Hi Penguin,
ah, ich schwinge mich mal auf, Dir zu antworten, auch wenn ich nu nicht als Post-Doc iwo angestellt bin oder als Freelancerin arbeite. Ich kenne eine, die hat während einer Vollzeitarbeit "nebenbei" promoviert. Sie war vor ihrem Angestelltensein einige Jahre arbeitslos, ja, auf Hartz4. Da fing sie damit an, mit ihrer Diss, hat sich nebenbei immer krass beworben. Mit der Wissenschaft hat es bislang, also stellenmäßig, nicht geklappt, aber sie hat ihre Diss erfolgreich verteidigt, ist nu Post-Doc quasi u arbeitet als Genealogin, wobei sie ihrer Geldtätigkeit, äh, eher hasst. Sie bewirbt sich weiter krass auf Stellen und würde für den Gang an die Uni auch ihre unbefristete Tätigkeit mit ca. 2300 Netto jeden Monat safe aufgeben. Sie beginnt nun ihre HabilSchrift und, wie gesagt, bewirbt sich hart weiter.
Warum nich Lehramt? Sie suchen überall wie blöde? Vorige Woche hatte eine Exkollegin von mir ihren ersten Referendariats-Tag. Sie ist schon über 50, hat irgendeinen wilden Magister und war immer mal Hartzi. Nun machts auf meinen Tipp hin nochmal de Lehramtsoffensive. Hinschmeißen kannse den Bums immernoch, aber bis dahin gibts Geld. Muss man sportlich sehen. Wenn Du Lehramt machst, promoviert biste schon, dann kommt die Didaktik-Schiene noch dazu und an den Unis fehlen überall Leute in den Fachdidaktiken. Keiner lässte sich mitm Lehramtsstudium off befristete Tingeltangel-65%-Stellen ein. Ich frage in meinem Seminaren immer: "Könnse sich vorstellen, nachm Studium, is ja bei Ihnen bald, an der Uni zu bleiben? Hättense Lust?", die gucken mich an wie ein LKW. "Ist das nicht befristete?", "Äh, tendenziell ja.", "Nee". Du könntest Dich ggf mit Lehramt breiter aufstellen, machst das ne Zeit und dann back to Uni - unter breiteren Zugangsvoraussetzungen. Just saying.
Weißte, jeder Schritt (jede abgesandte Bewerbung, jede Konferenz, jeder Artikel, jedes Kontaktshalten) ist EIN Schritt zu deinem Wiedereintritt in die Uni-Atmosphere. Irgendwann durch stete Tropfen ist das Maß voll - und dann klappt´s. Sich immer stetig regen, bringt Segen. Das klingt holzig, IST aber so. Die Energie folgt der Aufmerksamkeit. Jede Tätigkeit bringt Dich und Dein Ziel näher zusammen. Nicht verzagen! Meine Mutter war beim Finanzamt tätig u hat nun die Steuererklärungen von jedem gesehen, die EInkommens- und Arbeitsverhältnisse. Über 40 Jahre lang. Da waren Ärzte bei, die ein Jahr arbeitslos waren, Lehrer, Rechtsanwälte usw., Du stehst nu nich damit iwie allein da. Also: Bleib positiv, bleib in der Motivation. Und immer raushauen die Bewerbungen und Artikel, wie Fuffies im Club. Jede Woche raushauen, hier, da, dort, bam-ba-bam.
Zwischen deinen Zeilen lese ich etwas Zerknirschung. Weißte, man kann mit Arbeitslosigkeit auf viele Weisen umgehen: "Ah, scheiße, hoffentlich bin ich gut genug, damits klappt. Obs klappt, aber es hat schon so lange nich, oh man, ich bin son langen Weg gegangen, mich so angestrengt und nu will mich keiner", das ist legitim, von Zeit zu Zeit, aber es geht auch trotzig: "Ich habe alles durchgezogen Abi, sehr gutes Studium, promoviert, alls mit Bestnote, unter Einsatz meiner vollen Lebenskraft habe ich ALLES gegeben zu JEDER Zeit. Ich habe selektive, hochselektive Bewerbungsverfahren für mich entschieden, so, nun ist hier ne Flaute. Pfff, ich bin krass ausgebildet, voll motiviert, kann ich doch nichts dafür, wenn die Gesellschaft, das System, jetzt keine Verwendung für mich sieht. Ich hinterfrage mich deswegen bestimmt nicht!". Letzteres ist so eher der Kampfmodus, trotziges Absetzen, man wird aggro statt depri, was für die Motivation ggf besser sein kann. "Die Anderen sollen ma zusehen!". So, und damitse zusehen können, immer schöne de fetten Sachen wie Bewerbungen, Papers raushauen, so lange bis es für Dich abermals fapp macht!
Gerade dieses sich-Hinterfragen, dieses bin-ich-gut-genug-um, sehe ich an ALLEN Stellen in diversen Bereichen. Ob bei der Partnersuche oder beim Job. Keine Ahnung, was mit mir los ist, aber, echt ma, ich mache alles, aber ich hinterfrage mich nicht. Den Gefallen tue ich keinem. Keinem Typen, keinem Job, keiner Uni, keinem Doktorvater. Findet nicht statt. Da draußen leben Leute, die machen seit 20 Jahren keinen Finger krumm, faul wie die Nacht - und das ist Fakt! - und? Die Sonne scheint über die und mich. Wennsch in Berlin S-Bahn fahre, bin ich froh, wenn ich beim Aussteigen noch alle Zähne habe, weil da echt Kaputte drin hocken und teilweise plötzlich hohl drehen - und, die hinterfragen sich och nicht, ob die sich bei iwas Konstruktiven bemühen, lasse ich ma dahingestellt. Wieso sollte ich mich da als Teil der Gesellschaft iwie in Frage stellen, nur weil der "Job"markt grad kinnen Bock off mich hat....pfffff.
Ich und alle, die ähnliche Sachen machen, mit unseren vielen Jahren Ausbildungsweg, mit dem Nerventhrill bei Bewerbungen und -gesprächen, mit den ganzen Aufwendungen, Umzügen in der Wissenschaft, neue Stadt, Arbeit am Wochenende, Mails von der Arbeit rund um die Uhr beantworten, wie-gehts-weiter-Denkspiralen, mit den ganzen Kritiken, Leute, die einen dissen in "Kolloquien". Kleine wissenschaftstypische Schlaglichter. Niemand sieht das: die schwitzigen Hände, wenn man vorm Raum wartet, wo gleich ein Bewerbungsgespräch ist. Zig Bewerbungsgespräche! Die fünf Leute, die da drin sitzen und glotzen und einer schreibt mit, was man sagt. Das Warten, das Bangen. Die Zugfahrt dahin, dann weg. Die Kohle, die drauf geht. Absagen, gar keine Antworten, soso, man ist keine Antwort denen wert, pfff. DAS sieht niemand. Aber ich weiß es, Du weißt es, alle wissen es hier. Ich bin da durch, Du auch, viele hier. Iwann ist Schluss mit sich in Frage-stellen, marginalisieren. Pffffff, sollen die Außenbedingen ma zusehen. Weißt Du, du kommst einen langen Weg. Geb, wie immer und stets, dein Bestes, bleib dran, dass bist Du dir und deinen erfolgreichen jahrelangen Anstrengungen "schuld", also verpflichtet und bleib trotzig. Öfters mal ein "Fuxx you!" denken, statt sich selbst durch mindfucks ins Bein schießen.
Nich fragen, ob es iwann klappt, heute und morgen und diese Woche alles geben, damit es klappen kann. Und es wird. Positive steps will see your goals, um mal The streets zu zitieren (
https://www.youtube.com/watch?v=-KX9hkIqQUI).
Alles klaro
"Drauf und dran!"
Alles Gute Dir!!!
spiro