sinngemäße, "verschleiernde" Zitate - üblich und verboten?!

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Frl.Schröder

Re: sinngemäße, "verschleiernde" Zitate - üblich und verbote

Beitrag von Frl.Schröder »

Ganz allgemein finde ich, dass im Zuge der Guttenberg-Diskussion jetzt aber auch wirklich übertrieben wird.

Worum geht es? Nichts als Eigenes auszugeben, was nicht das Eigene ist; andere Forscher zu würdigen (standing on the shoulders of giants). Der Leser muss das erkennen können - ob jetzt "vgl." oder "so" steht oder was auch immer - die Diskussion geht mE am Wesentlichen vorbei.
Frl.Schröder

Re: sinngemäße, "verschleiernde" Zitate - üblich und verbote

Beitrag von Frl.Schröder »

Und obwohl die ZEIT zu meiner regelmäßigen Lektüre gehört, finde ich diesen Artikel jetzt einfach nur übertrieben und unnötig. Diese Diss ist eben einfach nur mittelmäßig - aber jetzt immer "Plagiat" zu schreien finde ich kontraproduktiv.
algol
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Re: sinngemäße, "verschleiernde" Zitate - üblich und verbote

Beitrag von algol »

Frl.Schröder hat geschrieben:Ganz allgemein finde ich, dass im Zuge der Guttenberg-Diskussion jetzt aber auch wirklich übertrieben wird.

Worum geht es? Nichts als Eigenes auszugeben, was nicht das Eigene ist; andere Forscher zu würdigen (standing on the shoulders of giants). Der Leser muss das erkennen können - ob jetzt "vgl." oder "so" steht oder was auch immer - die Diskussion geht mE am Wesentlichen vorbei.
Du triffst einen wichtigen Punkt. Finde ich gut.
Es ist gut, dass da ein paar Eingesessene aufgeschreckt werden, dass es so nicht geht und das Thema auch bewusster wird. Aber wir brauchen keine Hexenjagd bei uns selbst und an den Hochschulen. Das hat auch mit Qualität nichts zu tun.
Leitzordner

Re: sinngemäße, "verschleiernde" Zitate - üblich und verbote

Beitrag von Leitzordner »

@Leitzordner: Bitte sei mir nicht böse, aber ich finde das Wort „Life Science“ einfach zum Lachen. Und zwar solange, bis mir ein Lebenswissenschaftler erklärt, was Leben ist; oder ein Naturwissenschaftler, was Natur ist. Für mich gibt es keine Trennung zwischen Objekt und Subjekt.
Trifft das dann auch auf Geisteswissenschaftler zu? :D
Unter irgendeinem Begriff muss man ja die Forschung, die Elementen aus Medizin, Biologie, Chemie, Informatik etc beinhaltet, vereinen.
Ich weiß, aber ich würde das halt nicht als „Diskussion“ bezeichnen, denn dazu gehören m.E. immer mindestens zwei. Entweder mündlich oder schriftlich mit Veröffentlichungen, die immer wieder aufeinander Bezug nehmen, oder ein Briefwechsel.
Naja, aber nachdem dieser Punkt als Diskussion bezeichnet wird (egal ob Dissertationen oder Publikationen in deutsch/englisch) is es halt so:
http://en.wikipedia.org/wiki/IMRAD
Da sehe ich schwarz wenn du das als einzelner Doktorand nicht angemessen findest und das ändern möchtest...
Die Idee dahinter, deine Ergebnisse als solche und im Kontext der verfügbaren Literatur kritisch zu hinterfragen und "diskutieren" halte ich für valide.
Je nach Thema können aber gerade Formulierungen in Lehrbüchern interessant werden, etwa wenn irgendein Punkt strittig gemacht werden soll. Der beste Aufhänger für Grundlagenforschung ist doch wohl eine Sammlung von fragwürdigen Zitaten aus Lehrbüchern.
Das sehe ich, zumindest für mein Fach, nicht so. Ein Lehrbuch sammelt doch nur Erkenntnisse und komprimiert sie um einem Leser (Student der frühen Semester) einen Überblick zu geben. Die Wiedergabe von fragwürdigen Zitaten aus Lehrbücher hilft bitte wie?
Die Erkenntnisse aus Lehrbüchern geben ja auch nur Fakten wieder, die sie aus Veröffentlichungen gesammelt haben. Man sollte also bitte die Paper zitieren, die diese Erkenntnisse gewonnen haben. Ausserdem fehlen in Lehrbüchern meist die Hintergründe wie eine Schlussfolgerung gemacht wurde, da eben die ganze Methodik/Analyse/Diskussion fehlt.
Wenn ich in z.B. einer Bachelorarbeit ein Buch zitiert sehen würde, dann würde ich mir denken, dass der Student zu faul war sich mit der Primärliteratur auseinander zu setzen.
Einleitung: hier sehe ich schon eine Eigenleistung, klar! Sichten, Ordnen und Gewichten des bestehenden Wissens und daraus abgeleitet deine persönliche Fragestellung. Wenn das keine Eigenleistung ist? Eine Fremdleistung? Hier zeigst du genau das, was man zeigen muß: systematisch in Form und Inhalt die selbständige Suche nach Erkenntnis. Natürlich ist der eigene(!) Erkenntnisgewinn durch vorangegangene Arbeiten meine Leistung!
Natürlich ist es eine Art von Leistung und aus eigener Erfahrung weiss ich, dass sich die Einleitung immer am schwierigsten schreibt. Nichts desto trotz bleibe ich dabei, dass das die Wissenschaft keinen Meter voran bringt, da ich eben in diesem Part keine neuen eigenen Erkenntnisse gewinne, sondern einfach Fremde Erkenntnisse verwurste.
Meßergebnis: Ich dachte hier an das reine Messen, z.B. mittels bestehender Methoden. Das wäre für mich Handwerk, wobei man ja auch das können soll. Wenn du dazu eine neue Methode entwickelt hast, dann ist das natürlich auch deine Leistung
Selbst das reine Messen ist eine eigene Leistung. Du musst erst einmal eine Frage ausarbeiten, eine Methode bestimmen deren Ergebnisse dir erlauben diese zu beantworten, die Messung durchführen und die Ergebnisse analysieren....
Ich schätze mal, dass über 99.9 Prozent von neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen basierend auf "Standardmethoden" gewonnen wurden. Aber die Leistung ist eben die richtigen Fragen zu stellen, die richtige Methode anzuwenden und eben experimentelle Beweise vorzulegen um seine Hypothese zu stützen.
musicus

Re: sinngemäße, "verschleiernde" Zitate - üblich und verbote

Beitrag von musicus »

Ja, ich kritisiere auch jmd, der sich Geisteswissenschaftler nennt und sich nicht mit dem Geist beschäftigt :D (das sind leider auch viele). Aber wie gesagt, die Einteilung in Geistes- und Naturwissenschaft ist für mich nicht hilfreich, bzw. trennt Dinge, die eigentlich nur zusammen einen Sinn ergeben (die korrekte Unterscheidung müßte ja auch „Geistes- und Materiewissenschaft“ bzw. „Natur- und Kunstwissenschaft“ sein).
Wierus
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Re: sinngemäße, "verschleiernde" Zitate - üblich und verbote

Beitrag von Wierus »

Leitzordner hat geschrieben:
Je nach Thema können aber gerade Formulierungen in Lehrbüchern interessant werden, etwa wenn irgendein Punkt strittig gemacht werden soll. Der beste Aufhänger für Grundlagenforschung ist doch wohl eine Sammlung von fragwürdigen Zitaten aus Lehrbüchern.
Das sehe ich, zumindest für mein Fach, nicht so. Ein Lehrbuch sammelt doch nur Erkenntnisse und komprimiert sie um einem Leser (Student der frühen Semester) einen Überblick zu geben. Die Wiedergabe von fragwürdigen Zitaten aus Lehrbücher hilft bitte wie?
Die Erkenntnisse aus Lehrbüchern geben ja auch nur Fakten wieder, die sie aus Veröffentlichungen gesammelt haben. Man sollte also bitte die Paper zitieren, die diese Erkenntnisse gewonnen haben. Ausserdem fehlen in Lehrbüchern meist die Hintergründe wie eine Schlussfolgerung gemacht wurde, da eben die ganze Methodik/Analyse/Diskussion fehlt. Wenn ich in z.B. einer Bachelorarbeit ein Buch zitiert sehen würde, dann würde ich mir denken, dass der Student zu faul war sich mit der Primärliteratur auseinander zu setzen.

"Nicht nur aus Lehrbüchern zitieren!" - das kriegt man im Studium sicherlich hin und wieder zu hören. Es stimmt natürlich auch, wenn es um die Beschäftigung mit einem Thema geht, das in Lehrbüchern eben nur angerissen wird.
Aber ich denke, irgendwann sollte man im späteren Verlauf des Studiums einen Punkt erreicht haben, an dem man dann selbst über das Fach und über Vorgehensweisen reflektieren und viele unnütze Floskeln aus dem Grundstudium über Bord werfen kann.

Lehrbuchwissen besteht aus "geronnenen" fachlichen Einsichten, ist also Grundlagenwissen. D.h. um Grundlagenforschung zu betreiben, muss ich erst belegen, dass das, was ich als kritikbedürftig erachte, überhaupt schon Grundlagenwissen ist. Das lässt sich nicht anhand der Theorie selbst, sondern erst an ihrer Wirkung und fachlichen Bedeutung festmachen. Ergo zitiert man - nicht nur, aber eben auch - aus Lehrbüchern.
Dr. Natalie Struve

Re: sinngemäße, "verschleiernde" Zitate - üblich und verbote

Beitrag von Dr. Natalie Struve »

bbb hat geschrieben:Natürlich ist (bzw. scheint mir) eigentlich nur eine Zitierweise mit Anführungszeichen dazu geeignet, um wirklich eindeutig klarzumachen, was von der Quelle übernommen ist und was nicht.
Dieses "sinngemäßge Zitieren" durch Umstellen und Umformulieren (was meiner Meinung nach nicht zwangsläufig in böser Absicht geschieht, sondern eher mangels besseren Wissens bzw. weil es in dem Fachgebiet so üblich zu sein scheint) - ist das verboten?
Das ist nicht richtig und geht auch am Zweck des Zitiergebots vorbei: Es muß erkennbar sein, welche Gedanken woher übernommen wurden, und zwar eindeutig. Dazu muß aber keineswegs wörtlich zitiert werden (und dann mit Anführungszeichen); regelmäßig würde ein Text dadurch auch schlecht bis gar nicht mehr lesbar. Dazu gibt es diverse Möglichkeiten, von der indirekten Rede über entsprechend eindeutige Formulierungen usw.
(S. zum Zitieren auch http://www.nataliestruve.de/service/inf ... en-texten/)

Einerseits gut, wenn nicht gar elegant zu formulieren und dabei andererseits stets eindeutig klar zu machen, was von wem stammt, ist eine Fähigkeit, die man lernen und einüben muß. Leider ist das regelmäßig nicht Teil der wissenschaftlichen Ausbildung, obwohl es zwingend dazugehört, wenn eine Hochschule exzellente Wissenschaftler hervorbringen will. (Die Hochschulen haben übrigens regelmäßig Geld für entsprechende Angebote; nur ist ihnen die Notwendigkeit oft nicht bewußt, und manches Mal glauben sie gar, Doktoranden hätten keine Zeit für dergleichen...) Dann hilft nur die ständige kritische Reflexion, bei eigenen wie bei fremden Texten: Ist wirklich klar, was woher stammt? Was könnte man ändern, welche Effekte hätte das? Und zu den eigenen Texten unbedingt auch andere fragen! Außerdem muß, wenn einem die Verbindung von sprachlicher Eleganz und wissenschaftlicher Eindeutigkeit nicht optimal gelingt, die Priorität selbstverständlich immer bei der Eindeutigkeit liegen! (Deswegen habe ich mich über Chatzimarkakis' Selbstdarstellung auch so aufgeregt; s. den Kommentar bei http://deplagio.wordpress.com/2011/07/0 ... utschland/)

[14.06.2013: Link aktualisiert]
Zuletzt geändert von Dr. Natalie Struve am 14.06.2013, 18:17, insgesamt 1-mal geändert.
Igelchen

Re: sinngemäße, "verschleiernde" Zitate - üblich und verbote

Beitrag von Igelchen »

Bei uns gibt es eine schräge Regel, die aber offiziell in den Gestaltungsrichtlinien in der Uni verankert ist: (an die müssen sich alle Doktoranten halten) JEDER Übernahme - auch 4 Worte - müssen gekennzeichnet werden! Das endet dann darin, dass mehr Quellenangaben als Text drinsteht. In den Hausarbeiten als auch in den Dissertationen. :/
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