Kollege gibt Forschungsleistungen als seine eigenen aus

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Dinah

Kollege gibt Forschungsleistungen als seine eigenen aus

Beitrag von Dinah »

Hallo ihr Lieben,

falls ich ein Thema anschneide, das schon zu Genüge besprochen wurde, dann entschuldigt. Ich hatte keine Ergebnisse bei meiner Suche.

Ich bin als wissenschaftliche Mitarbeiterin an einer Phil. Fak., schreibe dort auch meine Diss. und habe einen Kollegen, der im Moment habilitiert. Mit diesem Kollegen habe ich lange gut zusammen gearbeitet. Nun hatte ich wegen einiger Meinungsverschiedenheiten einen bestimmten Teilbereich meines Forschungsvorhabens an ihn abgegeben (es handelte sich um einen Dokumentarfilm) und hatte angeboten, dass dieser Kollege mit meinen Ergebnissen weiterarbeiten kann. Leider wurde jetzt von mehrfacher Seite an mich heran getragen, dass dieser Kollege wichtige Forschungsergebnisse als seine eigenen bezeichnet sowie auch die Idee und Konzept, Planung und Einwerben der Projektmittel.
Nun brauche ich euren Rat: Wie gehe ich mit der Situation um? Soll ich das stillschweigend so zur Kenntnis nehmen oder darauf bestehen, dass bestimmte Aspekte seiner Arbeit nicht von ihm stammen. Ich muss dazu sagen, dass diese Forschungsergebnisse nicht in seine Habil eingehen, er sie aber (auch schon in einer Fachzeitschrift) in der Öffentlichkeit als seine kommuniziert. Ist es übertrieben von mir, dass ich das als indiskutabel empfinde? Ist es gar üblich? :shock:
itsme

Re: Kollege gibt Forschungsleistungen als seine eigenen aus

Beitrag von itsme »

Hallo Dinah!
Dinah hat geschrieben:Ist es übertrieben von mir, dass ich das als indiskutabel empfinde? Ist es gar üblich? :shock:
Das sind ja zwei unterschiedliche Dinge: Selbst wenn es üblich wäre/ist, bedeutet das nicht, dass es akzeptabel ist. Es kann durchaus sein, dass es öfter praktiziert wird, als man wahrhaben möchte, das heisst aber noch lange nicht, dass es richtig ist. Ich kann dir leider nur wenig weiterhelfen, weil man so eine Situation aus der Ferne nur schlecht beurteilen kann. Deswegen nur ein paar Hinweise:

1.) Du kannst dich vielleicht erstmal vertraulich an eine Ombudsperson für wissenschaftliches Fehlverhalten an deiner Universität wenden, die sich mit der Thematik auskennt, Das trifft in jedem Fall zu, wenn die Mittel aus einem DFG-Projekt stammen, wahrscheinlich gibt es aber auch einen Ansprechpartner der Universität.

2.) Ein Anhaltspunkt ergibt sich aus den Richtlinien für gute wissenschaftliche Praxis der DFG. Da gibt es klare Vorgaben, z.B. zum Thema Autorenschaft (http://www.dfg.de/foerderung/grundlagen ... ungen/gwp/).

3.) Hilfreich finde ich auch das interaktive "The Lab"-Spiel vom Office of Research Integrity in den USA. Es geht zwar um ein naturwissenschaftliches Thema, aber es ist eine gute Übung, mal über Zweifelsfälle guter wissenschaftlicher Praxis nachzudenken (https://ori.hhs.gov/thelab).

Als persönlicher Rat: Ich würde es nicht stillschweigend hinnehmen. Es ist schwierig, die Situation sinnvoll und konstruktiv aufzulösen (insbesondere, wenn es schon Meinungsverschiedenheiten gab), aber es geht ja auch um etwas Wichtiges. Wenn du von dem Kollegen nicht unmittelbar abhängig bist, dann ist das vielleicht eine gute Übung, um solche Sachen anzugehen. Ich will dir nix vormachen: Es kann schmerzhaft werden. Es könnte z.B. sein, dass die Ombudsperson kein Problem sieht und dir von weiteren Schritten abrät. Es könnte genauso gut sein, dass die Sache berufliche Konsequenzen für deinen Kollegen hat. Da hilft nur, auf den eigenen moralischen Kompass zu hören: Hältst du es für richtig oder falsch? Könntest du mit den Konsequenzen leben? Könntest du damit leben, nichts gemacht zu haben?

Alles Gute! :blume:
flip
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Re: Kollege gibt Forschungsleistungen als seine eigenen aus

Beitrag von flip »

Du trittst einen "Forschungsbereich" an jemand anderes ab, der dann mit deiner Arbeit Drittmittel beantragt und Artikel schreibt?!
Ich denke, die anfangs skizierten Meinungsverschiedenheiten sind der Kern des Problems und hier im Forum eher schlecht zu beurteilen.

Hinnehmen würde ich so etwas auf jedenfall nicht.
Twinkies

Re: Kollege gibt Forschungsleistungen als seine eigenen aus

Beitrag von Twinkies »

Hallo Dinah,

ich stimme auch zu, dass das Vorgehen von deinem Kollegen indiskutabel ist. Mal eine Frage: hast du ihn schon zur Rede gestellt? Du hast geschrieben, du hattest "angeboten, dass dieser Kollege mit deinen Ergebnissen weiterarbeiten kann". Vielleicht hat er dieses Angebot besonders großzügig ausgelegt, so à la, er übernimmt deine Ergebnisse jetzt einfach mal (was aber dennoch nicht akzeptabel ist, denn jemand der bereits auf dem Stand einer Habilitation ist, sollte wissen, dass so etwas wissenschaftliches Fehlverhalten bedeutet). Frag ihn doch mal, was er sich dabei gedacht hat, und wie er gedenkt, die Sache wieder gutzumachen. Wenn er keinen Fehler in seinem Handeln erkennt, dann würde ich auch, wie Itsme vorgeschlagen hat, zur Ombudsperson deiner Uni gehen (es gibt Ombudspersonen, die nicht nur für DFG-Projekte zuständig sind, sondern für wiss. Fehlverhalten generell). Er/sie kann dich ja erstmal unverfänglich beraten, wie du vorgehen könntest. Wenn du denkst, dass die Fronten zu deinem Kollegen jetzt schon zu verhärtet sind, und es nichts bringt, das Gespräch mit ihm zu suchen, dann geh gleich zur Ombudsperson.
Dinah

Re: Kollege gibt Forschungsleistungen als seine eigenen aus

Beitrag von Dinah »

Hallo ihr Lieben,

entschuldigt die späte Antwort. Ich musste alles erst einmal sacken lassen und habe mir, auch durch eure Ratschläge, eine Strategie erarbeitet. Vielen Dank für die Hinweise! :blume:
Twinkies hat geschrieben: Mal eine Frage: hast du ihn schon zur Rede gestellt? Du hast geschrieben, du hattest "angeboten, dass dieser Kollege mit deinen Ergebnissen weiterarbeiten kann". Vielleicht hat er dieses Angebot besonders großzügig ausgelegt, so à la, er übernimmt deine Ergebnisse jetzt einfach mal
Ja, die Diskussion hatten wir tatsächlich schon einmal vor rund 1,5 Jahren als in einer Zeitschrift darüber berichtet wurde. Damals ist mir schon zum ersten Mal die Kinnlade herunter geklappt. Ich dachte, damals die Sachlage klar genug deutlich gemacht zu haben.

Um späteren Lesern noch einen Dienst zu erweisen, schildere ich kurz meine Vorgehensweise:

Ich habe zunächst Korrespondenzen gesichert, in denen studierende TeilnehmerInnen mir ihre Archivfunde übermittelt hatten, Anschubgespräche mit anderen Multiplikatoren und Stiftungen geführt oder Ideen in der Gruppe gesammelt wurden.
In einem Gespräch habe ich mir die Hergänge noch einmal genau schildern lassen, wie derjenige Kollege sie in Erinnerung hatte. Dabei gab es einige Unstimmigkeiten, auf die ich ihn anhand der Korrespondenzen hingewiesen habe und die er nicht zu begründen bzw. widerlegen wusste. Ich habe um eine Richtigstellung gebeten, die an alle involvierten Personen gerichtet sein soll. Dadurch könnte ein Fortgang des Projekts weiterhin gewährleistet sein. Dafür habe ich ihm 1 Woche Bedenkzeit gegeben. Ansonsten würde ich mich an den Projektmittelgeber wenden.
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