Krankenversicherung: Beitrag bei Promotions-Stipendium

marc

Re: Krankenversicherung: Beitrag bei Promotions-Stipendium

Beitrag von marc »

Das Thema ist durchaus noch aktuell. Ich beschäftige mich derzeit damit, weil ich selbst bei meiner Krankenkasse bezugnehmend auf das LSG Sachsen-Urteil Widerspruch gegen die Höhe der Beitragsbemessung eingelegt habe - bislang aber ohne Erfolg.

Das BSG hat zwar am 19.12.2012 entschieden, dass die "Einheitlichen Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder " grundsätzlich nicht zu beanstanden sind. (BSG Wiesbaden B 12 KR 29/10 R, das Urteil ist online noch nicht einsehbar) Dieses Urteil bezieht sich vor allem auf die Frage der demokratischen Legitimierung des GKV-Spitzen­verbandes als "untergesetzlich rechtssetzende" Institution, die durch das Gericht eindeutig bestätigt wird. Das Gericht bemängelte jedoch mit Blick auf die Anwendung der Beitragsbemessungsgrundsätze, "dass zu Unrecht Beiträge auch auf Leistungen miterhoben werden, die nicht für den Lebensunterhalt der Betroffenen bestimmt seien."
(Siehe: http://sozialrecht-aktuell.blogspot.de/ ... s-gkv.html)

Das erwähnte Urteil des Landesgericht Sachsen vom 25.01.2012 (L 1 KR 145/11), wonach "§ 3 Abs. 1 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler für die Beitragspflicht von Promotionsstipendien keine ausreichende Rechtsgrundlage" bietet, bezog sich jedoch vor allem die Frage, ob die Regelungen in den Beitragsverfahrensgrundsätzen überhaupt konkret genug sind, um ein Promotionsstipendium in voller Höhe als beitragspflichtige Einnahme zu anzusehen. Im "Katalog von Einahmen und deren beitragsrechtliche Bewertung nach § 240 SGB V" (http://www.lexsoft.de/share/pdf/081024ac.pdf) sind zwar Stipendien als beitragspflichtige Einnahme aufgeführt, allerdings ohne Benennung einer Rechtsgrundlage wie bei den anderen Einnahmearten. Die Revision zu diesem Urteil vor dem BSG steht wohl noch aus, ich kann aber derzeit nichts finden, was auf eine Neuverhandlung dieses Rechtsstreits hinweist. Es ist jedoch fraglich, ob das BSG, nachdem es die GKK nunmehr legitimiert hat, den nach wie vor bestehenden Mangel an konkretisierenden Regelungen in den Beitragsverfahrensgrundsätzen zum Anlass nimmt, Ansprüchen auf Erstattung oder Neueinstufung von Beitragszahlungen Recht zu geben. Damit wäre aber der beitragsrechtliche Status von Stipendien endlich geklärt, also die Frage, ob es sich dabei um eine "Einnahme zum Lebensunterhalt" oder zumindest teilweise um eine zweckgebundene Zuwendung handelt, die nicht in voller Höhe als Einnahme für die Beitragsbemessung herangezogen werden kann.

Eine Bestätigung des Urteils des LSG Sachsen würde mit Sicherheit eine Welle von Rückerstattungsgesuchen bei den Krankenkassen auslösen. Ich weiß aber nicht, ob das Verfahren aufgenommen wurde oder ob das BSG womöglich durch das Urteil vom 19.12.2012 auch die Frage der beitragsrechtlichen Behandlung von Stipendien (trotz nach wie vor fehlender gesetzlicher Grundlage im SGB) als abgeschlossen sieht, weil sie die Befugnisse der GKV ja bestätigt hat.

So weit zum Stand der Dinge. Vielleicht hat ja noch jemand andere Informationen zur aktuellen Rechtslage.

Ganz konkret zu Deinem Fall: Wie kommen denn die 346 € KV-Beiträge zustande? Wie hoch ist denn das Stipendium?
Bio22

Re: Krankenversicherung: Beitrag bei Promotions-Stipendium

Beitrag von Bio22 »

Hallöchen,

als Klägerin gegen meine KV wegen der vollständigen Anrechnung des Stipendiums bei der KV wollte ich mal mein aktuelles Wissen mit euch teilen.

Mein eigenes Verfahren ruht seit Ende letzten Jahres, weil es einen ähnlichen Fall (wie also bei uns allen) vorm BSG gibt (Aktenzeichen: B 12 KR 8/12 R). Es wird demnach eine Grundsatzengtscheidung geben, die Frage ist nur noch wann?

Viele Grüße
tungsten

Re: Krankenversicherung: Beitrag bei Promotions-Stipendium

Beitrag von tungsten »

Hi,

gibt es denn keine Möglichkeit den Stand des Verfahrens irgendwie einzusehen? Es muss doch da eine gewisse Transparenz herrschen.

Und noch eine Frage dazu: Bezieht sich diese Grundsatzentscheidung nur auf die Anrechnung der Forschungskostenpauschale, oder auf die generelle Anrechenbarkeit des Promotionsstipendiums?

Falls dann entschieden wird, dass das Promotionsstipendium nicht angerechnet werden darf, müssten die Beiträge dann rückwirkend entsprechend erstattet werden, und falls ja, wie lange rückwirkend? Sollte man deswegen vielleicht schonmal präventiv gegen die derzeitige Bemessung widersprechen um dann Rückforderungen geltend machen zu können?
Chris

Re: Krankenversicherung: Beitrag bei Promotions-Stipendium

Beitrag von Chris »

Ich bin ebenfalls in dieser Situation. Nachdem mich meine AOK Niedersachsen zunächst falsch informiert hatte und mir telefonisch versicherte, nur die Mindestbemessungsgrenze zu berechnen, habe ich inzwischen den Bescheid erhalten und musste feststellen, dass nun doch das volle Stipendium inkl. Forschungspauschale angerechnet wurde.

Nach allem ernüchternden was ich in der Zwischenzeit dazu gelesen habe, wundert es mich geradezu, dass es angeblich noch GKV geben soll, die das Stipendium nicht als beitragspflichtige Einnahmen ansehen (siehe z.B. GEW-Ratgeber http://www.gew.de/Binaries/Binary92610/ ... de_web.pdf vom April 2012 auf S.13).

Wenn das tatsächlich irgendwo der Fall sein sollte: Welche Krankenversicherungen sind das bitte?

Nach dem was ich bisher gefunden habe kassieren sowohl die AOK, die Barma, die TKK und die DAK einen voll ab. Ich würde ja gerne wechseln aber es drängt sich mir der Eindruck auf, als würden inzwischen ausnahmslos alle gesetzlichen Krankenkassen die grotesk hohen Beiträge verlangen... ich nehme an, dass wenn es einen Geheimtipp für eine KV gäbe die das nicht tut, wäre sie hier schon erwähnt worden, oder?

Viele Grüße
tungsten

Re: Krankenversicherung: Beitrag bei Promotions-Stipendium

Beitrag von tungsten »

@Chris: Also es kann gar keinen generellen "Geheimtipp" geben, da sich eben alle gesetzlichen Kassen nach dem SGB bzw. den Vorgaben des Spitzenverbandes der GKV richten müssen (die privaten Kassen müssen das übrigens nicht und dürfen dich noch als Student zählen).

Diese Fälle, in denen jemand mit dem Mindestbeitrag durchgekommen ist, sind somit nicht rechtens. Wenn man einen Sachbearbeiter findet, der das "illegal" einfach so im System verbucht, dann mag das zwar klappen; das kann aber dann jederzeit auffliegen (durch eine Überprüfung, Wechsel des Sachbearbeiters etc.) und dann kann es unter Umständen dazu kommen, dass du die ganzen Differenzen nachbezahlen darfst. Des Weiteren würde der Sachbearbeiter dann große Probleme bekommen. Also mach dir keine Hoffnungen an so jemanden zu geraten.
Bio22

Re: Krankenversicherung: Beitrag bei Promotions-Stipendium

Beitrag von Bio22 »

Hallöchen zusammen,

mal noch zu den Fragen zu der Klage. Also meine Klage gegen die Krankenkasse fechtet die gesamte Berechnungsgrundlage an. Also sowohl die Berechnung auf der Gesamthöhe des Stipendiums als auch die Anrechnung der Forschungskostenpauschale.
Da das Verfahren vorm BSG ähnlich zu meinem sein soll, gehe ich davon aus, dass dort auch die generelle Frage ob Anrechnung und wenn ja wie viel des Stipendiums geklärt werden wird.
Leider wird es keine Infos bis zur Entscheidung geben. Mein Anwalt hat selbst keinerlei Infos oder wagt eine Prognose wann die Entscheidung getroffen wird.
jgehrcke

Re: Krankenversicherung: Beitrag bei Promotions-Stipendium

Beitrag von jgehrcke »

Hallo Bio22,

danke fuer die Klage und danke fuer die Informationen an dieser Stelle. Ich werde weiter regelmaessig hier nach Deinen Updates schauen.

Gruesse!

Ansonsten: ich habe eben den Artikel http://www.zeit.de/studium/hochschule/2 ... bestimmung gelesen und mich geaergert, damals nichts von der Petition mitbekommen zu haben. Sowas ist schade...
zweckoptimismus

Re: Krankenversicherung: Beitrag bei Promotions-Stipendium

Beitrag von zweckoptimismus »

*bump* - laut BSG gibt es hier noch keine Entscheidung; Bio22, gibt es mittlerweile eine Prognose für ein Entscheidungsdatum?
Ich habe nämlich gerade anfangen müssen, mich mit derselben Thematik rumzuärgern...
foolproof

Re: Krankenversicherung: Beitrag bei Promotions-Stipendium

Beitrag von foolproof »

Hallo und vielen Dank für die bisherigen Informationen!
ich habe mich aufgrund dieses Threads hier angemeldet und würde mich zweckoptimismus' Frage anschließen, denn das Thema betrifft gerade einige meiner Kolleg_innen hier an der FU Berlin. Morgen habe ich einen Termin bei der Rechtsberatung des AStA und werde auch dort noch einmal nachfragen.

Schöne Grüße
foolproof

Re: Krankenversicherung: Beitrag bei Promotions-Stipendium

Beitrag von foolproof »

Hallo!

Die Rechtsberatung meiner Uni geht davon aus, dass das Urteil des Landessozialgerichts Stuttgart mit Aktenzeichen B 12 KR 3/12 R (http://www.bsg.bund.de/SharedDocs/Publi ... cationFile) etwa Mitte 2014 gefällt werden sollte. Ich gehe davon aus, dass dies das Urteil ist, um das es uns hier geht.
Bis dahin verweise ich in meinem Widerspruch auf eben jene noch zu klärende Rechtsfrage sowie auf das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen vom 25.01.2012, wie in der GEW-Broschüre empfohlen (http://www.gew.de/Ratgeber_Sozialversic ... rende.html, S. 9-16). Laut meinem Bewilligungsbescheid ist das Stipendium eindeutig eine steuerfreie Zuwendung, was ich durch das Finanzamt bestätigen lassen werde. Deutlichster Ausdruck dessen ist doch, dass man nach Auslaufen des Stipendiums keinen Anspruch auf ALG I hat.

Ich bin da mittlerweile recht guter Dinge. Es scheint, als sei die KK zum Einlenken bereit, wenn ich nachweisen kann, dass tatsächlich keine Steuern gezahlt oder gefordert wurden.
Vielleicht hilft o.g. Vorgehensweise der einen oder dem anderen...
Viel Glück!
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