Krankenversicherung: Beitrag bei Promotions-Stipendium

Sebastian
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Re: Krankenversicherung: Beitrag bei Promotions-Stipendium

Beitrag von Sebastian »

Hallo nelly,

es klingt so, als ob Du hier fremde Behauptungen weiterträgst - vielleicht die Deines Krankenkassenbearbeiters.
Diese Behauptungen entsprechen aber jedenfalls nicht den Vorgaben, die das SG Hannover für einschlägig erachtet hat. Sprich: Dei Behauptungen gehen an der Sache vorbei und setzen sich nicht in der gebotenen Weise mit der Entscheidung des SG Hannover auseinander.
Allerdings habe ich nicht überprüft, ob andere Sozialgerichte (oder gar höhere Instanzen) sich dieser Entscheidung angeschlossen oder zu einem anderen Ergebnis gekommen sind. Falls das so wäre, wäre ich für Angabe von Gericht, Datum Az. und evtl. Fundstelle dankbar - das solltest Du auch von Deinem Ansprechpartner verlangen können.

Im Einzelnen:
nelly hat geschrieben:Das hier erwähnte Sozialgerichtsurteil bezieht sich angeblich rückwirkend auf den Zeitraum bis zum 31.12.2008 und gilt nicht darüber hinaus.
Das stimmt schon einmal nicht, denn aus dem Tenor des Urteils (s. Link von heinzi, in der Datenbank steht es immer noch nicht) geht schon hervor, dass auch der Zeitraum bis 30. Juni 2009 (also deutlich über den 1.1.2009 hinaus) betroffen ist.
nelly hat geschrieben:Aufgrund der zum 01.01.2009 in Kraft getretenen Satzungsautonomie haben sich die GKVen auf einheitliche Bemessungsgrundlagen für freiwillig Versicherte geeinigt und legen "die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit" des Beitragszahlers zugrunde; darunter fallen dann auch Stipendien und sogar Sachkostenpauschalen in voller Höhe.
Das hat das o.a. Sozialgericht Hannover für den entsprechenden Zeitraum gerade für falsch erklärt - vielleicht präsentierst Du die Entscheidung mal demjenigen, der Dir das erzählt hat?
nelly hat geschrieben:Da sich das Urteil ausdrücklich auf die Unvereinbarkeit der Beitragsbemessung mit der Satzung der beklagten AOK beruft, kann ich nicht einschätzen, ob es für die Beitragsbemessung nach dem 01.01.2009 irgendeine Relevanz hat.
Den Vergleich mit der für Dich relevanten Satzung anderer Kassen kannst Du mit der o.a. Entscheidung selbst vornehmen. Das SG hat die Rechtmäßigkeit der Satzung mit dem höherrangigen Recht des SGB V überprüft und für die beschriebene Konstellation als nicht gegeben erachtet.

Viel Erfolg!

Sebastian
Amalia

Re: Krankenversicherung: Beitrag bei Promotions-Stipendium

Beitrag von Amalia »

Nachdem was ich von anderen Betroffenen gehört habe, scheint die von nelly wiedergegebene Argumentation die klassische „Ausrede“ der Krankenkassen zu sein. In einigen Fällen wurde sogar behauptet, bei dem Urteil handele es sich um eine Einzelfallentscheidung, die keinerlei Relevanz habe. Ich fürchte, es müssen noch mehr Doktoranden klagen.

Ich würde mich über eine Nachricht freuen, wenn jemand eine Krankenkasse gefunden hat, die das Urteil als bindend ansieht. Die beklagte AOK ist leider regional begrenzt und kann mich nicht versichern.
Viele Grüße A.
tonverein

Re: Krankenversicherung: Beitrag bei Promotions-Stipendium

Beitrag von tonverein »

Hallo,
ich bin, nachdem meine Krankenkasse mein Stipendium als Einkommen berechnet hat, in Widerspruch gegangen. Ich habe mich auch auf das hier vorgestellte Urteil berufen. Heute habe ich ein mehrseitiges Schreiben von der KK bekommen. Ergebnis: Nun wird mein Stipendium und auch die Sachkostenpauschale komplett eingerechnet. Es folgt eine Menge Text, der aber alle hier diskutierten Fragen berührt. Ob die dargestellten Sachverhalte rechtmäßig sind, ist für mich fraglich. Wäre für Rückmeldungen etc. dankbar.
lg D.S.
wir haben Ihr oben genanntes Schreiben erhalten und geprüft. Bitte gestatten Sie uns hierzu einige Ausführungen.

Die Beitragseinstufung freiwillig Versicherter richtet sich nach den nachgewiesenen monatlichen beitragspflichtigen Einnnahmen. Die Definition "beitragspflichtige Einnahmen freiwilliger Mitglieder" folgt aus § 240 Sozialgesetzbuch Fünf (SGB V). Hiernach ist die Beitragsbemessung einheitlich durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen geregelt (§ 240 Abs.1 Satz 1 SGB V). Dabei ist sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitgliedes berücksichtigt.
Nach der amtlichen Begründung zu § 240 Abs.1 SGB V sind bei der Beitragsfestsetzung nichtkrankenversicherungspflichtiger Mitglieder alle Einnahmen und Geldmittel, die das Mitglied zum Lebensunterhalt verbraucht oder verbrauchen könnte, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung, der Beitragsbemessung zugrunde zu legen.

Insofern gelten seit 01.01.2009 für alle Krankenkassen gleichermaßen die „Einheitlichen Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung und weiterer Mitgliedergruppen (Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler)''. In §§ 2 und 3 dieser Grundsätze wird klargestellt, dass als beitragspflichtige Einnahmen das Arbeitsentgelt, das Arbeitseinkommen, der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, der Zahlbetrag der Versorgungsbezüge sowie allle Einnahmen und Geldmittel, die für den Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden könnten, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung, zu Grunde legen sind.

Zudem wird in § 3 Abs.1, letzter Satz der Beitragsverfahrensgrundsätze klargestellt, dass die Einnahmen nach witschaftlichen Gesichtspunkten abzugrenzen sind; eine die beitragspflichtigen Einnahmen mindernde Berücksichtigung von Zwecksetzungen einzelner Einnahmen findet nicht statt.
Das Stipendium - einschließlich des Sachkostenzuschusses und z.B. auch einer eventuell Forschungskostenpauschale - stellt in diesem Sinne eine Einnahme zum Lebensunterhalt dar und ist daher in voller Höhe bei der Festsetzung der Beiträge im Rahmen der freiwilligen Versicherung zu
berücksichtigen. Hiermit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass das Stipendium die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitgliedes bestimmt. Dementsprechend hat der Spitzenverband Bund der Krankenkassen in Ergänzung zu seinen Beitragsverfahrensgrundsätzen im Katalog
von Einnahmen und deren beitragsrechtliche Bewertung nach § 240 SGB V festgelegt, dass es sich bei Stipendien um beitragspflichtige Einnahmen handelt.

Das SozialgerichtHannover hat in dem entschiedenen Fall (Urteil vom 26.10.2009 - Az.:S44 KR 164/09 -die Beitragspflicht eines Stipendiums verneint, weil die Satzung der beklagten Krankenkasse keine ausdrückliche Regelung zu dieser Einnahmeart enthielt. Die hier ausschließlich maßgebenden Beitragsverfahrensgrundsätze (BVSzGs) sehen eine vergleichbare Generalklausel vor (§ 2 BVSzGs).

Die BARMER GEK hält das Urteil nicht für zutreffend. Das Bundessozialgericht (BSG) hat sich im Urteil vom 19.12.2000 - Az.:12112 KR 1/00 R - eingehend mit der Frage befasst, ob derartige Generalklauseln als Satzungsregelung ausreichen und dabei Folgendes ausgeführt:

„ Diese Generalklausel reicht aus, um neben den in der Vorschrift ausdrücklich genannten, bei versicherungspflichtig Beschäftigten beitragspflichtigen Einnahmen solche anderen Einnahmen der Beitragsbemessung zu Grunde zu legen, die bereits in ständiger Rechtssprechung vom BSG als Einnahmen zum Lebensunterhalt anerkannt worden sind. Aus dem Gesamtzusammenhang der Regelungen des § 240 SGB V ergeben sich zudem Grundsätze der Beitragsbemessung, die eine ausdrückliche Satzungsregelung erübrigen oder abweichende Bestimmungen in der Satzung nicht zulassen."

Vor diesem Hintergrund hält das BSG z.B. allgemeine , generalklauselartige Regelungen für ausreichend, wenn es sich um Einnahmen handelt, die mit anderen - zweifelsfrei beitragspflichtigen -Einnahmen vergleichbar sind.
Im Einklang mit der BSG - Rechtssprechung unterliegen deshalb Einnahmen, deren Bewertung auf erhebliche Schwierigkeiten stößt oder für die sich im Gesetz keine eindeutigen Bewertungsmaßstäbe finden, nur dann der Beitragspflicht, wenn die BVSzGs eine entsprechende konkretisierende Regelung enthalten.

Stipendien sind keine Einnahmen, deren Bewertung auf erhebliche Schwierigkeiten stößt oder für die sich im Gesetz keine eindeutigen Bewertungsmaßstäbe finden. Zwar existiert zur beitragsrechtlichen Bewertung von Stipendien keine BSG - Rechtssprechung. Sie bestimmen aber zweifelsfrei die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit freiwilliger Mitglieder. Im Gegensatz zu gesetzlich zweckbestimmten Sozialleistungen sind geldwerte Zuwendungen eines Stipendiums mit Sachbezügen oder Familienzuschlägen bei Arbeitnehmern vergleichbar, die bekanntlich bei der Beitragsberechnung zu berücksichtigen sind. Dies haben die Aufsichtsbehörden der Sozialversicherungsträger im Rahmen ihrer Arbeitstagungen am 25./26.04.2007 bestätigt. Das
Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat sich dieser Auffassung mit Schreiben vom 23.05.2007 angeschlossen.

Vor diesem Hintergrund hat der GKV - Spitzenverband Stipendien als beitragspflichtige Einnahmen auch in dem als Anlage zu den BVSzGs veröffentlichten Katalog von Einnahmen und deren beitragsrechtliche Bewertung nach § 240 SGB V aufgenommen. Insofern ist der Entscheidung des Sozialgerichts Hannover keine präjudizierende Wirkung beizumessen. Im Übrigen ist das Urteil auf Ihren vorliegenden Fall auch deshalb nicht übertragbar, weil in dem diesen Verfahren zu Grunde liegenden Sachverhalt die AOK Plus nach ihrem damaligen Satzungsrecht bestimmt hatte, dass das Stipendium als beitragspflichtige Einnahme im Rahmen freiwilliger Versicherung zu bewerten sei. Das Recht hat sich zum 01.01.2009 aber grundlegend geändert: Während die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder bis 31.12.2008 durch die Satzung der jeweiligen Krankenkasse zu regeln war, ist seit 01.01.2009 die Beitragsbemessung für alle Krankenkassen im o.b. Sinne einheitlich durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen festgelegt.

Im Ergebnis wird das Stipendium zutreffend der Beitragsbemessung zu Grunde gelegt. Da in unserem Bescheid vom 28.01.2010 der Sachkostenzuschuß unberücksichtigt geblieben war, erhalten Sie mit beiliegenden Schreiben einen korrigierten Beitragsbescheid von uns zugesandt.

Wir beabsichtigen daher, Ihren Widerspruch vom 01.02.2010 abzulehnen.
tonverein

Re: Krankenversicherung: Beitrag bei Promotions-Stipendium

Beitrag von tonverein »

Hallo Forum,
schade dass sich noch niemand zu Wort gemeldet hat. Ich beabsichtige, gegen diesen Bescheid vor einem Sozialgericht Beschwerde einzulegen.
„Nach der amtlichen Begründung zu § 240 Abs.1 SGB V sind bei der Beitragsfestsetzung nichtkrankenversicherungspflichtiger Mitglieder alle Einnahmen und Geldmittel, die das Mitglied zum Lebensunterhalt verbraucht oder verbrauchen könnte, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung, der Beitragsbemessung zugrunde zu legen.“
Sachkosten können und könnten von mir nicht zum Lebensunterhalt verbraucht werden, da ich gegenüber meinem Stipendiengeber rechenschaftspflichtig bin und daher nachweisen kann und muss, dass die Mittel für das Diss.-Projekt verwendet werden. Im Merkblatt zu meinem Stipendium ist ausgeführt:
„Bei der Zuwendung handelt es sich um eine Projektförderung. […] Die Finanzierung ist zweckgebunden für das Promotionsvorhaben und ist wirtschaftlich und sparsam zu verwenden. Sie wird als Zuschuss bewilligt und braucht nur zurückgezahlt zu werden, wenn eine nicht zweckentsprechende Verwendung vorliegt.“
Dieses Problem betrifft offensichtlich jeden, der ein Stipendium erhält. Meine Frage: Kennt jemand von Euch eine Institution/ Vereinigung etc., die ebenfalls an einer entgültigen gerichtlichen Klärung interessiert ist, und mich mit einem Anwalt/Anwaltskostenübernahme o.Ä. unterstützen würde? Eine Klage vor einem Sozialgericht ist meines Wissens nach kostenlos, wahrscheinlich fehlt mir aber das juristische Know-How für eine Beschwerde und entgültige Klärung dieser Rechtsfrage. Würde mich sehr über Rückmeldungen freuen.
lg D. S.
Sebastian
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Re: Krankenversicherung: Beitrag bei Promotions-Stipendium

Beitrag von Sebastian »

Hallo tonverein,

immerhin setzt sich "Deine" Kasse mit der Entscheidung auseinander...
Haben nicht die Stipendiengeber selbst ein Interesse daran, dass "Ihre" Gelder vernünftig angelegt und ihren Stipendiaten möglichst weitgehend zugute kommen? Ich würde dort ja einmal fragen. Zumindest bei "oppositionellen" Stiftungen :wink:
Womöglich hilft sogar eine Intervention auf der Ebene "aller Stipendiengeber", damit sich das Ganze ganz ohne Klage löst?

Sebastian

P.S.: Habe das SG-Urteil inzwischen als lesbare/durchsuchbare Datei. Falls Interesse besteht, bitte hier melden - ich würde sie an geeigneter Selle hochladen.
Amalia

Re: Krankenversicherung: Beitrag bei Promotions-Stipendium

Beitrag von Amalia »

Hallo tonverein,
hast du mal bei pi-extern nachgefragt?
http://pi.stco.de/
Wäre toll, wenn Du hier weiter berichten könntest.
Viel Glück A.
Sebastian
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Re: Krankenversicherung: Beitrag bei Promotions-Stipendium

Beitrag von Sebastian »

Amalia hat geschrieben:hast du mal bei pi-extern nachgefragt?
http://pi.stco.de/
Gute Idee, denn dort ist man am Thema "dran", wie sich aus einem Positionspapier der Initiative aus Mai 2009 ergibt:
http://www.promovierenden-initiative.de ... herung.pdf
Promovierende sind zum überwiegenden Teil freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert, was momentan die Zahlung eines monatlichen Beitrag von etwa 156,45€ plus den Beitrag zur Pflegeversicherung, und damit einen beachtlichen Teil ihres Einkommens, bedeutet. Trotz einheitlicher Beitragssätze und Änderung des § 240 SGB V gibt es immer noch, zum Teil gravierende, Unterschiede in der Beitragshöhe. Zum Beispiel berechnen einige Kassen die zweckgebundene Forschungskostenpauschale mit ein, was zu noch höheren Beträgen führt.
Die Forderung der Initiative:
Berechnung eines einheitlichen Pflichtbetrages analog zu § 245 SGB V. Bemessungsgrundlage sollte das Promotionsstipendium des BMBF in Höhe von1050 € sein. Dies würde zurzeit einen Beitrag von 113,93 € für die Krankenversicherung bedeuten.
tobbi

Re: Krankenversicherung: Beitrag bei Promotions-Stipendium

Beitrag von tobbi »

Hallo, ich schlage mich auch gerade mit meiner KK rum. Habe hier ein Urteil gefunden, dass passen könnte: http://www.gerichtsentscheidungen.berli ... romHL=true

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg 24. Senat
Entscheidungsdatum: 07.09.2009
Aktenzeichen: L 24 KR 173/09 B ER

Darin geht es um die Frage, welche Arten von "Einkommen" die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erhöhen und daher zur Beitragsbemessung herangezogen werden dürfen.

Ein Satz aus der Urteilsbegründung "Damit sind solche Einnahmen und Geldleistungen der Beitragsbemessung nicht zugrunde zu legen, die nicht zum Lebensunterhalt bestimmt sind, denn diese können notwendigerweise nicht zum Lebensunterhalt verbraucht werden." Logo, ne? ;)


EDIT: und hier haben wir das in der Antwort der KK erwähnte Papier des Spitzenverbandes der KK namens "Einheitliche Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder": http://www.gkv-spitzenverband.de/upload ... 8_6932.pdf

Edit Sebastian:
Das zitierte Urteil des LSG Berlin Brandenburg steht mittlerweile auch in der offiziellen Datenbank der deutschen Sozialgerichtsbarkeit. Zu finden am besten über das Aktenzeichen L 24 KR 173/09 B ER.
Knuter

Re: Krankenversicherung: Beitrag bei Promotions-Stipendium

Beitrag von Knuter »

Hallo an alle,

ich habe soeben dieses Urteil aus Hannover entdeckt und diese Forenseite ebenso. Ich werde meine KK nun auch damit konfrontieren, habe aber eine formale Grundsatzfrage vorab:

Sollte man sich zuerst mit einem Widerspruch oder mit einem Überprüfungsantrag an die KK wenden?

Wie seid Ihr vorgegangen?

Danke und beste Grüße,
K
tonverein

Re: Krankenversicherung: Beitrag bei Promotions-Stipendium

Beitrag von tonverein »

Hallo Forum,
das Thema Stipendium und KK scheint auf großes Interesse zu stoßen. Vielen Dank für eure Kommentare. Das Grundproblem ist offensichtlich, wie in der Urteilsbegründung des Sozialgerichts Hannover ausgeführt:
Die Frage, ob und ggf. in welcher Höhe ein Promotionsstipendium als beitragspflichtige Einname freiwilliger Mitglieder einer gesetzlichen Krankenversicherung - ohne entsprechende Satzungsregelung - zu berücksichtigen ist, hat Bedeutung über den Einzelfall hinaus. Sie ist bislang höchstrichterlich nicht geklärt.
Ich habe mit dem langen Antwortschreiben der KK auf meinen ersten Widerspruch auch einen neuen Beitragsbescheid bekommen, in dem ja auch, wie ich gepostet hatte, die Forschungspauschale mit eingerechnet wird. Gegen diesen werde ich nun nochmals Widerspruch einlegen:
Das mir gewährte Promotionsstipendium gehört nicht zu den in § 226 und § 229 SGB V ausdrücklich genannten beitragspflichtigen Einkommen.
Sie wiesen mich darauf hin:
„Nach der amtlichen Begründung zu § 240 Abs.1 SGB V sind bei der Beitragsfestsetzung nichtkrankenversicherungspflichtiger Mitglieder alle Einnahmen und Geldmittel, die das Mitglied zum Lebensunterhalt verbraucht oder verbrauchen könnte, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung, der Beitragsbemessung zugrunde zu legen.“
Die Sachkosten, die sie nun, entgegen Ihrem Bescheid vom 28.01.10, zur Beitragsberechnung heranziehen, können und könnten von mir nicht zum Lebensunterhalt verbraucht werden, da ich gegenüber dem Stipendiengeber rechenschaftspflichtig bin und daher nachweisen kann und muss, dass die Mittel sachgerecht für die Dissertation verbraucht werden. Im Merkblatt, das Ihnen vorliegt, ist dazu deutlich ausgeführt:

„Bei der Zuwendung handelt es sich um eine Projektförderung. […] Die Finanzierung ist zweckgebunden für das Promotionsvorhaben und ist wirtschaftlich und sparsam zu verwenden. Sie wird als Zuschuss bewilligt und braucht nur zurückgezahlt zu werden, wenn eine nicht zweckentsprechende Verwendung vorliegt.“

Das Sozialgericht Hannover hat in dem inzwischen rechtskräftig gewordenen Urteil vom 26.10.2009 - Az.:S44 KR 164/09, welches die BARMER GEK zu meiner Verwunderung nicht für zutreffend hält, die Beitragspflicht eines Stipendiums verneint, weil die Satzung der beklagten Krankenkasse keine ausdrückliche Regelung zu dieser Einnahmeart enthielt. Die Entscheidung betrifft ausdrücklich, entgegen Ihrer Behauptung, auch Beiträge ab 2009!
Dagegen verwiesen Sie mich auf die Entscheidungen Ihrer Arbeitstagungen am 25./26.04.2007, die mir nicht bekannt und m.E. für mich auch nicht rechtlich bindend sind. Für mich und m.E. auch bei einer Überprüfung durch ein Sozialgericht ist nicht ersichtlich, nach welchen Maßstäben die Barmer GEK vorgegangen ist. Diese Vorgehensweise ergibt sich jedenfalls nicht aus ihrer Satzung.
Sie teilten mir in Ihrem Schreiben vom 23.02.10 mit: „Stipendien sind keine Einnahmen, deren Bewertung auf erhebliche Schwierigkeiten stößt oder für die sich im Gesetz keine eindeutigen Bewertungsmaßstäbe finden.“

Ich habe von Ihnen zwei unterschiedliche Beitragsberechnungen vorliegen (Beitragsbescheide 28.01.10 und 22.02.10.) Allein dieser Sachverhalt zeigt die erheblichen Schwierigkeiten der Bewertung, auch innerhalb der Barmer GEK. Weiterhin bin ich darüber informiert worden, dass andere KK in diesen Fällen Sachkosten nicht in ihre Beitragsberechnungen einbeziehen.

Die „Promovierenden Initiative“ machte darauf aufmerksam, dass es, entgegen Ihrer Behauptung, keinesfalls eine einheitliche Berechnung der GKV gibt:
„Trotz einheitlicher Beitragssätze und Änderung des § 240 SGB V gibt es immer noch, zum Teil gravierende, Unterschiede in der Beitragshöhe. Zum Beispiel berechnen einige Kassen die zweckgebundene Forschungskostenpauschale mit ein, was zu noch höheren Beträgen führt. Im Vergleich zu Promovierenden, die auf (halben) Stellen promovieren, zahlen Promovierende mit Stipendium somit überproportional hohe Beiträge. Promovierende mit halben TV-L 13 West Stellen, zahlen bei einem Brutto-Einkommen von 1532,27 € einen Krankenkassenbeitrag von 125,65 € monatlich.“

Das Urteil des Sozialgerichts Hannover hat deutlich ausgeführt, dass die von Ihnen vorgenommene Form der Beitragsberechnung, auch ab 2009, unzulässig ist. Die Satzung der Krankenkasse muss nach § 240 Abs. 2 1 SGB V mindestens die Einnahmen des Mitglieds berücksichtigen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sind. Dies ist in meinem Fall offensichtlich nicht geschehen. Auch Urteile des Bundessozialgerichts (z.B. 22.05.2003 – B 12 KR 12/02R) widersprechen der von Ihnen in diesem Fall vorgenommenen Beitragsberechnung.
Sollte eine außergerichtliche Einigung, - die Bemessungsgrundlage wird, wie in ähnlichen Fällen, auf die Mindeststufe festgelegt -, mit Ihnen nicht möglich sein, werde ich Ihren Beitragsbescheid vom 22.02.10 vor dem dafür zuständigen Sozialgericht überprüfen lassen.
Ich halte euch auf dem Laufenden.
lg D.S.
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