PostDoc: Raus aus der Industrie, rein in die Wissenschaft?!

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chaosbringer

PostDoc: Raus aus der Industrie, rein in die Wissenschaft?!

Beitrag von chaosbringer »

Hallo,

ich hoffe ich bin hier mit meiner Frage richtig. Ich hatte eigentlich ein dediziertes PostDoc- oder Job-Forum gesucht, aber leider nicht gefunden. Also, falls mein Beitrag hier nicht reinpasst, bitte ich einen Moderator ihn zu löschen oder zu verschieben. Aber nun mal zu meinem Beitrag:

Ich habe im letzten Jahr meine Promotion abgeschlossen und bin jetzt seit einiger Zeit bei einem großen Autobauer in der IT angestellt. Zwar bin ich PostDoc, underscheide mich im Unternehmen aber nicht wesentlich von anderen Informatikern. Ich bin jedoch hoch unzufrieden mit meiner Stelle, da mein Herz doch sehr an der Wissenschaft hängt und ich mit Produktentwicklung etc. nichts anfangen kann, weswegen ich gerne zurück an die Uni würde, hierbei gibt es nur ein paar Probleme:

a) Ich habe nur ein einziges Dritt-Mittel während meiner Doktorandenzeit eingeworben, und dort war ich auch nur teilweise (vielleicht 70%) am Antrag beteiligt.

b) Meine Publikations-Liste ist nicht schlecht, aber relativ kurz. 3 mal Erstauthor in Peer-Reviewed Journals, ein Peer-Reviewed Buckkapitel und ein paar eher unbedeutende Konferenzbeiträge.

c) Ich habe kaumAuslandserfahrung (1x 1 Monat)

All die Dinge machen es natürlich nicht leicht, im Haifischbecken Wissenschaft sich durchzusetzten.

Ich habe nun 3 Stellenanzeigen gefunden, die auf mein Profil prinzipiell passen würden. Probleme hierbei ist, dass alle Stellen Projektgebunden und daher befristet (1 - 2 Jahre) sind. Eine weiterbeschäftigung kann nicht garantiert werden, von einer Dauerstelle brauch man wohl gar nicht erst träumen (Gibt es überhaupt PostDocs die sich unter diesen Bedingungen bewerben?!).

Lange rede kurzer Sinn: Was soll ich machen:

a) Meine gegenwärtige unbefristet Stelle, die mich jedoch überhaupt nicht erfüllt, in der Automobilindustrie aufgeben, und eine recht kurzeitig befristete Stelle in der Wissenschaft annehmen und dabei darauf setzten dass ich irgendwie eien Folgefinanzierung bzw. irgendwann mal eine Dauerstelle ergibt?

b) Lieber meine gegenwärtige Stelle behalten und ein eher unbefriedigendes dasein fristen?

c) Ins Ausland gehen? USA? (Familiär bin ich nicht gebunden)

d) Andere Option?

Vielen Dank für euren Input!
Zwonk
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Re: PostDoc: Raus aus der Industrie, rein in die Wissenschaf

Beitrag von Zwonk »

Moin Chaosbringer,

was mich wundert ist, daß in Deiner Liste eine Option fehlt, die sich doch eigentlich aufdrängt: Was spricht dagegen, sich "draußen", in der freien Wirtschaft, eine Stelle zu suchen, die Dir eher zusagt? Es gibt doch sicherlich auch forschungslastigere Unternehmen?

Ich selbst würde eine feste Stelle nicht aufgeben, um wieder zurückzugehen - aber ich bin charakterlich auch kein "Abenteurertyp". Das heißt nicht, daß es grundsätzlich schlecht sein muß, aber Du weißt ja selber, daß an der Uni in der PostDoc-Phase das Elend erst richtig losgeht. Und ich könnte mir vorstellen, daß der nochmalige Wechsel von der Uni in die Wirtschaft etwas problematischer sein könnte, wenn es dann mit der Daueranstellung/Professur nicht klappt; was ja sehr wahrscheinlich ist. Dann würden die Personaler sich vielleicht sagen: "Aha, nach der Promotion ist der in die Wirtschaft und dann nach einem Jahr wieder abgesprungen. Und jetzt kommt er wieder an. Eigentlich hat der keinen Bock auf uns und ist vermutlich dauerfrustriert, weil es an der Uni nix geworden ist."
12. Dec 2016;01. Feb 2017;f;zum neuen Job!
chaosbringer

Re: PostDoc: Raus aus der Industrie, rein in die Wissenschaf

Beitrag von chaosbringer »

Hallo :)

... und damit hat der Personaler ja auch irgendwie recht: Ich habe kein Bock auf Industrie! :) Ich war und werde immer Wissenschaftler sein. Ich muss jetzt kein Professor werden, aber ich möchte mich natürlich auch nicht bis zur Rente mit 2-3 Jahresverträgen rumschlagen. Eine forschungslastige Stelle in der Industrie wäre natürlich auch super, aber das ist in der IT sehr schwierig, besonders da ich in einem eher angewandten Gebiet promoviert habe. Für Menschen mit Promotion in Chemie oder besser noch Pharmazie gibt es da sicher bessere Chancen in der industriellen Forschung. In meinen Recherchen habe ich leider noch keine Forschungsstellen in der Industrie gefunden :( Aber vielleicht hilft auch nur Zähne zusammenbeissen, und auf eine Stelle hoffen, die vielleicht irgendwann doch mal auftaucht... Irgendwie kommt mir das alles im Moment wie eine Sackgasse vor: Ich habe eine klare Vorstellung, was ich machen will (Forschen), aber meine Ausbildung bzw. der Arbeitsmarkt bietet keine Möglichkeit, dass umzusetzten :(

Danke für die Antwort
chaosbringer

Re: PostDoc: Raus aus der Industrie, rein in die Wissenschaf

Beitrag von chaosbringer »

Generell Frage ich mich, wer sich auf solche 1-2 Jahre befristeten PostDoc-Stellen ohne Zukunftsperspektive bewirbt. Scheinabr gibt es für sowas genug Bewerber, sonst würden sie ja nicht angeboten werden...
mantor
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Re: PostDoc: Raus aus der Industrie, rein in die Wissenschaf

Beitrag von mantor »

chaosbringer hat geschrieben:Generell Frage ich mich, wer sich auf solche 1-2 Jahre befristeten PostDoc-Stellen ohne Zukunftsperspektive bewirbt. Scheinabr gibt es für sowas genug Bewerber, sonst würden sie ja nicht angeboten werden...
Naja, ich komme jetzt aus den Geisteswissenschaften, aber da gibt es einige, die sich auf sowas bewerben ;)

Und es kann sich auch lohnen: Mein Doktorvater hat sein Referendariat geschmissen, um ein halbes Jahr als Post-doc eine Mitarbeiterstelle an der Uni zu vertreten. Aus dem halben wurde ein Jahr, dann hatte er den Fuß in der Türe, hat ein großes Habil-Stipendium bekommen und saß mit 34 auf der Professur statt in der Schule.

Ich selber habe ein Volontariat mit Übernahmegarantie, 14 Monatsgehälter, etc. ausgeschlagen, um eine halbe Stelle (!) ein Jahr (!) zu vertreten. Dann habe ich ein Stipendium bekommen, promoviert und anschließend gings auf eine Juniorprofessur mit tenure. Ich weiß, im Nachhinein ist das immer schön erzählt und es gibt einige, bei denen das in die Hose geht, trotzdem: Manchmal klappt es auch.
chaosbringer

Re: PostDoc: Raus aus der Industrie, rein in die Wissenschaf

Beitrag von chaosbringer »

Naja, Geisteswissenschaften sind ja nicht wirklich mit Informatik vergleichbar. Mir ist schon klar, dass man bspw. als Literaturwissenschaftler in der Regel froh ist, einen Job zu bekommen... egal wo :) Aber eine Junior-Professur fliegt einem ja auch nicht so einfach zu, oder? Wie hast du die denn bekommen? Gab es da nicht noch viele andere Bewerber? Das hat doch sicher auch SEHR viel Zeit und Mühe gekostet... Und kostet es vermutlich immer noch...
mantor
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Re: PostDoc: Raus aus der Industrie, rein in die Wissenschaf

Beitrag von mantor »

Naja, das mit den Job-Aussichten steht ja, glaubt man der Statistik, zwei Jahre nach Abschluss des Studiums auch bei Geisteswissenschaftlern nicht schlechter aus. Aber klar: Als Informatiker hat man wahrscheinlich schneller einen Job.
Und auch ich würde allen Leuten raten, so schnell wie möglich in den Job einzusteigen. Für mich aber war - das war mir immer klar - die Wissenschaft das einzig richtige, deshalb habe ich ja auch den sicheren Job ausgeschlagen. Alle Freunde haben mich für verrückt erklärt, aber mein Betreuer meinte: Wenn man es unbedingt will, muss man sich mit allem, was man hat, reinwerfen und das Risiko gehen.
Dann muss natürlich noch das Glück dazukommen: Ich habe die Diss. abgegeben, in den drei Monaten danach wurden fünf JProfessuren ausgeschrieben - und es hat geklappt.
Ich würde es also zumindest mit den Bewerbungen versuchen. Falls es klappt, kannst Du immer noch einen Rückzug machen.
Sapphirine

Re: PostDoc: Raus aus der Industrie, rein in die Wissenschaf

Beitrag von Sapphirine »

chaosbringer hat geschrieben:Generell Frage ich mich, wer sich auf solche 1-2 Jahre befristeten PostDoc-Stellen ohne Zukunftsperspektive bewirbt. Scheinabr gibt es für sowas genug Bewerber, sonst würden sie ja nicht angeboten werden...
Da gehöre ich auch dazu und mit mir wahrscheinlich (zehn)tausende andere in meinem Fachgebiet und ich komme NICHT aus den Geisteswissenschaften. Ich bin dazu auch noch ins Ausland gegangen. Die Frage, ob es sich lohnt für zwei Jahre diesen ganzen Visa und Umzugskram zu organisieren, darf man sich dann echt nicht stellen. Post-Doc ist nun mal Pflicht zumindest in meinem Fachbereich (selten hat man mal Glück und bekommt gleich von vornherein eine bessere Stelle). Danach kann man versuchen, sich dann weiter zu orientieren und wenn's nicht die Wunschstelle wird, dann kommt da dann eben nochmal eine weiter befristetete Stelle hinzu.

Du mußt Dich eben leider für das eine oder das andere entscheiden. Sicherer Job und Langeweile oder Wissenschaft und in der Anfangsphase größere Unsicherheit. Nutze die Post-Doc Stelle genau so wie sie vorgesehen ist - publizieren, publizieren, publizieren, Kontake knüpfen (sehr wichtig wenn's dann um die nächste Stelle geht) und wenn möglich Forschungsgelder an Land zu ziehen. Zusätzliches Plus ist Auslandserfahrung. Natürlich ist das dann alles keine Garantie, eine längerfristige Stelle zu bekommen aber Du hast Chancen. Kann mir auch vorstellen, dass im IT-Bereich, Industrieerfahrung geschätzt wird (zumindest kenne ich Leute die von der Industrie nun als Dozenten an der Uni sind). Flexibilität ist natürlich von Vorteil (weltweit zu suchen z.B.)

Du mußt aber schon hinter der Entscheidung stehen, denn wenn was nicht so laufen sollte wie erhofft, muß man trotzdem weiter machen und irgendwann wird's dann wieder besser. Geht aber nur, wenn man sein Ziel vor Augen hat und dann gewisse Dinge in Kauf nimmt, um dahin zu kommen. Hat leider nicht jeder so viel Glück wie mantor :wink: aber ein gutes Beispiel, daß es funktionieren kann.

Viel Erfolg!
chaosbringer

Re: PostDoc: Raus aus der Industrie, rein in die Wissenschaf

Beitrag von chaosbringer »

Hallo,

also, ich habe zur Zeit zwei Stellen im Blick:
a) eine Assistenz-Professur in den USA (keine Top-Uni, Platz 112 im Ranking).
b) eine Stelle beim Max-Plack-Institut mit Foschungsanteil (min. 50%)

Das ich die Stelle b) bekäme, halte ich für recht Wahrschenilich, Stelle a) ist immer so eine Sache. Ich denke, die haben in den USA sehr viele Bewerber aus der ganzen Welt und man braucht sicherlich einiges an Glück, aberin den USA werden eigentlich ständig irgendwo ähnliche Stellen ausgeschrieben. Mein Ziel ist auch nicht unbedingt Professor zu werden, ich möchte einfach in der Wissenschaft arbeiten.

Stelle b) ist ein Projekt-Stelle, d.h. es besteht die Möglichkeit auf Verlängerung nach 2 Jahren. Was nach einer möglichen Verlängerung ist, ist jedoch hoch unsicher. Ich überlege Momentan mich dort zu bewerben und mal zu schauen, wie mich die Stelle dort anspricht, jedoch befürchte ich, dass man mir dort auch persönlich keine bessere zukunftsperspektive in Aussicht stellen wird können.

Stelle a) ist halt auch einfach ein sehr großer Schritt. Ich weiß nicht, ob ich dafür zu feige bin, zumal man als Ass. Prof. in den USA sicher auch einem sehr großen Leistungsdruck unterworfen ist und man vermutlich eine 40 Stunden Woche locker abschreiben kann. Eigentlich würde ich mich als einen Mensch einschätzen, der eher schlecht mit dauerhaftem Druck umgehen kann.

Schwierig, aber die Entscheidung kann mir wohl auch niemand abenehmen. Ich denke, ein starkes Argument ist: Ich bin noch relativ jung (33), meine Promotion liegt noch nicht all zu lang zurück 1.5 Jahre), und selbst wenn nach 2 oder 4 Jahren die Projektstelle vorbei ist, würde ich sicherlich trotzdem irgendwo noch einen Job finden, der auch nicht schlechter ist, als derjenige, den ich jetzt habe. USA würde mich auch reizen, aber ich befürchte, dass ich mich damit übernehmen würde.
chaosbringer

Re: PostDoc: Raus aus der Industrie, rein in die Wissenschaf

Beitrag von chaosbringer »

Mich würde mal eine Art Blog/Tagebuch eines Assistenz-Professors aus den USA interessieren. Wie der Alltag dort so läuft.
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