Wie das Wesentliche für den Leser herausarbeiten?

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histosowi
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Re: Wie das Wesentliche für den Leser herausarbeiten?

Beitrag von histosowi »

Hallo yxcvasdfqwer,

Eva hat meiner Meinung nach nicht nur dein Problem genau erkannt, sondern dir auch noch einen wertvollen Hinweis gegeben: belege unbedingt einen Kurs zum wissenschaftlichen Schreiben. Du wirst dann sehr schnell merken, woran es bei dir hapert und, vor allem, wie du gegensteuern kannst.

Natürlich ist es für eine Forschungsarbeit unerlässlich, eine präzise Fragestellung zu formulieren, den Stand der Wissenschaft zur Forschung darzulegen, die eigene Vorgehensweise und Methodik zu erläutern etc. etc. Und das ist auch fächerübergreifend so.

Für dein Thema hier im Forum wäre aber 90% deiner Anfrage entbehrlich gewesen. Es hätte im Prinzip gereicht, deine beiden Eingangsfragen A und B zu posten:
Frage A: Wie kann ich das Wesentliche in meiner Arbeit für den Leser herausarbeiten?
Frage B: Wie kann ich das Ergebnis objektiv überprüfen, dass das, was ich geschrieben habe für andere auch nachvollziehbar ist?

Wie Eva schon sagte, an welchem Lehrstuhl du bist, oder welche Vorleistungen du noch erbringen müsstest, oder was der DV über deine Leistungsfähigkeit denkt, ist für die Beantwortung der obigen Fragen schlicht irrelevant.

Liebe Grüße, Histosowi
DoneXY

Re: Wie das Wesentliche für den Leser herausarbeiten?

Beitrag von DoneXY »

yxcvasdfqwer hat geschrieben:Denn die Hintergründe beeinflussen evtl. die Antowrt. Ich kann mir schwer vorstellen, dass es zu dieser Frage eine über jeden Fachbereich gültige Antwort gibt. Auch kann es sein, dass die Ursachen woanders liegen könnten, als ich es vermute. Aber das kann man nur erkennen, wenn man die Vorgeschichte kennt. Oder?
Zwei Aspekte:

1) Es ist nicht möglich, komplexe Situationen vollständig darzustellen. Also sollte es nicht versucht werden.

=> Du must eine fachliche Basis (Fachpublikum) und einen theoretischen Bezugspunkt (Abstraktionsebene) unterstellen, die Du und Deine Leser und Leserinnen teilen.

2) Ebenso wenig können alle möglichen Missverständnissse in der Kommunikation vorgesehen und im Vorfeld durch möglichst viele Details vermieden werden.

=> Auf dieser Basis von 1) sollten sich Missverständnisse in Grenzen halten. Der Versuch, Klarheit durch "Weitschweifungkeit" zu schaffen, gleicht einem Kampf gegen Windmühlen, da möglicherweise Fragen beantwortet werden, die das Publikum nicht stellt.

Drei Hinweise:

1) Ich wurde während meiner Mitarbeit an einem Forschungsbericht dazu gezwungen, jeden Text so zu schreiben, dass er sich fortlaufend verstehen lässt. Also der 1. Satz muss selbsterklärend sein, der 2. darf zum Verständnis nur den ersten voraussetzen, der 3. höchstens die beiden vorangegangen usw.

Am Anfang hielt ich das an einigen Stellen für unmöglich und dachte: "Lies doch einfach noch eins, zwei Sätze weiter, dann wird's klar!" Denn bis dahin hatte ich zumindest bei sehr komplexen Aspekten so geschrieben, dass erst der ganze Absatz den Sinn erschließt, nicht aber einzelne Sätze. Doch tatsächlich können so auch sehr komplexe Texte so geschrieben werden, dass sie sich fortlaufend Satz für Satz verstehen lassen.

2) Achte bei jeden gedanklichen Zusammenhang auf die Fragestellung. Ist es wichtig für Deine Arbeit (Der schiefe Turm von Pisa) und passt es an diese Stelle (Die Wendeltreppe des Turmes)? Oft landen interessante Aspekte, die für diese oder eine ganz andere Arbeit interessant sein können, an der falschen Stelle und erschweren das Verständnis eines Textes.

3) Den Ratschlag, Du sollst Dir von Dritten helfen lassen, solltest Du unbedingt beherzigen.
yxcvasdfqwer

Re: Wie das Wesentliche für den Leser herausarbeiten?

Beitrag von yxcvasdfqwer »

Zwonk hat geschrieben:Struktur ist wichtig, aber die Struktur ist zur Hilfe für den Leser gedacht, die ist nicht das Primäre.
Was ist das Primäre?
histosowi
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Re: Wie das Wesentliche für den Leser herausarbeiten?

Beitrag von histosowi »

Das primäre ist das Forschungsergebnis. Denn eine Dissertation soll eine vorher definierte Forschungsfrage beantworten. Die Struktur ist das Gerüst, in dem die Frage, die Forschung und das Ergebnis eingebettet werden.

Stell dir ein Regal mit Obst vor. Das Regal ist das Gerüst. Ohne das Gerüst würde das Obst in einem wilden Haufen am Boden liegen. Wenn du aus diesem Haufen dann eine Zwetschge heraussuchen sollst, wird das schwierig, weil da so viel rumliegt. In einem Regal kannst du das Obst sortieren. Vielleicht liegt dann oben ein Apfel, in der Mitte eine Pampelmuse, dann eine Birne und danach die Zwetschge. So kannst du ALLE Obstsorten zielgerecht herausgreifen. Du kannst auch die Einsortierung in das Gerüst begründen. Zum Beispiel: den Apfel habe ich nach oben gelegt, weil er in meinem Sortiment am günstigsten ist; die anderen Obstsorten sind in absteigender Reihenfolge teurer. Oder, oder, oder... da gibt es dann verschiedene Möglichkeiten.

Hoffentlich habe ich das jetzt halbwegs passend dargestellt... vielleicht hat noch jemand anderes ein gutes Beispiel?
DoneXY

Re: Wie das Wesentliche für den Leser herausarbeiten?

Beitrag von DoneXY »

histosowi hat geschrieben:Hoffentlich habe ich das jetzt halbwegs passend dargestellt... vielleicht hat noch jemand anderes ein gutes Beispiel?
Ich denke, Du hast das geschrieben, was ich gerade schreiben wollte.

Das Primäre ist die Antwort (Foschungsergebnis). Die muss bekannt sein. Ausgangspunkt der schriftlichen Darstellung ist die Fragestellung und dann geht es Satz für Satz (siehe meine Posting oben) darum, die Lösung schlüssig darzustellen und zu begründen. Was für die Darstellung nicht notwendig ist, fliegt raus, auch wenn es noch so interessant ist.

Die Darstellung sortierst Du in sinnvolle Teilabschnitte (das 'Obst' im Posting von histosowi). Du kannst es Dir vielleicht auch als mehrstöckiges Haus vorstellen: Du betrittst es durch die Tür (Fragestellung) und arbeitest Dich Stockwerk für Stockwerk hoch. Die Reihenfolge der Stockwerke ist nicht beleibig, sondern dient dem Verständnis.

Schleifen (die selbe Argumentation wiederholt aufgreifen) oder Sprünge (einen argumentativen Zusammenhang über mehrere Stellen verteilen) sind tabu - sie entstehen leider oft, wenn länger an einem langem Text gearbeitet wird.
Sogi

Re: Wie das Wesentliche für den Leser herausarbeiten?

Beitrag von Sogi »

yxcvasdfqwer hat geschrieben:Du findest also, dass der Eingangspost gut strukturiert ist?
Ja, zumindest habe ich keine Verständnisprobleme und das ist für mich das Hauptsächliche.
Wem der Text zu lang ist, der muss es ja nicht lesen.

Der Punkt ist für mich ein anderer. Dein Beitrag scheint von großer Unsicherheit zu zeugen, was das Schreiben angeht und das ist eher kontraproduktiv für dein Vorankommen. Jeder hat doch einen anderen Schreibstil und was dem einen Leser gefällt, muss dem anderen noch lange nicht gefallen. Du musst dich also ein wenig an deine konkreten Leser anpassen. Im Sinne einer Artikel-Veröffentlichung sind das deine evtl. vorhandenen Koautoren, dein Professor und vor allem die Reviewer des Beitrags. Diesen Leuten muss dein Beitrag gefallen und erstmal niemandem sonst. Also hol dir entsprechendes Feedback ein und setze es entsprechend um. Bei deiner Dissertation ist es in erster Linie dein Professor, dem es gefallen muss. Der Stil einer Dissertation ist jedoch oft ein anderer als der von Fachartikeln. So hat mir etwa mein Professor verstehen gegeben, dass ich der Verständlichkeit halber in der Dissertation viel weiter ausholen muss als in den Fachartikeln, die ich (auch auf Wunsch der Reviewer) in einer extrem komprimierten Form für einen Leser mit vollumfassendem Vorwissen geschrieben habe.

Aus meiner Sicht muss eine technische Dissertation keinen Literaturnobelpreis gewinnen, um es mal leicht zugespitzt auszudrücken. Es geht in erster Linie darum, deine Arbeiten und den Bezug zu Vorarbeiten verständlich darzustellen und die Verständlichkeit wird von den fachspezifischen Lesern beurteilt. Es gibt daher auch kein Geheimrezept für eine entsprechende Arbeit. Wie man sich innerhalb seines Fachs angemessen ausdrückt, lernt man nur durch viel Lesen, Schreiben, Feedback einholen und noch mehr Schreiben. Also nur Mut, auch du wirst dies mit der Zeit meistern, wenn du dranbleibst. :)
DoneXY

Re: Wie das Wesentliche für den Leser herausarbeiten?

Beitrag von DoneXY »

Sogi hat geschrieben:Jeder hat doch einen anderen Schreibstil und was dem einen Leser gefällt, muss dem anderen noch lange nicht gefallen.
[...]
Aus meiner Sicht muss eine technische Dissertation keinen Literaturnobelpreis gewinnen, um es mal leicht zugespitzt auszudrücken.
Ich hatte nicht den Eindruck, dass es in diesem Thread um stilistische, sondern um strukturelle Fragen eines Textes geht.

Allerdings stimme ich Dir zu, dass es wichtig wäre, sich anhand eines geschriebenen Textes, um Feedback zu bemühen. Nur dann werden die konkreten Baustellen deutlich.
Gesperrt