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Promotion und Ängste

Verfasst: 29.06.2016, 14:10
von physikPHD
Hallo,

habe irgendwie das Problem, dass ich meine Arbeit immer wieder aufschiebe. Dabei habe ich gemerkt, dass ich bzgl. Entwicklung von Ideen leichter vorankomme als das Umsetzen. Die eigentliche Aufschiebeproblematik taucht sehr extrem beim Umsetzen auf. Oft ist es dann so, dass ich trotz Idee erstmal vom Thema abkomme. Ich glaube, dass ich auch so 'n bisschen Angst vor den Ergebnissen habe. Angst, dass das alles nicht so richtig klappen könnte, wie ich mir das Vorgestellt habe. Angst, dass etwas auftaucht, was so nicht geplant war, was ich dann aber auch nicht so richtig einordnen kann. Ich habe dann oft innerlich ein sehr mulmiges und unwohles Gefühl. Ich fühle mich mit der Umsetzung an sich dann "überfordert", wobei mich nicht die Umsetzung selbst, sondern das Gefühl dazu überfordert. Das Gefühl dazu ist dann leider oft so sehr unangenehm, dass ich Schlänker mache, statt direkt auf die Problematik und Aufgabenstellung zuzugehen. Und weil das Gefühl doch sehr dominant und aufgabentechnisch kontraproduktiv ist, würde ich es nochmal genauer ausführen wollen. Vielleicht hat ja jemand eine Idee, kann mir weiterhelfen, kennt oder kannte es von sich und hat eine Ideen oder Tips, wie ich damit umgehen kann. Übrigens taucht dieses Gefühl nicht nur bzgl. meiner Arbeit auf, sondern auch in anderen Dingen. Es aber insbesondere bzgl. meiner Arbeit doch zu sehr hinderlich. Ich denke, dass da auch viele Unsicherheiten und Ängste mitspielen und dass ich das für mich nicht so richtig fassen und ver/bearbeiten kann, so dass sie mir dann im Wege stehen. Mich ärgert es dann doch und ich finde es auch irgendwie sehr schade, dass ich auf Grund meiner Ängste und Unsicherheiten so zögerlich bin und damit vielleicht Fachkompetenzen ruhen lasse. So, nun zu den Ängsten und Unsicherheiten:

Angst, dass die Arbeit umsonst gewesen sein könnte
Diese Angst bezieht sich sowohl auf die Finanzierung meines Projektes als auch auf mich selbst. Ohne Finanzierung frage ich mich, wie weit ich wirklich kommen würde. Nebenjob frisst viel Zeit und raubt unnötig Energie, wenn man bedenkt, dass ich mich komplett selbst zusätzlich finanzieren müsste. Eine zusätzliche halbe Stelle würde ich dann ja schon brauchen. Diese Angst ist momentan deswegen präsent, da die Weiterfinanzierung meines Projektes noch nicht genehmigt worden ist. Der zweite Punkt bin ich selbst. Ich habe quasi Angst, aufzugeben. Angst, dass ich das Handtuch werfe, weil ich denke, ich schaffe es nicht. Das würde mich sehr ärgern, weil ich nicht möchte, dass die ganze Vorarbeit umsonst gewesen ist.

Angst vor Fehlern
Diese Angst ist zugegeben sehr kontraproduktiv. Es ist nunmal Teil der Forschung auch Sackgasen zu beschreiten. Aber leider habe ich dann doch Angst, Fehler zu begehen, weil ich leider zu oft die Ursache des Fehlers in mir selbst und nicht im Prozess sehe. Ich denke dann zu oft, dass ich selbst zu unfähig sei, dass ich mir nur vorher nicht genug Gedanken gemacht hätte, dass ich es hätte eher kommen sehen und hätte abwenden müssen, bevor mir der Fehler dann passiert. Und wenn dann ein Fehler passiert und ich es nicht richtig einordnen kann, sehe ich auch hier die Ursache derselben bei mir selbst.

Angst vor negativen Reaktionen
Zum einen habe ich Angt vor negativen Reaktionen, weil ich mir dann denke, dass ich mich nicht gut genug angestrengt habe, dass ich die Aufgabe nicht gut genug erledigt habe, dass ich zu wenig mache, dass ich die Aufgabenstellung nicht richtig erfülle. Ich habe dann Angst, dass ich die Langsamste bin und dass blöd dastehe gegenüber den anderen. Zum anderen habe ich Angst davor, dass andere es nicht gut finden könnten, dass ich meine Promotion abschließen könnte. Ich stamme ursprünglich aus einem nichtakademischen Umfeld, was ja eigentlich total egal sein sollte. Es gibt einige, die freuen sich für mich, dass ich soweit gekommen bin. Aber leider - und dass ist ja das Problem - gibt es auch Leute, die mir es gewissermaßen nicht gönnen. Selber kriegen sie es irgendwie nicht hin, weiter voranzukommen. Vielleicht sind sie zu gemütlich, vielleicht haben sie keine Lust auf den Aufwand. Es sollte mir ja auch alles total egal sein. Und das sollte mich ja auch nicht interessieren. Aber da ich nunmal auch mit diesem etwas missmutigen Teil aufgewachsen bin, fällt es mir wirklich sehr schwer, für mich da eine emotionale Grenze zu ziehen. Wenn dann mal wieder so eine unschöne unterschwellige Bemerkung kommt - und diese kommt bei jeder Gelegenheit, die sich bietet - dann nehme ich mir das dann doch irgendwie zu Herzen. Und ehrlich gesagt verletzt mich das auch sehr. Ich möchte das dann ja eigentlich gar nicht an mich ranlassen. Aber in Wirklichkeit tue ich es dann ja doch. Und ich habe im Laufe der Zeit gemerkt, dass mit Fortschreiten des Erfolges, diese Art von Bemerkungen und Anfeindungen stärker und kränkenden geworden sind. Meiner Meinung nach ist ja jeder seines Gückes Schmied. Aber leider gibt es dann diese Nichtgönner. :( :(

Angst, dass ich es nicht kann
Eine weitere Angst ist, dass ich befürchte, dass ich der Aufgabe nicht gewachsen bin. Das mein Rumprobieren zu wirrr und inkompetent ist. Diese Angst hat wohl ihre Ursache darin, dass ich die Ursache von Nichtfunktionieren leider sehr oft in mir selbst sehe und nicht als Teil des Prozesses. Ich denke dann, dass ich mich eventuell nicht gut genug angestrengt habe, dass ich nicht vorher gut genug nachgedacht hätte und dass deshalb die Ergebnisse so "schlecht" sind, wie sie sind. Dass ich nicht die richtige Idee entwickelt habe. Und dass die Ursache der "schlechteren" Idee in mir läge. Wenn ich dann soweit Ergebnisse habe, lasse ich mich oft von Nichterwartetem verunsichern. Hier denke ich oft, dass ich irgendetwas vergessen oder falsch gemacht hätte. Und dass ich hätte vorher genauer überlegen sollen. Dass ich hätte quasi vorher sehen müssen, dass das so nicht funktionieren konnte. Auch hier mache ich mich eigentlich nur selbst nieder. Und dieses Niedermachen führt dann leider oft dazu, dass ich zwar einige Ideen entwickel, aber bei der Umsetzung sehr zögerlich bin. Ich sitze dann oft vor der Aufgabe und versuche mir das nochmal und nochmal durch den Kopf gehen zu lassen, weil ich dann befürchte, irgendetwas könne im Prozess falsch liegen. Ich halte mich bei den Ideen sehr lange auf, auch dann, wenn ich merke, ich habe da jetzt nichts neues mehr als das, was ich mir eh schon überlegt hatte. Und so zögert sich die Umsetzung hinaus, ohne dass dabei tatsächlich effektiv Arbeit entstanden ist. Hinterher, wenn ich mich dann endlich überwinde und zur Aufgabe schreite, ärgere ich mich oft. Klar, manchmal funktioniert es so, wie ich es mir vorgestellt hatte, manchmal aber auch nicht. Dann hat man eben neue/veränderte Ideen, die man dann wieder überprüfen kann durch Umsetzung. Den Hauptpunkt würde ich hier tatsächlich in der Umsetzung sehen, da erst dann klar wird, wie fruchtbar die Idee war oder eben nicht. Und weil ich eben eine Nichtfruchtbarkeit auf mich zurückführe und mich dabei nieder mache, scheue ich dann diesen Schritt der Umsetzung.

Angst vor der Zukunft
Eine weitere Angst ist die Angst vor der Zukunft, vor dem Danach. Hiermit verbunden ist quasi die Scheu oder das Ungewisse. Zum einen, weil ich nicht weiß, was danach sein wird. Zum anderen, weil nicht klar ist, wo das Danach sein wird. Hierbei verunsichert mich das Wo mehr als das Was. Für das Was habe ich zumindest einige Ideen und Ansätze. Das Wo ist eher schwammiger. Dass das Wo schwammiger ist, liegt aber auch an meiner eigenen Unsicherheit. Zum einen würde ich gerne "raus in die weite Welt", zum anderen frage ich mich dann, wie gut ich dann in einer eventuellen neuen Heimat zurecht kommen würde. Bislang waren "neue Heimaten" für mich eher auf Zeit. Hierbei war das Maximum in der Größenordnung von maximal einem Monat. Und wenn ich dann quasi woanders arbeiten würde, wäre "das neue Zuhause" wahrscheinlich eher von der Größenordnung Jahre. Es geht hier also um die eigene Flexibilität und mit der verbundene Unsicherheit und auch Ungewissheit. Ich glaube, ich habe so 'n bissle Angst, dass ich das eventuell nicht meistern könnte? Objektiv gesehen ist das meines Erachtens nicht so ganz richtig, da die Orte, die ich präferiere, schon genug Parallelen mit meiner aktuellen Heimat haben. Ich weiß nicht, ob es an der Unsicherheit liegt, dass ich dann eben doch für länger nicht die gewohnte Umgebung hätte. Hier weiß ich eben wo, wie, wann ich was bekommen kann. Es sind aber ich eben breit getretene Pfade. Und wahrscheinlich verunsichern mich momentan eventuelle neue Pfade. Das ist schon sehr nervig, weil diese Verzögerung ja nicht sonderlich förderlich für meine Arbeit ist. Ob nun zwei, drei Monate später, oder vielleicht ein halbes Jahr; Dieser Schritt ist nunmal etwas, was auf mich zukommen wird und ich wäre schon sehr erleichtert, wenn ich die Unsicherheit, die Angst etwas bändigen könnte, da ich nunmal merke, dass ich durch diese Unsicherheit dann doch mich häufiger ablenke oder langsamer arbeite. Und ich finde das schon sehr schade, da ich der Meinung bin, dass das nicht sein muss.

Angst davor, dass bestehende Unterstützung wegfällt
Ein weiterer Punkt ist die Angst, dass bestehende Unterstützung wegfallen würde. Momentan gibt es viele Angebote von der Uni, die ich auch nutze. Dann hat man natürlich die persönlichen Kontakte. Es ist eben einfacher, mit einer sehr nahen Person etwas zu besprechen, wenn man leichter erreichbar ist. Hierbei vereinen sich zwei Ängste. Zum einen gehe ich davon aus, dass im festen Job in der Industrie eine zeitliche Flexibilität eingeschränkter ist, als es z.B. bei der Doktorarbeit ist. Während der Doktorarbeit kann ich nahezu meine Zeit komplett selbst einteilen, wie es mir gefällt. Wenn ich dann im Job bin, ist diese Art der Flexibilität so nicht mehr gegeben. Das würde einschränkend auf die private Flexibilität wirken. Und selbstverständlich ist es etwas anderes für mich, ob ich mit Freunden etwas face to face bespreche, oder ob es über Ecken geschieht, wie telefonisch oder sogar per Mail. Und eben genau dieses direkte Treffen, dieses sich sehen wäre dann entsprechend eingeschränkt, eventuell auch kaum mehr möglich. Der weitere Punkt sind die Hilfsangebote der Uni. Hier nutze ich tatsächlich sehr viel. Und auch das würde dann wegfallen. Ich muss ehrlich sagen, dass ich nicht glaube, dass es beim Job dann so viele und vielseitige Angebote geben könnte. Ich befürchte, dass da die Auswahl deutlich geringer ausfallen könnte. Und dass man da nicht mal eben mit "Fachfremden" Dinge besprechen kann. Durch solche Gespräche entstehen ganz neue Ideen. Und ich fände es traurig, wenn sie entfallen würden. Zudem habe ich dann auch Angst, dass ich im neuen Job dann nicht so sehr den Anschluss finde. Es sind dann eben Kollegen und nicht mehr Mitstudenten. Die Altersgruppen sind stärker gestreut, und somit wohl dann auch die Interessen. Außerdem frage ich mich, ob man im Job so ungezwungen so viele Menschen kennen lernen kann wie im Studium. Ich habe schon etwas Angst, dass ich da nicht so richtig den Anschluss finde und vereinsame, da ja dann auch alte Anschlüsse einschlafen würden.

So, das ist jetzt wohl alles schon recht lang geworden. Vielleicht gibt es ja jemanden, der sich in dem einen oder anderen Punkt wieder findet oder sonst irgendwelche Tipps hat. Würde mich sehr freuen, wenn ich trotz doch recht langem Anliegen, jemand hilfreich antworten könnte.

Re: Promotion und Ängste

Verfasst: 29.06.2016, 23:10
von Sebastian
Uff, das ist nun wirklich ein langer Beitrag und eine nur kurze Reaktion/Idee dazu sieht vielleicht etwas unhöflich aus. Du bekommst sie trotzdem:
Ich glaube - auch mit bald 17 Jahren Abstand zu meiner eigenen Arbeit - dass es gerade der selbstständige Umgang mit den von Dir beschriebenen Herausforderungen ist, die außerhalb des eigentlichen Universitätsbetriebs den "Wert" des Doktortitels begründen. Die von Dir beschriebenen fachlich-sachlichen Probleme gehören einfach zum wissenschaftlichen Arbeiten dazu. Das sind eben nicht nur die Sonnenseiten, sondern auch die Niederschläge. Hinfallen, aufstehen, Nase abwischen, weiter geht's. Wenn ich mich an meine eigene Promotionsphase zurückerinnere, habe ich da zum einen die Bilder glücklichen selbstbestimmten Forschens und zugleich gehaltvoller Freizeit vor Augen. Aber auch den Blick vom Schreibtisch aus dem Fenster, als ich mich mal wochen- oder monatelang verrannt hatte, dies sogar schon erkannt hatte und trotzdem lange suchen musste, bis ich einen Weg heraus gefunden habe. Und in der Schlussphase war da noch der Spruch meines Vaters "Kommen wir über'n Hund, kommen wir über'n Schwanz".
Dass Du Dir darüber im Vorfeld und im Einzelnen Gedanken machst, ist nicht falsch, es überrascht einen dann nicht so sehr. Allerdings solltest Du m.E. versuchen diese Risiken einfach zu akzeptieren - Du schaffst sie doch nicht aus der Welt, und sie werden sich irgendwie auch in Deiner Arbeit mal realisieren - aber es wird Dich nicht "umhauen". Und diese Lerninhalte werden Dich später auszeichnen.
Gerade für solche Phasen kann auch dieses Forum vielleicht ein wenig helfen, im Schreibtreff gibt es Motivation in schlechten Phasen gratis - wenn man sie in guten Phasen auch anderen geben mag.
Nur Mut!
Sebastian

Re: Promotion und Ängste

Verfasst: 29.06.2016, 23:48
von Pia
Hallo physikPHD,

Ich habe bisher nur passiv im Forum mitgelesen, aber mich nun angemeldet, da ich jeden Satz in deinem Post nachvollziehen kann. Ich habe gerade in Physik promoviert und mir passiv Beistand in diesem Forum geholt.

Ich möchte dir Mut machen, dass du mit deinen Gefühlen nicht alleine bist und dass du diese Herausforderungen meistern kannst. Die Kunst ist es trotzdem weiter zu machen.
Mir persönlich hat es geholfen, dass ich in der Uni einen lieben Kollegen hatte, mit dem ich in meinen Tiefs reden konnte (im letzten halben Jahr vor der Prüfung fast täglich). Er hat meine Probleme ernst genommen aber auch relativiert und mich ein bisschen auf dem Boden geholt. Nun versuche ich mich gerade bei ihm zu revanchieren. Vlt kannst du dich auch mit einem Kollegen oder jmd an der Uni austauschen? Das hilft gut gegen spontane Krisen.

Aber nun zu dem eigentlichen Grund warum ich mich hier angemeldet habe: auch ich habe sehr viel Ablehnung empfunden in Bezug auf mein Fach (in der Kneipe beim kennenlernen: "Physiker? Mit dir kann man ja eh nicht reden"), meine Ausbildung ("total abgehoben") oder auch meinen Erfolg (ein großes Problem zwischen Kollegen).
Kurz vor meiner Prüfung, also schon nach der Abgabe habe ich ne richtige Sinnkrise bekommen, ob ich mich mit nem Dr in Physik nicht total ins soziale Abseits befördere und habe meinen Mann gefragt, ob ich nicht besser abrechen sollte.
Ich verstehe nicht, warum einem für so tolle Sachen so ein schlechtes Gefühl vermittelt wird durch die Gesellschaft. Bitte lass dich zumindest nicht aus diesen Gründen von deiner Diss abhalten. Wenn du sie noch nicht hast, wirst du tolle Freunde finden, die dich mit all dem wertschätzen.

PS: Promovierter Physiker zu sein ist Mega geil! ;-)
Ich weiß es ist ein harter Weg aber er lohnt sich!

Pps: ich habe auf dem Handy geschrieben und meine Korrektur hat bestimmt bei ein paar Wörter die Großschreibung verdreht.

Re: Promotion und Ängste

Verfasst: 03.07.2016, 13:26
von Doc-Wolfi
Hallo physikPHD,
nachdem Du Deine Ängste beim Namen genannt hast, geht es Dir bestimmt schon besser. :-)

Diese Sorgen gehören dazu. Um die Probleme möglichst bald zu erkennen und zu lösen, ist Aufschieben die schlechteste Lösung. Am besten geht man zügig voran und guckt mal, wohin man kommt. Ich mache z.B. total gerne empirische Forschung, obwohl ich sie dann immer wieder verfluche. Es kommt nämlich selten das heraus, was man sich gewünscht hat. Mit zunehmender Erfahrung kann man aber mit den Schwierigkeiten umgehen. Momentan während der Doktorarbeit sollte Dein Doktorvater oder Betreuer derjenige sein, der dank seiner Erfahrung mit Dir gemeinsam Lösungen für Probleme entwickelt.

Lass Dich nicht irre machen, das wird alles schon. Das Wichtigste ist aber, dass Du jetzt Spaß an Deiner Tätigkeit hast. Gerade bei der Physik weiß man nicht, was sie einem später mal bringt und man hat auch mit Vorurteilen und Ablehnung zu tun. *wink@Pia*

Viele Grüße,
Wolfi

Re: Promotion und Ängste

Verfasst: 04.07.2016, 14:00
von physikPHD
@Sebastian
Ja, das scheint wohl so zu sein, dass gerade das Durchhalten sehr wichtig ist für die Promotion. Und eben dieses Durchhalten ist ja auch das Schwierige. Ich denke, dass es nicht nur die Ratlosigkeit ist, wenn mal gerade alles nicht so funktioniert, wie man es sich vorgestellt hat, sondern auch der Zweifel an sich selbst, die Frustration, das Schwinden (und Wiederauftauchen) der Motivation, manchmal sogar das sich an die Arbeit "hinschleifen", weil man einfach gerade überhaupt nicht vorankommt und offensichtlich nicht genug Ideen hat. Deshalb finde ich es auch wichtig und richtig, einen regelmäßigen Austausch mit dem Prof zu haben. Denn hier bekommt man dann doch oft viel nützlichen neuen Input, und urplötzlich kommt man dann doch wieder voran. Manchmal weiß der Prof dann wohl doch auch nicht weiter, was mich anfangs doch erstaunt hatte, was aber vielleicht doch irgendwie Sinn macht, schließlich muss das Feld ja noch erforscht werden.
Manchmal läuft es eben gerade gut, dann ist man im Flow. Manchmal aber eben nicht, wie oben beschrieben. Und ich merke auch für mich selber, so wie du es auch angesprochen hast, dass ich da insbesondere in den Tiefen den Austausch brauche.

@Piia
Hey, das ist doch super! Ja, ich finde es immer super genial, wenn jemand aus meinem Fachbereich promoviert. Ich finde, du kannst echt stolz auf dich sein. So eine Promotion kriegt man schließlich nicht geschenkt. Da steckt viel harte Arbeit dahinter. Und ja, diesen Vorwurf, ich sei abgehoben, habe ich auch schon gehört. Total eigenartig. Ich finde nicht, dass wir Physiker abgehoben sind. Ich finde es auch sehr anmaßend, so etwas zu behaupten. Ich glaube auch, dass viele eher das Problem haben, dass sie selber Physik eben nicht verstehen. Und dass sie da vielleicht Dinge unfairerweise auf uns projizieren, obwohl das alles nicht so stimmt. Ja, es ist leider so. Es wird einem nicht jeder die viele Arbeit, die hinter so einem Studium steckt, "huldigen". (Ich hoffe, das "Huldigen" klingt jetzt nicht wieder arrogant....) Aber die Frage ist ja auch, wie man damit umgeht. Ich für mich löse dieses Problem dahingehend, dass ich neue Bekanntschaften sehr stark wähle. Bin also sehr wählerisch geworden. Klar, wirkt man dadurch vielleicht für einige unnahbar. Aber so wie offensichtlich nicht alle anderen mich super dolle lieb haben, muss ich es ja auch nicht tun. Man ist nunmal nicht mit jedem auf derselben Wellenlänge. Und ehrlich gesagt, habe ich auch keine Lust, mich auf ein Gespräch einzulassen, wenn ich mal wieder das Gefühl habe, hier könnten mich wieder fieße (oder unüberlegte?) Zungen verletzen. Da habe ich einfach keine große Lust mehr drauf. Das einzige, was sich eben nicht so eben vermeiden lässt, sind die Leute, mit denen ich groß geworden bin. Hier versuche ich von denen, die eigentlich permanent nur negatives zu meiner Berufswahl zu sagen haben, größtmöglichen Abstand zu gewinnen. Aber vielleicht kannst du dir vorstellen, dass das eben alles nicht so einfach ist, wie bei einer flüchtligen Bekanntschaft. Und dass vor allem gerade hier negative Bemerkungen viel verletzender sind und ich sie nicht mal so eben vergessen kann. Das ist auch so aktuell mein Hauptproblem. Den direkten Kontakt habe ich inzwischen zwar sehr stark eingeschränkt, quasi auf das Minimum. Nun fehlt mir "nur noch" der entsprechende emotionale Abstand. Denn alles andere ist aktuell OK.
Ja, ich lese auch oft erst passiv. Meist zu einem Thema, um mir selbst darüber klar zu werden, was davon jetzt für mich relevant ist. Dadurch reift dann meist mein Anliegen und ich kann es (hoffentlich) besser formulieren und für mich die essenziellen Punkte rausarbeiten.

@Wolfi
Hmmm, ja dass das Aufschieben nicht die Lösung des Problems ist und schlussendlich nur das Problem an sich vertieft, ist mir auch klar. Nichts desto trotz kommt es nunmal vor, so dass ich mich dann doch mit den Ursachen auseinandersetze. Und ja, es stimmt, das Aufschreiben hat für mich bereits irgendwie zu einer Erleichterung geführt. Ich habe momentan auch ein besseres Gefühl zu meiner Arbeit. Aber leider brauche ich dann doch immer mal wieder etwas länger, um zu beginnen. Hier kann ich nicht genau sagen, woran das liegt. Vielleicht muss einfach noch alles sacken. Vielleicht liegt es daran, dass die alte Gewohnheit sich nicht mal so eben ändern lassen will (Trägheit der Masse??). Naja, und ich muss ehrlich sagen, dass ich mich nicht mal so mit jedem anfreunde oder Bekanntschaft schließe. Ich denke, ich bin da so sehr selbst wählerisch, dass ich nicht in die Situation komme, mit jemandem in Kontakt zu treten, der komisch auf meine Berufswahl reagieren könnte. Mein direktes Umfeld hat entweder eine ähnliche Berufswahl getroffen oder bringt eben entsprechende Grundtoleranz mit. Aber vielleicht bin ich hier von vornerein auch deshalb so selektiv, weil ich eben diese negative Reaktionen aus dem Umfeld kenne, in dem ich groß geworden bin. Ich bin wahrscheinlich dadurch einfach feinfühliger geworden und nehme vielleicht ganz unbewusst gleich Abstand. Ich weiß es nicht, aber es wäre zumindest ein sinnvoller Grund. Nichts desto trotz muss ich zugeben, dass eben diese negativen Reaktionen aus dem Umfeld, in dem ich aufgewachsen bin, mich doch sehr treffen. Mir fehlt da irgendwie der emotionale Abstand. Den persönlichen Kontakt habe ich inzwischen schon zu den entsprechenden Leuten stark eingeschränkt. Aber wenn dann mal wieder ein dummer Spruch fällt, trifft es doch sehr und hallt vor allem auch leider lange nach.

Re: Promotion und Ängste

Verfasst: 05.07.2016, 22:14
von Doc-Wolfi
physikPHD hat geschrieben: Hmmm, ja dass das Aufschieben nicht die Lösung des Problems ist und schlussendlich nur das Problem an sich vertieft, ist mir auch klar. Nichts desto trotz kommt es nunmal vor, so dass ich mich dann doch mit den Ursachen auseinandersetze. Und ja, es stimmt, das Aufschreiben hat für mich bereits irgendwie zu einer Erleichterung geführt. Ich habe momentan auch ein besseres Gefühl zu meiner Arbeit. Aber leider brauche ich dann doch immer mal wieder etwas länger, um zu beginnen. Hier kann ich nicht genau sagen, woran das liegt. [...] Ich bin wahrscheinlich dadurch einfach feinfühliger geworden und nehme vielleicht ganz unbewusst gleich Abstand. Ich weiß es nicht, aber es wäre zumindest ein sinnvoller Grund. Nichts desto trotz muss ich zugeben, dass eben diese negativen Reaktionen aus dem Umfeld, in dem ich aufgewachsen bin, mich doch sehr treffen. Mir fehlt da irgendwie der emotionale Abstand. Den persönlichen Kontakt habe ich inzwischen schon zu den entsprechenden Leuten stark eingeschränkt. Aber wenn dann mal wieder ein dummer Spruch fällt, trifft es doch sehr und hallt vor allem auch leider lange nach.
Alles hat einen Grund... Wie wäre es mit dieser Erklärung? Gewisse Leute, die Dir wichtig sind, wünschen Dir nichts Gutes. Und wenn bei Dir etwas schief geht, würden sie sich freuen. Das setzt Dich unter Druck, weil Du keinerlei Unterstützung zu erwarten hast. Passt das?
Viele Grüße, Wolfi