Sehr lange studiert, lange promoviert, Druck vom Doktorvater

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DoneXY

Re: Sehr lange studiert, lange promoviert, Druck vom Doktorv

Beitrag von DoneXY »

@Amalia und Meggy, ich habe den Eindruck, ihr tut bienah unrecht:
bienah hat geschrieben:Wenn die restliche Lebensplanung die nötigen Kapazitäten für eine Dissertation nicht freilässt, dann sollte man es meiner Meinung nach bleiben lassen.
Ohnehin kommt es mir langsam wie ein Déjà-vu vor, da ich einen zumindest scheinbar ähnlichen "Fall" in meinem Bekanntenkreis hatte. Eine Doktorandin, die ihre Tage damit verbrachte, ihren Ehemann (karrieremäßig 'unhinterfragbar' stark eingespannt!) den Rücken freizuhalten und die gemeinsamen Kinder aufzuziehen. Da blieb keine Zeit für Diss. Interessanter Weise wurde als "Diss-Verhinderer" von ihr nicht der eigene Ehemann ausgemacht, obwohl er es war, sondern der DV.
Mathematikus
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Re: Sehr lange studiert, lange promoviert, Druck vom Doktorv

Beitrag von Mathematikus »

Meggy hat geschrieben:@Amalia :blume:
DANKE! Wollte eben was ähnliches schreiben - dieses ganzes Hop-oder-Top finde ich persönlich eine ziemlich furchtbare Einstellung/Entwicklung/Denke. Es muss doch auch möglich sein, anspruchsvolle "Karrieren" (Wissenschaft, Top-Positionen) als Frau mit Kindern zu kombinieren. Natürlich muss der entsprechende Eigen-Wille und Elan da sein und natürlich muss der Partner stützen.
Ich denke durchaus, dass ich der Wissenschaft mit meiner Arbeit einen gewissen "Zuwachs" bescheren werden - ich habe selbst aber nunmal die Kinder-Phase damit verbunden, daher dauert es eben etwas länger als ohne. Allerdings auch nicht so wahnsinnig merklich, wenn ich mir kinderlose Kollegen anschaue :wink: Es bedeutet eben für *mich* persönlich einige Abstriche, sprich ich kann diversen Hobbies eben - gerade jetzt in der Endphase - nicht so nachgehen wie ich gerne würde. Ich habe eben keine 100%-Zeit für meine Kinder, was ich aber auch nicht dramatisch finde, da die "Große" in der Kita und der Kleine beim Elternzeit-Papa sehr glücklich sind und mir die regelmäßige Arbeitszeit bescheren. Und ja, insgesamt habe ich damit wohl einige Workload mehr als ohne Kinder, da ich oft auch abends oder in spontanen Frei-Minuten eben mal schnell an der Diss sitze. Aber das war ja durchaus eine bewusste Entscheidung.
Ich bin sehr froh dass mein DV da anders denkt als @bienah, denn wie gesagt - ja, ich werde länger brauchen (vielleicht insg. 1 Jahr) - als kinderlose Kollegen, aber ich werde mein Feld eben durchaus auch bereichern. Natürlich bedeutet das für meinen DV insofern Abstriche, als dass momentan noch eine Elternzeit-Vertretung für mich da ist und die Projekte nicht ganz so zügig laufen wie anders. Aber offenbar sind ihm meine Ergebnisse und das, was ich trotzdem wenn auch langsamer erreiche, wichtig genug als dass er mich da sehr offensiv unterstützt.
Zum Eigen-Willen bzw. Elan möchte ich noch etwas anmerken: Genau das ist für mich der springende Punkt. Wenn ich voll dahinter stehe, mir das wichtig ist und ich das unbedingt durchziehen möchte, dann finde ich die Zeitfenster. Dann sehe ich das nicht als Zeiträuber. Im Gegenteil. Ich für mich sehe die Diss. als mein "Hobby" (bitte jetzt nicht schreien), nämlich als etwas, das ich gern mache, das meine Zuflucht im Alltag ist, dass Futter für meinen Kopf ist, das meins ist. Und dann mache ich es auch gerne und freue mich über jedes Buch, das ich in der Hand halte, über jede Minute, die ich recherchieren kann. Ja, auch Tiefs gibt es, aber ich denke, die fühlen sich nochmal anders an, als wenn man die Arbeit als Klotz am Bein, als grausame Arbeit, als Zeiträuber betrachtet.
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flip
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Re: Sehr lange studiert, lange promoviert, Druck vom Doktorv

Beitrag von flip »

Meggy hat geschrieben:@Amalia :blume:
DANKE! Wollte eben was ähnliches schreiben - dieses ganzes Hop-oder-Top finde ich persönlich eine ziemlich furchtbare Einstellung/Entwicklung/Denke. Es muss doch auch möglich sein, anspruchsvolle "Karrieren" (Wissenschaft, Top-Positionen) als Frau mit Kindern zu kombinieren. .
Hmm, in der Biologie, mit drei Kindern und festem Standort? - Nein. Aber ich glaube, die langfristige Perspektive scheint blueocean eh ein wenig zu fehlen.

Und eine Diss ist eben genau deshalb nur bedingt ein einfacher Job, weil sie sich eben nicht planen lässt und sehr viel strukturelle Eigenverantwortung abverlangt. Am wenigsten aber ist is sie ein... Hobby.
Dann soll man meinetwegen ein Buch schreiben.
barbara
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Re: Sehr lange studiert, lange promoviert, Druck vom Doktorv

Beitrag von barbara »

Meine Diss ist ein Hobby!!! Darauf bestehe ich. Es ist ein schönes Hobby!

Hobby heisst für mich: unabhängig, unbezahlt, aus eigenstem Interesse. Falls ich hinschmeisse, weil ich auch zeitliche Probleme habe (bin mehr als voll berufstätig und ein bisschen zu schnell und zu hoch auf der Karriereleiter geklettert) war es trotzdem jede Minute wert. Falls ich nicht hinschmeisse, hab ich halt länger gebraucht als andere. So what.

Also: 30 min pro Tag ist zu wenig. Ich arbeite zwar manchmal wochenlang nicht an der Diss, aber dafür dann eben auch mal 2 Wochen am Stück (Urlaub) oder ein ganzes Wochenende.

Sprich offen mit Deinem DV. Vielleicht kann er damit leben, in Dich nicht mehr viel zu investieren, aber wohlwollend abzuwarten, ob von Dir was kommt. Mein DV hat insgesamt nun vielleicht 20 h in mich hineingesteckt (1-2 h pro Vierteljahr und ein paar mal Gegenlesen/mails). D.h. sein Aufwand hält sich in Grenzen. Er betreut effektiv und gut. Es gab zu Beginn eine klare Vereinbarung "keine Verpflichtung, für beide Seiten nicht". Ich kann aufhören, er kann aufhören.

Was Du sicher nicht bist: Der hoffnungsvolle Nachwuchsforscher der den Ruf seines Lehrers vermehrt. Das musst Du akzeptieren, andere werden zu mehr Tagungen gehen, mehr Vorträge halten und noch das ein oder andere Projekt zusätzlich bekommen. Sei nicht gekränkt, wenn das bei Dir nicht so ist, Du hast andere Prioritäten gesetzt, das ist dein gutes Recht.

Und über Familienorganisation sag ich lieber nichts, ich hab keine Kinder. Ich denke nur: Kinder sind KEIN Hobby. Es ist die volle Verantwortung, etwas, das man nicht einfach aufhören kann oder mal beiseitelegen. Respekt vor euch Eltern hier!
18. apr 2011;31. Dec 2013;f;hoffentlich klüger!
MoniqueS

Re: Sehr lange studiert, lange promoviert, Druck vom Doktorv

Beitrag von MoniqueS »

Ich habe in meinem Posting eine "Hop oder Top"-Lösung vorgeschlagen, will mich aber ganz deutlich distanzieren (als wissenschaftlich-berufstätige, promovierende Mutter mit ebenso berufstätigem Mann :wink: ) von dem "Kind und Karriere lässt sich nicht vereinen". Ich bin davon überzeugt, dass sich das vereinbaren lässt!!!
Ich beziehe mich auf die geschilderte Situation: Die Situation der Themenstarterin, so wie sie derzeit ist (wenig Kinderbetreuungsressourcen, Mann entlastet nicht, dem Mann zusätzlich zuarbeiten, 30 Minuten Arbeitszeit für eigenes Dissprojekt) lässt meiner Meinung nach tatsächlich die Frage zu, ob es unter den derzeit gegebenen Umständen nicht besser wäre, über Hop oder Top nachzudenken. Hop meint dann aber auch, den eigenen Alltag umzustrukturieren und umzuplanen. Denn hier glaube ich tatsächlich, das nicht "alles" geht. Und zwar im Sinne des alten Coachingtricks: Nimm eine Münze. Kopf ist weitermachen, Zahl ist Projekt abrechen. Noch während die Münze in der Luft ist, wirst du die Antwort wissen, die erscheinen soll.... :wink:
DoneXY

Re: Sehr lange studiert, lange promoviert, Druck vom Doktorv

Beitrag von DoneXY »

barbara hat geschrieben:Sprich offen mit Deinem DV.
Das Problem ist doch, dass die Promotion unter völlig falschen Voraussetzungen begonnen wurde, da sie zu besseren Chancen auf dem Arbeitsmarkt führen soll.

BlueOcean sieht sich als eine „Ungelernte“, obwohl sie eine akademische Ausbildung hat. Allerdings fehlt ihr Berufserfahrung. Eine Promotion ist lediglich eine Weiterqualifizierung, die wiederum keine Erfahrung auf dem Arbeitsmarkt bringt.

Ein weiteres Problem ist, dass für nahezu jede Tätigkeit, bei der eine Promotion keine ‚anstellungsverhindernde’ Überqualifikation ist, überwiegend Bewerber_innen bevorzugt werden, die eher karriere- als familienorientiert sind. Die lange Bearbeitungszeit macht jedoch die Familienorientierung deutlich.

Kleines Rechenbeispiel: Üblicherweise wird mit einer halben Stelle promoviert. Angenommen unter diesen Bedingungen wird tatsächlich 20h in der Woche an der Diss gearbeitet. Bei BlueOcean sind es 0,5h/Tag also 2,5h/Woche – das wäre die achtfache Bearbeitungszeit! Selbst aus einem notwendigen Jahr würden so acht!

Das ist natürlich eine rein theoretische Perspektive, die jedoch die zeitlichen Dimensionen zumindest andeutet. Auch wenn BlueOcean bei ihrer Diss deutlich schneller voranschreitet und ein bedeutender Teil der Arbeit bereits erledigt ist, es ist vermutlich noch ein langer Weg.

Angesichts dieser Dimension sehe ich das Grundproblem überhaupt nicht beim DV, sondern bei der familiären Arbeitsteilung. Böse gefragt: Wieso soll der DV mehr Verständnis für die Lebenssituation der Doktorandin aufbringen als ihr Ehemann? Sie verzichtet doch zu Gunsten ihres Mannes auf berufliche Optionen und hält ihm den Rücken frei.

Es ist doch der DV, der darauf insistiert, BlueOcean müsse auch an sich denken. Gerade vor dem Hintergrund, dass sie den Anspruch hat, dass ihre Diss sie auch für den Arbeitsmarkt qualifizieren soll, kann seine Haltung auch als verantwortungsvoll interpretiert werden.
BlueOcean hat geschrieben:* Am Schlimmsten wäre es nach all dem Stress und all der Zeit, die ich meinem Studium und der Promtion geopfert habe, plötzlich ohne alle dazustehen - wie eine Ungelernte... Gedankenkarussel
BlueOcean hat geschrieben:Kann ich meine Hoffnung auf einen halbwegs anständigen Job ohne Promotion vergessen? Ich will nicht die große Karriere, nur irgendwas "normales".
BlueOcean hat geschrieben:Beim Arbeitsamt riet man mir zur Promotion, da meine lange Studienzeit ansonsten die Arbeitssuche erschweren würde
BlueOcean hat geschrieben:* Mein Mann kann mich wirklich nicht unterstützen, im Gegenteil: ich muss ihm "zuarbeiten" - z.B. seine Anzüge in die Reinugung bringen, wenn er seine Kollegen einladen will, alles organisieren, diese ganzen Kleinigkeiten. In seiner Firma sind die meisten kinderlos mit Hausfrau zuhause, sagt eigentlich alles. Die Frauen scheinen mir dort sozusagen eingeplant, weil ein Mensch die Arbeitsbelastung dort allein nicht schafft
* Er kann auf keinen Fall eine Berufspause machen
MoniqueS

Re: Sehr lange studiert, lange promoviert, Druck vom Doktorv

Beitrag von MoniqueS »

DoneXY hat geschrieben:Böse gefragt: Wieso soll der DV mehr Verständnis für die Lebenssituation der Doktorandin aufbringen als ihr Ehemann?
Das finde ich sehr gut auf den Punkt gebracht!

Deshalb haderte ich in dem Zusammenhang auch mit dem Begriffs des "Hobbies Promotion": Es klingt so durch, als sei die Promotion (und damit berufliche (Weiter)qualifikation von BlueOcean "Nebengeplänkel" und die "echte Arbeit" geht von ihrem Mann aus (jetzt mal überspitzt formuliert).
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