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Wörtliche Zitate grammatisch anpassen?

Verfasst: 24.02.2015, 13:14
von VierMalK
Hallo liebe Leser und Schreiber,

ich tue mich etwas schwer mit der Abgrenzung von direkten und indirekten Zitaten. Die Beispiele, die man so findet, sind so offensichtlich, dass sie natürlich jedem einleuchten. Aber in meiner eigenen, realistischen Arbeit, stoße ich immer wieder auf Grenzfälle. Mich interessiert, wie ihr diese Grenzfälle behandelt.

1. Bindewörter in direkte Zitate einfügen oder Wortstellung ändern:

Es kommt vor, dass ich einzelne Wörter aus der Literatur übernehme. Es handelt sich nicht um Fachbegriffe, sondern eben gute Formulierungen und Abgrenzungen. Dabei möchte ich die Wortstellung verändern.
Beispiel im Original: "Diese Kategorien umfassen einerseits die zeitbasierte Fahrtenplanung, die ortsbasierte Fahrtenplanung, [...] die überblicksbasierte Fahrtenplanung [...]"
Ich möchte es so formulieren: Diese werden in „zeit-, orts- und überblicksbasierte“ Informationen kategorisiert.
Ihr seht: Ich habe die Wortteile "zeit-" und "orts-" mit jeweils einem Bindestrich auf die Wortendung -basierte bezogen und das Bindewort UND eingefügt. Wenn ich diesen Satzabschnitt als direktes Zitat markiere, unterstelle ich ja, dass es genau so in der Originalquelle steht. Tut es aber nicht. Inwieweit darf ich direkte Zitate beugen/ sprachlich anpassen?

2. Viele Daten (Zahlen) aus derselben Quelle hintereinander aufzählen:

Zum Beispiel Zahlen und Fakten aus einem Geschäftsbericht. Meine Formulierung könnte lauten: Zum Fuhrpark zählen 45 Busse, 23 Straßenbahnen, sowie 10 Stadtbahnen.
Setzt man diese Zahlen in Anführungszeichen? Wenn ja: Jede Zahl einzeln mit einer Fußnote versehen (alle haben die gleiche Quelle)? In der Originalquelle ist die Satzstellung anders, ich habe also eigentlich nur sinngemäß zitiert, aber eben auch die genauen Zahlen. Vielleicht den ganzen Satz als sinngemäßes Zitat markieren?

3. Einzelne (triviale) Wörter zitieren:

Ein ähnliches Problem stellen für mich einzelne wörtlich übernommene Fakten dar.
Mein Satz lautet: Das Unternehmen hat seinen Sitz in Fleißstadt.
Dass der Sitz in Fleißstadt ist, steht (unter anderem) im Geschäftsbericht. Muss ich hierbei "Fleißstadt" als wörtliches Zitat behandeln, mit Fußnote? Oder kann ich den Sitz des Unternehmens einfach behaupten (da ich ja dort arbeite)? Den Namen einer Stadt in Anführungszeichen zu setzen, verleiht ihr einen gewissen Mythos :-)

Ich danke euch vielmals für euren Rat und hoffe, dass ich bei meiner Suche nach ähnlichen Beiträgen im Archiv nichts übersehen habe. :-)
Schöne Grüße aus Berlin
VierMalK

Re: Wörtliche Zitate grammatisch anpassen?

Verfasst: 24.02.2015, 17:37
von Traudel
Hallo VierMalK!

Igitt, Zitiergeschichten...

Nun gut, hilft ja nichts, dann woll'n wir mal:

1. Deine Lösung ist eine Paraphrase - also ein indirektes Zitat ohne Anführungszeichen. Deine Formulierung geht nämlich über eine grammatikalische Anpassung hinaus und ist vielmehr eine eigenständige Ausdrucksweise.

2. ebenfalls Paraphrase. Du machst den Quellennachweis - also eine einzelne Fußnote mit "vgl.", weil sinngemäßes Zitat - erst ganz ans Ende (und noch ein Klugscheißerhinweis: Vor das sowie kommt kein Komma :D ).

3. Nein, Fließstadt nicht in Anführungszeichen setzen. Ich würde hier eigentlich sagen, dass dies irgendwie - also im weitesten Sinne - in die Kategorie allgemein Bekanntes zählt... eine Information, die keines Quellenbeleges bedarf... Was sagen die übrigen Foristen? Und ja, man könnte ganz fleißig und auf Nummer sicher natürlich eine Fußnote mit einem Verweis auf irgendwelche Berichte einfügen . Wobei hier ggf. der Anspruch auf "Nachvollziehbarkeit" gefährdet sein könnte, sofern die Geschäftsberichte nicht öffentlich zugänglich sein sollten.

So, denn mal guten Appetit :dr)
Traudel

Re: Wörtliche Zitate grammatisch anpassen?

Verfasst: 25.02.2015, 01:33
von Zwonk
1. Hier sehe ich es wie Traudel. Das ist eine Paraphrase. Da würde ich die Anführungszeichen wegmachen und den ganzen Gedanken mit "Vgl." in der Fußnote als Zusammenfassung einer Quelle ausweisen.

2. Zahlen sind meines Erachtens niemals wörtliche Zitate. Die sind ja definitionsgemäß nach einem weltweit gültigen formalen Schema gebaut und in keinem Fall kann jemand für "45" oder "10" eine besondere geistige Eigenleistung geltend machen. Auch hier würde ich das als Paraphrase formulieren und mit "Vgl." für den ganzen Sinnabschnitt in der Fußnote ausweisen.

3. Trivialitäten müssen eigentlich gar nicht belegt werden. Sonst fängst Du irgendwann an, in den Anhang eine Kopie Deiner Geburtsurkunde einzubinden, um eine Quelle für Deinen Namen auf dem Titelblatt angeben zu können... Der Sitz des Unternehmens kann vermutlich sowieso dem Handelsregister entnommen werden - im Fall, daß jemand Dir nicht glaubt, daß das in Fleißstadt ist. Dafür würde ich allenfalls einen Beleg bringen, wenn es da irgendwelche wirtschaftsrechtlichen Verwicklungen gibt und widerstreitende Meinungen darüber existieren, wo der Firmensitz juristisch betrachtet nun ist - sofern das für die Arbeit überhaupt relevant ist.

Zusammengefasst: Wörtliche Zitate würde ich grundsätzlich nur bringen, wenn der Autor einen Sachverhalt auf eine besondere Weise zum Ausdruck bringt oder wenn er eine neue oder von der üblichen Verwendung abweichende Begriffsverwendung einführt. Demnach sind Zahlen oder Ortsnamen niemals wörtliche Zitate, da die ja keine geistige Schöpfung des Autors sind. Und auch Sachen wie "ortsbasierte Fahrtenplanung" würde ich niemals als wörtliches Zitat bringen, dafür ist mir diese Begriffsverbindung doch etwas zu wenig originell. Das kann man auch paraphrasieren.

Re: Wörtliche Zitate grammatisch anpassen?

Verfasst: 18.11.2016, 17:57
von Balthazar
Ich habe eine ähnliche Frage, bzw. frage mich, ob man die Antworten hier für meine Frage nutzen kann? Wie setze ich das Komma im/nach einem Zitat mit Haupt- und Nebensatz richtig, vor oder nach der Zitatangabe oder sogar noch im Zitat?
Also welches der drei Beispiele ist richtig?
X wirft Y "das Ausgehen von falschen Prämissen, die Y von Z übernimmt" (X, S. 5), vor.
X wirft Y "das Ausgehen von falschen Prämissen, die Y von Z übernimmt", (X, S. 5) vor.
X wirft Y "das Ausgehen von falschen Prämissen, die Y von Z übernimmt[,]" (X, S. 5) vor.

Gruß

Re: Wörtliche Zitate grammatisch anpassen?

Verfasst: 20.11.2016, 08:47
von Traudel
Hallo Balthazar,

nimm die erste Variante :-)

LG Traudel