Falsche Angaben zu Erstautorschaft im Uni-Verzeichnis

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Momos

Falsche Angaben zu Erstautorschaft im Uni-Verzeichnis

Beitrag von Momos »

Ursprungstitel: "Ist veränderte Erstautorenschaft Betrug?"

Hallo Leute,ich habe ein Problem. Na ja, nicht ich, sondern vielleicht ein Prof. Aber er ist (auf dem Papier) mein Betreuer und damit habe ich doch ein Problem.
Was ist passiert? Ich hole mal kurz aus:
Ein anderer Prof. las eine meiner letzten Veröffentlichungen und gab mir den Tipp, meinen Betreuer bei meiner nächsten mit ins Literaturverzeichnis aufzunehmen. Irgendwie unterbringen. Das sähe einfach besser aus, wenn der eigene Betreuer mit zitiert wird, meinte er.
Na gut. Also habe ich mich bei der nächstbesten Gelegenheit in die Bib gesetzt, die HP meines Betreuers aufgerufen und seine Publikationen gesucht. Dort stand nur, dass die in einem zentralen Uni-Online-Verzeichnis stehen. Ok, kein Problem, also habe ich ihn dort gesucht und gefunden und nach einer Publikation gesucht, die ich irgendwie zitieren kann, sodass er eben in meinem Verzeichnis steht. Ihr wisst schon. Wichtig natürlich: er muss Erstautor sein.
1. hat das mehr Gewicht und
2. findet man ihn dadurch im LV natürlich besser. (Ihr wisst schon.)
1) Der erste einigermaßen passende Artikel, auf dem er Erstautor war, war schnell gefunden. Da ich in der Bib saß, hatte ich auch ratzfatz das PDF. Aber dort war er gar nicht Erstautor, sondern stand nur auf 2 (von 4).
2) Hm, weiter gesucht. Beim nächsten infrage kommenden Artikel stand er als alleiniger Autor drauf (im Online-Verzeichnis der Uni). Auf dem PDF war er aber nur 2. hinter einem Doktoranden.
3) Dann ein Buch. Er Erstautor laut Uni-Verzeichnis. Doch im Buch sah ich, dass er nur "Herausgeber" war. Er hat das gar nicht selbst geschrieben, sondern das ist ein Sammelband voller Artikel (anderer Leute). In der Angabe des Uni-Verzeichnisses stand aber nichts von "Hsg" o.ä.
4) So ging das noch 4x weiter. Immer fand ich ihn als Erstautor im Uni-Verzeichnis und sah dann im Original, dass die Plätze vertauscht wurden oder der eigentliche Erstautor "vergessen" wurde. Ich war baff. Am Ende meiner Recherche habe ich tatsächlich nichts von ihm in der Hand gehabt, wo er wirklich Erstautor war. Da war nichts. Ich habe immer Screenshots gemacht vom Uni-Verzeichnis und dann vom PDF wo man den Unterschied sehen kann.
Jetzt zu meinen Fragen. Ist das Betrug im Sinne von BETRUG oder nur eine Bagatelle im Sinne von schlampiger Uni-Verzeichnispflege? Letzteres würde ich noch verstehen, wenn er auf seiner HP "seine" Publikationen richtig ausweisen würde und er mit dem Verzeichnis nichts zu tun haben würde. Aber er gibt das Verzeichnis ja selbst als Ort seiner Publikationsliste an. Er muss also ein Interesse daran haben, dass es Qualität hat.
Die Sache hat noch einen weiteren Aspekt. Er ist W2-Professor. Ja, ich weiß, die sind selten an der Uni. Er hat auch nicht habilitiert, aber mir geht's um was anderes: als W2 bekommt er ja Zuschüsse, je nach erbrachter Leistung. Und da zählen auch die Publikationen mit rein. Konkret: betrügt er auch noch die Uni um Geld, dadurch dass er für "Leistungen" einen Zuschuss bekommt, die er nicht erbracht hat?
Und nicht vergessen: der ist mein (offizieller) Betreuer. Toll, oder? War eine SUPER Idee von dem anderen Prof. mich recherchieren zu lassen. Nun stehe ich da. Habe keinen verwertbaren Artikel, aber einen Haufen falscher Literaturangaben gefunden. Wenn ich den jetzt nicht anschwärze bin ich Mitwisser und billige das. Schwärze ich ihn an, bin ich evtl. meinen Betreuer los und habe dann selbst auf einmal ein Problem. Das nennt man Lose-Lose-Situation.
Momos
(Der Gott des Nörgelns und Tadelns. Passt gerade irgendwie zu mir, finde ich.)
Zuletzt geändert von Sebastian am 12.03.2014, 22:24, insgesamt 4-mal geändert.
Grund: Betreff für Suchmaschinen u.ä. geändert.
Laplace

Re: Ist veränderte Erstautorenschaft Betrug?

Beitrag von Laplace »

Der wichtigste Rat erstmal zuerst: Ruhig bleiben :D Keine Panik bekommen, denn du hast sowieso nix falsches gemacht.

Ganz allgemein: Wenn mal irgendwo die Reihenfolge durcheinanderkommt oder sogar ein Autor mehr oder weniger dabei steht, kann das ganz banale Gründe haben. Wenn das gehäuft passiert, sieht es natürlich blöd aus.

Was deinen Betreuer angeht: Ob er etwas falsches gemacht hat, ist erstmal nicht einfach festzustellen. Du kannst vermutlich nicht einfach überprüfen, wer dieses Verzeichnis angelegt hat. Sollte dieser Prof das vorsätzlich gemacht haben, ist das natürlich hochgradig unredlich.

Was musst du machen? An deiner Stelle würde ich erstmal nichts machen, in jedem Fall den Ball Flach halten und nicht gleich von erschlichenen Zuschüssen o.ä. reden. Gewinnen kannst du vermutlich wenig, da hast du recht. Für "Mitwisserschaft" von gemogelten Publikationslisten wird man in der Regel weder gesteinigt noch gehängt.
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Re: Ist veränderte Erstautorenschaft Betrug?

Beitrag von Zwonk »

Hm, vielleicht ist das in Deinem Fach so, ich kann es nicht beurteilen, aber deshalb frage ich aus Interesse nochmal nach: Ist es denn wirklich so dringend, den Betreuer zu zitieren? Ich habe in meiner Dissertation z.B. meinen Zweitbetreuer gar nicht zitiert und ich denke nicht, daß man mir den Kopf deswegen abreißen wird. Was wäre denn zu befürchten, wenn Du ihn einfach nicht im Literaturverzeichnis hast? Abgesehen davon, daß "Ich zitiere ihn, weil er mein Betreuer ist" eigentlich nicht der Sinn der Sache von Literaturangaben ist, müßtest Du Dir dann doch keine Gedanken mehr drüber machen, wer wo Erstautor ist und warum das auf irgendwelchen Webseiten anders dargestellt wird.
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flip
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Re: Ist veränderte Erstautorenschaft Betrug?

Beitrag von flip »

Hmm... dein Prof hat überhaupt keinen Einfluss auf die genaue Eingabe in die Datenbank und das System listet automatisch den gesuchten Autor als Erstautor auf?

Ansonsten:

Wenn es Publikationen sind, dann sind sie auch irgendwo erschienen. Kannst du nicht einfach ein externes System verwenden? Hier bspw.: http://www.sciencedirect.com/
DoneXY

Re: Ist veränderte Erstautorenschaft Betrug?

Beitrag von DoneXY »

Momos hat geschrieben:Ein anderer Prof. las eine meiner letzten Veröffentlichungen und gab mir den Tipp, meinen Betreuer bei meiner nächsten mit ins Literaturverzeichnis aufzunehmen.
Nach meiner mündl. Prüfung im Rahmen meines Promotionsverfahrens forderte mich mein DV und Erstprüfer auf, in der Druckfassung meiner Diss den Zweitprüfer zu zitieren und nannte mir auch gleich eine entsprechende Veröffentlichung. Allerdings passte die auch sehr zu meinem Thema!

Ich bin mir nicht sicher, ob der von Dir genannte Prof. seinen Rat so meinte, dass Du Deinen DV ihn zitieren sollst, auch wenn es inhaltlich nicht wirklich passt. Zumindest klingt Dein "irgendwie" so, als würde es inhaltlich nicht wirklich zusammengehen. Das wird er dann auch selber wissen, dass seine Reputation an anderen Themen hängt.

An meinem Fachbereich waren die Profs übrigens sehr unbescheiden, was ihre Leistungen anging. Da wurde schon mal mit dem Zaunpfahl gewunken, in welches Werk die Nase zu stecken ist.
Momos hat geschrieben:Momos
(Der Gott des Nörgelns und Tadelns. Passt gerade irgendwie zu mir, finde ich.)
Naja, für einen Gott stellst Du recht profane Fragen.
Momos

Re: Ist veränderte Erstautorenschaft Betrug?

Beitrag von Momos »

Hallo Leute,

danke für die Antworten. Ich versuche mal auf die genannten Punkte einzugehen.

1) Nein, ihn zu zitieren ist keine Pflicht. Es wäre kein formales Problem, wenn er nicht erscheinen würde. Wenn ich nichts verwertbares finde, werde ich ihn auch nicht zitieren (können). Wahrscheinlich zielt die Empfehlung des anderen Profs darauf ab, dass sich die Frage stellt, warum ER mich betreut und ob er auf diesem Gebiet überhaupt ausgewiesen ist. Anscheinend nicht, wenn er nichts zitierbares vorzuweisen hat. Sobalb man ihn zitiert, ist man diese Debatte los. In diesem Kontext ist das wohl zu sehen.

2) Ob er das Verzeichnis selbst pflegt, weiß ich nicht. Insofern ist es möglich, dass da jemand anderes schlampig war. Da er aber darauf verweist, gehe ich einmal davon aus, dass er solche Fehler finden und korrigieren lassen würde. Also ich würde das prüfen, wenn es meine Liste wäre, so meine ich das. Dass da jetzt dennoch falsche Angaben drin stehen, finde ich merkwürdig.

3) Ja, ich werde den Ball flach halten. Aber ein bitterer Nachgeschack bleibt.

4) Ob ich ein Gott bin (oder mich als solcher sehe)? Ich bin Doktorand. Ich glaube, es gibt nur wenige, die weiter von Göttlichkeit entfernt sind, als ich. Eigentlich bin ich Kofferträger, Türaufhalter und Gaderobenständer. Manchmal bin ich auch die Kaffeemaschine. Aber hier in der virtuellen Welt, im CYBERSPACE, da habe ich mir einen göttlichen Namen verpasst. Warum? Weil's geht.

Dank und Grüße
Momos
DoneXY

Re: Ist veränderte Erstautorenschaft Betrug?

Beitrag von DoneXY »

Momos hat geschrieben:1) Nein, ihn zu zitieren ist keine Pflicht. Es wäre kein formales Problem, wenn er nicht erscheinen würde. Wenn ich nichts verwertbares finde, werde ich ihn auch nicht zitieren (können). Wahrscheinlich zielt die Empfehlung des anderen Profs darauf ab, dass sich die Frage stellt, warum ER mich betreut und ob er auf diesem Gebiet überhaupt ausgewiesen ist. Anscheinend nicht, wenn er nichts zitierbares vorzuweisen hat. Sobalb man ihn zitiert, ist man diese Debatte los. In diesem Kontext ist das wohl zu sehen.
Ich hätte jetzt gedacht, es ginge um mögliche Eitelkeiten Deines DV. Der Fachwelt wird es egal sein, ob Du ihn zitierst oder nicht. Sie ist mit dem Thema so vertraut, dass die (fehlende) Reputation Deines DV auf diesem Gebiet ohnehin bekannt ist. Den möglichen Gedanken: "Warum betreut denn der X eine Diss zum Thema Y?", wirst Du nicht mit einem Literaturhinweis ausräumen können.

Ich denke ohnehin, dass es nicht unüblich ist, dass betreute Dissertationen über den Fachhorizont des DV/der DM hinausgehen. Das Problem sehe ich eher darin, dass in diesen Fällen die Betreuer die Promovierenden nur schwer davor bewahren können, sich inhaltlich/methodisch auf zu dünnes Eis zu begeben, da mögliche Bruchstellen nur von Experten gesehen werden.
Sebastian
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Re: Ist veränderte Erstautorenschaft Betrug?

Beitrag von Sebastian »

DoneXY hat geschrieben:
Momos hat geschrieben:1) Nein, ihn zu zitieren ist keine Pflicht. Es wäre kein formales Problem, wenn er nicht erscheinen würde. Wenn ich nichts verwertbares finde, werde ich ihn auch nicht zitieren (können). (...)
Ich hätte jetzt gedacht, es ginge um mögliche Eitelkeiten Deines DV. (...)
Momos, Deine Erkenntnisse aus der Literaturrecherche deuten m.E. eher darauf hin, dass Dein DV auf Eitelkeiten großen Wert legt als dass es ihm gleichgültig wäre.
Daher würde ich mich sehr bemühen, ein oder besser: mehrere geeignete Werke aufzustöbern, in den Zitaten unterzubringen und es nicht darauf ankommen zu lassen. Anders als eine unterschlagene Quelle oder eine manipulierte Autorschaft in der Veröffentlichung finde ich ein überflüssiges Zitat völlig unschädlich. Warum also eine solche kleine Höflichkeit verweigern?
Den Zaunpfahl-Wink kenne ich aus meinem Umfeld auch sehr gut, nachdem die Kandidatin zufällig überhaupt kein Werk ihres Betreuers zitiert hatte - er stand sogar nach der informellen Ersteinreichung als Bemerkung am Rand (Professor X: "Hier fehlt ein Beleg. Siehe z.B. das Grundlagenwerk von X, S. YZ!").

Zu Deiner Ausgangsfrage: Ich würde es als nachlässige Verzeichnispflege betrachten und für mich behalten, denn im Zweifel kommt bei einer Überprüfung unwiderlegbar heraus, dass die im Univerzeichnis benutzten Angaben von der Sekretärin des Profs (alternativ: einer wiss. Hilfskraft) stammten, die keine Ahnung davon hat, dass es auf die Reihenfolge ankommt und natürlich nicht vom Prof selbst.

Viel Erfolg!

Sebastian
Ob ich ein Gott bin (oder mich als solcher sehe)? Ich bin Doktorand. Ich glaube, es gibt nur wenige, die weiter von Göttlichkeit entfernt sind, als ich. Eigentlich bin ich Kofferträger, Türaufhalter und Gaderobenständer. Manchmal bin ich auch die Kaffeemaschine. Aber hier in der virtuellen Welt, im CYBERSPACE, da habe ich mir einen göttlichen Namen verpasst. Warum? Weil's geht.
:lol: :lol:
Momos

Re: Falsche Angaben zu Erstautorschaft im Uni-Verzeichnis

Beitrag von Momos »

Dank an alle Beitragenden. Ich hoffe, dieser Beitrag hilft ab sofort auch anderen, die ihn finden und in einer ähnlichen Situation stecken.

*sich zurück zur Arbeit trollend*
Momos
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