Erstbetreuer an anderer Uni?

[Tschilp]

Hallo,
ich habe die Möglichkeit eine Dissertation an einem biologischen Institut anzufertigen. Ich bin keine Biologin sondern komme aus der Medizin, das Thema passt allerdings in beide Fachbereiche gleichermaßen.
Mein möglicher Erstbetreuer (Biologe) hat mir darum empfohlen, einen medizinischen Erstbetreuer zu suchen. Es ist nun so, dass ich mir somit einen Betreuer an einer anderen Uni suchen müsste und ich möchte natürlich gerne in erster Linie von dem Prof betreut werden, der auch vor Ort ist.
Ich habe bereits im Promotionsbüro nachgefragt aber bisher konnte mir keiner eine Antwort geben, die mir weiter geholfen hat.
War jemand schon einmal in einer ähnlichen Situation?

Meine Möglichkeiten sind jetzt folgende:

1. In Stadt A meinen Erstbetreuer (Biologe, "Prof A") wählen, mich in Universität A einschreiben und den Titel Dr. rer. nat. anstreben

2. In einer Stadt B einen Erstbetreuer ("Prof B") finden und Prof A bitten, mein Zweitbetreuer zu sein. Ich würde in Stadt A arbeiten und mich im Grunde auch von Prof A betreuen lassen, könnte dann aber den Titel Dr. med. erhalten.

Nun meine Fragen dazu: Macht es Sinn, eher formell einen Erstbetreuer zu wählen, der dann aber praktisch gesehen die Funktion des Zweitbetreuers übernimmt und anders herum?
Kann ich mich überhaupt an der Universität A einschreiben und dort den überwiegenden Teil der Forschungsarbeit machen, wenn mein Erstbetreuer eigentlich Prof an der Universität B ist? (Umzug oder "einfach anderes Thema suchen" kommen nicht in Frage)

Vielen Dank für eure Hilfe!

[Amalia]

Der Unterschied zwischen einem Dr. rer. nat. und einem Dr. med. ist riesig. Du solltest Dir jetzt erstmal überlegen welchen Titel Du anstrebst und welchen Titel Dein Projekt überhaupt hergibt. Auf keinen Fall solltest Du Dir einen Dr. med. zum Preis eines Dr. rer. nat. verkaufen lassen.

[Tschilp]

Hallo Amalia, danke für Deine schnelle Antwort. Mir ist bewusst, dass sich Dr. rer. nat. und Dr. med. nicht gleichstellen lassen.
Aber wie gesagt, die Fragestellung macht beide Titel möglich, das wäre nicht das Problem. Was mich interessiert ist vor allem (einmal ganz wertfrei betrachtet, also angenommen man hätte zwei "gleichwertige" Titel zur Auswahl), ob es denn geht, einen Erstbetreuer an einer anderen Uni zu wählen, obwohl man die Dissertation eigentlich an einer anderen Uni und in der Arbeitseinheit eines anderen Profs macht. Und natürlich auch, ob es im "Doktorandenalltag" Sinn macht bzw. genauso gut laufen kann.

[Zwonk]

Eine schwierige Frage. Bedeutet "Erstbetreuer" hier, daß Du das Promotionsverfahren formal an der Universität A absolvieren willst, während Du die Diss an der Universität B anfertigst? Vorweg: Ich kenne mich mit Naturwissenschaften nur wenig aus, aber unproblematisch scheint mir das nicht zu sein. Zunächst einmal ist es so, daß viele Promotionsordnungen Dir vorschreiben, mindestens zwei Semester vor Eröffnung des Promotionsverfahrens an der entsprechenden Uni als Student eingeschrieben gewesen zu sein. Das würde ich überprüfen, weil Du Dich sonst unter Umständen ja noch pro forma zwei Semester zum Warten einschreiben müßtest - wohlgemerkt mit fertiger Dissertation - um das Verfahren eröffnen zu können.

Zum anderen: Ich kann mir nicht vorstellen, daß Uni B damit so glücklich wäre. Immerhin nutzt Du deren Material, Laborzeit und -platz und Betreuerkapazitäten und springst dann zum Ende mit einem fertigen Projekt ab. Für die Uni B wärst Du also ein Verlustgeschäft - nimmst Leistungen in Anspruch und bereicherst noch nichtmal die Statistik durch eine erfolgreiche Promotion. Ohne Dir zu nahe treten zu wollen: Wäre ich Professor bei der Uni B - ich würde Dich nicht betreuen, wenn Du gedenkst, mit dem fertigen Projekt dann abzuhauen und anderswo zu promovieren.

Edit: Außerdem gibt es immer wieder Probleme mit der Frage, was mit den im Labor erhobenen Daten ist. Es gab hier schon verschiedene Threads im Forum, wo recht unterschiedliche Auffassungen vertreten werden, wem die Daten nun gehören. Du müßtest, wenn das überhaupt klappen sollte, natürlich auch vorher klären, daß Uni B Dir die Daten überläßt, damit Du die mit zu Uni A nehmen kannst und die nicht für sich beansprucht, da die bei ihnen erhoben wurden.

[Tschilp]

Hallo Zwonk,
du hast mir ein paar Aspekte genannt, an die ich noch gar nicht gedacht hatte (wem gehören die Daten etc.), die werde ich noch klären müssen.
Mit „Erstbetreuer“ meine ich hier einen Prof B der mir durch die Tatsache, dass er (formal?) mein Erstbetreuer ist, die Möglichkeit bietet, den Titel „meiner Berufsgruppe“ zu erwerben. Die Diss selbst würde ich am liebsten komplett in der Uni A unter der Leitung von Prof A (Biologe) machen und mich dort auch einschreiben.
Mir hatte Prof A selbst vorgeschlagen, dass ich für den anderen Titel einen passenden Erstbetreuer an einer anderen Uni suchen könnte. Ich war selbst ein wenig erstaunt darüber, weil ich vermutet hätte, dass ein Prof nicht die ganze Betreuungsarbeit leisten möchte und sich ein anderer dann die Betreuung der Diss auf die Fahne schreiben kann. Ich möchte Prof A natürlich nicht verärgern, denn ich hatte ursprünglich ja bei ihm bzgl. einer Diss angefragt, da er in einem Bereich arbeitet, der mich sehr anspricht.

[BertaFrieda]

Hallo,

auch ich kenne mich nicht wirklich in den Naturwissenschaften oder der Medizin aus. Ich hätte aber trotzdem eine Frage, deren Antwort du bei deiner Entscheidung einbeziehen solltest, finde ich: Möchtest du in der (humanbiologischen, medizinischen) Forschung bleiben oder käme für dich auch die Praxis als Arzt/Ärztin in Frage?

So weit ich das – von Bekannten – mitbekomme, arbeiten in der medizinischen Forschung sehr viele NaturwissenschaftlerInnen und wenige MedizinerInnen. Für einen solchen Karriereweg steht dir ein Dr. rer. nat. mit Sicherheit nicht im Wege, im Gegenteil! Auch, wenn du einen Dr. med. "zum Preis" (mit dem selben Aufwand und dem selben Anspruch) eines Dr. rer. nat machen solltest, könnte dir immer vorgeworfen werden, du habest keine ernsthafte Forschung betrieben o. ä.. In diesem Fall würde ich mich wohl schon deswegen für den Dr. rer. nat. entscheiden.

Solltest du aber Arzt/Ärztin werden wollen, sähe die Sache schon wieder anders aus. Und ja: Ich weiß, dass es (vereinzelt) auch medizinische Doktorarbeiten gibt, die unter ähnlichen Bedingungen erstellt werden wie andere Doktorarbeiten. Nur dem Vorurteil, dass das bei deiner Arbeit ncht der Fall sein könnte, müsstest du mit deinem Lebenslauf, den Publikationen, der Diss selbst, ... eben immer wieder aktiv begegnen, wenn du dich dann doch für die Forschung entscheiden würdest.

Naja –
in Wirklichkeit kenne ich mich nicht aus, aber aus meiner Erfahrung (gänzlich anderer) Bereich, kann ich mir vorstellen, dass es funktionieren könnte, dass Prof. A. an Universität A dich formal als Zweitbetreuer vorrangig betreut, während Prof. B. an Universität B. dein offizieller Erstbetreuer ist. Ich kenne ähnliche Szenarien und gerade wenn Prof. A. das selbst vorgeschlage hat, glaube ich, dass das auch irgendwie möglich wäre. Alle Nachteile liegen ja bei Prof. A., Prof. B. entstehen dadurch keine Nachteile.

Gruß
BertaFrieda.

[flip]

Also mir fehlen ein paar mehr Informationen, um das hier besser einschätzen zu können.

1. Was genau sind deine beruflichen Ziele? Du bist am Ende deines Studiums, also solltest du in etwa wissen, wo hin es dich zieht?!
2. Die Frage ist, ob du dich irgendwo "einschreiben" musst. Eine Promotion ist kein Studium (jedenfalls fernab der Graduiertenschulen). Das heißt, du kannst auch einfach extern Promovieren. Da dies sowieso faktisch alle Medizinstudenten machen, sollte es kein Problem sein. Du bist dann einfach auf der Projektstelle - oder als was bist du angestellt? - und Promovierst halt nebenbei. Rechtliche Grundlagen sollte dein Betreuer der Arbeitsgruppe kennen, bspw. was die Datennutzung (Versuchsergebnisse) angeht.
3. Ich verstehe auch nicht, warum dein präferierter Betreuer vorschlägt, dass du an eine andere Uni gehen sollst? Das klingt so, als ob er sich Arbeit mit dir machen möchte. Oder wolldu jetzt ernsthaft sagen, dass du unbedingt einen Dr. med. machen wollst, weil es deinem Berufsstand entspricht? Obwohl schon halb Deutschland über diesen "Grad" lacht. Und ich würde niemals länger als ein Jahr in den Dr. med. investieren. Oder wie sieht deine Zeitplanung aus?

Allgemein würde ich dir empfehlen, dir erst einmal die Konditionen für die Stelle bei deinem Betreuer einzuholen. Da scheinst du ja auch noch nicht weiter drüber nachgedacht zu haben.