völlig mit meiner Doktorarbeit unzufrieden

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Talinn

völlig mit meiner Doktorarbeit unzufrieden

Beitrag von Talinn »

Um das ganze zusammen zu fassen habe ich mehrere Probleme: ich bin zu lange an meiner Doktorarbeit, das Ziel das mir am wichtigsten war, habe ich nicht erreicht, mein Chef tut nichts und ich fühle mich langsam von ihm boykottiert.

In meiner Forschungsgruppe bin ich die einzige die in meinem Themengebiet arbeitet. Mein Chef hat da auch keine Ahnung, der hat das nur weitergegeben, damit ein Bekannter von ihm etwas zum untersuchen hat. In der ersten Zeit war ich nur am (versuchen) zu liefern. Forschen ging kaum, als ich das dann konnte, habe ich mich in einen Teilziel meines Themas verrannt, dass ich nach vier Jahren immer noch nicht erreicht habe.

Einen Artikel habe ich veröffentlicht. Er lag sechs Monate bei meinem Chef rum, ohne dass er sich darum kümmern wollte. Einen weiterer Artikel wollte er zunächst selbst schreiben. Nach über zwei Jahren hat er beschlossen, dass er keine Lust dazu hat und ihm mich schreiben lassen. Der liegt jetzt über zwei Monate bei ihm rum. Mehrmaliges Nachfragen hilft nicht, mittlerweile reageirt er nicht mal mehr. Eigentlich hätte ich Material für noch zwei Artikel aber ich weiß nicht wie das zeitlich kappen soll. Ich bin seit über vier Jahren an der Doktorarbeit ich muss dieses Jahr fertig werden.

Aber meine Doktorarbeit gefällt mir nicht, sie ist in einer Schnittmenge aus zwei Themengebieten angesiedelt. In keiner der beiden Themengebiete ist sie besonders glorreich. So halbwegs komme ich mir vor wie ein Betrüger, der schlechte Arbeit versucht gut zu verkaufen.
JohnWayne

Re: völlig mit meiner Doktorarbeit unzufrieden

Beitrag von JohnWayne »

Hey Talinn,

Erstmal zur Beruhigung: Deine Situation gibt es oft und fast schon "normal". Also noch nicht verzweifeln!

Mein erstes Paper ist sehr umfangreich und wir haben eine strenge interne Kontrolle, sodass mein Paper nach der 3. Korrektur und nach über 1 Jahr immernoch nicht veröffentlicht ist ... Meiner Erfahung nach auch von anderen Doktoranden passiert das sehr oft, dass die Sachen beim "Chef" liegen bleiben. Aber da kann man im Prinzip nichts machen, außer ab und zu nachfragen.

Was die Zerstückelung von Themen angeht, das passiert auch sehr oft, insbesondere in der Uni. Durch Drittmittelprojekte, kurze Verträge, etc. arbeitet man oft an vielen verschiedenen Projekten und am Ende hat man viel gemacht, aber so einen Haufen. Die Kunst des Doktoranden besteht nun darin, aus daraus eine Geschichte zu bauen die funktioniert. Da muss man sich auch keine Vorwürfe machen. In den seltensten Fällen kann sich ein Doktorand 3 Jahre lang nur auf ein einziges Thema konzentrieren.

Du sagst du hast noch Material für mehrere Veröffentlichungen. Könntest du denn dann daraus nicht eine kumulative Promotion machen? Ist das an deiner Uni möglich? Wenn nicht, dann musst du versuchen eine zusammenhängende Geschichte aus den vielen kleinen Themen zu bauen und versuchen da Brücken zu schlagen. Ich weis, das ist einfacher gesagt als getan, aber möglich.

Ich wünsch dir auf jeden Fall viel Erfolg!!
Sapphirine

Re: völlig mit meiner Doktorarbeit unzufrieden

Beitrag von Sapphirine »

Sehr bescheiden, dass der Chef kein Interesse zeigt und sich keine Zeit für die wichtigen Dinge nimmt. Ich kenne das und weiß wie blöd das ist.
Leider wird sich der Chef aber nicht ändern und Du wirst ihn auch nicht ändern und deshalb mußt Du versuchen, anders an die Sache ranzugehen.
Zur zeitlichen Problematik: Den Vorschlag von JohnWayne kann ich auch nochmals unterstreichen - versuche eine kummulative Diss einzureichen (sofern das nicht schon geplant ist). Je nach Regelung müssen nicht alle Manuskripte veröffentlicht sein und Du könntest die Abgabe somit beschleunigen.
Zur grundlegenden Problematik: Du schreibst, dass Du Dein Ziel nicht erreicht hast. Aber Du hast einiges erreicht - nebenbei erwähnst Du, dass Du einen Artikel veröffentlicht hast (ich nehme an, in einem fachlich guten Journal ???). Dieser wird ja bestimmt von unabhängigen Gutachern beurteilt worden sein und wird somit dem wissenschaftlichen Anspruch entsprechen. Außerdem könntest Du mehrere Artikel schreiben, die bestimmt alle neue Erkenntnisse im Fach bringen und somit wäre doch bestimmt die Grundvoraussetzung für die Promotion erfüllt oder sehe ich das falsch?
Wissenschaft ist ein Prozess - oft erreicht man nicht die ursprünglich gesetzten Ziele und manchmal muß man komplett die Richtung ändern um ans Ziel zu kommen. Oft gibt es keine perfekte Lösung und ich glaube, dass sehr viele Projekte (inklusive Doktorarbeiten) andere Resultate liefern als ursprünglich erwartet. Versuche Deinen Blickwinkel zu ändern, zähle nicht auf, was Du alles NICHT erreicht hast sondern was Du erreicht hast und letztendlich ist es an anderen zu beurteilen, ob dies einer Dissertation würdig ist. Es wäre wahrscheinlich auch hilfreich, wenn Du Leute hättest, die Deine bisherige Arbeit lesen könnten. Gibt es keine Personen eventuell an anderen Unis mit denen Du Dich austauschen könntest? Vielleicht hilft Dir Feedback von anderen ja auch, Deine Arbeit etwas positiver zu sehen?
Talinn

Re: völlig mit meiner Doktorarbeit unzufrieden

Beitrag von Talinn »

Sorry, dass ich mich erst ziemlich spät wieder zurückmelde. Hatte vorher leider keine Gelegenheit dazu. Vielen Dank Sapphirine und JohnWayne!
Kumultative Diss kann ich nicht einreichen, weil das mein Doktorvater (mein Chef ist kein Prof. deswegen brauche ich noch einen zusätzlichenn Professor) das grundsätzlich nicht möchte. Er gibt auch die Struktur genau vor.
Das Journal in dem ich veröffentlich habe, hatte durchaus einen ordentlichen Impact Factor (6,8).
Eigentlich sollte ich wirklich versuche, das ganze nicht so schwarz zu sehen. Es gibt sogar etwas richtig positives, was ich noch nicht erwähnt hatte. Bei zwei Konferenzen habe ich einen der Großen in meinem Gebiet auf mich aufmerksam gemacht. Dieser würde mich für einen Postdoc nehmen. Das wäre schon absolut genial. Aber auch da macht es mir mein Chef schwer. Zunächst ging es erst einmal um einen Kooperation mit demjenigen, die mir mein Chef erst einmal verboten hat. Er wäre ein direkter Konkurrent, von einem mit dem wir theoretisch kooperieren, der aber praktisch nichts tut (eigentlich blockiert derjenige nur andere Kooperationen). Immerhin konnte ich von der Kooperation meinen Chef überzeugen und die in die Wege leiten, nachdem ich ihm gezeigt habe, dass es wirklich kein Problem ist. Der von der Konferenz hat auf der letzen Konferenz gemeint, dass ich einen meiner Artikel auch in einem Sonderissue veröffentlichen könnte, den er gerade vorbereitet. Die Einladung würde er mir und meinem Chef schicken. Nur dummerweise hat er die Einladung nur an meinen Chef geschickt und der schickt sie partout nicht weiter und das trotz mehrmaliger Nachfrage nicht. Und mein Chef meint, das wäre dann ja nicht nur meine Arbeit, sondern es wäre ja ein Übersichtsartikel gewünscht. Jetzt habe ich Angst, dass in der Artikeleinladung eine Deadline steht, die ich nicht einhalten kann, weil ich sie nicht kenne und nicht genau weiß, was drin steht. Ich will keinen schlechten Eindruck auf den Großen machen, denn ich möchte wirklich sehr gerne bei ihm Postdoc machen.
DoneXY

Re: völlig mit meiner Doktorarbeit unzufrieden

Beitrag von DoneXY »

Talinn hat geschrieben:Der von der Konferenz hat auf der letzen Konferenz gemeint, dass ich einen meiner Artikel auch in einem Sonderissue veröffentlichen könnte, den er gerade vorbereitet. Die Einladung würde er mir und meinem Chef schicken. Nur dummerweise hat er die Einladung nur an meinen Chef geschickt und der schickt sie partout nicht weiter und das trotz mehrmaliger Nachfrage nicht.
Frage bei Deinem 'Einlader' freundlich nach, ob die Einladungen schon verschickt wurden und ob Du vielleicht aus dem Verteiler gerutscht bist. Erwähne nicht die Schwierigkeiten mit Deinem DV.

Ich hatte übrigens auch einen DV, der sich vor allem im Verzögern hervor getan hat und es bei anderen Dissertationen nach wie vor tut. Du wirst Dich auf eigene Füße stellen müssen. Das einzige, was meiner Erfahrung nach, beschleunigend wirken kann, ist sanfter Druck von Außen, also das Interesse der Fachwelt, die gespannt auf Deine Diss wartet. Bei mir war es der Zweitgutachter, der wiederholt meinem DV, dieses fachliche Interesse suggerierte.
Sapphirine

Re: völlig mit meiner Doktorarbeit unzufrieden

Beitrag von Sapphirine »

Ok, wenn also der Chef nicht der offizielle DV ist, wie viel hat er dann bezüglich der Arbeit zu sagen? Wird er Zweitgutachter sein? Wie viel kann er Dir in die Dissertation reinreden?
Bei Publikationen ist es schwieriger, weil er als Zweitautor natürlich mitmischen kann (oder wie bei Dir alles verlangsamen durch Nichtstun).
Wenn der DV also keine kumulative Diss will, dann würde ich mich an Deiner Stelle jetzt primär auf das Schreiben konzentrieren und Publikationen dann später veröffentlichen. Zumal Du ja anscheinend schon eine Stelle in Aussicht hast und somit keinen Publikationsdruck hast. Versuche etwas positiver an die Sache ranzugehen und ich bin mir sicher, Du kannst die Themenbereiche irgendwie miteinander verbinden.
Talinn

Re: völlig mit meiner Doktorarbeit unzufrieden

Beitrag von Talinn »

Vielen Dank DoneXY und Sapphirine für eure Antworten.

Mein Chef wird hauptsächlich über meine Arbeit entscheiden. Mein Doktorvater wird sich wahrscheinlich überwiegend der Meinung meines Chefs anschließen. Bei den anderen aus meiner Gruppe, war es (ziemlich) vollständig seine Entscheidung. Da hatten die DV noch weniger mit der Arbeit zu tun als bei mir. Das ist so ähnlich wie bei Habiltanden, wo dann der DV der Chef von den Habiltanden ist, aber die Entscheidung eigentlich der Habilitand trifft. Nur ist mein Chef halt Gruppenleiter an der Uni und relativ unabhängig.

Ich schreibe zur Zeit schon hauptsächlich.

Sanfter Druck von außen ist nett ausgedrückt. Ich könnte versuchen die anderen Coautoren als solche zu nehmen, eigentlilch verstehe ich sowieso nicht warum sie nicht von sich aus drängeln.

Ja, bei meinen Einlader sollte ich vorsichtig nachhaken.

Positiv an die Sache ranzugehen fällt mir gerade schwer, ich habe gerade eine Methode, von der ich dachte, dass ich sie als erste benutzt habe, veröffentlicht gefunden. Und das ist ganz ungünstig, weil sie wichtig in meiner Arbeit ist. Da muss ich jetzt gucken, ob es doch noch irgendwelche Unterschiede gibt und es sieht schlecht aus.

Kein Publikationsdruck, nun ja. Es gibt für mich zwei Möglichkeiten, entweder ich arbeite dort, wo ich während der Doktorarbeit die ganze Zeit gearbeitet habe. Die würden mich wahrscheinlich auch ohne Doktor nehmen. Oder zweite Möglichkeit und unvernünftige, ich versuche in der Wissenschaft zu bleiben. Dann ist der Einladende für mich relevant. Und ich bin mir nicht sicher, ob er mich mit kaum Publikationen wirklich nimmt. Wobei vielleicht, immerhin hat er Interesse. Aber ich werde einen Forschungsstipendiumantrag dafür brauchen und brauche ich Publikationen.
Ach, ja die zweite Möglichkeit ist deutlich die favorisierte.
Talinn

Re: völlig mit meiner Doktorarbeit unzufrieden

Beitrag von Talinn »

Ich kann ja gar nicht editieren. Nun, ja eine kurze Ergänzung. Ich habe jetzt endlich den Artikel zum bearbeiten bekommen. Es geht also etwas weiter.
Und er hat mir sogar die Einladung weitergeschickt. Ich hoffe er hat sich diesbezuüglich schon gerührt, denn eigentlich sollte die Entscheidung, ob ja oder nein am 14. Juli getroffen werden. Mit meiner Deadlinevermutung hatte ich also soweit recht, aber falls das erledigt ist, oder repariert werden kann, ist die Artikeldeadline mit Januar schaffbar.
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