Englisches Summary

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oekonombt

Englisches Summary

Beitrag von oekonombt »

Hallo,

Ich füge meiner Arbeit neben einem deutschen auch ein englisches Summary bei. von Muttersprachlern kam die Anregung, das englische Summary in ich-Form zu verfassen, also "I will begin with a Brief overview of .... I will present an econometic model ..."

Im Deutschen ist das ja nicht üblich - wie seht Ihr das?

Viele Grüße.
C
DoneXY

Re: Englisches Summary

Beitrag von DoneXY »

oekonombt hat geschrieben:Ich füge meiner Arbeit neben einem deutschen auch ein englisches Summary bei. von Muttersprachlern kam die Anregung, das englische Summary in ich-Form zu verfassen, also "I will begin with a Brief overview of .... I will present an econometic model ..."
Kam die Anregung von Muttersprachlern Deiner Disziplin?

Weder 'I' noch 'ich' ist mir geläufig, dagegen kenne ich aus englischen Veröffentlichungen sogar 'we', was im Deutschen ja antiquiert wirkt. Ich würde nicht in der ersten Person schreiben.
FlimBeam
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Re: Englisches Summary

Beitrag von FlimBeam »

Also ich kann nur entschieden widersprechen. In meinem Bereich, wo die Forschungsliteratur überwiegend auf English publiziert wird, ist es üblich die Ich-Form zu verwenden. Ich habe natürlich auch die Erfahrung gemacht, dass es Disziplinen gibt, die wohl die Verwendung der Ich-Form als 'subjektiv' und 'nicht-wissenschaftlich' verteufeln. Aber ich persönlich denke, dass die Ich-Form gerade in einer Doktorarbeit Sinn macht. Außerdem ist es auf Englisch gar nicht möglich, sich hinter komplexen Passivkostruktionen wie sie im Deutschen üblich sind zu verstecken.
Ich würde sagen: wenn die Anregung zur Verwendung der Ich-Form von Muttersprachlern kommt, dann hat es schon seinen Grund, besonders wenn sie in dieser Disziplin aktiv sind.

Beste Grüße
Beam
DoneXY

Re: Englisches Summary

Beitrag von DoneXY »

FlimBeam hat geschrieben:Außerdem ist es auf Englisch gar nicht möglich, sich hinter komplexen Passivkostruktionen wie sie im Deutschen üblich sind zu verstecken.
Ich schrieb nichts von verstecken. Ich glaube auch nicht, dass es im Englischen unmöglich ist, die erste Person sing. zu vermeiden. Im Gegenteil, wie oben geschrieben, scheinen mir Texte in der ersten Person sehr ungewöhnlich zu sein. Ist möglicherweise vom Fach abhängig.

Hast Du ein Beispiel für 'komplexen Passivkostruktionen wie sie im Deutschen üblich sind [, um sich] zu verstecken'? Auch hier habe ich nicht den Eindruck, das 'komplexen Passivkostruktionen' üblich sind.

BTW Ein Leser, der es - unabhängig von der grammatischen Form - nicht schafft zu bemerken, dass ein Text sich nicht selber schrieb, sondern einen Autor oder mehrere Autoren hat, hat mein tiefes Mitgefühl.
Zwonk
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Re: Englisches Summary

Beitrag von Zwonk »

In allen Bereichen, in denen ich englische Fachliteratur lese, ist es absolut üblich, daß der Autor von sich selbst mit "I" spricht. "I want to suggest...", "I discussed problem X..."

Ich finde das auch stilistisch unproblematisch. Im Deutschen tendiere ich allerdings eher zur unpersönlichen Form ("Es soll gezeigt werden,...") aber im Englischen klingt das für mich sehr unnatürlich - sofern ich als Nichtmuttersprachler so einen Eindruck haben darf.

Die Wir-Form mag ich gar nicht, weder im Deutschen noch im Englischen. Die wirkt auf mich immer leicht manipulativ, weil der Leser da auf einer persönlichen Ebene mit ins Boot geholt wird. Dabei soll der Autor ja seine Thesen allein rechtfertigen und nicht dem Leser suggerieren, er würde die selbst vertreten...
12. Dec 2016;01. Feb 2017;f;zum neuen Job!
DoneXY

Re: Englisches Summary

Beitrag von DoneXY »

Zwonk hat geschrieben:Die Wir-Form mag ich gar nicht, weder im Deutschen noch im Englischen. Die wirkt auf mich immer leicht manipulativ, weil der Leser da auf einer persönlichen Ebene mit ins Boot geholt wird. Dabei soll der Autor ja seine Thesen allein rechtfertigen und nicht dem Leser suggerieren, er würde die selbst vertreten...
Das habe ich nie so verstanden. Ich gehe davon aus, dass sie ihren Ursprung in dem Gedanken hat, dass der Autor eine bestimmte Denkschule vertritt. Der Leser kann dazu gehören oder auch nicht. Im letzten Fall ist also eher ein 'wir' "gegen" den Leser.

Begegnet ist mir diese Form allerdings nur vereinzelnd, wenn ich mich richtig erinnere, in englischsprachigen Veröffentlichungen.
Zwonk
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Re: Englisches Summary

Beitrag von Zwonk »

@DoneXY: Interessant, wie da die Wahrnehmungen auseinandergehen. Ich habe das immer als rhetorischen Trick wahrgenommen. Also in dem Sinne, wie viele Politiker den verwenden. D.h. zu sagen: "Wir alle sind uns ja dahingehend einig, daß..." - und dabei ungesprochen zu lassen ".. und wer nicht zustimmt ist Kommunist/Nazi/Klimasünder/U-Bahn-Schläger/Walfänger/etc." Aber vermutlich tue ich den Autoren, die diese Form verwenden, unrecht - ist halt oft mein spontaner Eindruck gewesen.
12. Dec 2016;01. Feb 2017;f;zum neuen Job!
Sapphirine

Re: Englisches Summary

Beitrag von Sapphirine »

"We" ist zwar im Englischen durchaus geläufig aber ich würde es trotzdem immer nur in einer Publikation mit mehreren Autoren benutzen und nicht in der Kurzzusammenfassung der Dissertation gerade weil dort ja die eigene Leistung im Vordergrund steht. "I" kann man durchaus verwenden aber selbst im Englischen kann man es umgehen mit etwas indirekteren Formulierungen ... "This/my thesis shows" ... "my research resulted in ...." , "my economic model represents ... ". Letztendlich ist es doch eine persönliche Entscheidung des Stils - ich habe schon englische Paper gelesen ohne ein einziges "I" oder "we" und genauso gibt es welche, die ohne "I" im jedem Satz gar nicht auskommen. Ich bin da eher für das Mittelmaß und für Abwechslung.
DoneXY

Re: Englisches Summary

Beitrag von DoneXY »

Zwonk hat geschrieben:@DoneXY: Interessant, wie da die Wahrnehmungen auseinandergehen.
Jetzt wollte ich es wissen. Eine Bestätigung meiner Annahme (= 'Wir' ist ein Bezug auf eine Denkschule) konnte ich auf die Schnelle nicht finden, dafür aber folgenden Text
Stanley Cavell hat in diesem Zusammenhang die These vertreten, dass man nur verstehen kann, was es heißt, über eine Sprache zu verfügen, wenn man versteht, was es heißt, Aussagen der Form »Wir verwenden den Ausdruck F soundso« oder »Wir verstehen F soundso« zu machen, ohne empirische Belege vorweisen zu müssen. Wenn man will, kann man diese Idee als eine Art Wiedergänger des Privatsprachenarguments auffassen,nur dass die Perspektive die der Ersten Person ist und im Zentrum nicht die Möglichkeit von (sprachlichem) Verständnis steht, sondern die Möglichkeit von Selbstverständnis . Mit Wittgenstein lässt sich zeigen, dass Zeichen nur konstante Bedeutungen haben können, wenn eine einheitliche Praxis der Zeichenverwendung vorausgesetzt wird. Sprachliche Bedeutung hängt logisch davon ab, dass ein Gebrauch in anderen Fällen – und dies beinhaltet: durch andere Personen – fortgesetzt werden kann und die Möglichkeit eingeräumt wird, dass mehrere Personen »dasselbe Verständnis« haben können. Bliebe das Verständnis prinzipiell auf eine Person begrenzt, würde unbegreiflich, inwiefern es überhaupt ein bestimmtes Verständnis ist. – Hält man diese Argumentation für überzeugend, ist es nur noch ein kleiner Schritt zu der Einsicht, dass ein »Selbstbewusstsein im Sprechen«, wie Haase es formuliert, »immer zugleich ein ›Wir‹-Bewusstsein« ist. Ein allein auf sich als Individuum bezogener Mensch könnte sich nicht einsichtig machen, was es bedeutet, selbst ein Wesen mit Sprachverständnis zu sein. Dazu muss er fähig sein, Aussagen über die eigene Sprachpraxis zu machen. Dies ist eine Bedingung dafür, dass eine Person ihre Fähigkeit zu sprechen und Sprache zu verstehen gegenüber sich selbst ausweisen kann. Könnte sie nur sagen »Ich verstehe unter F das und das«, wäre es ihr nicht möglich, ihr Verständnis als ein allgemeines und gemeinschaftlich geteiltes darzustellen. Sie muss als Mitglied einer (unbestimmt großen) Sprachgemeinschaft sprechen können, und dies kann sie nur, indem sie generische ›wir‹-Aussagen verwendet – und etwa sagt: »Wir verstehen unter F das und das.«

Halten wir fest: Die Erste Person Plural ist nicht einfach eine bequeme Ausdrucksmöglichkeit. In ihr manifestiert sich auch eine elementare Form reflexiver Bezugnahme.
:
https://www.uni-hildesheim.de/media/fb2 ... h_2011.pdf
Zwonk
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Re: Englisches Summary

Beitrag von Zwonk »

@DoneXY: Ich würde dem zustimmen, wenn es um die Bedeutung von Wörtern geht. Man kann den Leser durchaus dafür in Anspruch nehmen, einen Begriff irgendwie zu verankern oder eine Definition mitzutragen. Das muß man sogar, weil Leser und Autor sonst verschiedene Sprachen sprechen würden. Das gilt aber nicht für Absichten oder Taten. Meines Erachtens werden Sätze wie: "Angesichts dessen drängt sich uns der Gedanke auf, daß..." oder "Wir haben bereits in Kapitel 2 gezeigt, daß..." nicht von dem von Dir zitierten Satz erfaßt. Daß Leser und Autor die gleiche Sprache sprechen heißt nicht, daß sie auch die gleichen Absichten hegen müssen.
12. Dec 2016;01. Feb 2017;f;zum neuen Job!
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