Promotionsniedergang

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Anne78
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Re: Promotionsniedergang

Beitrag von Anne78 »

@
Renegade hat geschrieben: Wahrscheinlich ist es wie so oft immer noch am Besten, bei der Wahrheit zu bleiben, die ja mMn durchaus plausibel ist - jeder, der mal im akademischen Umfeld tätig war, weiß ja, wie extrem man von seinem Betreuer abhängig ist - ein Abhängigkeitsverhältnis, das ansonsten in der Arbeitswelt einzigartig ist.
Das sehe ich wiederum überhaupt nicht so, sondern so wie DoneXY - es kommt immer schlecht an, wenn man über den vorherigen Arbeitgeber im Bewerbungsgespräch schlecht redet. Auch würde ich selbst niemals in meine Unterlagen schreiben, dass ich eine Promotion abgebrochen habe. Bei Nachfrage ist das etwas völlig anderes, da ist es schon gut, bei der Wahrheit zu bleiben, aber m.E. nicht aus einer Verteidigungshaltung heraus, sondern selbstbewusst. So etwas wie "Ich habe ein mögliches Promotionsprojekt bearbeitet, dann aber entschieden, es zu beenden" meinetwegen auch "aufgrund von unüberwindbaren inhaltlichen Differenzen mit dem betreuenden Professor habe ich es für besser angesehen, das Projekt nicht weiter zu verfolgen und das als Anlass genommen, mich beruflich noch einmal neu zu orientieren" fände ich z.B. angebracht.
Generell: Zum Problem kann bei Bewerbungen alles mögliche werden, dass man zu jung ist, zu alt, zu erfahren, zu unerfahren, zu selbstsicheres Auftreten, zu wenig arrogantes Auftreten, das Geschlecht, die Nase, etc. pp. - das hängt total von den Jobanforderungen und den Personen ab, die die Unterlagen sichten und Gespräche führen. Mach Heliotrop keine unnötige Angst.
algol
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Re: Promotionsniedergang

Beitrag von algol »

Renegade hat geschrieben:Sehe ich anders - ein Jahr Tätigkeit an der Uni kann man so vllt verkaufen, aber nicht drei. Wenn jemand drei Jahre an einer Uni als WiMi beschäftigt war und dann behaupten will, eine Promotion sein nichts für ihn, weshalb er auch keine angefangen habe (um die Wahrheit zu verschleiern), dann ist das mehr als auffällig - keiner bleibt freiwillig so lange an eine Uni beschäftigt (bei einer halben Stelle wird man ja auch nicht reich und das weiß doch jeder AG!), ohne dabei eine Promotion anzustreben.
Ich glaube, das ist fachspezifisch.
Ich kenne viele, die an der Uni gearbeitet haben/ arbeiten als WiMi aber nicht promovieren (wollen). Das ist in dem FB nicht unüblich. Die Stellen sind da gar nicht mal unbedingt für vorgesehen.
Ich hatte da aber auch mal irritierte Nachfragen in einem Vorstellungsgespräch von Leuten aus FB, in denen so was unüblich ist.
Renegade

Re: Promotionsniedergang

Beitrag von Renegade »

Ich kann nur vom naturwissenschaftlichen Bereich berichten und da gibt es quasi keine WiMis, die nicht promovieren (außer Postdocs natürlich :wink: ).

Ich habe auch nie gesagt, dass Heliotrop "abgebrochene Promotion" in seinen Lebenslauf schreiben soll - ich würde "Wissenschaftlicher Mitarbeiter" schreiben, auf Nachfrage im Gespräch aber die Wahrheit sagen ... das geht auch objektiv, ohne den alten AG/DV komplett durch den Dreck zu ziehen. Und wenn er im Gespräch dazu nicht näher ausgefragt wird, umso besser ;)
Anne78
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Re: Promotionsniedergang

Beitrag von Anne78 »

@Renegade: dann lagen wir da ja gar nicht so weit auseinander.
barbara
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Re: Promotionsniedergang

Beitrag von barbara »

Hi,
die wenigsten Personaler sind selbst promoviert, viele haben gar nicht studiert. Noch vor dem Personaler kommt das Sekretariat. Da ist die Arbeit als "Wissenschaftlicher Mitarbeiter" einfach eine drei Jahre lang ausgeübte Arbeit. Schlimmstenfalls gilt die Uni nicht als "richtige" Berufserfahrung, so wie ein Doktorand ja oft als eine Art "Dauerstudent" gilt.

ICH würde dem Bewerber die Frage stellen (wohl wissend das die Promotion die Regel ist) und rate nicht zur Lüge "wollte ich gargar nie" sondern zu einer klaren völlig rechtfertigungsfreien Aussage: Ja, hab ich angefangen, aber mir war recht schnell klar, dass ich in die Praxis / Anwendung will, nicht in die Wissenschaft. Ich hatte aber schöne Projekte/Lehraufträge (was auch immer) so dass ich in den 3 Jahren viel erreicht habe! Ich bin Spezialist für (dann Dein ehemaliges thema, immerhin hast Du Dich tief eingearbeitet!!)

-->weiss was er will, und ist loyal. Das reicht.

Auf gar keinen Fall von Deinem vorigen Brötchengeber schlecht reden!

Ganz entscheidend scheint mir aber Deine Selbstwahrnehmung. Blick vorwärts, keine Rechtfertigungsszenarien durchspielen. Auch nicht aufgesetzt den strammen Max markieren, sondern einfach mal Deinen Nachbarn anschauen, wie Du ihn wahrnimmst. Der ist vielleicht mal durch die Führerscheinprüfung gefallen, hat in der 10. eine Ehrenrunde gedreht, hat ein Studium abgebrochen oder ist wegen Ärger am Arbeitsplatz fristlos entlassen worden. Du siehst in ihm trotzdem in erster Linie einen Menschen und nicht einen Versager.
18. apr 2011;31. Dec 2013;f;hoffentlich klüger!
Heliotrop

Re: Promotionsniedergang

Beitrag von Heliotrop »

Liebe Forenmitglieder,

vielen Dank für die vielen hilfreichen Antworten, vor allem die von Barbara!Du hast es ziemlich schön auf den Punkt gebracht. Ich kann mich aber trotzdem nicht von davon lösen, mich wie ein Versager zu fühlen.......
Ich bin mir immer noch nicht sicher was ich tun soll: Einerseits hat mein alter Betreuer mir angeboten, dass Zweitgutachten für meine Arbeit zu übernehmen und gesagt, er würde sich einfach der Meinung meines anderen Betreuers anschließen.... Andererseits hat mir der Geschäftsführer unseres Instituts dringend davon abgeraten mich auf dieses Angebot einzulassen. (Ihm zu Folge, sei mein alter Betreuer ein unberechenbarer schwieriger Mensch, der seit seiner Anstellung nicht mehr wissenschaftlich tätig ist.)
Insgesamt könnte ich in den nächsten Monaten ca. 100 Seiten einreichen und darauf hoffen, dass mein alter Betreuer nicht "6" unter sein Gutachten schreibt......
Wie sind denn eure Arbeiten? Ist es schlimm an Stellen Vermutungen zu äußern?Kommt eine eingereichte und nicht bestandene Disstertation beim Arbeitgeber besser an, als nichts eingereicht zu haben?

Tut mir leid, dass ich in großen unregelmäßigen Abständen schreibe, im Augenblick schaffe ich es nicht mich überhaupt um irgendetwas zu kümmern.....
Heliotrop

Re: Promotionsniedergang

Beitrag von Heliotrop »

Liebe Forengemeinde,

ich schreibe jetzt noch einen allerletzten Beitrag zu diesem Thema, inzwischen ist das letzte Wort auch gesprochen worden:

Mein neuer Betreuer hat inzwischen mit meinem alten Betreuer Verbindung aufgenommen: Er ging mit dem Gefühl in das Gespräch, auf der anderen Seite auf offene Ohren und Erleichterung zu stoßen.Statt dessen erklärte ihm mein alter Betreuer, er würde mir - sofern ich mein Thema beibehalte - ein sehr schlechtes Gutachten schreiben. Für mich ist das Thema Promotion folglich komplett vorbei.
Ich fasse es immer noch nicht, dass ich drei Jahre meines Lebens dadurch verliere, dass mein alter Betreuer nicht dazu in der Lage ist einen Fehler zuzugeben......
FlimBeam
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Re: Promotionsniedergang

Beitrag von FlimBeam »

Mit Deinem alten Betreuer ist die Diss tatsächlich vorbei. Auch der zweite potentielle Betreuer scheint nicht genug Courage zu haben Dich zu Ende zu promovieren. Warum ist es überhaupt so wichtig, dass der alte Betreuer sein 'Ja' gibt? Warum hat der neue so viel Angst vor dem alten?Kann man nicht einfach einen anderen Zweitgutachter finden? Kannst Du nicht im Extremfall komplett die Uni wechseln? Nach drei Jahren einfach so aufzugeben erscheint mir tatsächlich als Verschwendung, aber nicht als Verschwendung Deiner Zeit, sondern als Verschwendung von Deinem Potenzial..
histosowi
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Re: Promotionsniedergang

Beitrag von histosowi »

Liebe/ r Heliotrop,

es tut mir leid, das zu hören :trost:
Du fühlst dich jetzt bestimmt schlimm.

Aber es gibt trotzdem noch die Möglichkeit, mit dem Thema "umzuziehen", an eine andere Uni.
Dann schenkst du einem neuen potentiellen DV reinen Wein ein - und reichst idealerweise dazu eine Empfehlung des anderen Profs mit ein (der, der dein Vorhaben gut fand).

Zu verlieren hast du jedenfalls damit nichts!

Andere Möglichkeit: nimm das Thema zu deinem anderen Prof mit (der "Nette", von dem du berichtet hast). Wenn dein alter, fieser DV dir dann ein schlechtes Gutachten schreibt: so what? Fechte das an oder lass von einem unabhängigen Gutachter noch ein weiteres Gutachten erstellen.

Zu verlieren hast du jedenfalls auch damit nichts!

Es kann nicht schlimmer werden, höchstens besser. Kommt natürlich drauf an, ob du die o.a. Wege noch zu gehen imstande bist...

Ich wünsche dir von Herzen alles Gute und viel Glück!
Heliotrop

Re: Promotionsniedergang

Beitrag von Heliotrop »

Liebe/r histowi,

die einzige Möglichkeit wäre, an eine andere Universität zu wechseln, ich bin mir aber sicher, keinerlei Schreiben von meinem einen Betreuer zu erhalten. Er sagte nur, dass für ihn dieses Experiment gescheitert sei.Ich dürfe zwar bei ihm von vorne anfangen, aber er wolle das nicht, schließlich würde man dann über ihn sagen, er würde Promovenden übernehmen, die es an einem anderen Lehrstuhl nicht geschafft hätten und er möchte meinem anderen Betreuer nicht sagen, dass dieser im Unrecht sei....Das waren die ersten Minuten dieses Trennungsgesprächs, anschließend gab es noch ein paar überflüssige Ratschläge und ich habe endlich erfahren,dass Arbeitslosigkeit eigentlich gar nicht so schlimm ist wie alle immer sagen etc......Ich solle einfach "frische Luft atmen und dann käme alles schon von alleine"(Pfffffffffffffffffffffffffffffffffffffffffffffffffffffffff................).
Irgendwo finde ich bestimmt noch einen Job, als Hausmeister o.ä, jedenfalls forciere ich das nach dieser Geschichte, oder in der Politik, bei der SPD finden ja sogar Pädophile etwas,...... immerhin fliege ich nicht ganz so tief wieder nach unten wie Schavan......
Vielleicht versuche ich es aber erstmal an der nächsten Tankstelle mit etwas Kleingeld für Fusel....
Hauptsache die Etikette wird unter diesen beiden Professoren gewahrt, kriegt eben nicht jeder - wie z.B damals Jan-Hendrik Schön- einen Tritt in den Schritt....
Gesperrt