Motivationsstagnation

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physikPHD

Motivationsstagnation

Beitrag von physikPHD »

Hallo,

bin neu hier im Forum. Bin auf das Forum gestoßen, weil ich selbst momentan in einer Motivationsstagnationsphase bin. Schreibe meine Doktorarbeit im Fachbereich Physik. Meine Doktorarbeit ist sehr theoretisch, d.h. sehr "trocken". Einerseits treibt mich das an, weil ich gerne meine Denkgrenzen austeste. Andererseits komme ich dann kaum voran, weil ich dann nicht mal so eben etwas Praktisches tun kann. Es ist im Grunde ein einziges Thema, wobei die einzelnen Arbeitsschritte aufeinander aufbauen. Wenn ich also gerade nicht weiter komme, dann kann ich nicht mal so eben an einem anderen Projekt arbeiten, weil es quasi nur ein großes einziges Projekt gibt. Meine Doktorarbeit wollte ich auf jeden Fall schreiben. Das stand schon während meiner Studienzeit fest. Und in die Theorie wollte ich auch gehen. Von daher kann man schon sagen, dass ich im Vorfeld schon ungefähr eine Ahnung hatte, was auf mich zukommen wird. Aber es scheint auch nicht direkt an der Doktorarbeit selbst zu liegen, sondern vielleicht an meiner Arbeitsweise/ Arbeitseinstellung. Ich habe bereits häufiger an mir beobachtet, dass ich besonders interessiert bin, wenn ich mit einem neuen Thema beginne. Ich brauche quasi ständig neuen Wind, der mein Segel wieder antreibt. So war das auch mit der Doktorarbeit. Es hatte mit meiner Abschlussarbeit nicht viel zu tun. Und so war das Interesse Anfangs noch sehr groß. Nur irgendwie fing ich dann nach etwas über einem Jahr an, langsamer zu werden. Zum Einen ist es ein: A und B ist "einfach", es lohnt nicht diese Aufgabe jetzt zu erledigen. Das kann man auch später in Null Komma Nix. Aber der Großteil ist eher ein: Mir fehlt die Orientierung. Ich weiß natürlich, was das Ziel meiner Doktorarbeit ist. Ich weiß auch, dass der Weg erst dann im Nachhinein verstanden werden kann, wenn er erst begangen wird. War auch im Studium auch so. Hat sich aber während der Doktorarbeit enorm verstärkt. Und ich denke auch, dass es zum einen an dieser Unsicherheit liegt. Daran, dass ich nicht so genau vorhersagen kann, welche Ergebnisse und Erkenntnisse mich erwarten werden. Daran, dass durch die numerische Durchführung der Untersuchungen die Anschauung verloren geht, es so abstrakt wird, dass ich manchmal das Gefühl habe, nicht richtig durchblicken zu können. Und dieses Undurchsichtige, Undurchdringliche verunsichert mich. Es verunsichert mich so sehr, dass ich das Gefühl habe, zu langsam zu arbeiten. Gut, wenn ich ehrlich sein soll, habe ich bereits seit Anbeginn das Gefühl auf der Stelle zu treten. Scheint aber normal zu sein. Dies habe ich nach Rücksprache mit meinen Kollegen in Erfahrung bringen können. Es geht gewissermaßen auch um die Frustrationstoleranz. Darum, wie oft ich denn auf die Schnauze fallen muss, bis ich endlich soweit mit meiner Berechnung bin, dass ich endlich zum nächsten größeren Schritt gehen kann. Die zeitliche Distanz zwischen den Erkenntnissen - oder denen, die ich selbst als Erkenntnis anerkenne - sind doch recht groß. Vielleicht ist es auch die Geduld, die mir da fehlt?

Wie gesagt, ich kann es momentan nicht richtig einschätzen. Ich würde mich aber super freuen, wenn ihr mir weiterhelfen könntet. Seid/ Wart ihr grade auch in solch einem Tief? Wie geht ihr damit um? Wie seid ihr damit umgegangen? Wie kann man überhaupt die Qualität der eigenen Arbeit einschätzen? Ist das überhaupt möglich?
Meggy

Re: Motivationsstagnation

Beitrag von Meggy »

Hallo,
im Wesentlichen kann ich nur bestätigen was Dir Deine Kollegen auch schon sagten - das ist wohl ein ganz normaler Prozess im Rahmen einer Dr-Arbeit den Du da gerade durchlebst. Von mir selber (mittlerweile fertig /:dr) ) kann ich auch dasselbe bestätigen. Ich kenne das Gefühl, dass man noch nicht weiß wo es hingehen soll und dadurch verunsichert wird (weil gefühlt zu wenig in die richtige Richtung geht) nur zu gut. Ich hatte mehrere solche Phasen (habe während der Promotionszeit 2 Kinder bekommen, die damit jeweils verbundenen "Auszeiten" haben das teilweise noch verschärft) aber es geht auch jedes mal weiter wenn man denn durchhält und einfach dranbleibt. Im Zweifelsfall hab ich manchmal halt doch auch einfach ganz "banale" Dinge zwischenrein gemacht, sowas wie mit Tabellenformaten probieren, Schriftsatz anpassen, fertige Abschnitte sprachlich überarbeiten, nochmal nach aktuellester Literatur quersuchen... Im nachhinein muss ich für mich persönlich (kenne es aber auch von vielen Kollegen) sagen, dass sich mein ursprüngliches Ziel, und das was es dann geworden ist, doch deutlich verschoben hat über die Dauer. Insofern diesbezüglich vielleicht ein wenig flexibel/offen bleiben. Mir fiel das am Anfang schwer ("ich wollte doch XY machen, Z passt da doch gar nicht dazu"). Aber mit der Zeit wurde ich da lockerer, habe einige verschiedene Teile "ausprobiert" und letztlich ist nicht alles im (vorher gedachten, geplanten) Rahmen in der DR Arbeit gelandet - manches vermehrte sich drastisch, manche Aspekte fielen sogar raus weil sie nicht mehr zum - wirklich erst gegen Ende klaren - Gesamtziel passten. Das war vielleicht nicht der zielgerichtetste und effizienteste Weg, aber das Endresultat ist eine schöne, runde Sache geworden, und mit der Zeit lernte ich auch außerhalb des angedachten Rahmens zu denken bzw. das für mich zuzulassen dass das alles ein Prozess ist der sich wandeln kann (insgesamt: ICH hatte ein Originalziel. Mein direkter Betreuer (anfangs betreute ein PD Kollege federführend) ein leicht anderes. Mein späterer DV hatte mit der Zeit schon ziemlich andere Ideen wo die Reise hingeht und als mein Zweitgutachter ins Boot kam, änderten sich die Gewichtungen nochmals. Also: Kopf hoch, durchhalten, durchbeißen. Das wird :blume:
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