Aufgedrängter Co-Autor / Erzwingen von Beiträgen

Jahresarchiv
BobJames

Re: Aufgedrängter Co-Autor / Erzwingen von Beiträgen

Beitrag von BobJames »

Meiner Erfahrung nach, gibt es hier überall unterschiedliche "Spielregeln", die der Institutsleiter, Lehrstuhlinhaber oder Geldgeber festlegt. Da gibt es (leider) wenig zu diskutieren und ist auch im Hinblick auf die eigene Abhängigkeit von diesen Personen mit äußerst viel Diplomatie und Fingerspitzengefühl zu behandeln (wenn man es überhaupt ansprechen möchte). Verträge, Richtlinien usw. bringen hier m.E. nichts. Umgekehrt: Wie schlimm ist es, wenn so eine leitende Person als Co-Autor erscheint? Nicht alle bestehen darauf, Erstautor zu sein, insbesondere dann nicht wenn sie den Aufsatz nicht einmal vollständig gelesen haben. ;-)
Kop

Re: Aufgedrängter Co-Autor / Erzwingen von Beiträgen

Beitrag von Kop »

Ist es in manchen Fällen vielleicht gar nicht so schlecht, wenn ein weiterer Namen (vielleicht mit einer gewissen Reputation) dabei steht, oder ist es immer zu bevorzugen, wenn nur der eigenen Name draufsteht?
Böhnchen

Re: Aufgedrängter Co-Autor / Erzwingen von Beiträgen

Beitrag von Böhnchen »

Das Paper ohne die Änderungen abgeben. Dann hat es zwar ein paar Rechtschreibfehler, aber... :mrgreen:
Musst Du ihm erzählen wo Du einreichen willst oder kannst Du einfach einreichen?

Böhnchengrüße
oclock
Beiträge: 258
Registriert: 05.11.2006, 19:08
Status: Dr.
Danksagung erhalten: 11 Mal

Re: Aufgedrängter Co-Autor / Erzwingen von Beiträgen

Beitrag von oclock »

@Böhnchen:
Da er das Geld für die Konferenz locker machen soll, muß ich ihn natürlich vorher fragen. Und wenn ich auf die Konferenz gehe, muß ich auch entsprechend die Dienstreise planen, abrechnen etc. Also, ohne das er es weiß, geht es nicht. Und da er auch ausdrücklich gesagt hat, daß er es vorher wissen will, würde ich einem Befehl vom Chef ignorieren....

@Kop:
Es gibt Promotionsordungen, die eine kumulative Diss erlauben. Manche reglen das, indem eine Publikation einen Punkt "wert" ist. Das wird durch die Anzahl der Autoren geteilt, um die individuelle Punktzahl zu bestimmen. Wenn ein Autor n Punkte hat, darf er zusammentackern, abgeben und promovieren.

Ergo: Je mehr Autoren, desto weniger ist es für den einzelnen Wert. Unnötige Namen können nachteilig sein.

Ich kenne jemanden, der drei Co-Autoren auf die Publikation draufschreiben mußte. Somit hat derjenige als Hauptautor quasi so gut wie nix geleistet... Unfassbar, oder?

@BobJames
Es einfach nur ungerecht, wenn jemand quasi vorheucheln kann, auf einem Gebiet Kompetenzen zu haben, die er nicht besitzt, indem er Papers vorweist, die er als "Co-Autor" mit geschrieben hat. Solche Publikationen werden üblicherweise in Forschungs-Anträgen angegeben, um Vorarbeiten vorzuweisen. Damit werden somit Geldmittel zu einem gewissen Grad erschlichen und der Steuerzahler ausgenutzt. Das ist dann sogar strafbar. Mag sein, daß alle/viele das so machen. Dadurch wird es aber nicht richtiger.

Abgesehen davon, haben Autoren Rechte an dem Inhalt der Publikation. Warum soll ich einem "wildfremden" diese Rechte einräumen, indem ich ihn draufschreibe? Nur weil er am längeren Hebl sitzt und ich abhängig von ihm bin? Wenn er Publikationen braucht, soll er halt auch forschen, Studenten betreuen etc. und dann darüber schreiben. Steht ihm ja frei ;)

Ich habe für mich nun folgendes beschlossen:
Auf die aktuelle Publikation schreibe ich ihn drauf und fresse den Ärger in mich rein. Das vermeidet Konflikte und da ich am kürzeren Hebel sitze, wird es wahrscheinlich nichts bringen zu diskutieren. Das war dann aber meine letzte Konferenzpublikation und somit die erste und letzte Publikation wo ich ihn mit draufschreiben musste. Meine nächste Publikation wird ein Journal adressieren (nicht jedes Journal ist "unerreichbar") und die schreibe ich zuhause, für mich alleine und das wars. Was Mama nicht weiß, macht Mama nicht heiß ;-)
BobJames

Re: Aufgedrängter Co-Autor / Erzwingen von Beiträgen

Beitrag von BobJames »

Wenn der Beitrag von diesem Journal angenommen werden sollte, wird er/sie davon erfahren. Und dann ist das Vertrauensverhältnis womöglich beschädigt. Langfristig macht es wahrscheinlich Sinn, eine neue Stelle zu suchen, aber auch das geht leider auch meistens nicht "undercover". Die Kollegen verplappern sich meiner Erfahrung nach sehr oft, auch wenn sie Bewerbungen offiziell geheim halten müssen. Manche Dinge sind einfach ungerecht... *seufz*
Böhnchen

Re: Aufgedrängter Co-Autor / Erzwingen von Beiträgen

Beitrag von Böhnchen »

Hallo Oclock,

Tacheles reden!?
Zumal er nicht dein DV ist, da ist die Abhängigkeit nochmal geringer und andersrum braucht er ja auch jemanden, der eingearbeitet ist und die Arbeit erledigt, also ist die Abhängigkeit nicht ganz einseitig.

Ich habe mittlerweile diverse solcher lustigen Anfragen auf dem Tisch gehabt, aus einer ähnlichen Beziehungskiste heraus wie der Deinigen, nicht vom DV persönlich also.
"Du schreibst mir einen Artikel (komplett), wirst aber nicht mit draufstehen."
"Wir nehmen X (mir nicht mal persönlich bekannt, kein winziger Bezug zum Forschungsthema) mit auf dieses Paper." Das "Angebot" war der Person auch schon kommuniziert. :twisted:
Mal als Highlights genannt.
Argumente gegen soetwas gibt es genug. Rechtlich. In vielen Bewerbungsverfahren sinkt der Wert einer Veröffentlichung mit den Schreiberlingen. Peinlichkeitsfaktor, wenn jemand mit veröffentlicht, dann aber keine Ahnung vom Thema hat.

Ich begegne dem (sie haben es mir auch leicht gemacht und mit einem dieser Brüller von oben gestartet) mit Argumenten und letztlich Renitenz. Das geht nicht ohne starke Nerven.
Das war am Anfang Aufhänger für lautes Gebrüll, Vorwürfe und einiges anderes. Da ging es richtig zur Sache.
Letztlich bin ich so drin in mehr als einem Kernprozess, dass das nicht reicht, um freiwillig auf mich zu verzichten. Also wird es zähneknirschend hingenommen, dass auf meiner Arbeit kein Autorenbingo stattfindet. Mittlerweile diskussionsfrei - und mein Stand in dieser Konstellation hat sich dadurch nicht verschlechtert, eher im Gegenteil, man geht wertschätzender mit mir um als vorher.

Wenn Du die Position hast, das durchzuziehen: Mutig sein und Tacheles reden!

Böhnchengrüße
Paul

Re: Aufgedrängter Co-Autor / Erzwingen von Beiträgen

Beitrag von Paul »

Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis
http://www.dfg.de/download/pdf/dfg_im_p ... s_1310.pdf


Empfehlung 11: Autorschaft bei Publikationen
Autorinnen und Autoren wissenschaftlicher Veröffentlichungen tragen die Verantwortung
für deren Inhalt stets gemeinsam. Autorin oder Autor ist nur, wer einen wesentlichen
Beitrag zu einer wissenschaftlichen Veröffentlichung geleistet hat. Eine sogenannte
„Ehrenautorschaft“ ist ausgeschlossen.

Daher reichen, um eine Autorschaft zu rechtfertigen, für sich alleine nicht
aus andere Beiträge wie
► bloß organisatorische Verantwortung für die Einwerbung von Fördermitteln,
â–º Beistellung von Standard-Untersuchungsmaterialien,
â–º Unterweisung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Standard-Methoden,
â–º lediglich technische Mitwirkung bei der Datenerhebung,
► lediglich technische Unterstützung, zum Beispiel bloße Beistellung von Geräten,
Versuchstieren,
► regelmäßig die bloße Überlassung von Datensätzen,
â–º alleiniges Lesen des Manuskripts ohne substanzielle Mitgestaltung des Inhalts,
â–º Leitung einer Institution oder Organisationseinheit, in der die Publikation
entstanden ist.
Solche Unterstützung kann in Fußnoten oder im Vorwort angemessen anerkannt
werden.

Liebe Doktoranden und Autoren von wissenschaftlichen Beiträgen!

Habt keine Angst vor euren Vorgesetzten wenn diese sich eine Autorenschaft erschleichen wollen!

Ein Autor oder Co-Autor wird ein Mensch erst, wenn dieser einen EIGENEN Text, oder EIGENE Abbildung/Tabelle etc.
beigetragen kann. Für reines Korrekturlesen gibt es KEINE AUTORENSCHAFT. Das sind rein redaktionelle Arbeiten.
Es gibt auch keine Autorenschaft, wenn euer Prof. euch "geholfen" hat.

Es gibt AUSSCHLIEßLICH eine Autorenschaft für selbst verfasste oder erstelle originäre Beiträge. Für Tipps, Gliederungsvorschläge, Formulierungsvorschläge gibt es keine Autorenschaft.

Dies entspricht KEINER GUTEN wissenschaftlichen Praxis.

Also:

Wenn ein Prof. nicht mind. 5-10% selbstgeschriebenen Text beisteuert, dann DARF er kein Co-Autor sein. Das ist "Ehrenautorschaften" und "Gefälligkeitsautorschaften", weil der Doktorand/in ANGST hat.

Diese ist völlig unbegründet. Zusätzlich macht ihr sogar einen wissenschaftlichen FEHLER, wenn ihr jmd als Co-Autoren nennt, der nichts selber geschrieben hat.

Alle Menschen die geholfen haben gehören in die DANKSAGUNG!

Also: Keine Angst vor feudalen Strukturen in der deutschen Wissenschaft!

Paul
Penguin
Beiträge: 93
Registriert: 01.05.2014, 07:23
Status: postdoc

Re: Aufgedrängter Co-Autor / Erzwingen von Beiträgen

Beitrag von Penguin »

Hi,

so aergerlich es im Einzelfall ist, es ist nicht ungewohnlich - leider.
Oft ist es politisch besser, wenn man dann die Damen und Herren als Autoren draufsetzt, auch wenn sie wenig bis nichts dazu geleistet haben. Manche Autoren machen es gerne, zeigt es doch Kooperationsbereitschaft und dergleichen. Da du die Punkte wegen der kummulativen Diss brauchst, kannst du dich vielleicht mit einer dieser beiden Szenarien anfreunden:
Falls du noch einen Ko-Autoren hast (z.B. der Doktorvater?) und dieser als letzter genannt wird (ueblich!), dann kannst du vielleicht den Geldgeber in die Mitte setzen? Vielleicht ist er dann so unglueklich ueber die Position ist, dass er von allein einen Rueckzieher macht?
Eine andere Moeglichkeit ist, dass man am Ende der Publikation (zwischen Danksagung und Referenzen) noch ein kleinen Abschnitt schreibt, in dem steht welcher Autor was beigetragen hat. Viele grosse Journals wollen das haben! Da kannst du dann schreiben: Ko-Autor X Konzept besprochen. Hoffentlich wird er sich dann beim naechsten Mal mehr Muehe geben und auch einen eigenen Beitrag leisten oder darauf verzichten.

Penguin
Gesperrt