Gleich nach dem Master an ein Doktorat wagen? (Architektur)

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TheARchitect-

Gleich nach dem Master an ein Doktorat wagen? (Architektur)

Beitrag von TheARchitect- »

Hallo zusammen,

ich bräuchte dringend einen Rat von all den erfahrenen Doktoratstudenten hier.
Und zwar sieht meine Situation folgendermassen aus, dass ich gerade diesen Sommer mein Masterstudium abgeschlossen habe (Architektur mit sehr technischem Fokus). Zwar schwirrt schon länger ein mögliches Doktorat in diesem Bereich in meinem Kopf herum, doch bisher lief dies eher unter dem Titel "in ein zwei Jahren denk ich nochmal drüber nach", denn ehrlich gesagt wollte ich nun vorerst mal raus und Praxiserfahrung sammeln.
Doch nun trat vor kurzem mein ehemaliger Professor bei dem ich meine Master Thesis gemacht habe, mit der Frage an mich heran ob ich nicht Interesse hätte bei ihm meine Doktorarbeit zu machen.
Und insgesamt klingt das Angebot das er mir unterbreitet hat durchaus sehr verlockend. Im einzelnen hat sowohl er selbst als auch sein Lehrstuhl selbst grosses Interesse daran dass ich dort weiterhin bleibe und er bietet mir eine Anstellung als wissenschaftlicher Mitarbeiter zu 60% an mit einem stattlichen Jahresgehalt von 50,000CHF. Meine Tätigkeit dort dreht sich konkret um ein grosses Forschungsprojekt, welches gleichzeitig auch Thema meiner Doktorarbeit wäre (habe aus meinem Masterstudium bereits erste Forschungen zu diesem Thema angestellt). Da die Stelle jedoch nur auf 3 Jahre ausgeschrieben ist, erwartet er im Gegenzug jedoch auch dass ich dies in 3 Jahren durchziehe.

Tja insgesamt klingt dies alles wirklich sehr sehr gut und verlockend, doch muss ich sagen dass ich speziell nach meiner Master Thesis, die ich irgendwie deutlich weiter getrieben habe als eigentlich notwendig war (ca 250S. in einem Semester), doch ziemlich ausgebrannt bin und den Abstand zur akademischen Arbeit brauchen könnte und stattdessen endlich einmal ein "normales" Alltagsleben geniessen wollte (Feierabend, Wochenenden, nicht mehr täglich bis spät nachts an der Arbeit sitzen)
Aber andererseits ist dies wirklich eine grossartige Gelegenheit ein voll finanziertes Doktoratstudium unter besten Voraussetzungen zu beginnen mit einem Thema in dem ich schon drin bin und welches mich auch sehr interessiert, da sehr praxisorientiert und dabei absolut state-of-the-art.

Aus diesem Grund wäre es hilfreich einige Kommentare oder Erfahrungen von Leuten zu kriegen die in diesem "Kampf" drin sind.
Denkt ihr ich sollte dies jetzt angehen trotz dem Verlangen endlich einmal ein normales Leben zu führen? Muss ich mir diese 3 Jahre genau so voller Entbehrungen und täglichem Arbeiten bis spät nachts an 7 Tagen die Woche vorstellen oder ist es möglich ein Privatleben zu haben oder sich auch mal ein Wochenende frei zu nehmen?
Aguti
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Re: Mich jetzt an ein Doktorat wagen?

Beitrag von Aguti »

Nur ein kurzer Gedanke, da ich keine Zeit habe: Du schreibst, du möchtest einen normalen Alltag ohne so lange Arbeitszeiten etc. Ich habe einige Architekten kennengelernt (allerdings in D), und die hatten sämtlich eine extrem hohe Arbeitsbelastung, besonders am Berufsanfang mit ganz vielen Überstunden, eher mieser Bezahlung, waren total überlastet. Wie sähe das in deiner Gegend aus? Dann wäre der Unterschied zur Dissertation ja sowieso nicht so groß ;-).
surcam

Re: Mich jetzt an ein Doktorat wagen?

Beitrag von surcam »

TheARchitect- hat geschrieben:mit einem stattlichen Jahresgehalt von 50,000CHF
WTF?? 50000 CHF ~ 41100 € ... :shock: :shock: :shock:

Mit vergleichbarer Anstellung an einer Uni im Westen Dtld.s bekommt man anfangs nicht mal 24000 € brutto/Jahr ... Ich glaube, ich zieh um in die Schweiz ... LOL

PS: sry for being offtopic!!
TheARchitect-

Re: Mich jetzt an ein Doktorat wagen?

Beitrag von TheARchitect- »

[quote="Aguti"]Nur ein kurzer Gedanke, da ich keine Zeit habe: Du schreibst, du möchtest einen normalen Alltag ohne so lange Arbeitszeiten etc. Ich habe einige Architekten kennengelernt (allerdings in D), und die hatten sämtlich eine extrem hohe Arbeitsbelastung, besonders am Berufsanfang mit ganz vielen Überstunden, eher mieser Bezahlung, waren total überlastet. Wie sähe das in deiner Gegend aus? Dann wäre der Unterschied zur Dissertation ja sowieso nicht so groß ;-).[/quote]

Das stimmt schon, dass wir Architekten da ziemlich stark belastet sind was Arbeit betrifft. Habe ja auch schon gearbeitet, kann aber sagen dass egal wie stressig es im Büro zuging - verglichen mit dem Studium ist der Alltag als Architekt geradezu wie Urlaub.
Dementsprechend eben die Frage wie das im Doktoratstudium aussieht. Freizeit? Kann man es sich erlauben nach der Arbeit auch mal nen Abend freinehmen oder übers Wochenende wegzufahren?
Denn im Masterstudium war das definitiv NICHT möglich, da hiess es 7 Tage die Woche von morgens bis spät nachts vor dem Computer hängen.
Poppy

Re: Mich jetzt an ein Doktorat wagen?

Beitrag von Poppy »

Ich vergleiche das immer so: Die Abschlussarbeit ist ein Sprint, und da kann man durchaus auch mal ne zeitlang extrem reinhauen. Eine Doktorarbeit ist aber ein Marathon. Drei Jahre kann man nicht 7 Tage die Woche bis spät in die Nacht arbeiten ohne jeglichen Ausgleich. Natürlich hat man da auch arbeitsintensivere Phasen, gerade wenn es dann wieder auf den Endspurt zugeht. Mein Plädoyer daher dafür sich während der Doktorarbeit nicht kaputt zu arbeiten, sondern gescheit mit seinen Ressourcen zu haushalten!
holladiewaldfee

Re: Mich jetzt an ein Doktorat wagen?

Beitrag von holladiewaldfee »

Dementsprechend eben die Frage wie das im Doktoratstudium aussieht. Freizeit? Kann man es sich erlauben nach der Arbeit auch mal nen Abend freinehmen oder übers Wochenende wegzufahren?
Gegenfrage, um auf Deine Frage eingehen zu koennen: Wie durchstrukturiert ist so ein Doktorandenstudium in der Schweiz? Also, musst Du Vorlesungen besuchen und ECTS Credits sammeln und so?
Zuletzt geändert von holladiewaldfee am 16.09.2012, 16:26, insgesamt 1-mal geändert.
TheARchitect-

Re: Gleich nach dem Master an ein Doktorat wagen? (Architekt

Beitrag von TheARchitect- »

Also grundsätzlich gibt es hier zwar gewisse Unterschiede je nach Uni, doch im Kern läuft es recht strukturiert ab. Es gibt 2 Phasen, eine Vorbereitungsphase wo es durchaus einige Vorlesungen/Seminare gibt und wo eben die ganze Recherche anläuft, man ins Thema reinkommt und welche man mit dem Forschungsplan/Paper abschliesst, der bewilligt und verteidigt werden will.
Die zweite Phase ist dann die eigentliche Diss.
ECTS Credits gibt es hier ebenfalls für so ziemlich alles, doch speziell in der ersten Phase für das Absolvieren von Vorlesungen/Seminaren etc. Im zweiten ists nur noch pro forma, dass man für die erfolgreiche Diss eben auch noch Credits bekommt.
holladiewaldfee

Re: Gleich nach dem Master an ein Doktorat wagen? (Architekt

Beitrag von holladiewaldfee »

Die Entscheidung kann Dir hier natuerlich keiner abnehmen.

Aber ich denke, dass es gerade bei einem staerker durchstrukturierten Studium eher moeglich ist, sich guten Gewissens Auszeiten zu goennen - ob einmal pro Woche, laengere Urlaube oder jeden Abend ist sicherlich bei jedem anders. Die Frage ist ja: Wer macht Dir den Druck - Dein DV oder Du selbst? Das Sammeln von Credits hat den Vorteil, dass man deutlicher als bei der eigentlichen Diss sieht, wieviel man schon geschafft hat. Ist wichtig fuers Gewissen.

Fuer mich hoert sich das eigentlich alles super an. Und ich kann die Wochenenden gar nicht mehr zaehlen, an denen ich waehrend der Diss weggefahren bin ;-)

P.S. Hab' meinen Freud'schen Verschreiber oben korrigiert :lol:
Wierus
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Re: Mich jetzt an ein Doktorat wagen?

Beitrag von Wierus »

Poppy hat geschrieben:Ich vergleiche das immer so: Die Abschlussarbeit ist ein Sprint, und da kann man durchaus auch mal ne zeitlang extrem reinhauen. Eine Doktorarbeit ist aber ein Marathon. Drei Jahre kann man nicht 7 Tage die Woche bis spät in die Nacht arbeiten ohne jeglichen Ausgleich. Natürlich hat man da auch arbeitsintensivere Phasen, gerade wenn es dann wieder auf den Endspurt zugeht. Mein Plädoyer daher dafür sich während der Doktorarbeit nicht kaputt zu arbeiten, sondern gescheit mit seinen Ressourcen zu haushalten!
Das finde ich ist auch ein bisschen der Haken an dem Angebot: was ist wenn man nach drei Jahren noch nicht fertig ist? Immerhin ist ein solches Szenario nicht gerade unwahrscheinlich. Kriegt der Prof. dann alle Ergebnisse in die Hand gedrückt und der Kandidat darf seine Koffer packen? Ich würde da auf jeden Fall nochmal nachfragen was denn ganz konkret im Fall des Falles passieren würde.
TheARchitect-

Re: Gleich nach dem Master an ein Doktorat wagen? (Architekt

Beitrag von TheARchitect- »

Also das mit den 3 Jahren habe ich auch mal nachgefragt, aber scheinbar ist es nur so, dass die Stelle als WiMa auf 3 Jahre ausgeschrieben ist, da die Finanzierung bis dahin gesichert. Sollte ich länger brauchen, dann müsste ich eben auf die bezahlte Stelle nach den 3 Jahren verzichten und meinen Lebensunterhalt sonst irgendwie finanzieren bis ich fertig bin.

Ich bin mir aber dennoch noch immer unsicher, speziell was das Arbeitspensum angeht. Habe da leider nur Bekannte aus eher gemächlichen Fachbereichen bei denen es recht locker aussieht.
Wäre da sehr an Erfahrungen interessiert. Wie sieht euer Alltag so aus...Arbeitsstunden pro Woche, Freizeit...? Denn ganz ehrlich, nach den letzten 6Jahren Architekturstudium wäre mir schon etwas an einem Privatleben oder Freizeit gelegen.

Wenn ich jetzt annehme ich arbeite 25h-30h/Woche als WiMa wovon ein Grossteil meiner Aufgaben in die Diss aufgenommen werden kann, und dann noch 15-20h im Selbststudium - wäre dies eine realistische Einschätzung oder zu optimistisch?
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