(Ko-)Autorenfrage: Noch einmal

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CrazyCatLady

(Ko-)Autorenfrage: Noch einmal

Beitrag von CrazyCatLady »

Hallo zusammen,

über Google, auf der Suche nach Regelungen für (Ko-)Autorenschaften, bin ich auf dieses Forum gestoßen und würde mich freuen, eure Meinung zu meiner Situation zu hören.

Ich habe vor einem halben Jahr meine Diplomarbeit abgegeben.
Die Arbeit beruht auf einem ziemlich aufwendigen Experiment, für dessen reibungslosen Ablauf ich, ohne ein Hiwi-Gehalt o.Ä. zu bekommen, verantwortlich war und ich habe da sehr viel Arbeit, Zeit und Nerven reingesteckt.
(Auf Details möchte ich nicht unbedingt eingehen, man weiß ja nie, wer mitliest)
Das war zu dem Zeitpunkt auch in Ordnung so, schließlich brauchte ich ja die Daten, um meine Arbeit schreiben zu können. Vielleicht hätte ich Geld bekommen, wenn ich mich getraut hätte zu fragen...

Mein Erstbetreuer, der grundsätzlich die Idee für das Experiment hatte, war von den Daten begeistert und hat noch bevor ich ein Wort geschrieben habe, gesagt, dass da auf jeden Fall ein Paper draus wird und ich dann selbstverständlich auch als Autorin mit drauf stehe.
Ich habe dann alles selbstständig ausgewertet und habe die ausgewerteten Daten, bevor ich angefangen habe den Ergebnisteil zu schreiben, nochmal mit einer Mitarbeiterin, die auch nicht unwesentlich am Setup des Experiments beteiligt war, durchgesprochen (und dann bald abgegeben).

Seitdem hatte ich keinen Kontakt mehr zu dem Lehrstuhl, bin weggezogen und arbeite jetzt woanders (auch Wissenschaft, aber ganz anderes Thema).
Jetzt wollte ich da eigentlich mal nachfragen, ob das Paper noch geplant ist und habe dann gesehen, dass da schon längst was eingereicht und inzwischen schon veröffentlicht ist, allerdings ohne meinen Namen!
Erstautor ist ein Mitarbeiter meines Erstbetreuers, den ich gar nicht kenne, weil er zur Zeit des Experiments noch gar nicht dort gearbeitet hat. Dazu noch ein paar Leute, bei denen ich den dringenden Verdacht habe, dass das "Ehrenautoren" sind.
Die theoretische Herleitung unterscheidet sich etwas von dem, was ich in meiner Diplomarbeit geschrieben habe, aber die Rechnungen und Ergebnisse sind die gleichen. Da die Daten natürlich auch dort vorhanden sind, wäre es sehr weit hergeholt, zu behaupten, die Zahlen seien aus meiner Arbeit abgeschrieben und ich denke, dass die da auf jeden Fall selbst nochmal, höchstwahrscheinlich die gleiche, Analyse drüberlaufen lassen haben.

Ich bin jetzt sauer und enttäuscht und fühle ich ausgenutzt, frage mich aber, ob ich da überhaupt was sagen kann.
(Ganz unabhängig von dem, was mir versprochen wurde), reicht mein Beitrag, um einen Anspruch auf Ko-Autorenschaft zu haben?

Danke an alle, die sich diesen langen Text durchgelesen haben!
Zuletzt geändert von Sebastian am 14.10.2012, 22:02, insgesamt 1-mal geändert.
Grund: Betreff für die Suchfunktion umgedreht
barbara
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Re: Noch einmal eine (Ko-)Autorenfrage

Beitrag von barbara »

Hallo CrazyCatLady,

1. Ärgerlich.
2. Ist denn Deine Arbeit korrekt zitiert? Nur die Daten nochmal identisch durchrechnen reicht ja nicht. Wenn ich Newtons Experimente selber nochmal wiederhole, kann ich das nicht als eigenes ausgeben - es sei denn ich konnte seine Experimente gar nicht kennen und es war Zufall (in Deinem Fall wohl ausgeschlossen), oder ich stoße dabei auf etwas neues oder abweichendes und vergleiche meine Ergebnisse mit den alten. Dann mit Zitat.

Dass ohne Rücksprache mit den ehemaligen Diplomanden später papers rausgehen, scheint üblich, ist mir jedenfalls auch so passiert, ich steh aber als Co-autor drauf! Da ich nicht in der Wissenschaft arbeite, hat mich meine Publikationsliste bis vor kurzem nicht die Bohne interessiert. Durch Zufall bin ich dann über einen Literaturverweis in einem Buch auf "meine" Veröffentlichung gestoßen. Die Erstautoren (mein Diplomvater und ein Gastwissenschaftler, der als ich ging, gerade begonnen hat, an diesem Thema zu arbeiten) haben mich, da einige meiner (wichtigen!) Ergebnisse direkt verwendet wurden, korrekt als Co-autor draufgesetzt. Es wurde niemandem was geschenkt und keiner wurde vergessen. Fand ich fair. Noch besser wäre es natürlich gewesen, wenn ich vorher informiert worden wäre, aber das ist zugegebenermaßen nicht so einfach, wenn ein Diplomand weggezogen ist und Kontaktdaten fehlen.
18. apr 2011;31. Dec 2013;f;hoffentlich klüger!
LaRue

Re: (Ko-)Autorenfrage: Noch einmal

Beitrag von LaRue »

Es hängt stark davon ab, was du für Arbeiten gemacht hast. Ich bin aus dem Fachbereich Psychologie und bei nahezu 100% der Veröffentlichungen haben die Erstautoren mit der Datenerhebung absolut gar nichts am Hut. Sie orchestrieren die wissenschaftlichen Mitarbeiter so in etwa, diese geben die Arbeit an die Hiwis weiter und die Hiwis vielleicht sogar noch an studentische Forschungspraktikanten. Da sind also vier hierarchische Stationen beteiligt, bis die Ergebnisse wieder beim Erstautor ankommen. Im besten Fall werden die wissenschaftlichen Mitarbeiter alle als Autoren genannt, aber das ist auch selten so. Ich kenne es so, dass nur der Chefwimi genannt wird und alle anderen neueren Doktoranden mitarbeiten sollen, aber nicht genannt werden.

Bei dir ist es so, dass ein anderer die Idee für das Experiment hatte und noch eine weitere andere Person das Setup maßgeblich gestaltet hat. Da frage ich mich, was eigentlich deine eigene wissenschaftliche Leistung gewesen sein soll? Mir scheint es so, dass du nur die Person warst, die das Experiment umgesetzt hat und dafür auch noch die Diplomarbeit schreiben durfte. Damit wirst du wohl als abgegolten gelten.
Laplace

Re: (Ko-)Autorenfrage: Noch einmal

Beitrag von Laplace »

Ohne Ahnung vom Fach, der Dipl-Arbeit und dem Paper zu haben, ist das natürlich etwas Raterrei. Fair klingen tut es jedenfalls nicht.
Was bedeutet denn "die Ergebnisse sind die gleichen"? Exakt gleiche Zahlenwerte? Gleiche Abbildungen? Vielleicht sogar 1:1 bei dir Übernommen? Wurde deine Diplomarbeit irgendwo erwähnt?

Nachträglich wirst du sicherlich kein Autor auf diesem Papier mehr werden. Du kannst natürlich deinen ehemaligen Prof oder den Erstautor mal anschreiben und darauf ansprechen. Wenn du Ärger nicht scheust, dich im Recht siehst und den Leuten eins Auswischen möchtest, kannst du auch an das Journal bzw. die Konferenz anschreiben und darauf aufmerksam machen, dass da irgendwas nicht mit rechten Dingen zugegangen ist.
CrazyCatLady

Re: (Ko-)Autorenfrage: Noch einmal

Beitrag von CrazyCatLady »

Vielen Dank für eure Einschätzungen!

Laplace wrote:
> Ohne Ahnung vom Fach, der Dipl-Arbeit und dem Paper zu haben, ist das natürlich etwas
> Raterrei. Fair klingen tut es jedenfalls nicht.
> Was bedeutet denn "die Ergebnisse sind die gleichen"? Exakt gleiche Zahlenwerte?
> Gleiche Abbildungen? Vielleicht sogar 1:1 bei dir Ãœbernommen? Wurde deine Diplomarbeit
> irgendwo erwähnt?
>

"Die gleichen Ergebnisse" bedeutet, dass die gleichen Rechnungen (Varianzanalysen) berichtet werden und dementsprechend natürlich auch exakt die gleichen Zahlenwerte wie in meiner DA im paper stehen. Die Abbildungen sind im Prinzip die gleichen, 1:1 übernommen nicht, sondern selbst neu gemacht.

barbara wrote:

> 2. Ist denn Deine Arbeit korrekt zitiert? Nur die Daten nochmal identisch durchrechnen
> reicht ja nicht. Wenn ich Newtons Experimente selber nochmal wiederhole, kann ich
> das nicht als eigenes ausgeben - es sei denn ich konnte seine Experimente gar nicht
> kennen und es war Zufall (in Deinem Fall wohl ausgeschlossen), oder ich stoße dabei
> auf etwas neues oder abweichendes und vergleiche meine Ergebnisse mit den alten.
> Dann mit Zitat.
>
Nein, zitiert wird meine Arbeit nicht.

LaRue wrote:
> Es hängt stark davon ab, was du für Arbeiten gemacht hast. Ich bin aus dem Fachbereich
> Psychologie und bei nahezu 100% der Veröffentlichungen haben die Erstautoren mit
> der Datenerhebung absolut gar nichts am Hut. Sie orchestrieren die wissenschaftlichen
> Mitarbeiter so in etwa, diese geben die Arbeit an die Hiwis weiter und die Hiwis
> vielleicht sogar noch an studentische Forschungspraktikanten. Da sind also vier
> hierarchische Stationen beteiligt, bis die Ergebnisse wieder beim Erstautor ankommen.
> Im besten Fall werden die wissenschaftlichen Mitarbeiter alle als Autoren genannt,
> aber das ist auch selten so. Ich kenne es so, dass nur der Chefwimi genannt wird
> und alle anderen neueren Doktoranden mitarbeiten sollen, aber nicht genannt werden.
>
> Bei dir ist es so, dass ein anderer die Idee für das Experiment hatte und noch eine
> weitere andere Person das Setup maßgeblich gestaltet hat. Da frage ich mich, was
> eigentlich deine eigene wissenschaftliche Leistung gewesen sein soll? Mir scheint
> es so, dass du nur die Person warst, die das Experiment umgesetzt hat und dafür
> auch noch die Diplomarbeit schreiben durfte. Damit wirst du wohl als abgegolten
> gelten.

Als ich mit der Arbeit begonnen habe, hatte mein Betreuer die Idee "etwas in der Richtung" zu machen; ich sollte halt mal Daten erheben und dann mal schauen...Totaler Quatsch eigentlich, aber so läufts nunmal oft.
Die Fragestellung, die ich in meiner DA bearbeitet habe, hat sich erst so nach und nach während der Erhebung herauskristallisiert, in Zusammenarbeit mit mir und der schon erwähnten Mitarbeiterin, die auch an der technischen Umsetzung mitbeteiligt war.
Ich bin selbst ja auch unsicher, ob ich da irgendwelche Rechte habe/gehabt hätte.
Aber ich bin definitiv sauer, dass da jetzt jemand kommt, der an der Planung und Durchführung komplett unbeteiligt war, einen fertigen Datensatz bekommt, aus dem erwiesenermaßen viel rauszuholen ist und sich mal "schnell" ein paper schreibt (ich weiß, dass das trotzdem noch viel Arbeit war).
oclock
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Re: (Ko-)Autorenfrage: Noch einmal

Beitrag von oclock »

Klar langt Dein Beitrag, um Ko-Autor zu sein.
Die Frage ist: Was kannst Du jetzt tun? Da das Paper schon veröffentlich ist, kommst Du da nachträglich nicht mehr drauf.
Ich würde einfach mal Deinen Betreuer kontaktieren und ihm sagen, daß Du das Paper gefunden hast und erstaunt bist, daß Dein Name nicht drauf steht und wie er gedenkt diese Situation wieder ins rechte Licht zu rücken. Falls er ein Mensch mit Gewissen ist, wird er etwas Panik bekommen, weil er "erwicht" wurde etc. und Dir irgendwas antworten, um sich rauszureden. Danach würde ich die Sache abhaken. Hauptsache er weiß, daß Du nicht blöd bist.

Gruß,
Klaus
Dr. Natalie Struve

Re: (Ko-)Autorenfrage: Noch einmal

Beitrag von Dr. Natalie Struve »

"Gute wissenschaftliche Praxis für das Verfassen wissenschaftlicher Qualifikationsarbeiten", Positionspapier des Allgemeinen Fakultätentags (AFT), der Fakultätentage und des Deutschen Hochschulverbands (DHV) vom 9. Juli 2012
http://www.hochschulverband.de/cms1/fil ... entage.pdf

Unter Punkt 10:

"Dies schließt aus, dass jemand Autor sein kann, der selbst keinen ins Gewicht fallenden Beitrag zu einer Qualifikationsarbeit geleistet hat. Ehrenautorschaften oder Autorschaften kraft einer hierarchisch übergeordneten Position ohne eigenen substantiellen Beitrag sind grundsätzlich wissenschaftliches Fehlverhalten."
oclock
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Re: (Ko-)Autorenfrage: Noch einmal

Beitrag von oclock »

Dr. Natalie Struve hat geschrieben:"Gute wissenschaftliche Praxis für das Verfassen wissenschaftlicher Qualifikationsarbeiten", Positionspapier des Allgemeinen Fakultätentags (AFT), der Fakultätentage und des Deutschen Hochschulverbands (DHV) vom 9. Juli 2012
http://www.hochschulverband.de/cms1/fil ... entage.pdf

Unter Punkt 10:

"Dies schließt aus, dass jemand Autor sein kann, der selbst keinen ins Gewicht fallenden Beitrag zu einer Qualifikationsarbeit geleistet hat. Ehrenautorschaften oder Autorschaften kraft einer hierarchisch übergeordneten Position ohne eigenen substantiellen Beitrag sind grundsätzlich wissenschaftliches Fehlverhalten."

In dem Dokument steht auch, daß Vorgestetze, Institutsleiter, Geldgeber, Gruppenleiter, Projektpartner etc. durch ihre Position kein Recht haben, Co-Author zu sein. Trotzdem findet man zuhauf Professoren (etc.), die mit ihrem Namen den letzten Platz einer Publikation ausschmücken. Bevor man anfängt, kleine Fische zu fangen, sollte man erstmal den Haien an den Kragen, denn sie haben Vorbildcharakter und sie sind es letztendlich auch, die wissenschaftliches Fehlverhalten in ihren Gruppen aufspüren und unterbinden müssen.

Diesbezgl. hatte ich übrigens immer Glück. Mein Prof. wollte nie auf einem meiner Publikationen genannt werden, wenn er nichts beigetragen hat.

Gruß,
Klaus
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