Erstautor verschenkt Co-Autorenschaften zu meinem Nachteil

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Sebastian
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Re: Erstautor verschenkt Co-Autorenschaften zu meinem Nachte

Beitrag von Sebastian »

elbu hat geschrieben:Es ärgert mich bei jeder Bewerbung, dass ich die Publikation nicht auf meine Publikationsliste setzen kann.
In puncto Publikationen bin ich als Jurist und Einzelkämpfer eher unerfahren, darum möchte ich meine Frage ausdrücklich nur als Diskussionsbeitrag verstanden wissen und nicht als Empfehlung:
Warum setzt man solch einen Text nicht einfach doch mal auf die eigene Publikationsliste ...
(Vorausgesetzt natürlich, man kann die Umstände halbwegs brauchbar beweisen und notfalls eben mit einem Zusatz wie "Ghostwriter von...")

@AGH: Ich drücke die Daumen und bin sehr gespannt auf das Ergebnis...

Sebastian
AGH

Re: Erstautor verschenkt Co-Autorenschaften zu meinem Nachte

Beitrag von AGH »

Liebes Forum!

Kurzfassung: XY wird den Beitrag zurückziehen.

Längere Fassung, wenn es jemanden interessiert:

Ich habe gestern mit XY telephoniert; er hat sich doch durchgerungen, mich anzurufen. Es ist ihm nicht leicht gefallen, denke ich.
Er hat sich zuerst sehr förmlich entschuldigt.

Dann erklärt, wie das ganze zustande gekommen ist. Dass zwei Personen ihm einen Gefallen gemacht hätten und er sich bedanken wollte, weswegen die beiden draufstehen. Und bei den anderen Personen sei es Dankbarkeit für den Zugang zu den Daten gewesen, die ihn dazu gebracht haben, die auch noch draufzuschreiben. (Wozu gibt es dann Danksagungen!?!)

Weiters hat er mir seine - mir bereits bekannte - Situation bzgl. Publikationsdruck, Arbeitsüberlastung etc. etc. geschildert und ist auch darauf eingegangen, dass man es in seinem Arbeitsbereich nicht weit schafft, wenn man keine Freunderlwirtschaft betreibt und andere Leute als Co-Autoren draufschreibt (welche wiederum einen selbst bei deren Publikationen draufschreibt).

Er war sehr offen und ehrlich, was ich ihm auch anrechne. (Es hatte irgendwie Beichtcharakter, muss ich sagen.)

Ich habe ihm erklärt, dass es eine (falsche) Sache ist, was er mit seinen ArbeitskollegInnen ausmacht (wer bei wem wo draufsteht), dass ich das aber nicht ändern können werde. Es ist aber noch einmal eine andere Sache ist, wenn ich dadurch zu Schaden komme.

Ich habe ihm gesagt, dass es für mich zwei Möglichkeiten gibt: entweder korrigiert er die Autorenschaft (am Poster selbst und per Mail Info an den Tagungsveranstalter) oder er zieht den Beitrag zurück (gerne auch ohne Angabe von Gründen; das wäre mir egal gewesen!). Ansonsten gibt es bei mir zwei Schritte: zuerst ein Mail an alle, die draufstehen und alle, die draufstehen sollten, es aber nicht tun, mit Darstellung der Situation und der Aufforderung zur Stellungnahme vor allen. Zweiter Schritt E-Mail an die Universität und den Veranstalter der Tagung (das ist eine Organisation, bei der sich XY eigentlich profilieren will).

Er dürfte behirnt haben, wie ernst ich es meine.

Ich habe ihm auch gesagt, dass er ohne Weiteres mit mir hätte reden können. Er hätte sagen können, dass er ein riesen Problem hat, dass er dringend eine Publikation braucht, und sei es nur ein Poster. Dass er an das alte Poster von mir gedacht hat und dass er fragen will, ob er es überarbeiten und unter seinem Namen einreichen darf. (Das hätte funktioniert.) Aber dass diese Vorgehensweise von ihm inakzeptabel ist.

Mit der Änderung der Reihenfolge der Autoren, sprich, mich ganz vorne draufzuschreiben, hatte er kein Problem. Aber die anderen Personen runterzustreichen, diese Vorstellung dürfte ihm ziemlich unangenehm gewesen sein. Ich beharrte aber darauf, dass auf einem Poster von mir ausschließlich Personen draufstehen, die auch mitgearbeitet haben.

Wir sind so verblieben, dass er mich wissen lässt, wie er sich entscheidet (Änderung oder Rückzug). Etwas später kam die Information, dass er heute und morgen mit den vermeintlichen Co-Autoren sprechen würde und den Beitrag zurückziehen würde.

Wie ich das überprüfe, weiß ich noch nicht. Ich schätze, er schreibt ein Mail an den Veranstalter, mich in CC.

Danke Euch für Eure Unterstützung!!!

Liebe Grüße,
AGH
epikur
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Re: Erstautor verschenkt Co-Autorenschaften zu meinem Nachte

Beitrag von epikur »

Hallo AGH!

Vielen Dank für Deinen ausführlichen Bericht!

Nicht, daß mir der Heini leid täte! Am meisten befremdet einen natürlich diese Feigheit :roll:

Dennoch hat das Ganze m.E. eine wissenschaftschaftspolitische Dimension:
Daß Menschen so etwas nötig haben, noch dazu mit einem Poster, wirft m.E. ein rabenschwarzes Bild auf die wissenschaftliche Landschaft und die sogenannte "scientific community" :twisted:

Wirklich sehr, sehr traurig, wie sich (Nachwuchs-) Wissenschaftler heutzutage teilweise prostituieren müssen :(

Wenn ich das so lese, bin ich gottfroh, selbständig und mein eigener Boß zu sein und quasi nur als "Hobby" zu promovieren!

Einen schönen Sonntag wünscht

epikur
barbara
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Re: Erstautor verschenkt Co-Autorenschaften zu meinem Nachte

Beitrag von barbara »

Hallo Epikur
Nicht, daß mir der Heini leid täte! Am meisten befremdet einen natürlich diese Feigheit
Sehe ich nicht so. Wieso feige? Auf seinen Mißgriff hingewiesen, zieht er zurück - und zwar nach einem Canossagang zum echten Autor. Das ist nicht feige. Dazu kommt: Ich meine, Du promovierst in höherem Alter und hobby-mäßig (wie ich). Mit dem Alter kommt die Weisheit, das meine ich ernst. Irgendwann hat man es nicht mehr nötig, auf andere zu schielen, die Karriere ist eh wie sie ist und man tut Dinge nicht weil sie "üblich" sind.

Die meisten jungen Wissenschaftler sind eben vor allem eins: Jung! und damit auch unsicher.

Ich finde, hier in diesem Fall haben beide "Gegner" genau richtig gehandelt. AGH hat nicht den Kopf eingezogen, sondern Alarm geschlagen, der "Heini" hat jetzt auch noch ein gar nicht so einfaches Gespräch mit den falschen Autoren vor sich und zieht zurück.
18. apr 2011;31. Dec 2013;f;hoffentlich klüger!
epikur
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Re: Erstautor verschenkt Co-Autorenschaften zu meinem Nachte

Beitrag von epikur »

Liebe barbara,

das sehe ich einerseits ein wenig anders, denn wenn dieser Mensch von Anfang an, AGH gegenüber mit offenen Karten gespielt und nicht versucht hätte, AGH die englische Übersetzung mit geänderter Autorenliste auf m.E. durchaus feige und dreiste Weise "unterzujubeln", wäre der Konflikt doch gar nicht erst entstanden! Zudem mußte er sich gezwungener Maßen mit AGH einigen, um Schaden zu begrenzen - denn aus dieser Nummer kam er definitiv anders nicht mehr ´raus :oops:

Andererseits hat er sich nun mal entschuldigt, ist bereit, den Beitrag zurückzuziehen - und scheint sich offenbar auch wirklich zu schämen!
Da sollte man dann auch tatsächlich nicht mehr nachtreten!

Du hast Recht - Nachwuchswissenschaftler sind jung und ver- unsichert durch einen derart perversen Leistungs- und Publikationsdruck sowie prekäre Arbeits- und Abhängigkeitsverhältnisse, daß es infolge dessen immer wieder zu solchen Situationen kommt. Und das ist m.E. der eigentliche Skandal an der Geschichte :twisted:

Gruß epikur
elbu

Re: Erstautor verschenkt Co-Autorenschaften zu meinem Nachte

Beitrag von elbu »

@AGH: Das klingt nach einer guten Lösung. Freut mich, dass es sich "gelohnt" hat, standhaft zu bleiben (ich schreibe "gelohnt" in Anführungszeichen, hätte ja, wenn man auf Publikationslisten schielt, auch "noch besser" laufen können im Sinne einer weiteren Publikation für Dich und die anderen real beteiligten Personen. Aber ich denke, Du verstehst, was ich meine - es hat gute Effekte gehabt, dass Du aktiv geworden bist.) Danke für den Bericht!
Sebastian hat geschrieben:
elbu hat geschrieben:Es ärgert mich bei jeder Bewerbung, dass ich die Publikation nicht auf meine Publikationsliste setzen kann.
In puncto Publikationen bin ich als Jurist und Einzelkämpfer eher unerfahren, darum möchte ich meine Frage ausdrücklich nur als Diskussionsbeitrag verstanden wissen und nicht als Empfehlung:
Warum setzt man solch einen Text nicht einfach doch mal auf die eigene Publikationsliste ...
Dazu würden mich auch andere Meinungen interessieren. Auf meiner aktuellen Publikationsliste steht der Text als "Mitarbeit an: Angeblicher Autor (Jahr): Titel Ort", das ist nachweisbar (an der Publikation selbst) aber schreibt natürlich trotzdem die Behauptung fort, A.A hätte geschrieben und ich nur mitgearbeitet. Der Wahrheit hätte entsprochen, AA als Herausgeber und uns als Autoren zu lassen. Ich habe das Gespräch mit AA damals vermieden, mit den anderen Autoren nur kurz Empörung ausgetauscht. Wir sahen uns alle am kürzeren Hebel. Ich kann ja nicht einfach in der Publikationsliste was anderes behaupten, als auf der Veröffentlichung steht. Oder? Warum ich das nicht mache: möchte nicht als unseriös dastehen, es mir nicht mit A.A. verscherzen, außerdem nicht potenziellen Arbeitgebern signalisieren, dass ich ihnen auch mal so ein Ei legen könnte (erst gute Miene zum bösen Spiel machen und dann hinterher beschweren).
AGH

Re: Erstautor verschenkt Co-Autorenschaften zu meinem Nachte

Beitrag von AGH »

Habe soeben in CC das Mail erhalten, in dem XY beim Veranstalter der Tagung den Beitrag zurückzieht. Damit ist für mich der Vorfall erledigt, wie ich XY auch gerade rückgemeldet habe.

Liebe Grüße,
AGH
Leitzordner

Re: Erstautor verschenkt Co-Autorenschaften zu meinem Nachte

Beitrag von Leitzordner »

Nun ja, gewonnen hast du jetzt nicht wirklich etwas, oder?
Es ging doch nur um ein dummes Poster. So hättest du es zumindest auch deinem CV anhängen können.
AGH

Re: Erstautor verschenkt Co-Autorenschaften zu meinem Nachte

Beitrag von AGH »

Und was hat meine Publikationsliste von einem Poster mit mir als Nummer 4 unter den Autoren, wenn ich das Poster bereits selbst als Erstautorin vor zwei Jahren präsentiert habe?! Nein, da ist mir nichts entgangen! (Ich würde auch nie auf die Idee kommen, ein und dasselbe Poster (bis auf die Sprache) zweimal einzureichen!)
Gesperrt