Sehr lange studiert, lange promoviert, Druck vom Doktorvater

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Zwonk
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Re: Sehr lange studiert, lange promoviert, Druck vom Doktorv

Beitrag von Zwonk »

Hier die Stimme einer Nichtfrau ohne Kinder. Ich würde mich Delilahs Frage anschließen: Was spricht dagegen, alle mögliche Zeit und Energie zusammenzukratzen und die Diss fertigzumachen und dann noch ein Kind zu kriegen?

Ich könnte mir vorstellen, daß das sonst aus Arbeitgebersicht nicht so toll aussieht. Weniger wegen der Kinder an sich, sondern weil die nochmals bewußt in Kauf genommene Verlängerung der Disszeit halt wirkt wie "die bedingungslose Unterordnung des Beruflichen unter das Private." Das ist zwar menschlich durchaus nachvollziehbar, aber vermutlich wirkt es besser, wenn man trotz Kindern versucht, berufliche Projekte fertigzustellen. Die lange Studienzeit kann man wohl durch die ungeplante Schwangerschaft erklären und wohl auch noch das zweite Kind. Aber wenn man jetzt, quasi auf der Ziellinie, bewußt noch ein Kind bekommt, dann sollte man sich vielleicht eine plausible Erklärung dafür überlegen.
12. Dec 2016;01. Feb 2017;f;zum neuen Job!
MoniqueS

Re: Sehr lange studiert, lange promoviert, Druck vom Doktorv

Beitrag von MoniqueS »

Ich bin auch promovierende Mutter (die den Kinderwunsch gut nachfühlen kann... ;-) ) mit 80%-Stelle (ohne Diss-Bezug).....

Ich habe mich beim Lesen deines Textes mehrere Dinge gefragt, die ich dir einfach mal ungeordnet mitgebe, vielleicht kannst du damit ja etwas anfangen:
- Wie lange bräuchtest du realistisch noch bis zur Abgabe (gerechnet in "gefühlten" ganzen Arbeitstagen)?
- Hast du Lust auf die Diss., kannst du intrinsische Motivation aufbringen?
- Welcher Job schwebt dir einmal vor?
- Lässt es die finanzielle Situation zu, dir in irgendeiner Weise Entlastung zu schaffen: Tagesmutter (auch stundenweise), Arbeitszeitverkürzung deines Mannes etc.)?
- Musst du das tatsächlich alles allein schultern (2 Kinder, drittes in Planung, Dissertation, eigenes Berufsplanung)? Welche Rolle spielt dein Mann? Warum unterstützt du ihn und er hat nicht die Möglichkeit dazu, es dir gleichzutun? Wann "bist du dran"?
- Wie stark ist der Kinderwunsch? Kann man den Kinderwunsch vielleicht noch zwei Jährchen zurückstellen, bis du die Diss durch hast?
- Willst du mittelfristig überhaupt arbeiten gehen?
- Was sind deine Ziele?
- Wodurch sind deine Tage gefüllt, dass nur 30 Minuten für die Diss bleiben? Kannst du Umstrukturieren, Umbewerten?
- Kann dein Mann dich wenigstens am Wochenende entlasten, sodass du da ein paar Stunden hast?

Ich meine das alles nicht böse, sondern habe das Gefühl, bei dir ist alles sehr ungeordnet. Vielleicht gibt es irgendwo in deiner Nähe einer qualifizierte Berufsberatung für Nat.wissenschaftlerInnen oder du machst mal ein Coaching, um dir deiner Ziele und Vorstellungen bewusst zu werden?

Und noch ein Buchtipp (Titel ist etwas provokant, Buch ist aber ganz hilfreich finde ich): http://www.amazon.de/k%C3%B6nnte-alles- ... s+ich+will
Anne78
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Re: Sehr lange studiert, lange promoviert, Druck vom Doktorv

Beitrag von Anne78 »

Hallo Blue Ocean,
Mir kamen ähnliche Fragen wie MoniqueS, aber ich würde es erst einmal auf einen Fragenkomplex zuspitzen:
- Was ist Dein aktuelles Interesse an der Diss? Möchtest Du sie wirklich zuende bringen?
- Was ist Dein mittelfristiger Plan? Hast Du vor, wieder arbeiten zu gehen - also: Willst Du das? Wenn ja, dann in Deinem Fachbereich oder lieber ganz woanders?

Davon hängt aus meiner Sicht alles Weitere ab.
Warum ich das sage: Du wirst die Diss nur zuende bringen, wenn Du voll dahinter stehst, es also wirklich willst, und wenn Ihr organisatorisch einiges ändert - egal, ob Kind nr. 3 nun vor Einreichen der Diss kommt oder nicht. Ansonsten wird das immer hinten über fallen. In dem Fall halte ich es für schlauer, die Diss zu canceln (oder als Hobby weiter zu betreiben) und sich beruflich neu zu orientieren. V.a. wenn das mittelfristig sein soll, hast Du ja Zeit, kannst nach Alternativen schauen und ggf. entsprechende Schulungen/ Weiterbildungen machen.

Falls Du also die erste Frage mit "Ja ich will" beantwortest, hätte ich noch folgende Ideen:
- Dein Mann könnte für einige Monate Elternzeit nehmen - ganz oder in Teilzeit - und die Kinder und Haushalt betreuen, um Dir den Rücken freizuhalten.
- Schau Dich nach Betreuungsmöglichkeiten auch für das zweite Kind um. Mein (Einzel-)Kind geht halbtags in eine kleine Kinderkrippe (mit gutem Betreuungsverhältnis), seit er 15 Monate ist, und das bekommt ihm ausgesprochen gut. Einfach mal gucken.
- Wie sieht es mit den Großeltern/ Tanten/ Onkel der Kleinen aus? Können und wollen die vielleicht regelmäßig ihre Enkelkinder/ Neffen/Nichten betreuen?
- Freundinnen/ Freunde von Euch, andere Eltern…. , die mal für einen Nachmittag die Kinder nehmen?
Simona
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Re: Sehr lange studiert, lange promoviert, Druck vom Doktorv

Beitrag von Simona »

Hallo Blue Ocean,

viele haben schon vieles geantwortet, und ich habe eigentlich nichts Neues beizutragen, verfüge aber auch über entsprechende Erfahrung und antworte deshalb doch noch: auch ich habe drei Kinder, promoviere extern, mein Mann ist den ganzen Tag nicht da. Nachdem ich mittlere bis schwere Krisen hatte, habe ich mir einen Stundenplan gemacht, nach dem ich mich nun auch meistens strikt halte, was gut klappt. Dadurch kann ich auch bewusst Kinderzeiten einplanen, um kein (allzu) schlechtes Gewissen aufkommen zu lassen. Unser drittes Kind kam kurz nach Abgabe der Magisterarbeit, also auch ein bisschen ähnliche Situation: du musst auf jeden Fall versuchen, vor Ankunft des dritten Kindes so viel wie möglich zu schaffen. Über Job-Aussichten kann ich natürlich nichts sagen, aber letztendlich - wer kann das schon vorher? Aber bezügl. der Diss hat mich der Plan einfach gerettet, und selbst wenn du dann erstmal nur ganz wenig Zeit für die Diss einplanen kannst sobald noch ein BAby da ist ist es doch etwas, womit man planen und woran man sich (fest-)halten kann!

Alles Gute!
Simona
Wierus
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Re: Sehr lange studiert, lange promoviert, Druck vom Doktorv

Beitrag von Wierus »

Hallo,

was ich nicht ganz verstehe: warum macht der DV Druck, wenn du erst 2 Jahre promovierst? Nur weil du vorher lange studiert hast?
Das eine hat aber mit dem anderen nichts zu tun und eine Promotion in Vollzeit (d.h. nur Diss) dauert z.B. laut meiner Graduiertenschule "in der Regel 3-4 Jahre oder länger", d.h. du bist zeitlich betrachtet im dunkelgrünen Bereich. Vielleicht geht es deinem DV nur darum, dass du überhaupt schreibst, denn die meisten NaturWiss sind ja weniger auf schriftliche Arbeiten wie 10-20seitige Hausaufsätze ausgelegt, d.h. man kann die Schreibfertigkeiten bei euch nicht so gut einschätzen. Gib ihm doch eine Kostprobe deines Schriebs, vllt. ist er dann beruhigt?

Gruß
BlueOcean

Re: Sehr lange studiert, lange promoviert, Druck vom Doktorv

Beitrag von BlueOcean »

Danke allerseits. Versuche kurz eure Fragen zu beantworten.

* Ich mag mein Fach und komme fachlich mit der Promotion gut zurecht
* In letzter Zeit ist meine Einstellung gegenüber der Promotion jedoch oft negativ, da sie meinen Kindern die Zeit stiehlt
* Am Schlimmsten wäre es nach all dem Stress und all der Zeit, die ich meinem Studium und der Promtion geopfert habe, plötzlich ohne alle dazustehen - wie eine Ungelernte... Gedankenkarussel
* Mein Mann kann mich wirklich nicht unterstützen, im Gegenteil: ich muss ihm "zuarbeiten" - z.B. seine Anzüge in die Reinugung bringen, wenn er seine Kollegen einladen will, alles organisieren, diese ganzen Kleinigkeiten. In seiner Firma sind die meisten kinderlos mit Hausfrau zuhause, sagt eigentlich alles. Die Frauen scheinen mir dort sozusagen eingeplant, weil ein Mensch die Arbeitsbelastung dort allein nicht schafft
* Er kann auf keinen Fall eine Berufspause machen

Mein DV kann meine Situation leider nicht verstehen. Beim ihm hat Karriere die alleroberste Priortät, alles andere ist für ihn Charakterschwäche. Er hat auch alles in Rekordzeit durchgezogen und findet daher dass ich nach zwei Jahren schon sehr viel weiter sein müsste. Er hat nicht in Deutschland studiert und promoviert, sondern im Ausland, wo die Frauen nach seiner Aussage emanzipierter sind... das heisst der ist auch so ein bisschen missionarisch. Er sieht einen Makel bei den deutschen Frauen und versucht diesen auszugleichen indem er mich "triezt". Sehr sympatisch und wir sind ein bisschen "befreundet", aber unsere "Weltsicht" ist da leider sehr verschieden. Er hat meine als "falsch" gelabelt.
Ich fühle mich davon unter Druck gesetzt. Das habe ich auch versucht ihm vorsichtig klar zu machen, aber ohne Erfolg.
BlueOcean

Re: Sehr lange studiert, lange promoviert, Druck vom Doktorv

Beitrag von BlueOcean »

Ich würde sehr gerne meine Promotion wie ein "Hobby" nebenher betreiben. Jedoch sehe ich keine Möglichkeit, dass mein DV das jemals akzeptieren würde.
DoneXY

Re: Sehr lange studiert, lange promoviert, Druck vom Doktorv

Beitrag von DoneXY »

BlueOcean hat geschrieben:In letzter Zeit ist meine Einstellung gegenüber der Promotion jedoch oft negativ, da sie meinen Kindern die Zeit stiehlt
Ganz ehrlich: Wenn ich mich richtig erinnere, hast Du pro Tag nicht mehr als eine halbe Stunde für Deine Diss. Ich verstehe nicht, wie Du Dir Deine Dissertation vorstellst. Soll die sich selber schreiben? Das klang jetzt vielleicht hart, doch ich habe große Schwierigkeiten, Deine Ansprüche den Kindern gegenüber, mit dem Vorhaben einer Promotion zu vereinbaren. Wie soll das beides gehen? Tatsächlich wirken Deine Ausführungen so auf mich, als würdest Du für Mann und Kinder alles aufgeben.
BlueOcean hat geschrieben:Ich würde sehr gerne meine Promotion wie ein "Hobby" nebenher betreiben. Jedoch sehe ich keine Möglichkeit, dass mein DV das jemals akzeptieren würde.
Es ist vielleicht auch nicht zu vereinbaren, wenn er Dir "professionell" gegenübertritt und auch entsprechend Zeit in Betreuung investiert, während Du ein "Hobby" betreiben möchtest. Möglicherweise muss ihn das frustieren.

Ganz allgemein: Ich erlebe den Uni-Betrieb als sehr karriereorientiert und würde vermuten, dass Du mit Deinen Ansprüchen dort auch bei anderen DM und DV auf Probleme stoßen wirst. Es mag hierbei graduelle Unterschiede zwischen Deutschland und dem Herkunftsland Deines DV geben, aber einen generellen Unterschied erwarte ich nicht.
Amalia

Re: Sehr lange studiert, lange promoviert, Druck vom Doktorv

Beitrag von Amalia »

Liebe BlueOcean,

ich kann es gut verstehen, dass Dir Deine Kinder sehr wichtig sind und Du ihnen viel Zeit schenken möchtest.
Allerdings kann ich auch nachvollziehen, dass Dein DV Deinem Vorhaben kritisch gegenüber steht, die Diss als Hobby mit einem Zeitaufwand von max. 30 Minuten täglich zu ende zu schreiben. Wissenschaft kann man nicht im luftleeren Raum betreiben, sie steht (und entsteht) immer im Kontext zu dem, was andere Wissenschaftler tun. Einige Teile kann man nicht einfach so für sich und aus seiner eigenen Arbeit herausschreiben. Forschungsstand, Diskussion u.ä. stehen in engem Zusammenhang mit den Ergebnissen anderer Forschung. Ich befürchte, dass man in 30Min täglich es noch nicht einmal schafft, nachzuvollziehen, was die anderen gerade machen und hinsichtlich der aktuellen Publikationen auf dem Laufenden zu bleiben; und dass Schreiben der eigenen Arbeit kommt dann ja erst noch obendrauf. Und selbst wenn die Arbeit irgendwann fertig ist. Eine Arbeit über Experimente / Forschungen, die vor Jahren abgeschlossen wurden und die damals aktuelle waren, sind es dann zumeist nicht mehr, weder hinsichtlich des Themas selbst noch hinsichtlich der Methode, des Forschungsdesigns, etc. Man muss sich nicht hetzen lassen, aber man kann tatsächlich einfach zu langsam sein und von der Forschung anderer überrollt werden. Insofern ist die Forderung Deines DV, dass Du mehr Zeit für die Diss aufwenden musst, tatsächlich nicht unberechtigt.
Ich verstehe, dass es für Dich nicht einfach ist, Dir Freiräume für die Diss zu schaffen, aber ich fürchte, anders wird es nicht gehen. Eine Diss ist eben doch kein normales Hobby.
Alles Gute!
A.
Mathematikus
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Registriert: 28.06.2013, 14:53
Status: Eingereicht

Re: Sehr lange studiert, lange promoviert, Druck vom Doktorv

Beitrag von Mathematikus »

BlueOcean hat geschrieben:Ich würde sehr gerne meine Promotion wie ein "Hobby" nebenher betreiben. Jedoch sehe ich keine Möglichkeit, dass mein DV das jemals akzeptieren würde.
Ich sehe meine Diss auch "als Hobby", das heißt, sie hat neben Arbeit und 3 Kindern nicht oberste Priorität. Dennoch bin ich aber bereit, VIEL Zeit und zwar mehr als eine halbe Stunde täglich zu investieren. Auch das geht mit Kindern, ohne dass sie ihnen Zeit stiehlt. Es ist eine Frage der Einteilung. Management ist alles :) Wenn dir die Diss wichtig ist, wirst du auch gerne deine Zeitplanung umstrukturieren versuchen. Was machst du abends, wenn die Kinder schlafen? Hier ist ab etwa 19 Uhr Ruhe und dann habe ich noch 3 Stunden, bis ich zu Bett gehe. In dieser Zeit lese ich meine Literatur, surfe im Internet zu relevanten Themen oder schreibe. Dafür schaue ich nie fern :lol:
7. Jan 2018;2. Feb 2018;c;Semesterferien
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