Probleme mit Gutachter

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HJA

Probleme mit Gutachter

Beitrag von HJA »

Hallo,
ich promoviere an einer Universität und befinde mich in der Endphase der Dissertation. Die Forschungsfrage ist empirisch bearbeitet, beantwortet und die Dissertation muss fertiggeschrieben werden.
Aufgrund von Streitigkeiten mit meinem Zweitgutachter und der Verweigerung eines Betreuerwechsels von Seiten des Erstgutachters droht nun die Beendigung des Promotionsverfahrens.
Diesbezüglich wird noch ein gemeinsames Gespräch stattfinden. Ein Grund für die Konflikte liegt darin, dass der Zweitgutachter trotz solider Vorgehensweise die Bearbeitung meiner empirischen Daten verwirft und zweitens ein Summa Cum Laude erwartet. Dies unabhängig von meiner beruflichen und persönlichen Situation. Außerdem entspricht die Erwartungshaltung des Zweitgutachters, der als Hauptansprechpartner aufgrund seiner Fachkenntnisse im Dissertationsverfahren fungiert, nicht der Betreuungsqualität. Die zu bemängelnde Betreuerqualität scheint in Deutschland ein generelles Problem zu sein. Aus diesem Grund habe ich mir für den Fall, dass keine Einigung gefunden wird, überlegt einen Ph.D. Abschluss an einer anderen Hochschule anzustreben. Hier könnte ich eine seriöse Möglichkeit (die Hochschule ist in der Datenbank der anabin) bei leichter Abänderung meines Themas in Anspruch nehmen. Zwar sind insbesondere im Rahmen der Erstrebung des Ph.D. Titels die Betreuerkonditionen wesentlich besser, leider ist diese Variante kostspielig und kostet hinzu noch weitere drei Jahre. Andererseits drohen bei Wechsel zu einer Hochschule im Rahmen des klassischen Promotionsverfahrens die gleichen Konflikte wie die aktuellen. Jedoch könnte ich für den Fall, dass ich die richtigen Betreuer finde, die auch mein Thema annehmen, viel Zeit und Geld sparen.
Hat jemand Empfehlungen für mich?

Vielen Dank im voraus.
HJA Neu hier Status: Forschungsfrage bean keine Angabe Beiträge: 1Registriert: 14.03.2015
flip
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Re: Probleme mit Gutachter

Beitrag von flip »

HJA hat geschrieben:Hallo,

Diesbezüglich wird noch ein gemeinsames Gespräch stattfinden. Ein Grund für die Konflikte liegt darin, dass der Zweitgutachter trotz solider Vorgehensweise die Bearbeitung meiner empirischen Daten verwirft und zweitens ein Summa Cum Laude erwartet. Dies unabhängig von meiner beruflichen und persönlichen Situation. Außerdem entspricht die Erwartungshaltung des Zweitgutachters, der als Hauptansprechpartner aufgrund seiner Fachkenntnisse im Dissertationsverfahren fungiert, nicht der Betreuungsqualität. Die zu bemängelnde Betreuerqualität scheint in Deutschland ein generelles Problem zu sein.
:shock:

Also mit solchen Aussagen wirst du, glaube ich niemals erfolgreich einen "Dr" erlangen. Du scheinst nicht die selbe Erwartunghaltung wie der Zweitbetreuer (Fach(!)-Betreuer) zu teilen, also das möglichst beste Ergebnis zu erzielen? Dann sollte klar sein, dass er sauer ist.

Da keiner deine persönliche Situation im Detail kennt, ist es schwierig dir zu irgendwas zu raten. Aber wenn du glaubst, dass du es an anderen Fakultäten durch Bezahlung besser hast, dann versuche es.
itsme

Re: Probleme mit Gutachter

Beitrag von itsme »

In der Hoffnung, dass es sich bei der Frage nicht um die Probebohrung eines Anbieters für Promotionsberatungen handelt, möchte ich mal antworten. Die Frage, ob eine Fakultät im Ausland geeignet ist, wenn man eine zügige und ... nennen wir es mal "eher pragmatische" (es geht um mehr um den eigentlichen Abschluss als die Bewertung und es wird sowieso keine wissenschaftliche Laufbahn abgestrebt) Promotion erreichen möchte, wurde hier schon kontrovers diskutiert. Ich vermute aber, dass man sich auf einem Irrweg befindet, wenn man glaubt, dass die Anforderungen im Ausland (egal ob Süd, Nord, Ost oder West) niedriger sind. Ebenso wie in D. gibt es durch den Einfluss des individuellen Gutachters große Qualitätsunterschiede und für den Aufwand ist eher ausschlaggebend, ob die Hochschule eine strukturierte Promotion mit Anwesenheit und Leistungsnachweisen vorsieht oder ob die Promotionsordnungen Raum für externe, nebenberufliche, "pragmatische" Dissertationen lassen (bitte "extern" und "pragmatisch" nicht gleichsetzen, sondern "pragmatisch" als mögliche Untermenge der "externen Promotion" sehen, die genausogut sehr ambitioniert sein kann).

Kritisch sehe ich auch diesen Punkt:
HJA hat geschrieben: Andererseits drohen bei Wechsel zu einer Hochschule im Rahmen des klassischen Promotionsverfahrens die gleichen Konflikte wie die aktuellen.
Du gehst also davon aus, dass keine deutsche Hochschule die Arbeit als promotionswürdig erachten wird? Das weist m.E. eher auf ein Qualitätsproblem der Arbeit als auf ein Betreuungsproblem hin. Ich bezweifele, dass der - fast schon dämonisierte - Zweitgutachter wirklich auf Biegen und Brechen ein "summa" rausholen will - dem muss ja auch klar sein, dass ein Betreuer, bei dem nur mit summa abgeschlossen wird, sehr kritisch beäugt wird.

Nachtrag: Vllt. kannst du meine Bedenken ja auch zerstreuen, und etwas genauer schildern, wo eigentlich das Problem liegen soll. Hast du z.B. eher deskriptiv gearbeitet und der Zweitgutachter wünscht auch induktive Statistik? Das wäre bei einer Diss vollkommen berechtigt und damit wäre die Forschungsfrage noch nicht abschließend bearbeitet. In welche Richtung (Disziplin) geht die Arbeit überhaupt: Natur-, Geistes-, Sozialwissenschaften? Das sind (meistens) die ersten Punkte, die ... ähem ... "echte" Doktoranden nennen, weil es so bedeutend für die konkrete Herangehensweise ist.
Zwonk
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Re: Probleme mit Gutachter

Beitrag von Zwonk »

@HJA: Irgendwie kann ich Deine Frage nicht ganz nachvollziehen. Meines Erachtens liegt hier kein Problem vor, das sich nicht wissenschaftlich lösen ließe bzw. das nach wissenschaftlichen Kriterien überhaupt ein Problem ist. Du sagst, der ZB bemängelt die Bearbeitung Deiner Daten. Und? Hat er recht mit seiner Kritik? Das ist doch eine wissenschaftliche Frage, die eben in der wissenschaftlichen Diskussion gelöst werden muß. Entweder hat er recht, dann mußt Du halt Deine Daten besser bearbeiten, oder er hat nicht recht. Dann mußt Du halt gegebenenfalls im Methodenteil zulegen und besser begründen, wieso Deine Auswertung korrekt ist.

Ob der ZG tatsächlich ein summa erwartet ist nochmal eine andere Frage, das weiß ich nicht. Ich würde eher, wie @flip, vermuten, daß er voraussetzt, daß jeder Doktorand ein summa anstrebt und nicht schon beim Abfassen der Diss darauf spekuliert, irgendwie noch ein rite zu bekommen. Da gehts vermutlich eher um die dahinterstehende Motivation und nicht um die konkrete Note.

Dann beschwerst Du Dich über die Betreuungsqualität. Ja, Du hast recht, die ist in Deutschland oft schlecht. Aber trotz allem ist das eine Dissertation und da kommts auf selbstständiges Arbeiten an. Ein Doktorand sollte einfach sehr viel weniger Betreuung brauchen als ein Bachelor- oder Masterstudent.

Und zuletzt beklagst Du Dich, daß der ZG Deine persönliche Situation nicht mit in Rechnung zieht. Das hoffe ich aber. Es geht immerhin um eine wissenschaftliche Arbeit. Und die Wissenschaftlichkeit geht ganz schnell den Bach runter, wenn die Gutachter anfangen, den Menschen hinter der Diss gleich mitzubewerten. Natürlich kann sich die Lebenssituation in der Qualität der Arbeit niederschlagen und möglicherweise wird die Diss von jemandem, der Single ist und drei Jahre Vollzeit durch ein Stipendium an der Diss arbeiten kann, besser werden, als die Diss von einer alleinerziehenden Mutter mit zwei Kindern und dissfremdem Halbtagsjob - das ist bitter, aber nicht zu ändern. Denn die umgekehrte Lösung, quasi Gnaden- oder Strafpunkte für die persönliche Lebenssituation zu geben, wäre in jeder Hinsicht noch schlechter.

Wie eingangs gesagt: Ich bin dafür, daß wissenschaftliche Probleme wissenschaftlich gelöst werden - und Fragen über die Methode der Datenbearbeitung gehören eben zu den Problemen, die man als Wissenschaftler nicht durch Institutionenhopping angeht.
12. Dec 2016;01. Feb 2017;f;zum neuen Job!
HJA

Re: Probleme mit Gutachter

Beitrag von HJA »

Die Arbeit wird in den Geisteswissenschaften geschrieben. Es wurde ein klarer methodischer Leitfaden eingehalten wurde (induktive Vorgehensweise) und entsprechende nachvollziehbare (im Datenmaterial prüfbare) Kategorien gebildet gemäß Exposé. Auch hat der Erstgutachter meine Herangehensweise sowie die entsprechenden Ergebnisse unterstützt. Folglich handelt es sich hier weniger um qualitativ zu bemängelnde Aspekte meiner Arbeit. Weiterhin sind meine Erkenntnisse im Rahmen von Forschungswerkstätten entstanden und geprüft. Ebenfalls hatte ein externer (leider emeritierter) Prof. Zweifel an der Betreuungsqualität äußert. Vor diesem Hintergrund sind meine Überlegungen entstanden.
Penguin
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Re: Probleme mit Gutachter

Beitrag von Penguin »

Hi HJA,

Von der mangelhaften Betreuung mal abgesehen, ist es dir das wirklich Wert zu diesem Zeitpunkt dein Projekt aufzugeben und woanders anzufangen (unabhaengig ab an einer Uni in Deutschland oder im Ausland)? Vor allem wenn du das gleiche Projekt woanders durchfuehren moechtest. (Obacht: Eventuell kommen dieselben Kritiken auch dort auf!) Ich frage, da meine Erfahrung mit meiner Betreuern ganz gut war. Ich empfand die Betreuung gut und auch das vermittelte Fachwissen. Nun mag es in den Naturwissenschaften anders sein, aber ich habe irgendwann gemerkt, dass mein Hauptbetreuer zwar vieles gewusst hat und mir helfen konnte, aber bei einigen Sachen einfach nicht verstanden hat was ich gemacht habe. Erst wenn ich mit anderen darueber gesprochen haben, konnten die mir zeigen, dass ich methodisch kleine Fehler drin hatte, die mein Hauptbetreuer nicht gesehen (verstanden?) hat. Was ich damit sagen will, vielleicht hat dein Erstgutachter deine Methoden abgesegnet, aber dein Zweitgutachter hat mehr Verstaendnis und reagiert demenstsprechend so. Mein Rat: Bevor du alles hinschmeisst oder fuer Abwegig haelst, schau dir doch die Kommentare vom Zeitgutachter genau an. Ueberpruefe ob sie Sinn ergeben. Wenn das nicht der Fall ist, kannst du es in die Diskussion einbauen. Aber vielleicht findest du ja auch interessante Ansaetze in der Kritik des Zweitgutachters.

Penguin
itsme

Re: Probleme mit Gutachter

Beitrag von itsme »

HJA hat geschrieben:Ebenfalls hatte ein externer (leider emeritierter) Prof. Zweifel an der Betreuungsqualität äußert. Vor diesem Hintergrund sind meine Überlegungen entstanden.
Hmmm, vor dem dir geschilderten Hintergrund scheint es mir nicht plausibel, an einer anderen Universität im Ausland noch einmal von vorne anzufangen. Nach deiner Schilderung war die Betreuungsqualität doch eigentlich gar nicht schlecht (Unterstützung durch den Erstgutachter, klare Struktur, zusätzliche Rückmeldung von außen, Einbindung in eine Forschungswerkstatt) und die Arbeit ist so weit vorangeschritten, dass die Substanz ja eigentlich schon da ist. Und vor allen Dingen: Alle Probleme, die die Betreuungsqualität als solche betreffen, also die fehlende Unterstützung bei der Erstellung der Arbeit, liegen ja schon in der Vergangenheit. Bleibt der Konflikt mit dem Zweitgutachter. Wäre es da nicht sinnvoller den Konflikt zu bearbeiten, indem du um ein Gespräch bittest und dort noch mal die Zieldivergenz zwischen dem Zweitgutachter (summa) und dir ("bestehen") thematisierst? Du kannst doch auch ganz explizit fragen, ob der Zweitgutachter so große Bedenken bei der bereits vorhandenen Arbeit hat, dass das Bestehen gefährdet wäre. Wenn er das verneint, kannst du einreichen. Ansonsten kannst du nach notwendigen, aber machbaren Anpassungen fragen und diese umsetzen. Wenn kein gemeinsamer Nenner gefunden werden kann, weil die Vorstellungen zu weit abweichen, kann vielleicht der ZG von der Aufgabe zurücktreten (und rechtlich können übrigens auch emeritierte Professoren Mitglieder in Promotionskommissionen sein). Es gibt also noch viel verhältnismäßigere Mittel und Wege als an der bisherigen Hochschule abzubrechen und woanders neu zu beginnen (und es macht sich auch besser im CV).
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