen zu haben. Aber irgendwie macht mich das auch depressiv. Klar, ich gönne denen das allen - es ist eher weniger der Neid, der mich traurig macht, sondern vielmehr die Zweifel an mir SELBST. Immerhin könnte ich nun auch schon hier sitzen und eine Promotion abgeschlossen haben. Andererseits verdränge ich dabei oft unbewusst, dass ich in all der Zeit ja nicht selbst untätig war (während andere promovierten), sondern eben das Zweitstudium dranhängte. Und doch fühlt es sich irgendwie an, als hätte ich viel Zeit verschenkt, die falschen Entscheidungen getroffen und meine bisherige Lebenszeit verplempert. Es fühlt sich an, als hätten mich fast alle anderen "überholt", obwohl ich damals das Erststudium als Jahrgangsbester abgeschlossen und auch ein Stipendium erhalten hatte.
Finanzielle Sorgen habe ich (noch) nicht. Ich habe keine Schulden, dafür aber ein finanzielles Polster im höheren fünfstelligen Bereich. Ich dachte deshalb daran, vielleicht über ein Promotionsprogramm als Externer über die WHU, LHH o.ä. promovieren und nebenbei Berufserfahrung sammeln zu können. Allerdings weiß ich nicht, wie schwer es dann wirklich ist, einen Doktorvater dort zu finden.
Am liebsten wäre es mir, ich könnte mich fünfteilen. Ein Teil würde dann eine Promotion im Biotechnologie-Bereich machen, der zweite eine im Bereich der Wirtschaftswissenschaften, der dritte würde endlich ins Berufsleben starten, der vierte würde ein Medizinstudium beginnen und der fünfte ein Start-Up gründen. Blöd nur, dass ich mich erstens nicht fünfteilen kann und dass ich zweitens schon 29 bin.
Ich bin permanent am Grübeln und habe Angst, eine Entscheidung zu treffen, über die ich dann im Nachhinein - auch wenn es erst in ein paar Jahren wäre - schon wieder grübeln würde (ob sie richtig war, was passiert wäre, wenn ich mich anders entschieden hätte usw.)
Vielleicht gibt es hier ja ein paar Menschen, die ähnliche Entscheidungsschwierigkeiten hatten, als sie vor der Wahl standen, wie es für sie bezüglich ihrer Promotion bzw. ganz allgemein des Berufslebens weitergehen würde.
Ich freue mich über Antworten. Vielen Dank
PS: Meine Schwester hat in Germanistik als Externe innerhalb von zwei Jahren promoviert - neben der Tätigkeit bei einer Zeitung. Irgendwie ärgere ich mich insgeheim ein bisschen, dass ich gerade genau die Fächer ausgewählt habe (im MINT-Bereich sowie im WiWi-Bereich), in denen sowas nicht möglich ist.