Eigentlich würd ich ja gerne ... aber wie? Und worüber?

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haecki

Eigentlich würd ich ja gerne ... aber wie? Und worüber?

Beitrag von haecki »

Hallo User und Userinnen,

ich habe ein Anliegen an euch:
Im Laufe des morgigen Tages gebe ich meine Masterthesis an meiner Hochschule ab und werde Ende diesen Monats verteidigen. Ab Oktober geht es dann nach 5 Jahren Studium, 1 Jahr Bund und 13 Jahren Schule raus in die "freie Wildbahn", die Wirtschaft. Dort werde ich als Softwareentwickler für einige große Internetportale arbeiten (Frau Kraus und Herr Calmund machen unter anderem Werbung für diese Portale ;) ).

Schon seit längerem hege ich den Gedanken, promovieren zu wollen.
Zum einen treibt mich natürlich der Titel vor dem Namen an - aber allein dafür würde ich mir das nicht antun. Ob es nun mehr Gehalt für den Titel gibt ist mir eigentlich relativ egal - wenn es das gibt, ist das zwar schön, für mich aber nicht ausschlaggebend.

Während des Schreibens meiner Masterthesis habe ich wieder gemerkt, wie viel Spaß es mir macht, Dinge auszuprobieren, damit herumzuspielen, Lösungen für Probleme zu finden - "forschen" eben. Mir ist allerdings während der letzten 3 Monate die chronische "Unlust" aufgestoßen, so ein 80 Seiten-"Monster" innerhalb von 12 Wochen aus dem Boden zu stampfen.

Daher frage ich hier einmal an: Es muss doch eine Lösung für dieses Problem geben. Ist es irgendwie möglich, sich hinzusetzen und in seiner Freizeit an einem Thema zu forschen? Die gewonnenen Erkenntnisse festhalten und IRGENDWANN das Ganze so weit reifen zu lassen, dass man es als Forschungsarbeit, bzw. eben dann als DISSERTATION an einer Hochschule einreichen und damit Promovieren kann?

Besonders schwierig ist hier natürlich die Themenfindung und das Abstimmen des Inhalts auf die Ansprüche einer Dissertation - dessen bin ich mir bewusst, wie ich das löse weiß ich noch nicht.

Hat jemand Erfahrungen mit so etwas? Vielleicht könnt ihr mir diesbezüglich ein paar Tipps geben.
Eventuell haben sich dann irgendwann auch die Probleme gelöst, dass man als FH-Absolvent (trotz Masterabschluss) stark gegenüber Uni-Absolventen benachteiligt wird.
bienah
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Re: Eigentlich würd ich ja gerne ... aber wie? Und worüber?

Beitrag von bienah »

Hallo haecki

Herzliche Gratulation zu deinem abgeschlossenen Studium!

Mein Rat an dich: geniesse das Ende der Studienzeit und gewähre dir eine "akademische Auszeit". Im Moment bist du noch in der Endphase des Studiums und somit noch "mittendrin". Deine Motivation für eine Dissertation scheint mir unspezifisch, d.h. je nach Tätigkeit kannst du das durchaus auch im "normalen" Arbeitsleben realisieren. Eine Dissertation erfordert viel mehr als forschen und Lösungen für Probleme finden - und zwar für eine sehr lange Zeit. Wenn du nach einiger Zeit im Berufsleben feststellst, dass der Wunsch nach einer Promotion nach wie vor besteht und du neben deiner beruflichen Tätigkeit genügend Kapazitäten dafür hast, kannst du immer noch einen Anlauf nehmen.

Alles Gute,
bienah
haecki

Re: Eigentlich würd ich ja gerne ... aber wie? Und worüber?

Beitrag von haecki »

Danke erst einmal, für die Glückwünsche (auch wenn es noch eine Verteidigung zu überstehen gilt).

Ich will hier auch niemandem auf die Füße treten, aber: lasst die Motivation (warum ich das machen will) bitte meine Sorge sein.
Mir geht es hier einfach um die ... nennen wir es mal "gesetzlichen Grundlagen" und Erfahrungen.

Als Student der Informatik sagen wir einfach mal: "Definieren wir die Motivation als im Ãœberfluss vorhanden" ....

Es geht mir wirklich nur um den Aspekt: Ist so etwas NEBEN dem Berufsleben möglich, so wie ich mir das vorstelle? Sprich: Arbeit schreiben, forschen, schreiben, experimentieren, schreiben, .....
IRGENDWANN dann Arbeit abgeben und als Promotion "anerkannt" bekommen? Natürlich noch Verteidigung etc. dazu - das ist klar.
bienah
Beiträge: 145
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Status: fertig

Re: Eigentlich würd ich ja gerne ... aber wie? Und worüber?

Beitrag von bienah »

Prinzipiell ist alles möglich,"gesetzliche Grundlagen", die dich an einer berufsbegleitenden Promotion hindern, wirst du keine finden. Voraussetzung ist, dass dein Doktorvater mit dem Vorgehen einverstanden ist und allfällige Bedingungen der Promotionsordnung erfüllt sind.
haecki

Re: Eigentlich würd ich ja gerne ... aber wie? Und worüber?

Beitrag von haecki »

Gut, dann hätte ich mich natürlich von "vorn herein" an einen DV gebunden.
Genau so etwas wollte ich umgehen - und wenn's fertig ist, wollte ich es halt irgendwo einreichen.

Vermutlich wird das aber nicht so gehen, vermute ich.
claudine

Re: Eigentlich würd ich ja gerne ... aber wie? Und worüber?

Beitrag von claudine »

Genau so etwas wollte ich umgehen - und wenn's fertig ist, wollte ich es halt irgendwo einreichen.
Das geht nicht, du brauchst von Anfang an einen DV. Mal davon abgesehen wirst du arge Schwierigkeiten haben ohne Input von anderen Forschern (sprich Postdocs, Professoren, Doktoranden) die richtige Forschungsweise/Schreibweise/Argumentierweise zu treffen. Forschen ist nicht einfach drauflos ausprobieren, da gehoeren im Normalfall Hypothesen dazu - auch wenn man als Informatiker oft das Pferd von hinten aufzieht, die Disziplin hat sich mitlerweile genug entwickelt das einfach mal was machen und schauen was bei rauskommt nicht mehr so ohne weiteres funktioniert.
Frodo

Re: Eigentlich würd ich ja gerne ... aber wie? Und worüber?

Beitrag von Frodo »

Hallo haecki

So, wie du es dir vorstellst, könnte es schwierig werden. Einerseits müsstest du einen Prof. finden, der sich mal eben bereit erklärt, eine fix-fertige Dissertation eines (womöglich) wildfremden Menschen anzunehmen. Wieso sollte er dies tun? Wieso sollte er sich 3 Monate mit Korrekturlesen beschäftigen, wo deine Dissertation womöglich völliger Unsinn ist? Er kann weder Einfluss auf deine Dissertation nehmen, hat nur Aufwand und im Grunde keinen Nutzen von dir. Ausserdem hat er bestimmt noch genügend andere interessierte Doktoranden, die nicht nur die Arbeit abliefern. Aber ok, vielleicht findest du ja trotzdem jemanden. Wäre einfach schade, wenn du tatsächlich eine Diss ausgearbeitet hättest, und niemand will sie annehmen... :wink:

Andererseits musst du auch beachten, dass von Seiten der Uni üblicherweise noch Bedingungen gelten, wie beispielsweise das Belegen einer gewissen Anzahl Kurse, mehrmalige Präsentation deiner Ergebnisse und so weiter.

Soviel zu den "äusseren" Hürden, die mir spontan in den Sinn gekommen sind, sich in meinen Augen aber relativ leicht vermeiden lassen. Würdest du dir von Beginn weg als externer Doktorand einen Prof. suchen, so hielten sich deine Verpflichtungen ihm und deiner Uni gegenüber in Grenzen. Allerdings - und hier sehe ich das Hauptproblem - ist es aus meiner Sicht nicht realistisch, 100% zu arbeiten und nebenher eine Dissertation zu schreiben. Aus eigener Erfahrung habe ich bemerkt, dass 50% arbeiten und "nebenher" eine Dissertation zu schreiben auch schon eine Belastung ist. Klar kann man sich hinstellen und sagen, "ich pack das", aber ehrlich gesagt zweifle ich daran... Wenn du nicht einen Job hast, der Schnittstellen zu deinem Forschungsgebiet aufweist, wird es ungemein schwierig werden, gedanklich vom Einen zum Anderen zu wechseln. Zudem möchtest du vielleicht auch am Wochenende ein wenig dein Leben geniessen, und nicht nur forschen müssen.

Mein Rat: Denk darüber nach, ob du tatsächlich eine Dissertation in Angriff nehmen möchtest. Dazu gehört auch, beruflich erst einmal zurück zu stecken. Du hast danach noch viele, viele Jahre vor dir... :D
saxomanix

Re: Eigentlich würd ich ja gerne ... aber wie? Und worüber?

Beitrag von saxomanix »

und ein kleiner Aspekt, den es zu bedenken gilt und der einem Kollegen von mir zum Verhängnis wurde - wenn man "ewig" nebenher schreibt kann es einem gerade in einem Fachgebiet wie der Informatik schnell mal passieren, dass jemand Vollzeit das gleiche Thema hat und schwups, schneller fertig ist - dann haste zwar ne fertige Diss, stehst aber doof da, weil das nix mehr ist, was du gebrauchen kannst (bzw das thema ist längst ueberholt usw). dann muesstest du schon dermassen am Rand forschen, dass stell ich mir furchtbar kompliziert vor (WEIL : dann gibts weniger Literatur etx, an die kommste als externer NOCH schwieriger ran usw usw).
Gruss saxomanix
barbara
Beiträge: 189
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Re: Eigentlich würd ich ja gerne ... aber wie? Und worüber?

Beitrag von barbara »

Hallo Haecki,

ich hatte die Idee, die Du hast, auch - hatte auch ein Thema, aber nicht weiter verfolgt, weil keine Chance, das nebenberuflich durchzuziehen. Weil mir aber "forschen" Spaß macht, arbeite ich jetzt an einem anderen Thema, ganz nah am Beruf, und damit habe ich plötzlich die Möglichkeit, ohne Zeit- und Finanzdruck zu promovieren und die Erkenntnisse die sich ergeben, sofort im Job einzusetzen. Und es ist zeitlich hart, aber da ich eben während der Arbeitszeit Versuche machen kann und nur die Schreibarbeit Privatsache ist, ist es möglich.

Ich finde es jedenfalls spannend, neben einem sehr auf Rentabilität ausgerichteten Beruf noch so eine "Spielerei" betreiben zu können. Wahrscheinlich rechnet sich das im Endeffekt sogar für meinen Brötchengeber ;-)

Mein Tipp an Dich: arbeite mal zwei Jahre ganz normal und suche Dir dann ein verwandtes, interessantes Gebiet. Ohne DV würde ich das aber auf keinen Fall machen, denn die Promotionsordnungen, die mir unterkamen, hatten alle eine Klausel, dass der Promovend mindestens zwei oder drei Jahre vor Antrag auf Promotion bereits an der selben Uni mit Betreuerzusage etc..."angemeldet" sein musste. Bei mir ist das Diplom schon 15 Jahre her - da kommt noch dazu, dass seither vieles Lehrbuchwissen ist, was ich meinte in meiner Berufserfahrung selber rausgefunden zu haben. Andere waren halt schneller....hier den Anschluß zu kriegen ist mit gutem Kontakt an einen Lehrstuhl viel einfacher wie mutterseelenallein. Ich fühle mich als externer an meiner Uni bisher gut aufgehoben. Mach es nicht allein, glaub mir! Eine Tasse Kaffee mit einem Fachkollegen wirkt Wunder.
18. apr 2011;31. Dec 2013;f;hoffentlich klüger!
JoJo-SH

Re: Eigentlich würd ich ja gerne ... aber wie? Und worüber?

Beitrag von JoJo-SH »

saxomanix hat geschrieben:und ein kleiner Aspekt, den es zu bedenken gilt und der einem Kollegen von mir zum Verhängnis wurde - wenn man "ewig" nebenher schreibt kann es einem gerade in einem Fachgebiet wie der Informatik schnell mal passieren, dass jemand Vollzeit das gleiche Thema hat und schwups, schneller fertig ist - dann haste zwar ne fertige Diss, stehst aber doof da, weil das nix mehr ist, was du gebrauchen kannst (bzw das thema ist längst ueberholt usw). dann muesstest du schon dermassen am Rand forschen, dass stell ich mir furchtbar kompliziert vor (WEIL : dann gibts weniger Literatur etx, an die kommste als externer NOCH schwieriger ran usw usw).
Das Problem lässt sich (natürlich nicht komplett) dadurch etwas herunterdrücken, wenn man publiziert.
Gerade in der Informatik gibt es viele Veranstaltungen, auf denen man sein Thema auch als externer Doktorand vorstellen kann und entsprechend dann den eigenen Namen in dem Bereich schon einmal "einmeisseln" kann.

Und noch @haecki: ein erster Schritt wäre es in meinen Augen, wenn du dir erst einmal fertige Doktorarbeiten aus der Informatik durchliest und das am besten auch komplett oder zumindest mal in jedes einzelne Kapitel reinliest.
Meiner Erfahrung nach existieren häufig falsche Vorstellungen von der Relevanz eines potentiellen Dissertationsthemas. Das eigentliche ausprobieren oder auch spielen tritt dabei schnell mal in den Hintergrund, da es letztendlich immer darum geht, Entscheidungen argumentativ zu begründen. Das kann letztendlich mühsam werden, insbesondere wenn man zu aktuellen Themen (was in der Informatik häufig so ist), keine Quellen finden kann. :)
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