Promotionsstelle ist furchtbar

Jahresarchiv
Gesperrt
Marinchen

Promotionsstelle ist furchtbar

Beitrag von Marinchen »

Hallo zusammen,
ich habe jetzt schon gelesen, dass ich nicht die einzige bin, die an ihrer Arbeit zweifelt.
Ich hatte während meinem Studium immer den Wunsch noch zu promovieren, Fragestellungen hinterher zu sein auch Studenten zu betreuen. Ich musste sehr viele Bewerbungen schreiben bis ich endlich eine Zusage bekommen habe. Eigentlich wollte ich am Lehrstuhl promovieren, doch nun bin ich in einem kleinen Industriebetrieb. Wirklich klein. Mein Doktorvater sehe ich nur sporadisch und habe eher Telefon- und Emailkontakt zu ihm. Meine Aufgabe besteht darin Forschungsprojekte zu bearbeiten, die zeitlich sehr eng gesteckt sind. Ein Jahr habe ich nun geschafft.

Und hier fangen meine Probleme an:
- ich fühle mich in den Betrieb nicht mehr sehr wohl, ich fühle mich nicht integriert
- auch habe ich das Gefühl, den Erwartungen des Professors nicht gerecht zu werden
- ich arbeite nur noch, um irgendwie den Ansprüche gerecht zu werden und die werden noch höher, je länger ich dabei bin (2 Projekte gleichzeitig)
- meine Vorstellung einer Promotion war eine andere (ich arbeite gerne, aber nach meinem eigenen Zeitrhythmus)

Nun überlege ich abzubrechen und an einem anderen Lehrstuhl neu anzufangen. Aber ich habe Bedenken, dass es wo anders nicht besser wird.

Was könnt ihr mir raten, jemand in der ähnlichen Situation?

Schönen Abend
Gefahr im Verzug

Re: Promotionsstelle ist furchtbar

Beitrag von Gefahr im Verzug »

Hallo,

erstmal ein bischen Aufmunterung für dich :blume:

Ich denke, du solltest dir genau überlegen (aufschreiben) woran es liegt, dass es dir nicht gefällt, nur dann kannst du beurteilen ob überhaupt und inwiefern es an einer anderen Stelle besser wird.

Neu anfangen ist immer doof, wie weit bist du denn schon mit der Diss. Ich würde eher nach einer Möglichkeit suchen, dass einer DV deine bisherige Diss übernimmt. Sowas zu finden ist aber sicher schwer, also mal abgesehen davon, ob du das möchtest, müsste sich auch eine Gelegenheit dazu bieten. Hast du dich da schon mal irgendwo erkundigt oder schon was in petto?

Vorher würde ich eher das Gespräch mit dem DV suchen. Er wird dich nicht nur so zum Spaß angenommen haben. Wenn du ihm sagst, dass du mehr für die Diss tun willst und eine intensivere Betreuung haben möchtest, vielleicht ändert sich dadurch ja schon etwas?! Ein Versuch ist doch jedenfalls wert.
Annalala

Re: Promotionsstelle ist furchtbar

Beitrag von Annalala »

[quote="Marinchen"]Ich musste sehr viele Bewerbungen schreiben bis ich endlich eine Zusage bekommen habe. [...]
Nun überlege ich abzubrechen und an einem anderen Lehrstuhl neu anzufangen. [/quote]

Merkst Du was? :blume:

Das Leben ist kein Zuckerschlecken und Empfindsamkeiten wie "ich fühle mich nicht integriert" haben meisstens etwas mit dem eigenen Verhalten zu tun. Ich kenne das, ich habe auch häufig den Eindruck, irgendwo nicht integriert zu sein. Deswegen ein lebensjahr verliehren + die Arbeit? -

Ich denke, wenn man sich schon von sowas unterkriegen lässt, wie soll es dann später laufen?
Mach' vielleicht einfach mal ein Wochenende Urlaub, Freitag früher Schluss - Sonntagabend spät zurück.
Dann bekommst Du Abstand. - Von Allem.

Manchmal hilft das schon, um das Wesentliche wieder zu sehen!
Ich denke, ein Teil der Wirklichkeit steht schon oben im paradoxen Zitat. :trost:
Anne123
Beiträge: 173
Registriert: 12.05.2010, 13:01
Status: irgendwo mittendrin

Re: Promotionsstelle ist furchtbar

Beitrag von Anne123 »

@ Annalaia: Du hast zwar im Prinzip recht, wenn sich jedoch jemand derart unwohl fühlt (ich spüre das in dem Falle regelrecht durch die Zeilen hindurch), dann stimmt etwas nicht und man sollte überlegen, ob man den richtigen Weg eingeschlagen hat. Vielleicht ist es das falsche Vorhaben, falsche Vorstellungen, vielleicht aber auch nicht. Warum soll die TS sich quälen?

@Marinchen: Beherzige vielleicht mal Annalaias Tipp, ein WE wegzufahren, in Dich hineinzuhorchen. Die Antwort ist meistens in uns selbst zu finden
Bild
Sapphirine

Re: Promotionsstelle ist furchtbar

Beitrag von Sapphirine »

Hallo Marinchen,

das ist eine sehr schwierige Situation und Du wirst höchstwahrscheinlich immer zwei verschiedene Antworten bekommen. Die einen werden sagen, dass Du nicht aufhören solltest (weil sie es vielleicht selbst getan haben und dann später bitter bereuen) und die anderen werden Dir raten, aufzuhören oder zumindest zu wechseln oder neu anzufangen (weil sie es vielleicht selbst gemacht haben und damit glücklich waren). Die endgültige Entscheidung kann Dir leider keiner abnehmen und natürlich kann keiner voraussehen, was an einer anderen Uni passiert.

Hier kurz meine Erfahrung: ich hatte einen Betreuer, der nie Zeit hatte. Richtige Diskussionen gab es vielleicht einmal alle 6 Monate, e-mails hat er generell nicht beantwortet und sonst kam er mal für 5 Minuten vorbei und meinte "das läuft schon, Du kommst da schon noch drauf". Etwas eskaliert ist die Situation dann beim Einreichen des ersten Manuskripts (ich hatte es monatelange an ihn und eine Co-Autorin geschickt und um Korrektur gebeten aber nie was von ihm gehört) . Einen Tag vor der Abgabefrist erklärt er mir, dass ich da schon noch einiges dran arbeiten müsse, um dem Standard des Instituts zu entsprechen und was er alles verändert haben möchte. Ich war echt verärgert und habe angedeutet, dass ich die Promotion auf diese Art nicht forsetzen will. Man hat mir einen anderen DV vorgeschlagen (sagen wir mal eher aufgedrückt) und das fühlte sich an wie vom Regen in die Traufe. Dieser Mensch hat mir das Leben zur Hölle gemacht und tut es jetzt noch.

Hiermit will ich nur andeuten, dass es anderswo (oder auch mit einem neuen Betreuer) nicht unbedingt besser sein muss. Im Gegenteil, es kann sogar noch schlechter werden. Andererseits bin ich nicht der Meinung, dass Du die Promotion durchziehen solltest, wenn Du Dich damit umwohl fühlst. Nach einem Jahr kann man sehr gut beurteilen wie das läuft und bei Dir anscheinend wirklich nicht so sonderlich gut. Es soll ja Betreuer geben, mit denen man reden kann (meine gehören da nicht dazu), vielleicht bewirkt ein Gespräch ja doch etwas?
Denke bei der Entscheidung aber auf keinen Fall daran, wie viel Zeit Du schon investiert (oder "verloren") hast, weil das nicht das Kriterium sein sollte. Mit solchen Argumenten kannst Du noch viel mehr Zeit verlieren und womöglich doch nicht fertig werden. Also besser jetzt als nach 3 oder mehr Jahren erkennen zu müssen, dass es doch nichts wird. Klar gibt es immer wieder neue Probleme im Leben und manchmal muss man da durch aber bevor das eine Qual wird, solltest Du aufhören und nach Alternativen suchen.
Marinchen

Re: Promotionsstelle ist furchtbar

Beitrag von Marinchen »

Hallo ihr lieben,
es ist nun fast ein Jahr her, als ich meinen ersten Betrag hier geschrieben habe.
Ich möchte euch berichten, wie es mir weiter ergangen ist. Und vielleicht auch dadurch dem einen oder anderem helfen oder zeigen, dass man nicht alleine ist mit seinen Problemen.

Das wichtigste für mich war, dass ich psychologische Hilfe in Anspruch genommen habe. Ich schäme mich auch nicht dafür, sondern die Sprachtherapie hat mir sehr geholfen. Dadurch, dass ich jemand Externen einmal die Woche getroffen habe und über alle meine Sorgen und Ängste reden konnte, habe ich gelernt, dass vieles nicht mehr ganz so schlimm ist, wie man es im ersten Moment glaubt. Auch habe ich gelernt, Abstand zu meiner Arbeit zu bekommen. Wenn ich aus dem Labor nach Hause gehe, dann rede ich nicht wirklich viel mehr darüber, denn man DARF Feierabend machen, auch als Doktorand.
Daneben habe ich das Gespräch mit meinem Prof gesucht und ihm eben auch darüber informiert, dass ich in eine Therapie gehe. Er hat mich dahingehend auch unterstützt, dass meine Arbeitszeitenverteilung geändert wurden. Auch habe ich mir angewöhnt, alles in Emails festzuhalten. Da ich ja Auftragsforschung betreibe, vermeidet man sich dadurch viel Ärger.

Jetzt habe ich noch ein Jahr vor mir. Das Gefühl, dass es immer stressiger wird, ist verschwunden. Hoch und Tiefs gibt es weiterhin, aber ich werde es nun durchziehen und am Ende stolz sein, auf meinen Dr.Titel und dass ich eben nicht abgebrochen habe.
VierMalK
Beiträge: 5
Registriert: 24.02.2015, 12:48

Re: Promotionsstelle ist furchtbar

Beitrag von VierMalK »

Jetzt ist wieder (mehr als) ein Jahr rum. Wie ist es dir in der Schlussphase ergangen, Mariechen? :blume:
Marinchen

Re: Promotionsstelle ist furchtbar

Beitrag von Marinchen »

Hallo Zusammen,

ja wie die Zeit verrennt. Meinen praktischen Teil der Arbeit habe ich mit Höhen und Tiefen abschließen können.
Da bei uns die Regel gilt, dass der Professor nur für drei Jahre die Finanzierung gewährleistet, bin ich nach drei Jahren wieder zurück zu meinen Eltern gezogen.
Ich bin am Zusammenschreiben, was neben einem neuen beruflichen Alltag nicht so einfach ist. Aber ich hoffe bis Ende dieses Jahres dann fertig zu sein.
Ob die ganze Geschichte ein gutes Ende nimmt, werde ich sehen. Jedoch habe ich vieles gelernt, was mich sicherlich auch weiterhin im beruflichen helfen wird. Auch habe ich eine einmalige Chance bekommen in einem internationalen Unternehmen durchstarten zu können.
Ich drücke allen hier die Daumen! Promotion ist eine harte Zeit, aber man lernt viel für sein Leben!
Alles Gute
Gesperrt
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag