nervös und angespannt - bei jedem Treffen mit Doktormutter

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Sunny13
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nervös und angespannt - bei jedem Treffen mit Doktormutter

Beitrag von Sunny13 »

Liebe (werdende) Doks,

seit eineinhalb Jahren sitze ich an meiner Diss und komme (mit entsprechenden Hoch- und Tiefphasen) gut voran!

Allerdings fällt mir in letzter Zeit auf, dass mir die Treffen mit meiner Doktormutter jedes Mal etwas zu schaffen machen. Sie ist gleichzeitig meine Vorgesetzte an der Uni und wir haben fachlich und menschlich gesehen ein gutes Verhältnis. Wir duzen uns und reden auch immer mal wieder über Privates (im angemessenen Rahmen). Trotzdem bin ich bei jedem Meeting mit ihr (ca. 2 x im Monat für das Projekt und die Lehre, in denen ich tätig bin, und alle 2-3 Monate für die Diss) angespannt. Auf der einen Seite will ich locker und nett sein, auf der anderen Seite will ich natürlich als Mitarbeiterin UND Doktorandin gut dastehen. Meine Kolleg_innen sind bspw. im Umgang mit ihr lockerer und lustiger als ich, aber die promovieren auch nicht bei ihr. Ich fühle mit häufig, als hätte ich "einen Stock im A****", komme aber auch nicht aus meiner Haut.

Wie ist das bei euch? Wie würdet ihr euer Verhältnis zu eurer Doktorbetreuung beschreiben?
Sicher gibt es tausend mögliche Varianten, wie so ein Verhältnis gelebt werden kann - aber vielleicht geht es jemandem genauso wir mir oder jemand hat ein paar Tips, wie man mit diesem Zwiespalt der verschiedenen Rollen (Mitarbeiterin vs. Doktorandin vs. Privatmensch) umgehen kann.

Viele Grüße,
Sunny :coffee:
Traudel
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Re: nervös und angespannt - bei jedem Treffen mit Doktormutter

Beitrag von Traudel »

Liebe Sunny,

das Verhältnis zwischen Doktorvätern/-müttern und Promovierenden ist ein akademischer Topos, der Bücher füllt und der -- trotz aller individueller Konstellationen -- einen roten Faden besitzt: Das Verhältnis ist speziell. Es ist sehr häufig schwierig, weil es per se ein Abhängigkeitsverhältnis ist. Auch ich habe mich sehr gut mit meiner Doktormutter verstanden, hatte aber bei jedem Treffen Bauchschmerzen: Ist sie zufrieden mit meinen Ergebnissen? Was hält sie von meinen Fortschritten? Was ist, wenn sie es anders haben möchte und die Arbeit der vergangenen Wochen/Monate umsonst war? Wird sie mir (vielleicht auch durch gut gemeinte Hinweise) mehr Arbeit aufbrummen? Kann ich die Ansprüche erfüllen? Usw.
Diese Zweifel sind völlig normal. Im Rückblick hätte ich mich innerlich nicht so klein machen sollen. Ich hatte sogar jedes Mal Magenschmerzen, wenn ich gesehen habe, dass eine Email von ihr im Posteingang war -- total übertrieben, aber ich fühlte mich häufig soooo unsicher.
Es ist jetzt knapp vier Jahre her, dass ich eingereicht habe, aber dennoch erinnere ich mich ganz genau an das Gefühl und möchte Dir deswegen sagen: Es ist keineswegs selten. Mach Dich nicht auch noch fertig dafür, dass Du diese Gefühle von Nervosität und Anspannung überhaupt hast. Dadurch geht's Dir nur (unnötig) noch mieser. Sei stolz auf das, was Du schon erreicht hast.

Meine Ratschläge gehören sicherlich in die Kategorie "wischiwaschi"... Und wenn ich jetzt noch sage "Nimm Deine Anspannung an und schließe Frieden mit Dir und Deiner Gefühlslage", dann ist das auch nicht gerade das Gelbe vom Ei. Aber es stimmt. Wie man das macht, weiß ich nicht :-) Ich weiß nur, dass es einem nach Abschluss der Promotion bedeutend besser geht -- insbesondere was Unsicherheit und Angespanntheit angeht.

Alles Gute und viel Nervenstärke wünscht
Traudel
flip
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Re: nervös und angespannt - bei jedem Treffen mit Doktormutter

Beitrag von flip »

Ja, war bei mir am Anfang auch so. Ist aber nach ein paar Monaten verflogen. Ein Prof kocht auch nur mit Wasser und nach spätestens zwei, drei Jahren sollte dir auch bewusst werden, dass du im Prinzip in ein paar Jahren auch den Job machen könntest.

In den Geisteswissenschaften, wo du der Schreibweise nach herkommst, ist die Hirarchie ja noch ein wenig strenger. Aber auch das gibt sich mit der Zeit. :) Trotz alledem bleibt das Verhältnis rein beruflich!
caipirinha11085
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Re: nervös und angespannt - bei jedem Treffen mit Doktormutter

Beitrag von caipirinha11085 »

Mach dir keinen Kopf. Vielen Leuten geht das so. Ist auch ein bisschen Typsache.
Ich bin manchmal recht angespannt und manchmal überhaupt nicht. Wenn ich viel an einem Projekt arbeite mit meinem DV, dann fällt es mir leichter, freiweg heraus zu sagen, was ich grade denke, als wenn man lange kaum Kontakt hatte.

Irgendwie fühlt es sich gut an, zu wissen, dass es anderen ähnlich geht. :D
Sunny13
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Re: nervös und angespannt - bei jedem Treffen mit Doktormutter

Beitrag von Sunny13 »

Liebe Leute,

danke für eure hilfreichen Antworten!

@ Traudel: Ich bin froh, dass es nicht nur mir so geht und dass du dich trotz Abgabe vor 4 Jahren noch so gut in dieses Gefühl von Anspannung erinnern kannst! Und alleine zu wissen, dass es anderen wie dir nach Abschluss der Promotion mit Blick auf diese Angespanntheit besser ging, hilft mir schon sehr. Auf der einen Seite finde ich es ja auch eine schöne, motivierende Anspannung, die sicher auch fehlen wird, nachdem die Diss eingereicht wurde? Auf der anderen Seite stelle ich mir den Tag der Abgabe wie den Start eines inneren Urlaubs vor - Urlaub von den Zweifeln und Fragen der letzten Jahre:). (Bis neue Zweifel und Fragen kommen, ohje ;).

@ flip: Ja, komischerweise stellt sich bei mir genau dieses Gefühl ("Der Prof kocht auch nur mit Wasser") nicht ein. Dass meine Doktormutter "nur" eine geübte Wissenschaftlerin ist und keine unnahbare Koryphäe, ist mir zwar recht schnell klar geworden, aber trotzdem denke ich mir manchmal: "Oh Mann, so würde ich mich auch gerne ausdrücken können" oder "Wieso bin ich nicht auf diese Idee gekommen?" und zweifle an meiner Eignung für die Forschung. Ich glaube, es ist auch so dieser "Standesdünkel", der mir zu schaffen macht. Meine Doktormutter strahlt das zwar kaum aus, aber wenn ich auf verschiedenen Tagungen die ewigen, pseudo-eloquenten Selbstbeweihräucherungen höre und Reden von hoch angesehenen, alteingesessenen Alphatieren gehalten werden, lasse ich mich schon gerne blenden und denke mir "Boah sind die schlau". Nicht immer gelingt es mir, im Blick zu behalten, dass die alle "nur mit Wasser kochen";). Keine Ahnung ob das heißt, das ich zu selbstunsicher, zu unerfahren oder nicht bühnenreif genug bin?

@ caipirinha: Das ist bei mir auch so- wenn wir uns häufiger sehen, blühe ich manchmal sogar auf und fühle mich richtig wohl in ihrer Gesellschaft. Dann sehen wir uns wieder vier Wochen nicht und der Effekt ist verflogen :D Blöd!

Herzliche Grüße,
Sunny
Sunny13
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Re: nervös und angespannt - bei jedem Treffen mit Doktormutter

Beitrag von Sunny13 »

PS: Ich finde es ja spannend, dass die Schreibweise in einem Forenbeitrag auf die Fachkultur schließen lässt :D
flip
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Re: nervös und angespannt - bei jedem Treffen mit Doktormutter

Beitrag von flip »

Ich lag doch nicht etwa falsch? :wink:
"Oh Mann, so würde ich mich auch gerne ausdrücken können" oder "Wieso bin ich nicht auf diese Idee gekommen?" und zweifle an meiner Eignung für die Forschung. Ich glaube, es ist auch so dieser "Standesdünkel", der mir zu schaffen macht. Meine Doktormutter strahlt das zwar kaum aus, aber wenn ich auf verschiedenen Tagungen die ewigen, pseudo-eloquenten Selbstbeweihräucherungen höre und Reden von hoch angesehenen, alteingesessenen Alphatieren gehalten werden, lasse ich mich schon gerne blenden und denke mir "Boah sind die schlau". Nicht immer gelingt es mir, im Blick zu behalten, dass die alle "nur mit Wasser kochen";).
Ich verstehe ehrlich gesagt nicht, warum es einigen so schwer fällt zu akzeptieren, dass diese Personen das schon im Zweifel seit ein paar Jahrzehnten machen und nicht erst seit ein, zwei Jahren. Folglich sind sie auch recht locker, was das Auftreten angeht.
Es wäre schlimm, wenn sie nicht besser wären als man selbst. Ich erwarte das sogar von meinem Betreuer, auch wenn ich sehe, dass auch er Fehler macht. Genauso wie ich natürlich.

Es geht ja nicht um den Ist-Zustand, sondern dass du merkst, dass du das auch mal können wirst. Allerding erst in ein paar Jahren. Wenn ich mein momentanes Auftreten auf Konferenzen mit dem von vor drei Jahren vergleiche, dann liegen da auch Welten zwischen. Ein kontinuierlicher Prozess. Keine sprunghaften Bewegungen.
Anne123
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Re: nervös und angespannt - bei jedem Treffen mit Doktormutter

Beitrag von Anne123 »

flip hat geschrieben:Ja, war bei mir am Anfang auch so. Ist aber nach ein paar Monaten verflogen. Ein Prof kocht auch nur mit Wasser und nach spätestens zwei, drei Jahren sollte dir auch bewusst werden, dass du im Prinzip in ein paar Jahren auch den Job machen könntest.

In den Geisteswissenschaften, wo du der Schreibweise nach herkommst, ist die Hirarchie ja noch ein wenig strenger. Aber auch das gibt sich mit der Zeit. :) Trotz alledem bleibt das Verhältnis rein beruflich!
Ähm, woran erkennt man das??
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Doc-Wolfi

Re: nervös und angespannt - bei jedem Treffen mit Doktormutter

Beitrag von Doc-Wolfi »

Sunny, natürlich ist die Doktormutter erfahrener als Du, muss ja so sein. Aber Wissen, Kompetenz, Erfahrung, Eloquenz, das kommt alles mit der zunehmenden Übung!
Ich denke, dass in unserer Gesellschaft viel zu viel von "Begabung" gelabert wird. Dabei ist das meiste Übung. Man muss meiner Meinung nach gar nichts auf Anhieb perfekt können, nur um zu beweisen, dass einem die Begabung schon angeboren ist. Man darf alles als Anfänger anfangen und mit der Zeit besser werden. :-)
Viele Grüße,
Wolfi
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