Promotionsvorhaben, Doktorvater sicher, kein Lehrstuhlbudget

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Causacaus

Promotionsvorhaben, Doktorvater sicher, kein Lehrstuhlbudget

Beitrag von Causacaus »

Hallo Foristi,

ich befinde mich ca. 1 Jahr vor Abschluss meines Studiums (W-Ing.). Nun habe ich unbedingt vor, nach Abschluss zu promovieren. Einen Doktorvater, mit dem ich mich sehr gut verstehe, hätte ich auch schon in der Tasche.

Das Problem: Der Lehrstuhl hat derzeit keinerlei Mittel für einen weiteren Mitarbeiter. Könnte ich allerdings ein Stipendium auftreiben, wäre die Promotionsstelle sicher.

Wenn ich die Situation richtig einschätze, kann man sich erst mit formalem Abschluss auf ein Stipendium bewerben, korrekt? Nun geht mir folgendes Szenario durch den Kopf. Mein Doktorvater gibt mir das Go, mich für ein Stipendium zu bewerben. Der Master ist in der Tasche, ich bewerbe mich auf ein Stipendium und die Suche bleibt erfolglos. In diesem Fall wäre ich unter Umständen erstmal eine Zeit lang arbeitslos und auf der Suche nach einem Stipendium. Bleibt die Suche nach einem Stipendium nun wirklich erfolglos, hätte ich im Worst-Case mehr als ein halbes Jahr meiner Zeit verplempert (und ich bin nicht mehr der jüngste, 28 Jahre, Spätzünder, schwieriger Start ins Leben etc - das Übliche).

Dieses Szenario möchte ich eigentlich vermeiden. Ich bin bei meiner - zugegebenermaßen bisher nicht sehr ausführlichen - Suche nach Promotionsstipendien, noch auf kein Angebot gestoßen, bei dem ich mich vor dem formalen Abschluss bereits bewerben könnte.

Nach meinem derzeitigen Informationsstand scheint mir das Risiko, ohne Stipendium aus der Sache herauszugehen, einfach zu hoch. Ich will (!) aber wirklich unbedingt und am besten auch bei dem genannten Prof promovieren.

Habt ihr Ratschläge, wie ich in meiner Situation am besten vorgehen könnte? Nachfolgend mein Profil, eventuell kann hier jmd. einschätzen, wie aussichtsreich eine Bewerbung auf ein Stipendium wäre (dabei sei nochmal angemerkt, dass ich wirklich ein Spätzünder war, was das Lernen und die "Erfolgsgeilheit" angeht):

Alter: 28 J.
Abitur: 3,2
Bachelor 2,3 (Damit gehöre ich zu den besten 10%)
Master zwischen 1,3 und 1,5
Auslandserfahrung
Praktikum - 5 Monate
Hiwi-Tätigkeit: An zwei Lehrstühlen seit ca. 2 Jahren
Ein Gutachten könnte ich von mindestens 2 Professoren erhalten

Gesellschaftliches oder soziales Engagement habe ich ehrlich gesagt nicht vorzuweisen. In dem Zusammenhang bleibt mir nun aber noch ca. 1 Jahr Zeit, etwas in die Richtung einzuleiten (fraglich, ob das eventuell auffällig bzw. ausreichend wäre). Das klingt nun eventuell moralisch verwerflich, aber mit 2 Hiwi-Jobs und dem Studium blieb einfach nicht mehr Zeit noch etwas in diese Richtung zu erledigen. Wenn es aber wirklich sein muss, dann wird auch ein Weg dafür gefunden werden.

Nun suche ich bei euch nach Rat, wie ich in dieser Situation am besten vorgehen sollte.

Ich bedanke mich bereits im Voraus.

Vlg,
Causa
Twinkies

Re: Promotionsvorhaben, Doktorvater sicher, kein Lehrstuhlbu

Beitrag von Twinkies »

Hallo Causa,

ja, das mit dem Übergang und der Finanzierungslücke zwischen Studiumsende und Stipendienbewerbung bzw. -beginn ist leider immer ein Problem. Wäre es evtl. möglich, dich an deiner Uni (ich nehme an, du willst an der Uni promovieren an der du studierst?) nach Ende des Studiums als Promotionsstudent einzuschreiben und irgendwie eine deiner Hiwi-Tätigkeiten weiter auszuüben? Das geht glaube ich nicht in allen Bundesländern, da würde ich mal die für Hiwis zuständige Person in der Verwaltung fragen, sowie deine Profs für die arbeitest. In manchen Bundesländern gibt es auch Stellen für "geprüfte Hilfskräfte", also für Leute die ihr Studium abgeschlossen haben.

Was deine Chancen für ein Stipendium angeht: ich würde es auf alle Fälle versuchen. In deinem Lebenslauf hast du eine kontinuierliche Steigerung deiner Noten vorzuweisen, und auch sonst sind deine Voraussetzungen nicht schlecht. Wegen dem Alter würde ich mir keine Sorgen machen, ich kenne einige Leute, die mit noch "höherem" Alter ein Stipendium bekommen haben. Ich denke, die politischen Stiftungen hast du dir angeschaut? Was das soziale Engagement angeht: da kannst du jetzt, ein Jahr im Voraus, absolut noch anfangen, was zu machen. Ich kenne Fälle wo erfolgreiche Bewerber eine Woche vor Einreichung der Bewerbung mit ihrem Ehrenamt angefangen haben... Ansonsten: jedes(?) Bundesland hat sog. "Landesgraduiertenstipendien", das sind Promotionsstipendien die von den Unis vergeben werden (das Geld kommt vom Bundesland/Wissenschaftsministerium). Dafür musst du auch nicht unbedingt soziales Engagement vorweisen. Da würde ich es auf jeden Fall versuchen. Auch sinnvoll ist es, nach Stipendien in deinem Fachbereich zu schauen (da kenne ich mich leider nicht aus). Ach ja, geh doch schon mal zur Promotionsberatung an deiner Uni, die können dir auch noch Hinweise geben!!

Wenn du kannst, würde ich schon parallel zu deinem Abschluss anfangen, am Exposé zu arbeiten. Wichtig ist, dass dein Prof dich unterstützt und in seinem Gutachten bescheinigt, dass er dein Promotionsvorhaben für relevant und den Arbeitsplan für realistisch hält, und dich für einen super geeigneten Kandidaten usw. Das klingt zwar wie ein no-brainer, aber nicht alle Profs drücken sich immer so geschickt aus...

Bei den meisten Stipendien kann man sich, falls man beim ersten Versuch nicht angenommen wird, noch mal bewerben. Dann aber eben wieder mit Wartezeiten...
Causacaus

Re: Promotionsvorhaben, Doktorvater sicher, kein Lehrstuhlbu

Beitrag von Causacaus »

Hallo Twinkies,

erst einmal vielen Dank für deine ausführliche Antwort. Es ist in der Tat so, dass ich mich im Laufe meines Werdegangs ununterbrochen gesteigert habe (für das Abitur habe bspw. nicht einen Tag gelernt gehabt, zuviel anderes im Kopf und faul gewesen). Erst im 3. Semester war es dann so, dass ich mich auf den Hosenboden gesetzt habe und anfing zu lernen: Mit dem Erfolg kam dann auch die Gier nach mehr ("Blut geleckt").

Mich würde interessieren, wieso du explizit die politischen Stiftungen angesprochen hattest - ist es bei diesen einfacher angenommen zu werden? Bzw. generell die Frage: Gibt es Stiftungen, die von Bewerbern tendenziell höher frequentiert werden? Für die politischen Stiftungen müsste ich dann wohl in eine Partei eintreten, korrekt?

Noch eine Frage: Ein besonderes Promotionsthema habe ich zur Zeit noch nicht. Außerdem wird am Lehrstuhl sowieso eine kumulierte Promotion angestrebt werden, dabei kann es sein, dass man einfach Fragestellungen zu drei unterschiedlichen, dennoch halbwegs verwandten Themen, bearbeitet (das finde ich super, ich interessiere mich nämlich für diverse Themen). Für den Doktor zählt dann am Ende vor allem der PubCount und die Qualität der Pubs. Wie lässt sich das dann in der Bewerbung verkaufen? Wenn ich das richtig sehe, muss man das Exposé schon ganz explizit und qualitativ extrem hochwertig verfassen? Das bedeutet, ich müsste mich im vorab schon einmal mit meinem DV hinsetzen und mir anschauen, was man zu den genannten Themen eigentlich machen könnte.

Hat jemand Erfahrung, wie man eine kumulierte und themendiversifizierte Promotion in der Stipendienbewerbung verkaufen kann?
Doc-Wolfi

Re: Promotionsvorhaben, Doktorvater sicher, kein Lehrstuhlbu

Beitrag von Doc-Wolfi »

Hallo Causa,
außer Stipendien gibt es auch noch andere Geldquellen, auf die Du dich jetzt schon bewerben kannst.
- Forschungsprojekt: Lehrstühle reichen regelmäßig Förderanträge ein. Von der Einreichung bis Bewilligung vergeht locker ein Jahr, ihr müsstet also jetzt loslegen. Kannst Du mit Deinem Doktorvater nicht darüber sprechen und ggf. gemeinsam einen Antrag schreiben?
- Promotion in einer Firma. Manchmal bezahlen auch Firmen Doktoranden, damit diese bei ihnen in der Firma oder an der Universität an Fragestellungen arbeiten, die für die Firma interessant sind. Auch hier könnte der Doktorvater eventuell vermitteln.
Wolfi
Twinkies

Re: Promotionsvorhaben, Doktorvater sicher, kein Lehrstuhlbu

Beitrag von Twinkies »

Zu den politischen Stiftungen: ich hab sie erwähnt weil das so die gängigsten sind, die ich kenne. Du musst dafür nicht in einer Partei sein oder eintreten. Das wird vielleicht gern gesehen aber es ist definitiv keine Notwendigkeit. Ob es bei den politischen Stiftungen einfacher ist, angenommen zu werden, weiß ich nicht.

Ja, ich würde mich vorab mit deinem DV hinsetzen und die Themen, die du bearbeiten willst, besprechen! Er sollte auch einen Überblick über den aktuellen Forschungsstand haben, was innovativ ist oder eben schon zu ausgelutscht.

Ich kann zu deinem Forschungsfeld und kumulativen Promotionen leider nicht viel sagen, aber: die Stiftungen haben normalerweise Fachgutachter_innen, die wissen wie es deinem Feld aussieht und was der Sinn und Zweck einer kumul. Promotion ist. Es schadet aber sicher nicht, nochmal auf den Grund und die Vorteile hinzuweisen (auch wenn diese den Gutachter_innen bekannt sein sollten).
Caitlin

Re: Promotionsvorhaben, Doktorvater sicher, kein Lehrstuhlbu

Beitrag von Caitlin »

Ich weiß nicht, wieso das so selten angesprochen wird - aber in meinem Umfeld haben viele die Zeit zwischen Abschluss und Stipendium oder WiMi-Stelle mit ganz normalem Jobben in der Kneipe, der Bäckerei, im Callcenter etc. verbracht. Klar kann man dann nicht Vollzeit an der Diss-Vorbereitung sitzen. Aber man kommt erstmal über die Runden.
Da du sehr motiviert klingst und mit deinem zukünftigen Doktorvater in gutem Kontakt zu stehen scheinst, würde ich dir auf jeden Fall raten, alles daran zu setzen, dein Vorhaben auch möglich zu machen. Viel Erfolg dabei!
Zu Stipendien: Bewerben lohnt sich in jedem Fall, wo auch immer. Hast du schon beim Stipendienlotsen geguckt, welche für dich in Frage kommen? Viele Stipendien werden nicht vergeben, weil sich Menschen nicht trauen, sich zu bewerben. Deshalb kann ich nur unterstreichen, was andere hier schon gesagt haben: Du hast dich in deinem Werdegang kontinuierlich gesteigert, hast selbst Geld verdient. Du hast gute Noten. Du bist gut! Du hattest einen schwierigen Start, wie du schreibst, kein tolles Abi - geschenkt - aber du bist du, motiviert und offenbar so gut, dass die Professoren dich bemerkt haben. Also nur Mut!
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