Probleme Doktorvater - Wechsel sinnvoll?

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della Gondola

Probleme Doktorvater - Wechsel sinnvoll?

Beitrag von della Gondola »

Hallo zusammen,

vor fast 18 Jahren habe ich meine begonnene Diss aufgrund meiner Lebensumstände auf Eis legen müssen, vor zwei Jahren fiel mein Entschluss, sie endlich zu Ende zu führen. Mein Kind, allein aufgezogen, ist jetzt groß, im Job des Zweitberufs durfte ich Stunden reduzieren... Es gab nie einen wirklichen Betreuer, da ich die Grundlage, ein Werkverzeichnis eines Künstlers, einfach "freischwebend" erstellt hatte. Allerdings hatte ich die Arbeit damals angemeldet, mein damaliger pro Forma-Prof ist leider verstorben. Vor zwei Jahren bin ich durch "Zufall" bei einem neuen Prof gelandet, der mein Thema sofort betreuen wollte (obwohl er auf dem Gebiet kein Experte...). Er war erst sehr angetan, das hat sich aber grundlegend nach dem zweiten Gespräch gewandelt. Damals hatte ich ihm ein Exposé vorgelegt, nach dem das Thema nach einem inzwischen veralteten Ansatz bearbeiten werden sollte. Er hatte mit der Kritik Recht! Doch hat er mich lediglich in Grund und Boden gestampft und mir vor allem keinen Hinweis auf eine bessere Herangehensweise aufgezeigt. Verwirrt stolperte ich aus der Sprechstunde und bin seit dem nie mehr bei ihm gelandet. Stattdessen kanzelt er alles ab, was ich ihm - nur noch per Mail möglich - offeriert habe. Mein zweiter Vorschlag verspräche zwar eine "solide" Künstlermonografie", doch sei das der "leichte Weg", der nicht weiter beachtenswert sei. Den könne ich aber gehen. Nach vielen Irrungen habe ich nun - allein auf mich gestellt - das Thema nochmal etwas anders angepackt und einen Aufsatz dazu verfasst. Ich wollte jetzt einen für mich guten Weg finden. Den Aufsatz habe ich ihm vorab geschickt, er fand ihn wider Erwarten gut und bat mich in seine Sprechstunde. Dies hatte er zuvor stets abgelehnt. In der Sprechstunde ging es dann aber weniger um Inhalte. Er ist mich angegangen, im Sinne von ich sei "zu alt", "keine Berufsperspektive", "Entweder, Sie beeilen sich jetzt oder geben das Thema mit Unterlagen ab", das müsse mal "knallhart" gesagt werden. Zum Verständnis: Ich bin nebenbei berufstätig. Dass ich noch nicht weiter bin, liegt auch daran, das ich gegen seine Unwillen ankämpfe und mich mit viel Kraft trotzdem motivieren muss. Bis dato hat er mir nur etwas vor den Koffer geknallt - ohne Anhaltspunkte, wohin die Reise seiner Meinung nach denn besser gehen sollte. Da der Aufsatz für mich die Nagelprobe darstellt, ob ich überhaupt bei ihm bleibe kann (denn den Ansatz werde ich verfolgen...), habe ich ihn auch nicht in einer Fußnote erwähnt. Darüber ist er wahscheinlich auch sauer. Ich könnte das jetzt schnell noch ändern - doch frage ich mich: Macht das Sinn? Ist es nach der Vorgeschichte nicht besser, schnell zu wechseln? Ich fürchte, er wird mich auch weiter fertigmachen wollen. So etwas ist mir in meiner ganzen Laufbahn noch nicht passiert! Ich bin gewohnt, sowohl an der damaligen Uni, als auch im Berufsleben akzeptiert zu sein, einen guten Stand zu haben. Umso mehr schockieren mich diese fast schon bösartigen Angriffe. Auch wenn ich erst auf dem falschen Dampfer wahr (was ich selbst sogar wusste), ist dies doch kein Grund, mich fetigzumachen!
Wie ist eure Erfahrung und eurer Rat? Sieht so eine Betreuung aus? Ist das Usus? Leider habe ich wenig Uni-Kontakte.... Noch hat dieser Prof. meiner Arbeit keinen Stempel aufgedrückt. Noch ist alles "freischwebend" nur durch mich erarbeitet worden. Die von mir eingschlagene Richtung wurde von Fachleuten einer anderen Uni entwickelt, dies diente mir als Richtschnur. Freue mich über Rückmeldungen! Danke und LG, d.G. :?
musicus

Re: Probleme Doktorvater - Wechsel sinnvoll?

Beitrag von musicus »

Ich denke, du weißt die Antwort schon, oder? :wink: Ein bißchen Input von mir: ja, solche "Betreuung" gibt es häufiger, teilweise auch hier im Forum nachzulesen. Auch häufig zu beobachten: je höher in der Hierarchie man ist, desto weniger an der Sache wird argumentiert (nicht immer, aber eben auffällig oft). Die persönlichen Angriffe dienen aus meinem Empfinden nur dazu, dich zu demotivieren. Stellst du dir so deinen Betreuer vor?

Was ich rauslese ist: er ist selbst "scharf" auf das Thema und die Vorarbeit, die du bisher geleistet hast und will sie selbst oder für andere nutzen. Oder was bedeutet
Entweder, Sie beeilen sich jetzt oder geben das Thema mit Unterlagen ab.
Sieh das positiv! Das Thema und die Herangehensweise ist vielversprechend. Auch finde ich toll, daß du standhaft über so viele Jahre drangeblieben bist, daß du dein eigenes Ding machst, ohne auf andere Rücksicht zu nehmen. All das sind Qualitäten, die man braucht für einen erfolgreichen Abschluß und die Arbeit ist etwas, was dir ganz persönlich viel bringt (denke ich). Weiter so, aber suche dir Menschen, die positivere Schwingungen in das Projekt einbringen. :blume:
della Gondola

Re: Probleme Doktorvater - Wechsel sinnvoll?

Beitrag von della Gondola »

Hallo Musicus,

vielen Dank! Ja, ich habe schon den Eindruck gewonnen, dass er das Thema lieber jemand anderen geben möchte! Danke dir für das Kompliment :-). Das Thema ist mir ein pesönliches Anliegen und wenn dieser Sch... nicht wäre, würde es mir damit wikrlich rundum damit gut gehen! Deine Hierarchie-These stimmt - er ist, was meinen Bereich angeht, ganz oben an dieser Uni. Nur, wie eleganten Wechsel hinbekommen? Ich hatte schon einmal einen anderen Prof. um eine Art "zweite Meinung" gebeten - der war sehr offen, sympathisch, aber hat sich- logisch - neutral verhalten - er hatte gerade ein Forschungsprojekt mit "meinem" Prof laufen... Dennoch hat er angeboten, die Betreuung zu übernehmen, wenn ich es wünsche. Er gab mir auf die Schnelle Anregungen, die aber letzlich nicht mein Weg waren. Da kann er rein gar nichts für, es war schlicht gut gemeint und er kannte mein Thema nicht wirklich gut genug, um qualifiziert etwas sagen zu können. Ich habe mich dann schließlich erstmal auf mich selbst besonnen, um unabhängig selbst meinen Weg zu finden. Um jetzt nicht zu "kneifen", wollte dem alten Prof. noch eine Chance geben, zumal ich mir schofelig vorkam, weil ich "hinter seinem Rücken" einen anderen um Rat gefragt hatte. Als ich realisiert hatte, dass die beiden bei einem Projekt zusammenarbeiten, bin ich offen damit umgegangen. Der alte Prof. teilte mir dann per Mail mit, dass der Zweite ein guter Fachmann sei und dass der doch gerne als Zweitgutachter fungieren könne. Tja, da stehe ich nun.... Den Zweiten nehmen und den alten aber chassen? Oder ganz neu schauen? Doch wo verlaufen die Gräben in diesem Wissenschaftsfeld? Leider weiß ich nicht, wer hier mit wem kann....

Liebe Grüße und schönen Sonntag, della G.
DoneXY

Re: Probleme Doktorvater - Wechsel sinnvoll?

Beitrag von DoneXY »

Ich finde es etwas eigenartig, sich explizit über die Motivation von Unbekannten zu äußern: „er ist selbst "scharf" auf das Thema und die Vorarbeit“. Wir wissen es nicht. Allerdings kann meiner Erfahrung nach der Ton im Wissenschaftsbetrieb sehr roh sein. Es wird ja keiner Prof. aufgrund seiner oder ihrer sozialen Kompetenzen.
della Gondola hat geschrieben: Er ist mich angegangen, im Sinne von ich sei "zu alt", "keine Berufsperspektive", "Entweder, Sie beeilen sich jetzt oder geben das Thema mit Unterlagen ab", das müsse mal "knallhart" gesagt werden. Zum Verständnis: Ich bin nebenbei berufstätig. Dass ich noch nicht weiter bin, liegt auch daran, das ich gegen seine Unwillen ankämpfe und mich mit viel Kraft trotzdem motivieren muss.
Menschen, die im Wissenschaftsbetrieb sind, promovieren zeitnah nach dem Studium und machen sich dann wiederum möglichst zeitnah an die Habil. Eine späte Dissertation ist 'im Betrieb' nicht vorgesehen und bietet in ihm auch keine berufliche Perspektive. Ende 30, Mitte 40 sollte hier die Habil abgeschlossen.

Auf diesem universitärem Weg ist eine Promotion eine Qualifikationsarbeit für das wissenschaftliche Arbeiten. Da aus den genannten Gründen in diesem Bereich Deine Perspektiven gering sind, werden vermutlich auch andere potenzielle Betreuer ähnliche Einwände, wie der ‚neue Prof’, haben.

Dass es wichtige Gründe dafür gibt, dass Dein Dissertationsvorhaben - ebenso wie das von anderen Menschen - nicht zügig durchgezogen werden konnte, spielt dabei ebenso wenig eine Rolle, wie die Frage, ob es wünschenswert wäre, Menschen, deren Lebenslauf etliche erzwungene Umwege aufweist, auch im Wissenschaftsbetrieb eine (größere) Chance zu geben.

Das heißt, Du solltest Dich mit dem ‚Warum Du promovieren willst’ beschäftigen. Es kann ja sein, dass Du im kulturwissenschaftlichen Bereich mit dem Titel weiterkommst oder dass Du einfach gerne wissenschaftlich arbeitest. Schließlich kann es dem ‚Betrieb’ egal sein kann, ob eine lesenswerte Promotion von einer zukünftigen Professorin oder beispielsweise einer Journalistin stammt.

Mein Posting war möglicherweise weniger motivierend als erhofft, doch es ging mir, um die Art zu denken, wie sie mir an Universitäten begegnet ist. Wenn Du diese Denkart nachvollzogen hast, kannst Du hoffentlich eine Argumentationslinie entwickeln, die Deinen Kontakt zu potenziellen DVs und DMs erleichtert. Viel Erfolg!
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