Promotionsniedergang

Jahresarchiv
Heliotrop

Promotionsniedergang

Beitrag von Heliotrop »

Liebe Forengemeinde,

Ich möchte hier aus vielen Gründen nicht meine gesamte Geschichte ausformulieren, sondern lediglich das aus der Betreuung resultierende Problem angeben:

Ich promoviere nun gut seit 3 Jahren, bin zwar von den Noten her gesehen immer ein guter Student gewesen, aber lange kein Genie, trotz allem wurde ich gefragt, ob ich Interesse an einer Promotion besitzen würde. Mein Antwort war eher zögerlich, da ich weder von dem forcierten Gebiet etwas wußte, noch besonders angetan von der Person, die mich gefragt hatte, war. Letztlich entschied ich mich aber doch klar dafür zu promovieren.Ich wurde weder moralisch, noch fachlich unterstützt, sogar Bücher wurden mir anfangs weggenommen. Ich wurde verspottet wenn mir ein Begriff noch nicht geläufig war, und ich begann meinen Betreuer immer mehr zu fürchten und zu meiden. Ich bekam auf falsche Ausarbeitungen positive Antworten und umgekeht. Zeitweise teilte er mir seine Ablehnung sogar in einer Art und Weise mit, die mir dass Gefühl vermittelte, mein Betreuer hätte sich tagelang genau auf dieses Szenario vorbereitet. Als Neuling hatte ich natürlich große Verständnisprobleme, kam aber mit der Zeit immer besser voran. Irgendwann bekam ich Zweifel an der Richtigkeit der gegebenen Aufgabenstellung und wollte mit meinem Betreuer darüber reden. Ich wurde fertig gemacht und man teilte mir mit es sei Alles falsch, was ich mir dort überlegt hätte, und das ich eben nicht denken könne.....
Die letzte Situation wiederholte sich dann für mehr als 1.5 Jahre, meine Nervosität, trieb mich dazu, dass ich Kollegen nach ihrer Meinung bei gewissen Fragestellungen fragte. Ich bekam immer eine positive Anwort, besuchte daraufhin ermutigt meinen Betreuer, nur um wieder mitgeteilt zu bekommen, dass Alles falsch sei, was ich mir überlegt hatte.Allmählich wurde mir klar, dass ich an einer Depression erkrankte und ich dringend eine Änderung in meinem Leben bewirken müsse. Ich beschloss daher mich von der ursprünglichen Aufgabenstellung zu verabschieden - was mir wieder Spott einbrachte - und wendete ich mich an einen anderen Professor, welcher mir sofort bestätigte, dass meine Bedenken richtig gewesen seien. Er lies mich meine ursprüngliche Aufgabe so beenden, wie ich es mir vorgestellt hatte, gab mir eine weitere Aufgabe und versprach mich fertig zu promovieren, unter der Voraussetzung, mein Betreuer hätte keine Einwände - verbot mir allerdings meinen Betreuer mit seinen Einwände zu konfrontieren.....
Ich arbeitete, kam gut voran und gelangte wieder zu mehr Selbstvertrauen. Als ich dann ein halbes Jahr später um die Verlängerung meiner Stelle bat und meine Arbeit vorlegte, wurde mir mitgeteilt, dass wieder alles falsch sei, was ich erarbeitet hatte - obwohl es bereits von anderer Seite für gut befunden worden war - und das deshalb mein Vertrag nicht verlängert werde.....

Ich stehe nun an einem sehr kritischen Punkt......
Deshalb: Welche Chancen habe ich überhaut noch?
Sebastian
Admin
Beiträge: 1975
Registriert: 30.08.2006, 12:41
Status: Schon länger fertig
Hat sich bedankt: 31 Mal
Danksagung erhalten: 53 Mal
Kontaktdaten:

Re: Promotionsniedergang

Beitrag von Sebastian »

Au weia, das klingt wirklich sehr belastend!
Habe ich es richtig verstanden:
Dein eigentlicher Betreuer redet Deine Arbeit und Ergebnisse ohne nachvollziehbare Argumente in Grund und Boden - Du selbst und auch ein von Dir konsultierter anderer Prof sind aber der Meinung, dass Deine Arbeit mindestens in Ordnung ist?

Dann könnte man nun spekulieren, wo die Gründe für das Verhalten des Betreuers liegen könnten - oder überlegen ob/wie Du von Deinem Betreuer zu dem "guten" Prof wechseln kannst, oder?
Wichtig ist daneben natürlich auch, dass es Dir dabei gut oder zumindest nicht schlecht geht, denn ein Promotionsvorhaben mag seine Tücken und Durststrecken haben, aber sein Leben sollte man sich davon nicht ernsthafter beschädigen lassen.

Sebastian
Anne78
Beiträge: 4970
Registriert: 07.06.2012, 13:19
Status: Fertsch!
Hat sich bedankt: 2 Mal

Re: Promotionsniedergang

Beitrag von Anne78 »

@Heliotrop: Kannst Du nicht diese Gelegenheit nutzen, um zu dem anderen Professor als DV zu wechseln? Wahrscheinlich solltest Du Dir darüber hinaus auch Gedanken machen, wo Du außerhalb der Uni arbeiten könntest. Deine Geschichte hört sich so an, als seien das unhaltbare Zustände, die kaum zu ertragen sind. Sieh zu, dass Du da weg kommst! :blume:
Meggy

Re: Promotionsniedergang

Beitrag von Meggy »

Ich würde auch versuchen, vom Ursprungs-DV wegzukommen. Evtl. zu dem neuen Prof, der Deine Vorgehensweise abgesegnet hatte und die weitere Aufgabe angeregt hatte (oder ist das aus politischen "jeder kennt jeden" Gründen unvorstellbar). Oder zu einem ganz anderen? Klingt nicht so, als würdest Du bei Deinem jetzigen DV jemals den Fuß auf den Boden bekommen - wobei mir völlig unklar ist, wieso ein DV sich so krass verhält, man hat doch als Betreuer auch "normalerweise" ein Interesse an gut verlaufenden Arbeiten... Wenn Dein Vertrag jetzt eh hinfällig ist - kannst Du Dein Thema einfach "einpacken" und wechseln oder geht das - abgesehen von personell-politischen Gründen - auch aus anderen Gründen nicht (Thema/Daten an Projekt von DV gebunden, darf nicht mitgenommen werden.. ?)
DoneXY

Re: Promotionsniedergang

Beitrag von DoneXY »

Heliotrop hat geschrieben:Allmählich wurde mir klar, dass ich an einer Depression erkrankte und ich dringend eine Änderung in meinem Leben bewirken müsse.
Liebe/r Heliotrop! Mir scheint, dies ist der entscheidende Satz Deines Postings. Hier benennst Du das vordringlich zu lösende Problem. Solange Du krank bist, werden Dir auch die hier gemachten Ratschläge nicht helfen können. Ich hoffe, Du bist bereits in Behandlung, wenn nicht solltest Du Dich schleunigst um Hilfe bemühen. Wegen der Wartezeiten, die Therapeuten m.W. haben, kann man leider nicht von heute auf morgen eine Therapie beginnen.

Ich wünsche Dir alles Gute! :blume:
Heliotrop

Re: Promotionsniedergang

Beitrag von Heliotrop »

Vielen Dank für die freundlichen Antworten!

Zusammenfassend erscheint es mir inzwischen sehr unwahrscheinlich meine Arbeit noch fertigstellen zu können. Schließlich kennen sich beide Professoren und einer von beiden ist sehr auf politischen Frieden bedacht und beliebt.Der andere hinterläßt fast bei jedem das gleiche grausame Bild, ist voreingenommen in Prüfungen und spendiert nach Bekanntgabe der Note noch eine moralische Backpfeife mit der man sich in den Schlaf weinen könnte....
Das Problem liegt sicher nicht auschließlich an meiner Arbeit, sondern an der mangelnden Bereitschaft einen Fehler zugeben zu können....

Da verbleibt nur noch die Hoffnung, sich irgendwann mit dem Gedanken anfreunden zu können, verloren zu haben und irgendwie sein Gewissen zu betäuben.....
thilo38

Re: Promotionsniedergang

Beitrag von thilo38 »

@Heliotrop, das klingt ja grauenvoll. Ich würde an Deiner Stelle und in Deiner derzeitigen Verfassung keine übereilte Entscheidung treffen, zumal Du schon viel Vorarbeit für Deine Diss geleistet hast. Ich denke auch, dass es sinnvoll wäre, schnell eine psychotherapeutische Praxis aufzusuchen. Vor allem, damit es Dir hoffentlich bald wieder besser geht, aber auch, um gemeinsam mit dem/der Therapeuten/IN die Sachlage zu analysieren und Lösungsalternativen zu entwickeln. Wäre es nicht auch denkbar, dass Du an anderen Unis vorstellig wirst und die Diss als Externer bei einem völlig neun Prof. abschließt? Klar scheint, dass Du schnell weg von dem DV musst.
Die alles Gute!
Fabilous

Re: Promotionsniedergang

Beitrag von Fabilous »

Ich schließe mich thilo38 an. Mach jetzt keine Schnellschüsse, schließlich arbeitest du schon drei Jahre an deiner Diss und das ist eine lange Zeit. Versuch erstmal - auch innerlich - Abstand zu deiner Stelle an der Uni und auch zur Diss zu bekommen. Nimm dir eine Auszeit, um dich zu sammeln und zu sortieren. Nach einiger Zeit denkst du vielleicht anders über das Geschehene und hast auch wieder neue Energie. Wenn es einem schlecht geht, neigt man in der Regel dazu, alles schwarz zu malen. Und ich würde - falls irgend möglich - den ersten, unfreundlichen (ist wahrscheinlich zu milde ausgedrückt) Prof die Diss nicht weiter betreuen lassen, das macht dich nur noch mehr kaputt. Kannst du nicht mit dem andere Prof das Gespräch suchen und offen über deine Situation sprechen? Wenn er erfährt, dass du momentan ernsthaft darüber nachdenkst, alles hinzuschmeißen, sollte er doch wohl bereit sein dich zu unterstützen, auch, was einen Betreuerwechsel angeht.
Ich wünsche dir alles Gute!
Zwonk
Beiträge: 10550
Registriert: 28.04.2013, 14:13
Status: Dr. Zwonk
Hat sich bedankt: 2 Mal
Danksagung erhalten: 8 Mal

Re: Promotionsniedergang

Beitrag von Zwonk »

@Heliotrop: Von "Gewissen betäuben" kann hier gar keine Rede sein. Ein schlechtes Gewissen muß man dann haben, wenn man selbst was Schlimmes getan hat, was hier ja gar nicht der Fall ist. Grundsätzlich würde ich Dir aber auch raten, Dich zunächst um Deinen seelischen Zustand zu kümmern. Keine Diss ist es wert, daß man dafür in die Depression abrutscht. Und immerhin hast Du ja, wenn ich das richtig sehe, schon einiges geschrieben. Das läuft ja nicht weg und Du kannst die Arbeit an der Diss anderswo wieder aufnehmen. Von diesem Lehrstuhl solltest Du auf jeden Fall weggehen. Meiner Auffassung nach ist da die Betreuungssituation so zerrüttet, daß der Versuch, da irgendwas zu kitten, wohl außer überflüssigen Zusatzbelasungen nichts bringen wird. Es wäre jedenfalls mein erster Schritt, damit geistig schonmal abzuschließen.
12. Dec 2016;01. Feb 2017;f;zum neuen Job!
Heliotrop

Re: Promotionsniedergang

Beitrag von Heliotrop »

Vielen Dank für die vielen aufmunternden Worte!

Ich kann mir aber beim besten Willen nicht vorstellen, dass sich eine andere Universiät für das, was ich bisher gemacht habe interessiert. Jeder Prof. will doch das auf dem Gebiet in denjenigen Sachen, die für ihn von Interesse sind, Fortschritte erzielt werden. und womit ich mich i.M. beschäftige, ist eine sehr junge Idee, die meinem hilfreichen Professor wohl auch z.T. etabliert hat.
Ansonsten werde ich in den nächsten Wochen hier lieber nichts reinschreiben, damit der Verfolgungswahn auch eine Daseinsberechtigung in meinem Leben bekommt.....

Ich werde aber schreiben, sobald sich eine Änderung abzeichnet!
Gesperrt