Nach langer Diss-Pause - Wie wieder einsteigen?

[NordJuristin]

Hallo liebe Mitdoktoranden,

nach 1,5 Jahren Diss-Pause plane ich meinen Wiedereinstieg in mein Projekt Promotion. Ich habe die Diss-Zeit mittlerweile so gut verdrängt, dass ich gar nicht genau sagen, wieviel noch vor mir liegt. Ich denke, 70% habe ich schon geschafft.

Wie seid ihr nach einer langen Diss-Pause wieder eingestiegen? Erst einmal den eigenen Text lesen? Das Exposé hervorkramen? Ein neues Exposé schreiben? Was könnte hilfreich sein?

Ich fürchte, dass mir mein eigenes Geschreibsel gar nicht mehr so zusagt und ich gleich am Text Änderungen anbringen will, wo ich ja eigentlich erstmal die Arbeit in Rohfassung fertig haben will. Wie seid ihr mit eurem Text nach langer Pause umgegangen?

Ich freue mich auf Erfahrungen und Ideen - auch von denen ohne Pause!

[Meggy]

Hallo Nordjuristin,
mein bisherige Erfahrung beschränkt sich auf 6 Monate Babypause (danach bin ich teilzeit wieder mit Uni/Diss eingestiegen), dh so richtig weg war alles noch nicht aus meiner Erinnerung. Vieles aber doch. Ich habe dann zunächst meine vorläufige Gliederung - letzter Stand - hervorgekramt, und mich da einfach mal durchgehangelt, was ich "damals" so vorhatte. Wie Du hatte ich Bedenken, dass ich wenn ich direkt "Text" lese, einfach da anfange zu verbessern, ohne Blick für das "gesamte". Ich habe also erstmal auf meiner Gliederung gearbeitet, einige Dinge umgestellt, einiges kam dazu, anderes fiel weg (es ist echt faszinierend, dass wenige Monate genügen können damit man plötzlich ein *ziemlich* anderes Bild auf seine Arbeit bekommt). Erst als ich die Gliederung so angepasst hatte, dass sie mir zusagt, bin ich an den Text, und habe - anhand der Gliederung - geschaut, was ich davon behalte/verschiebe/verwerfe. Und dann halt nach und nach weiter dran gearbeitet.
Jetzt bin ich gerade in der nächsten Babypause (na ja, nicht ganz, so ein bißchen bin ich gedanklich - und einmal die Woche auch schreiblerisch - noch dabei). Was ich momentan tue ist, ganz konkret zu planen (ab Januar bis Ende Mai nächsten Jahres muss die Diss durchgezogen werden, da sich da die Elternzeiten von meinem Mann und mir überlappen und ich danach wieder in die Uni Projekte einsteige) was noch zu tun ist.

LG
Meggy

[bbb]

Hallo Nordjuristin,

der Einstieg nach so langen Pausen ist sicherlich eine Herausforderung.

Ich denke, Meggy's Vorschlag ist ziemlich gut:
über die Gliederung einsteigen (eventuell gibt hast Du ja auch damals noch Notizen gemacht, was noch alles zu tun ist oder was schon erledigt ist) und nicht direkt mit dem Text, weil die Gefahr, sich in "kleinen" Korrekturen zu verlieren, ziemlich groß sein könnte.

Eine Kontaktaufnahme mit der/dem DV könnte auch ein wichtiger Schritt sein.
Falls der Stand der Forschung für dein Thema wichtig und ggf. "dynamisch" ist, könnte auch eine Recherche nach neuer Literatur in der Zwischenzeit angesagt sein - das kann aber ganz leicht zum Zeitfresser werden.

Meine längste Diss-Pause war auch ca. 1,5 Jahre - danach wieder hineinzufinden, war sehr schwierig.

Was ich daraus gelernt habe (denn jetzt gibt es immer noch diverse kleine Pausen von einigen Wochen bis Monaten):

* Dokumentation ist wichtig, Mit einer Versionsverwaltungssoftware speichere ich regelmäßig den aktuellen Stand meiner Diss und bei jeder Version notiere ich kurz: was habe ich gemacht (Text überarbeitet, Bilder korrigiert, Fehler gefunden, etc.)
* außerdem sammele ich Ideen, was noch zu tun ist, in einer entsprechenden Projekt-/Aufgabenliste
* eine Zeiterfassung hilft mir dabei, zu sehen, wie viel Zeit ich mit der Diss verbracht habe und wofür ich sie eingesetzt habe. Das erleichtert ein kleines bisschen die Prognose, wie lange "etwas" dauert und ich sehe auch, wie lange die Pausen sind.

Gruß

BBB

[NordJuristin]

Vielen Dank für die Tipps! Für mich ist ein Wiedereinstieg mit der Gliederung wohl auch eine gute Herangehensweise. Ich werde berichten, wie ich vorgegangen bin. Vielleicht ist es ja auch für jemand anderen noch einmal hilfreich.

[epikur]

Liebe NordJuristin,

ich war nie lange "draußen", als nebenberuflicher Doktorand gab es aber immer wieder kurze Unterbrechungen.
Lange Zeit war ich jedoch mit der Auswertung und Publikation meiner Studienergebnisse beschäftigt und habe mich nicht mehr um den, weit fortgeschrittenen, theoretischen Teil meiner Arbeit gekümmert. Nun mußte ich, zur Fertigstellung meiner Diss diesen theoretischen Teil (Stand Anfang 2010) Korrektur lesen und aktualisieren. Ich dachte, das mache ich mal eben an einem Wochenende - Pustekuchen
Das war echt heftig - ich habe mich in den Sommerferien wochenlang damit herumgschlagen! Nicht nur, dass es neue Forschungsergebnisse gibt und auch die berufspolitische Diskussion erheblich weitergegangen ist. Auch man selbst verändert seinen wissenschaftlichen Schreibstil mit der Zeit, so dass mir vieles nicht mehr zugesagt hat, obwohl mein DV das damals abgenickt hatte. So hatte ich richtig zu tun - und war tierisch genervt, weil ich mir dabei sehr unproduktiv vorkam
Nun jedoch bin ich richtig froh, das alles zu meiner Zufriedenheit (und der meines DV) hinbekommen und auf den neuesten Stand gebracht zu haben. Zudem steht man danach wieder richtig gut im Stoff!

Fazit: Ein paar Wochen nervige Durststrecke werden auch Dir sicher nicht erspart bleiben, aber es lohnt sich, sich durchzubeißen. Danach "flutscht" es wieder und macht wieder Spaß!
Auch solltest Du bei Deinem DV vermelden, dass Du noch lebst und wieder "am Ball" bist.

Viel Erfolg wünscht

epikur