Proposal? Nanu?

Jahresarchiv
Gesperrt
mrlee

Proposal? Nanu?

Beitrag von mrlee »

Hallo liebe Leute.

Ich bin wohl etwas unbedarft! Ich sehe hier Doktoranden und Studenten mit Wörtern wie Proposal, Graduate School usw. um sich werfen und komme kaum hinterher.

Da ich mein Studium beendet habe und Spaß an der Forschung gefunden habe, wollte ich gerne promovieren. Naiverweise dachte ich, dass es einfach so abläuft, dass jemand ein Thema hat, das er gerne bearbeitet sehen möchte und er sich einen Doktoranden dafür sucht. Der Unterschied zur Diplomarbeit oder Masterarbeit ist dann (so dachte ich), dass der Doktorand nicht an der kurzen Leine gehalten wird und später aufbauend auf der grundlegenden Themenwahl eigenständig forscht.

Ich habe an einem Institut eine Ausschreibung für Stellen gesehen, die nach einem ganz anderen Schema verlief: "Ja, wir bieten eine Stelle an. Schreiben sie eine Bewerbung mit Proposal." Da war ich nun ganz verwirrt. Proposal war für mich immer etwas, was ein Professor einreicht, um Drittmittel zu bekommen... Was ist denn nun für die Bewerbung gemeint? Wissen die da etwa selbst nicht, was sie wollen? Das ja wohl sicher nicht. Soll ich mir als Doktorand meine Forschung etwa frei wählen können (wenn meine Bewerbung angenommen wird, versteht sich)? Wo sind denn da die Grenzen? Ich würde zum Beispiel gerne Steine auf dem Mars sammeln oder mit Delfinen schwimmen. :) Zahlen die sowas?

Ich als Ex-Student habe doch gar nicht den großen Überblick über das Fachgebiet. Natürlich weiß ich, dass meine Doktorarbeit zu einem der Fachgebiete des Instituts passen soll und tatsächlich gibt es auch ein, zwei Gruppen, bei denen ich gerne mitarbeiten würde. Aber wenn ich jetzt ein seitenlanges Proposal schreibe a la "Hallo! Mein Name ist ..., ich mag Ponys... und ich würde gerne die Auswirkung von Frühlingsstürmen auf das Zirkulationsverhalten südatlantischer Tiefenströmungen untersuchen (ein Beispiel)" und ich schreibe und schreibe und freue mich und schicke die Bewerbung ab... und es kommt ein kurzes "Das hat ein mongolisches Paper in den 60ern schon untersucht. Lol tschüß!", dann ist mir ja auch nicht geholfen.

Oder mal ich mir das zu düster aus? Geht es auch "gröber"? Dass ich zum Beispiel in die Bewerbung schreibe: "Meine Forschungsinteressen umfassen Meeresströmungen und Ströme (immer noch ein Beispiel), habt ihr da vielleicht was?". So stelle ich mir das irgendwie glaubhafter vor. Ich meine, bei dieser Wirtschaftslage (ganz ehrlich, Kinder) sollte man sich vielleicht an mehreren Universitäten usw. bewerben, wenn man meinen Freunden glaubt, am besten bei allen. Möchten die alle zehn Seiten Text? Die guten Noten können sie doch im Zeugnis sehen... Motivation? Ja, die habe ich, sonst würde ich mir nicht so einen mies bezahlten Job suchen. Ob ich stubenrein bin, beantwortet gern ein Professor meines Vertrauens.

Gott, bin ich verwirrt.
Zwonk
Beiträge: 10541
Registriert: 28.04.2013, 14:13
Status: Dr. Zwonk
Hat sich bedankt: 2 Mal
Danksagung erhalten: 8 Mal

Re: Proposal? Nanu?

Beitrag von Zwonk »

Hallo mrlee,

Deine Frage ist nicht ganz leicht zu beantworten, weil es in Abhängigkeit vom Fach sehr unterschiedlich verläuft bei der Promotion. Bei Naturwissenschaftlern ist es oft so, daß der Doktorand in irgendeinem größeren Projekt promoviert und durch die Rahmenbedingungen des Projektes einen relativ engen Themenbereich vorgeschrieben bekommt, in dem sich seine Dissertation bewegen soll. Geisteswissenschaftler hingegen suchen und erarbeiten sich meistens selbst eine Fragestellung und gehen dann auf die Suche nach einem Professor, der die interessant findet und bereit wäre, sie als Doktoranden anzunehmen.

Wenn die ein Proposal wollen, dann wollen sie wohl eins. Der Sinn so eines Papiers ist es nicht nur, den konkreten Inhalt des Dissertationsprojektes zu skizzieren, sondern auch einen Zeitplan aufzustellen, an dem derjenige, der die Bewerbungen sichtet, ablesen kann, ob Du eine realistische Vorstellung vom zeitlichen Aufwand hast, den Du in das Projekt stecken mußt, etc.

Aber, wie gesagt, es wäre besser, wenn Du zumindest grob sagen könntest, von welcher Wissenschaft überhaupt die Rede ist, dann kann man so eine Stellenausschreibung besser einordnen.
12. Dec 2016;01. Feb 2017;f;zum neuen Job!
Amalia

Re: Proposal? Nanu?

Beitrag von Amalia »

Hallo Mrlee,
hast Du mal mit dem Betreuer Deiner Abschlussarbeit über Deine Promotionswünsche gesprochen?
Alles Gute!
A.
Cybarb
Beiträge: 220
Registriert: 12.06.2011, 16:57
Status: fertig
Hat sich bedankt: 7 Mal
Danksagung erhalten: 17 Mal

Re: Proposal? Nanu?

Beitrag von Cybarb »

Hallo,

zuallererst solltest du vielleicht mal deine Rotzigkeit ablegen. Du stellst durch deinen Post unter Beweis, dass du nicht wirklich weißt, wie der Bewerbungsprozess abläuft, gibst sogar zu, dass du irritiert bist, mäkelst aber trotzdem herum. (Sorry, aber das ist mein Eindruck.)

Ein guter Ausgangspunkt für die Recherche, wie ein Exposé (oder: "Proposal") aussehen kann, ist dies: https://doktorandenforum.de/anfangen/expose.htm Hinzu kommen diverse Promotionsratgeber und -handbücher, die man bei Amazon finden und erwerben kann.

Außerdem schreibst du, dass du als Ex-Student doch gar nicht den großen Überblick über das Fachgebiet hättest. - Warum nicht? Gerade als Student warst du in der komfortablen Situation, dass dir der große Überblick mundgerecht serviert wurde. Was du nun für ein gescheites Exposé nun "nur" noch tun musst, ist, diese Ausgangssituation zu nutzen und dich in ein Spezialthema so weit einarbeiten, dass du sagen kannst: "Hier besteht eine Forschungslücke, nämlich diese und jene, und die will ich bearbeiten, indem ich dieses und jenes tue." Solltest du dich irren und die Forschungslücke besteht gar nicht in dieser Form, dann hast du immer noch die Möglichkeit (im Falle einer Absage), dein Exposé entsprechend zu überarbeiten und dich andernorts zu bewerben oder (im Fall einer Zusage) dir Ratschläge von deinem zukünftigen Arbeitgeber holen und ein modifiziertes Projekt zu starten.

Ja, es ist ratsam, sich an mehreren Unis zu bewerben. Ich hatte mich damals bei zwei Unis beworben, beide Male auf Stipendien, mit einem frei gewählten Thema, und beim zweiten Mal hat es geklappt, während ich beim ersten Mal knapp gescheitert bin. Man gab mir damals den Luxus, mir die Ablehnung zu begründen; dementsprechend vorbereitet konnte ich dann die zweite Bewerbung angehen. So "gut" kann es also auch bei einer Ablehnung laufen.

Im Übrigen stimme ich Amalia zu: Nimm zunächst Kontakt zu einer Person auf, die du bereits kennst und die dich einschätzen kann. Selbst wenn du gar nicht bei dieser Person arbeiten möchtest, kann sie dir vielleicht gute Ratschläge geben oder dich weitervermitteln. Mach das möglichst bald, selbst wenn du noch kein fertiges Exposé hast (wohl schon aber eine grobe Idee), damit du dieser Person noch in hoffentlich guter Erinnerung bist.

Gruß
Cyb
Gesperrt